U.S. Army in Europa will Bundeswehr-Offizier als Chef des Stabes
Die U.S. Army Europe mit Sitz in Wiesbaden will den Posten ihres Chefs des Stabes erstmals mit einem deutschen Offizier besetzen. Ein entsprechendes Angebot des amerikanischen Militärs bestätigte das Bundesverteidigungsministerium am (heutigen) Samstag auf Anfrage von Augen geradeaus!. Nach Ministeriumsangaben ist über die Besetzung dieser Stelle allerdings bislang noch nicht entschieden.
Über das amerikanische Angebot hatte am Freitag zuerst der Wiesbadener Kurier/Mainzer Allgemeine Zeitung berichtet (Link aus bekannten Gründen nicht):
Generalleutnant Donald M. Campbell, der Kommandierende General der US-Army in Europa, bestätigte Informationen dieser Zeitung am Freitag in Wiesbaden. Campbell sagte, so solle die Zusammenarbeit gestärkt werden, grundsätzlich und besonders im Hinblick auf den Isaf-Einsatz in Afghanistan.
Nach Angaben der US-Soldatenzeitung Stars&Stripes (Link derzeit nicht erreichbar) wird der Posten des Chief of Staff derzeit von einem US-Oberst wahrgenommen. Nach dem deutschen Medienbericht ist ein deutscher Brigadegeneral als sein Nachfolger vorgesehen (dazu mehr unten in den Kommentaren).
Die Übernahme dieses Postens durch einen deutschen Offizier ist in der aktuellen politischen Situation aus mehreren Gründen ein sehr interessantes Signal. Zum einen, weil es angesichts des deutsch-amerikanischen Vertrauensverlustesa ls Folge der NSA-Spähaffäre nach amerikanischem Bemühen aussieht, diesen Riss zu kitten (und, ganz nebenbei: angesichts der engen Zusammenarbeit der US-Streitkräfte mit den Nachrichtendiensten ist ein gewisser Einblick des deutschen Chefs des Stabes in diverse Aktionen dieser Art vielleicht nicht auszuschließen). Und zum anderen: Die U.S. Army Europe ist das Werkzeug des Pentagon an der Nahtstelle zu Osteuropa – was mögliche Unterstützung osteuropäischer NATO-Mitglieder ebenso angeht wie die Zusammenarbeit mit dem NATO-Partnerland Ukraine. Zum Beispiel beim nach wie vor geplanten Manöver Rapid Trident.
(Diese Stellenbesetzung hatte ich gestern schon in einem anderen Thread erwähnt; die dort dazu aufgelaufenen Kommentare verschiebe ich hierher.)
(Foto: Paratroopers assigned to 1st Squadron (Airborne), 91st Cavalry Regiment, 173rd Infantry Brigade Combat Team (Airborne) board a CH-47 Chinook, provided by 12th Combat Aviation Brigade, for an air assault mission at the 7th Army Joint Multinational Training Command’s Hohenfels Training Area, Germany, March 19, 2014 – U.S. Army Photo by Visual Information Specialist Markus Rauchenberger via Flickr unter CC-BY-Lizenz)
Zum Nachtrag: Da bin ich aber mal wirklich gespannt, ob diese Meldung denn auch stimmt. Grundsätzlich tun sich die amerikanischen Verbündeten SEHR schwer wenn es um foreign disclosure (also dem Zugang zu US-Daten) geht. Ein Chef des Stabes hätte per definition zu allen Informationen im Stab Zugang. Ob das aus US-Recht überhaupt möglich ist…. das wäre ein wirklich überraschender (und sehr positiver) Wandel!
Das muss sich um ein Missverständnis handeln. Der Stabschef USAREUR nimmt eine Schlüsselstellung im Rahmen der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten ein. So ein Dienstposten wird garantiert nicht von einem Ausländer wahrgenommen. Außerdem ist es, wenn ich es richtig sehe, sowieso eine Stelle für einen Generalmajor.
Gemeint ist hier möglicherweise eine herausgehobene Position im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit, z. B. hier:
http://www.eur.army.mil/jmtc/index.html
@ chickenhawk:
Ich denke, dass das kein Missverständnis ist. Der kürzlich aus AFG zurückgekehrte Kdr Brig 12 soll m.W. diesen Dienstposten wahrnehmen. Erstmalig ist diese Stelle für einen deutschen General „freigeschaltet“. Überhaupt läuft die Zusammenarbeit stetig besser. Der ehemalige Inspekteur des Heeres soll als Chef des Stabes eine hervorragende Arbeit bei Shape leisten und ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zum SACEUR haben. Es ist eben alles von Menschen abhängig.
@Viva
Dann machen wir doch ’nen Namen dran: Nach dem, was Sie geschrieben haben, handelt es sich um Brigadegeneral Markus Laubenthal?
In der Tat ein eher ungewöhnliches Angebot, aber sehr interessant! Tauwetter im Westen? ;-)
Seinerzeit wurde ja „Partnership in Leadership“ von uns ausgeschlagen.
Ich halte das für ein sehr geschicktes Angebot. Mit einem deutschen General in den US-Amerikanischen Reihen, kann man der Forderung nach mehr deutschen Engagement wesentlich mehr Ausdruck verleihen.
So etwas Ähnliches hatten wir doch schon einmal.
Ein deutscher Kdr beim II. Deutsch-Amerikanischen Korps in Ulm.
Was hätte es für einen Sinn gemacht, wenn der damalige
Kdr (Name ist mir gerade nicht geläufig) keinen Zugriff
auch auf Streng Vertrauliche Dokumente der Amerikaner gehabt hätte?
Ich finde diesen Schritt gut!
Ich finde das nicht gut. Gerade auch vor dem Hintergrund der NSA-Affäre. Wir sind keine Freunde, sondern nur Verbündete (haben wir gelernt). Irgendein deutscher General könnte sich dort wichtig fühlen. Vielleicht kleinlich von mir…
Ziemlich, denn was genau wollen Sie damit sagen?
Happy Pepe | 22. März 2014 – 12:41
„Streng-Vertraulich“ gibt es nicht …
Auch damals hatte der DEU-Offizier keinen Zugriff auf bestimmte Nachrichten (z.B. QBall, Intel, (US)-Nationale Kryptonachrichten, eyes only etc., ähnlich wird es jetzt auch sein. Trotzdem ist es ein enormer Vertrauensbeweis …
Kann jemand bitte nachtragen was ein Chef des Stabes genau macht (und vielleicht auch die Bedeutung der Position beschreiben)? Danke.
Chef des Stabes ist nach dem Kommandeur und dessen Stellvertreter
der 2. Mann. Er lenkt den Stab, heißt er führt die Diesnstelle im Auftrag des Kommandeurs.
Er hat in der Regel eigentlich keine Außenwirkung/Öffentlichkeit, obwohl er eine wichtige Position besetzt..
Im Groben ausgedrückt.
Bei USAREUR handelt es sich um das Kommando, dass als Force Provider amerikanischem Heerestruppenteile (in Europa) im Grundbetrieb truppendienstlich führt. Zusätzlich gehören Ausbildung und internationale Zusammenarbeit zu den Aufgabenbereichen. http://www.eur.army.mil/organization/mission.htm
Im Einsatz würden die Kräfte vom USEUCOM (als joint geographic combatant command) geführt und ein Korps- oder Divisions-Stab als LCC eingesetzt.
Die Besetzung des Chef des Stabes mit einem deutschen Offizier könnte also wertvolle Impulse im Hinblick auf gemeinsame Nutzung von Ausbildungskapazitäten und Interoperabilität bringen. Der (Nicht)Zugang zu nationaler Intelligence sollte vor diesem Hintergrund eher ein Randaspekt bleiben.
@MS
Es gibt sicher auch gute Einblicke und Erfahrungen bzgl. des Grundbetriebs der am. Streitkräfte.
Das mit dem Riss kitten, ist aber auch reine Spekulation. Wenn man wirklich und wirklich wirklich irgendetwas verbessern wollen würde, müsste dieser Annährungsversuch mal ganz anders aussehen. Gerade wenn dieser Tage wieder Informationen an die Medien drangen, die einen nun wirklich gar nicht mehr verwundern. Und es würd auch keinen umhauen, wenn Deutschland das nicht besagte Land ist und sowieso als Anwendungslabor für neuste Ausspähsoftware wäre.
Die Bundeswehr hat keinen Einblick in die Tätigkeiten den militärischen Geheimdienstes? Schwer zu glauben. Wie sieht es den im AFG aus? Wissen die Leute von der Feldnachrichten etc nicht, was die Amerikaner machen? Im letzten Jahr gab es bspw Schulungen mit kleinen Drohnen durch die Amerikaner in Marokko, an denen auch Angehörige der Bundeswehr beteilgt waren.
Aus Neugierde:
Ist die Vita soweit korrekt, dass BrigGen Laubenthal bis zu seiner Abordnung nach Großbritannien kein Studium absolvierte? Fällt mir zum ersten Mal in der Vita eines Generals auf.
Sehr erhellend die (z.Zt. 44) Leserkommentare zum Artikel „Bundeswehrgeneral soll Stabschef der Army werden“ in der Online-Ausgabe der F.A.Z. von heute (22. März).
@Someone
In der Offiziersgeneration ist ein spätes Studium erst nach BS-Ernennung im Ausland (für Marineoffiizere meinst in Monterey) selbst bei „Hochleistern“ gar nicht so selten, es gibt sogar noch einige wenige Generale und Admirale ganz ohne Studium (z.B. VADM Schimpf) oder „Hochwertausbildung“ (Piloten etc.). Das war eben als „Spätstudieren“ noch Regelfall war und so die BS-Ernennung gerade bei „Hochpotentialen“ auch regelmässig ohne Studium erfolgte. Für einige Hochleister darunter war dann das frühe Kompanie- oder Bootskommando fördernder als für 3-4 Jahre auf eine Uni-Bw zu gehen und zwei Jahre Studium z.B. in Monterey passten da besser. Die Einführung des Studiums als Teil der Offizierausbildung war auch nicht „plötzlich und allumfassend“ und es hat länger als mancher denkt gedauert bis das Studium als selbstverständlicher Bestandteil der Ausbildung und als grundsätzliche Vorraussetzung für BS-Auswahl und „Karriere“ akzeptiert wurde. In dieser Übergangszeit war es dann auch für Ausnahmen wie BG Laubenthal möglich zunächst ohne Studium voranzukommen.
Doch das wäre mittlerweile warscheinlich so nicht mehr möglich. In den jüngeren Jahrgängen ist das Frühstudium Regel und daher kommt das (auch immer seltener werdende) Master-Studium in Monterey oder Portsmouth oder ähnlicher Anglo-Amerikanischen Einrichtung meist zu spät um eine LGAN Entscheidung zu beeinflussen und „heilt“ bei den weitaus meisten ohne Studium (oder „nur“ mit Bachelor) zum BS „durchgerutschten“ allenfalls die Chance auf die A15 oder mit viel Glück die A-16-spät Perspektive (evtl. trotz eines Durchfallers in einem früheren Uni-Bw Studium oder einer Hochwertausbildung).
Vielleicht ist das auch eine Art „Truppenpraktikum“, Motto: „So geht heute Militär“ zur Vorbereitung der nächsten Bw-Reform / Transformation pp. wiewohl bei den Amerikanern natürlich auch nicht alles Gold ist, was glänzt.
Es muss nicht so eng gesehen werden, mit der Rang-, Nationalität-, Religion-, Block- Zugehörigkeit, es kommt viel eher auf das Vertrauen an, nicht das der politischen Parteien im entfernten Hintergrund (war im Falle Syriens sehr deutlich zu sehen, dass die US Streitkräfte durchaus einen eigenen Kopf besitzen).
Wenn Soldaten, besser im Frieden, als im Kampf, wie oben beschrieben handeln, kann bei zuviel Offenheit natürlich auch ein Konflikt aufkommen, jedoch damit dies nicht geschieht, übt die Truppe ständig auch theoretische Abläufe … Kommunikation … Politik … theoretische Strategie …
In mindestens 45 Staaten wäre dieser Thread schon illegal.
Nach der Bio vom Laubenthal, wird ihm der Posten sehr Zusagen und es wird sicherlich keine Diskretionsdiskussionen geben.
@ TBR | 23. März 2014 – 2:49
Dankeschön!
@ Someone & TBR:
Zur Ergänzung und Einordnung:
Der hier konkret genannte Offizier wurde nicht zum Studium, sondern zur Lehrgangsteilnahme am ACSC (UK-Gegenstück zum LGAN) an das JSCSC nach Shrivenham/UK kommandiert. An diesem nationalen Lehrgang nehmen regelmäßig ca. 4 Stabsoffiziere der Bundeswehr teil. Der Master-Studiengang dort ist kein verpflichtender Bestandteil der Ausbildung, sondern wird auf freiwilliger Basis zusätzlich zum Lehrgangsinhalt angeboten. Ob ein Teilnehmer dieses Angebot annimmt und sich und seiner ggf. mitgereisten Familie die Mehrbelastung antut, ist letztendlich seine eigene Entscheidung. Man mag dies als Indikator für ein Mindestmaß an intrinsischer Motivation werten…..
Zutreffend ist natürlich die Darstellung, dass dies eine Möglichkeit zur späten „Heilung“ des (aus welchem Grunde auch immer) fehlenden Hochschulabschlusses darstellt.
Hier ein Stars&Stripes Bericht diesbezüglich:
http://www.stripes.com/news/europe/for-1st-time-german-army-officer-to-be-usareur-chief-of-staff-1.274004
@QMensch
In der Tat, dieser Link steht seit Samstag oben im Eintrag.