DroneWatch: Erst mal lesen – 2014 sollen unbewaffnete Drohnen bestellt werden

Das Thema Drohnen für die Bundeswehr ist immer für Aufregung gut, und die aktuelle Nachrichtenlage macht da keinen Unterschied: Im kommenden Jahr, so teilte das Verteidigungsministerium auf eine Anfrage der Linkspartei mit, soll über die Beschaffung neuer – unbewaffneter – Aufklärungsdrohnen entschieden werden. Das ist wenig überraschend, weil der Leasingvertrag für die derzeit in Afghanistan eingesetzen israelischen Drohnen des Typs Heron (Foto oben) ebenfalls im kommenden Jahr ausläuft. Und an Aufklärungsdrohnen wird für Auslandseinsätze auch dann weiterhin Bedarf bestehen, wenn die Afghanistanmission Ende 2014 komplett beendet werden sollte. Wenn sie (kleiner) fortgeführt wird, erst recht.

Bei den künftigen Systemen wird, auch das ist wenig überraschend, auf Drohnenmodelle gesetzt, die möglicherweise später bewaffnet werden können – die Bundeswehr und vor allem die Luftwaffe will sich diese Option natürlich offenhalten, auch wenn die Entscheidung über eine Bewaffnung vorerst nicht ansteht (und noch ein echtes Problem mit dem Koalitionspartner SPD werden dürfte).

Mit anderen Worten: Die Bestellung neuer Aufklärungsdrohnen soll schnell über die Bühne gehen; der Kauf von bewaffneten Drohnen (oder die nachträgliche Bewaffnung unbewaffneter Drohnen) steht weiterhin auf der Wunschliste, ist aber noch nicht entschieden – insofern kein neuer Stand.

Die Oppositionsparteien Linke und Grüne versuchen  die Beschaffungsabsicht für die bis auf weiteres nicht bewaffneten Unmanned Aerial Systems (UAS) als geplanten Bruch des Koalitionsvertrages zu interpretieren. Das ist entweder sehr kühn oder, wahrscheinlicher, ein gezieltes Missverständnisses als Mittel der politischen Kommunikation.

Sowohl bei der Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger

Die große Koalition hat der Öffentlichkeit offensichtlich nur vorgegaukelt, dass die höchst umstrittene Beschaffung von bewaffneten Drohnen vom Tisch ist. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Schon 2014 sollen diese beschafft werden.

als auch beim Linkspartei-Abgeordneten Andrej Hunko

Im Sommer hatte die Bundesregierung behauptet, die Beschaffung von Drohnen zunächst von einer öffentlichen Debatte und schließlich einer Entscheidung im Bundestag abhängig zu machen. Hinter den Kulissen aber treibt das Militär den Kauf von Langstrecken-Drohnen voran und holt weitere Angebote ein, darunter auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Weder das eine noch das andere ist durch die offiziellen Aussagen gedeckt, auf die sich beide berufen: weder sollen 2014 bewaffnete Drohnen beschafft werden, noch ist der Kauf von Langstreckendrohnen geplant (was auch immer damit gemeint sein mag – eigentlich trifft so ein Begriff nur auf High Altitude, Long Endurance (HALE)-Flieger wie den gescheiterten EuroHawk zu). Auch hatte die Bundesregierung nicht behauptet, die Beschaffung von Aufklärungsdrohnen von einer öffentlichen Debatte abhängig zu machen – und die Beschaffungsentscheidung trifft ohnehin der Bundestag.

Zum detaillierten Nachlesen – zunächst die Passage aus dem Koalitionsvertrag:

Extralegale, völkerrechtswidrige Tötungen mit bewaffneten Drohnen lehnen wir kategorisch ab. Deutschland wird für die Einbeziehung bewaffneter unbemannter Luftfahrzeuge in internationale Abrüstungs- und Rüstungskontrollregime eintreten und sich für eine völkerrechtliche Ächtung vollautomatisierter Waffensysteme einsetzen, die dem Menschen die Entscheidung über den Waffeneinsatz entziehen.
Vor einer Entscheidung über die Beschaffung qualitativ neuer Waffensysteme werden wir alle damit im Zusammenhang stehenden völker- und verfassungsrechtlichen, sicherheitspolitischen und ethischen Fragen sorgfältig prüfen. Dies gilt insbesondere für neue Generationen von unbemannten Luftfahrzeugen,die über Aufklärung hinaus auch weitergehende Kampffähigkeiten haben.

Einen Widerspruch zu den Antworten auf die Kleinen Anfragen habe ich da nicht entdeckt – und auch wenn es jetzt viel Text ist: Der Vollständigkeit halber stelle ich sie hier mal komplett zum Nachlesen (bislang nur in der vom Verteidigungsministerium veröffentlichten Fassung; wenn die als Bundestagsdrucksachen eingestellt sind, werde ich das wohl nachbessern müssen…):

Drohnen-Anfrage_dez2013-1

Drohnen-Anfrage_dez2013-2

Drohnen-Anfrage_dez2013-3

(Archivbild Februar 2013: Aufklärungsdrohne Heron beim Start vom Flugplatz in Mazar-e Sharif, Afghanistan – Bundeswehr/Sebastian Wilke via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)