Lufttransport geht immer

Wenn der deutsche Soldat in den Afghanistan-Einsatz fliegt, führt ihn seine Flugroute normalerweise zunächst nach Termes in Usbekistan. Dort steigt er nach einigen Stunden Aufenthalt um in eine Transall-Maschine der Bundeswehr, die ihn die restlichen 20 Minuten an sein Ziel Masar-i-Scharif in Nordafghanistan bringt. Der Grund für diese relativ umständliche Anreise: Im Gegensatz zu den Airbus-A310-Truppentransportern sind die Transall mit Selbstschutzeinrichtungen ausgestattet, die einen möglichen Angriff mit schultergestützten Flugabwehrraketen, so genannten MANPADS, abwehren sollen.

Ein bisschen anders sieht es aus, wenn der Soldat mit dem Bundespräsidenten oder der Verteidigungsministerin unterwegs ist – deren A310 der Flugbereitschaft in der VIP-Ausstattung fliegen von Deutschland direkt nach Masar-i-Scharif. Oder wenn er, wie vergangene Woche geschehen, mit den Kameraden der belgischen Streitkräfte fliegt. Denn auch die Belgier steuern den Flugplatz in Nordafghanistan direkt an. Genau so wie die Linienmaschinen einer türkischen Luftfahrtgesellschaft. Die offiziellen Unterschiede bei den Flugrouten werden von der Bundeswehr nur sehr formal erklärt: Die Weisungslage für die Luftwaffe, heißt es beim Einsatzführungskommando, sei der Flug via Termes und der geschützte Einflug nach Afghanistan – mit Ausnahmen im Einzelfall. Die Belgier wiederum, auch das die sehr formale Erläuterung, haben kein Abkommen mit Usbekistan und können deshalb Termes gar nicht als Umsteigeflugplatz nutzen. Dann fliegt der deutsche Soldat mit ihnen eben direkt.

Die nicht ganz nachvollziehbare Logik hat vielleicht auch ein wenig damit zu tun, dass die Politik zwar bei dem Ruf nach einer Beteiligung deutscher Soldaten an internationalen Missionen schnell mit der Überlegung, wenn nicht dem Angebot von Lufttransport bei der Hand ist – die Luftwaffe aber gerade bei den verfügbaren Maschinen mit Selbstschutzeinrichtung an ihre Grenzen kommt. (Davor hatte, wie hier auch schon mal erwähnt, der Wehrbeauftragte des Bundestages vergangene Woche bei der Debatte über seinen Jahresbericht gewarnt.)

Wie viele der derzeit rund 70 relativ betagten Transall-Maschinen (die ja langfristig durch den neuen A400M abgelöst werden sollen) mit dem so genannten ESS-System ausgerüstet sind, ist zwar offiziell Verschlusssache. Nach meiner Erinnerung müssten es ein wenig mehr als 20 sein (ich lasse mich da aber von Kundigen gerne korrigieren). Der tatsächliche Klarstand, also die Zahl der technisch einsatzbereiten Flugzeuge, liegt immer ein wenig bis deutlich darunter. Mit den verbleibenden Maschinen (ein Dutzend? 18? 22?) müssen alle die Einsätze abgedeckt werden, in denen eine Gefahr durch die tragbaren Raketen zumindest nicht ausgeschlossen werden kann: Aktuell Afghanistan und Mali, zwischendurch eine Evakuierungsmission aus dem Südsudan. Demnächst, vielleicht, Bangui in der Zentralafrikanischen Republik. Eine Reserve in der Heimat muss es auch noch geben – nicht zuletzt für immer mögliche Evakuierungsoperationen. Und da haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, wie viele einsatzbereite Besatzungen es gibt – die nicht gerade im Einsatz sind, aus dem Einsatz zurück kamen oder sich auf den nächsten vorbereiten.

Das relativiert die Aussage von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, dass die Deutschen Lufttransport (unter anderem) ohne Weiteres liefern könnten, doch ein wenig. Aber noch gibt es ja auch noch keine offizielle Aussage, wie Deutschland die beschlossene EU-Mission in der Zentralafrikanischen Republik unterstützen will. Vielleicht ja doch nicht mit Lufttransport.

(Archivbild 2005: Transall im Tessin bei der Vorführung eines ‚Sarajevo Approach‘ –  Gaspar Torriero via Flickr unter CC-BY-Lizenz)