Neuer Haar- und Barterlass: Regenschirm ja, Tunnel nein

Nach Jahren der Überarbeitung liegt er jetzt vor, der neue Haar- und Barterlass der Bundeswehr. Allerdings, den Zeiten geschuldet, heißt er nicht mehr Erlass „Die Haar- und Barttracht der Soldaten“, sondern ordnungsgemäß gegendert Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, wurde als  Zentrale Dienstvorschrift A-2630/1 von Generalinspekteur Volker Wieker am 10. Januar erlassen und tritt zum 1. Februar in Kraft. Ebenfalls den Zeiten geschuldet: Dem Thema Körpermodifikation und Körperbemalungen wurde ein eigenes Kapitel gewidmet; unter anderem ist festgelegt, dass Tunnel im Ohrläppchen nur dann zulässig sind, wenn sie durch eine hautfarbene Abdeckung bis zu einem Durchmesser von 15mm (1-Cent-Münze) vollständig abgedeckt werden. Und: Der Regenschirm zum Dienstanzug ist jetzt erlaubt!

Beim Grundlegenden, nämlich der Haarlänge, hat sich sowohl für die männlichen Soldaten als auch für ihre Kameradinnen nichts geändert – das war auch, insbesondere nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Dezember, nicht zu erwarten. Weiterhin gilt:

Die Haare von Soldaten müssen kurz geschnitten sein. Ohren und Augen dürfen nicht bedeckt sein. Das Haar ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.
Bärte sind gepflegt und gestutzt zu halten. Will sich der Soldat einen Bart wachsen lassen, muss er dies während seines Urlaubs tun. Disziplinarvorgesetzte können Ausnahmen genehmigen.
Die Haartracht von Soldatinnen darf die Augen nicht bedecken. Haare, die bei aufrechter Körper- und Kopfhaltung die Schulter berühren würden, sind am Hinterkopf komplett gezopft auf dem Rücken oder gesteckt zu tragen. Dabei sind Form und Farbe der Haarspangen/Bänder dezent zu halten.

Das war auch bisher schon so (und ich hab‘ mich schon gefragt, ob die eindrucksvollen Bärte im Auslandseinsatz wirklich im Urlaub entstanden sind). Die unterschiedliche Behandlung von Soldat und Soldat (w) gilt übrigens auch weiterhin für Ohrstecker: Für Männer tabu, Frauen dürfen zum Dienstanzug Grundform mit seinen Ergänzungen/Abwandlungen zusätzlich
einen dezenten Ohrstecker aus Edelmetall oder Perlmutt je Ohr (im Ohrläppchen) tragen.

Für diejenigen, die mit dem Begriff dezent nichts anfangen können, hält der Erlass auch vorsorglich als Fußnote eine Definition bereit: dezent = unaufdringlich, nicht auffallend, feinfühlig, taktvoll, vornehm-zurückhaltend.

Auf einige Neuregelungen wären die Bearbeiter in Truppe und Ministerium vermutlich vor ein paar Jahren schlicht nicht gekommen:

Körpermodifikationen und Körperbemalungen sind mit folgenden Einschränkungen erlaubt:
(…)
•  Soweit sie beim Tragen einer Uniform sichtbar sind (insbesondere im gesamten Kopfbereich einschließlich des Mundinnenraumes, im Bereich des Halses bis zum geschlossenen Hemdkragen, an den Unterarmen und an den Händen), sind abnehmbare Körpermodifikationen abzulegen. Ist dieses aufgrund ihrer Verbindung mit dem Körper nicht möglich (z. B. bei Tätowierungen), sind sie in geeigneter und dezenter Weise abzudecken.
• Tunnel im Ohrläppchen sind nur zulässig, wenn sie durch eine hautfarbene Abdeckung bis zu einem Durchmesser von 15 mm (1-Cent-Münze) vollständig abgedeckt werden.

Wer hätte schon vor ein paar Jahren gedacht, dass es Soldaten und Soldatinnen mit Körpermodifikationen im Mundinnenraum geben könnte?

Das betrifft allerdings vermutlich vorwiegend den jüngeren Teil der Truppe. Für alle Altersgruppen ist (bleibt?) der Rucksack zum Dienstanzug verboten, zum Feldanzug natürlich erlaubt. Sonnenbrillen müssen auch der obigen Definition von dezent entsprechen, der Umweg über die Splitterschutzbrille mit dunkler Scheibe funktioniert nicht: die darf nur zum Kampfanzug getragen werden. Und für die Älteren die große Neuerung:

Die Verwendung eines Regenschirmes zum Dienstanzug Grundform mit seinen Ergänzungen/Abwandlungen ist grundsätzlich zulässig. Dabei sind ausschließlich einfarbig schwarze, schlicht gestaltete, unbedruckte Regenschirme gestattet.

Der Erlass hier zum Nachlesen: Erscheinungsbild_Soldat_innen

Nachtrag 22. Januar: Jetzt gibt es dazu auch etwas auf der Bundeswehr-Seite, auch den Erlass zum Herunterladen.

(Hinweis: Das oben stehende Bild mit einem stark tätowierten Soldaten hatte ich nur verlinkt; inzwischen hat die Bundeswehr das aus ihrem Flickr-Fotoangebot entfernt; deshalb ist es leider nicht mehr vorhanden.
Archivbild September 2012: European Training Mission for Somalia (EUTM SOM) in Bihanga/Uganda –  Sebastian Wilke/Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)