‚Unser Land ist keine Insel‘ – Bundespräsident plädiert für mehr internationales Engagement Deutschlands
Bei der zentralen Feier zum Tag der deutschen Einheit am heutigen 3. Oktober in Stuttgart hat Bundespräsident Joachim Gauck sich (auch) zur deutschen Rolle in der Außen- und Sicherheitspolitik geäußert. Das dürfte noch interessante Debatten geben; hier zur Dokumentation aus der veröffentlichten Rede die Passage dazu:
Was ist nun die Aufgabe Deutschlands in Europa und in der Welt? Manche Nachbarländer fürchten eine starke Rolle Deutschlands, andere wünschen sie. Auch wir selbst schwanken: Weniger Verantwortung geht nicht länger, an mehr Verantwortung müssen wir uns erst noch gewöhnen.
Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb die politische Denkerin Hannah Arendt: „Es sieht so aus, als ob sich die Deutschen nun, nachdem man ihnen die Weltherrschaft verwehrt hat, in die Ohnmacht verliebt hätten.“ Deutschland hatte Europa in Trümmer gelegt und Millionen Menschenleben vernichtet. Was Arendt als Ohnmacht beschrieb, hatte eine politische Ratio. Das besiegte Deutschland musste sich erst neues Vertrauen erwerben und seine Souveränität wiedererlangen.
Vor wenigen Wochen, bei meinem Besuch in Frankreich, wurde ich allerdings mit der Frage konfrontiert: Erinnern wir Deutsche auch deshalb so intensiv an unsere Vergangenheit, weil wir eine Entschuldigung dafür suchen, den heutigen Problemen und Konflikten in der Welt auszuweichen? Lassen wir andere unsere Versicherungspolice zahlen?
Es gibt natürlich Gründe, dieser Auffassung zu widersprechen. Die Bundeswehr hilft, in Afghanistan und im Kosovo den Frieden zu sichern. Deutschland stützt den Internationalen Strafgerichtshof, fördert ein Weltklimaabkommen und engagiert sich in der Entwicklungszusammenarbeit. Deutschlands Beiträge und Bürgschaften helfen, die Eurozone zu stabilisieren.
Trotzdem mehren sich die Stimmen innerhalb und außerhalb unseres Landes, die von Deutschland mehr Engagement in der internationalen Politik fordern. In dieser Liste finden sich ein polnischer Außenminister ebenso wie Professoren aus Oxford oder Princeton. Ihnen gilt Deutschland als schlafwandelnder Riese oder als Zuschauer des Weltgeschehens. Einer meiner Vorgänger, Richard von Weizsäcker, ermuntert Deutschland, stärker für eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik einzutreten. Er sieht Deutschland durchaus in einer Vorbildrolle.
Es stellt sich tatsächlich die Frage: Entspricht unser Engagement der Bedeutung unseres Landes? Deutschland ist bevölkerungsreich, in der Mitte des Kontinents gelegen und die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Zur Stärke unseres Landes gehört, dass wir alle Nachbarn als Freunde gewannen und in internationalen Allianzen zum verlässlichen Partner wurden. So eingebunden und akzeptiert, konnte Deutschland Freiheit, Frieden und Wohlstand sichern. Diese politische und militärische Ordnung gerade in unübersichtlichen Zeiten zu erhalten und zukunftsfähig zu machen – das ist unser wichtigstes Interesse.
Deshalb ist es richtig, wenn andere ebenso wie wir selbst fragen: Nimmt Deutschland seine Verantwortung ausreichend wahr gegenüber den Nachbarn im Osten, im Nahen Osten und am südlichen Mittelmeer? Welchen Beitrag leistet Deutschland, um die aufstrebenden Schwellenmächte als Partner der internationalen Ordnung zu gewinnen?
Und wenn wir einen ständigen Platz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anstreben: Welche Rolle sind wir bereit, bei Krisen in ferneren Weltregionen zu spielen?
Unser Land ist keine Insel. Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, wir könnten verschont bleiben von den politischen und ökonomischen, den ökologischen und militärischen Konflikten, wenn wir uns an deren Lösung nicht beteiligen.
Ich mag mir nicht vorstellen, dass Deutschland sich groß macht, um andere zu bevormunden. Ich mag mir aber genau so wenig vorstellen, dass Deutschland sich klein macht, um Risiken und Solidarität zu umgehen. Ein Land, das sich so als Teil eines Ganzen versteht, muss weder bei uns Deutschen auf Abwehr noch bei den Nachbarn auf Misstrauen stoßen.
Nachtrag: Ob der Gouverneur der nordafghanischen Provinz Balkh, Mohammed Atta Noor, Gaucks Rede gelesen hat? Bei der Feier zum Tag der deutschen Einheit im deutschen Konsulat in Masar-i-Scharif sagte der Gouverneur laut TOLO News:
You should not forget Afghanistan, do not repeat the mistakes of 90s. Stay by the Afghans and accompany them. Help Afghanistan to stand up on its own feet. You along with your allies should cooperate with the Afghans during and after 2014.
Bei der Feier in MeS sprach übrigens auch ein Yorg Fulmar. Der ist wohl Kommandeur dort…
(Archivbild: Der Bundespräsident beim Besuch der Bundeswehr-Führungsakademie in Hamburg am 12. Juni 2012 – Bundeswehr/Tefke via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
„Es stellt sich tatsächlich die Frage: Entspricht unser Engagement der Bedeutung unseres Landes? “
Militäreinsätze (um die geht es hier ja, auch wenn Gauck es nicht offen ausspricht) sind laut Grundgesetz kein Statussymbol, das der „Bedeutung“ eines Staates entsprechend zu gestalten ist, sondern haben der Verteidigung zu dienen. Dieser Artikel des Grundgesetzes ist schon viel zu stark ausgehöhlt worden, und es wäre eigentlich Aufgabe des Bundespräsidenten, dies zu korrigieren. Statt dessen macht er mit der Unterhöhlung fleissig weiter.
Birkenstock Schuhe und Altes Hemd
Mit dem Soll die BW über die Berge wandern
Gute Reden und die Realität . man hat immer an der BW Gespart .
Gerade 272 Boxer und Paar Bv 206 S was neu da ist
Panzertruppe zusammen Gestrichen , Marder Nachgerüstet
Puma der nicht Lauft und eine sehr lange liste was BW dringend Bräuchte für das kein Geld da ist
Welchen krieg soll da gewonnen werden , Gerade nur für Eigenschutz
Und wenn dann muss US Helfen
Fragt sich nur mit welcher Armee die Deutschen sich mehr in der Welt engagieren wollen, wenn sie denn sollen ;)
@Der Fuchs
Wo spricht das GG von Militäreinsätzen?
Die Rechtmäßigkeit der Einsätze wurden auf Betreiben der Opposition von unseren obersten Verfassungshütern bereits 1994 (unter den bekannten Vorgsben wie Parlamentsvorbehslt) festgestellt.
@SirLancelot
„Wo spricht das GG von Militäreinsätzen?“
Der entscheidende Satz steht in Art. 87a GG: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ Das ist der eigentliche Zweck der Bundeswehr und somit auch die Legitimation für ihren Einsatz. Dieser Satz ist das Ergebnis eines langen und oft schmerzhaften historischen Lernprozesses und sollte nicht so einfach ausgehebelt werden, wie es das BVerfG in den 90ern mit allerlei Winkelzügen getan hat.
Wie auch andere Fälle gezeigt haben, ist dieses Gericht leider nicht so unabhängig von der Politik wie es sein sollte und ist mit seiner Kontrollfunktion leider oft überfordert, so auch in diesem Fall.
Tatsächlich wird die Bundeswehr seit zwanzig Jahren nur noch für die Verteidigung der Interessen anderer Mächte eingesetzt anstatt für ihren grundgesetzlichen Auftrag. Bundespräsident Gauck knüpft daran an, wenn er von „Solidarität“ und „Verantwortung“ spricht und damit meint, dass die Bundeswehr eben nicht zur Verteidigung Deutschlands eingesetzt werden soll, sondern z.B. zur Durchsetzung postkolonialer französischer Interessen in Schwarzafrika (wie 2006 im Kongo) oder zur Unterstützung US-amerikanischen Größenwahns (wie in Afghanistan). Die Gauckschen Floskeln fielen in beiden Fällen ja auch bei den jeweiligen Rechtfertigungsversuchen.
Ein Bundespräsident, der seiner Pflicht nachkäme die Politik wieder auf den verfassungsmäßigen Weg zu bringen wo sie davon abweicht, müsste hier korrigierend aktiv werden. Wenn aber sowohl Parlament als auch Regierung, Verfassungsgericht und Präsident geschlossen in ihrer Kontrollfunktion versagen, ist das Grundgesetz nur noch ein wertloses Stück Papier und die Bundesrepublik nur noch ein Spielball der Interessen anderer.
Am Anfang steht immer das Wort. Und ich finde Gauck spricht aus, was auf der Hand liegt: Deutschland muss mehr Vernatwortung für eine Welt übernehmen, von der es in höchstem Maße profititert.
Damit meint er sicher auch Militäreinsätze aber bestimmt nicht nur. Jetzt gleich mit dem Grundgesetz zu wedeln ist aus der Sicht eines Pazifisten nachvollziehbar, alle anderen sollten sich fragen, ob es nicht an der Zeit wäre, eben dieses Grundgesetzt den neuen Ansprüchen an Verantwortungsübernahmen in der Welt anzupassen, anstatt mit immer neuen Verrenkungen Militäreinsätze am anderen Ende der Welt doch noch in das verfassungskonforme Schema einer erweiterten Landesverteidigung hineinzupressen und sich damit ein ums andere Mal in eine Rechtfertigungsfalle zu begeben.
Damit will ich nicht einem ungezügeltem Interventionismus das Wort reden, sondern mehr Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit für deutsches militärisches Engagement einfordern. Für das Volk, wie für die Soldaten.
@ der fuchs
da scheinen sie aber ein sehr provinzielles Verständnis von deutschen Interessen zu haben. Auch wir haben ein Interesse an einer halbwegs stabilen Maghreb und Sahara Region. Drogen,Salafisten, Migration.
Insofern wäre ein substantiellerer Beitrag durchaus nicht nur eine Förderung französischer interessen. wenn dabei für die nachbarn noch ein Uran Deal rauspringt so what. eine stabile stromversorgung in frankreich dürfte uns wohl auch nicht unwichtig sein.
generell gilt das von ZDL a.D. gesagte. die diskrepanz von deutschlands ökonomischem und militärisch/politischem einfluss wir international zunehmend als befremdliche anomalie empfunden, die uns bei der durchsetzung eigener Interessen auch auf anderen Politikfeldern beeinträchtigt.
@ZDL a.D.
„Deutschland muss mehr Vernatwortung für eine Welt übernehmen, von der es in höchstem Maße profititert.“
Das sind doch Floskeln. Was bedeutete das „Verantwortung übernehmen“ denn bisher anderes als die Bundeswehr den Amerikanern oder den Franzosen zur Verfügung zu stellen, damit diese sie im Sinne ihrer Interessen benutzen konnte?
Tatsächlich Verantwortung übernommen hat zuletzt Bundeskanzler Schröder, als er sich dem amerikanischen Anspruch, die Bundeswehr für eine verantwortungslose Politik zu benutzen, verweigerte. Wir brauchen mehr von echtem sicherheitspolitischen Verantwortungsbewußtsein dieser Art und weniger von dem, was der Interventionist Gauck darunter versteht.
@wacaffe
„Auch wir haben ein Interesse an einer halbwegs stabilen Maghreb und Sahara Region. Drogen,Salafisten, Migration.
Davon abgesehen, dass die Bundeswehr wenig gegen Salafisten oder Drogenbanden im Sahel ausrichten könnte, hat gerade die verantwortungslose Politik u.a. der Amerikaner, Briten und Franzosen Staaten wie Libyen oder Syrien erst ins Chaos gestürzt und die vorhandenen Probleme potenziert. Warum erwähnt das Gauck wohl mit keinem einzigen Wort?
Im Grunde eine gute Rede, aber Engagement ist auch eine Frage des Geldes. Die Bundeswehr muss weltweit effektiv einsatzfähig sein, denn Verteidigung ist mehr als bloße Grenzsicherung. Dazu gehört auch der Schutz von Handelswegen, Kampf gegen Schmuggel, Stabilisierungs- und Unterstützungseinsätze und vieles mehr. So wie die Bundeswehr zu Tode gespart wird, sieht es dafür schlecht aus.
„Deutschland muss mehr Vernatwortung für eine Welt übernehmen, von der es in höchstem Maße profititert.“
Verantwortung für „die Welt“???? Die ganze Welt? Sie wissen aber schon, dass es auf der „Welt“ auch Länder wie Russland und China gibt, die den dauernden westlichen Kriegen höchst kritisch gegenüber stehen?
@Kommentator
In meinem letzten Einsatz war es mein Auftrag, die afghanische Grenzpolizei zu unterstützen. Der General auf der afghanischen Seite war Analphabet, dessen reiche Familie ihm diese Position gekauft hatte, damit er durch illegale Geschäfte und Einbehalten des Soldates seiner Männer Geld verdient. Seine Soldaten wussten das und zahlten ihm z.T. sogar Geld für ihre Einstellung in die Grenzpolizei und verdienten ihrerseits ihr Geld durch die kriminelle Ausplünderung der Afghanen. So sah deutsche „Verantwortung“ in Afghanistan aus bzw. so sieht sie immer noch aus, und ich könnte noch viele Beispiele dieser Art nennen, auch aus dem Kongo und vom Balkan. Ich bitte daher um Nachsicht, wenn ich allergisch auf Sprüche wie die von Gauck reagiere und ihm kein Wort glaube.
„Verantwortung zu übernehmen würde hier bedeuten, solchen verantwortungslosen Regierungen die von Gauck geforderte Solidarität zu verweigern.“
dann vermutlich gepaart mit noch mehr weinerlichem Gutmenschentum oder wie?
würde man ihrer empfehlung folgen gäbe es in nordmali jetzt ein narko-emirat das südalgerien,südlibyen, westsahara, niger und und und destabilisieren würde .
Verbindung zu boko haram in nigeria war auch schon aufgenommen.
aber was kümmert es sie. lieber lehnstuhlsozialistische phrasen gegen die bösen imperialisten dreschen ist auch viel sicherer und man kann sich auch vor seiner peer group als friedensapostel profilieren.
man darf ihnen dankbar sein das sie die von gauk kritisierte gesinnung nochmal so prägnant demonstriert haben
@wacaffe
Ich verbitte mir so etwas (“ weinerliches Gutmenschentum“, „lehnstuhlsozialistische phrasen“). Ich habe zwölf Jahre lang als Infanterist gedient, rund zweieinhalb Jahre im Einsatz verbracht (meistens außerhalb der Lager) und die Umsetzung der Sprüche unserer Politiker in der Praxis erfahren.
das gutmenschentum bezog sich wohl auch eher auf die politisch verantwortlichen
nach außen auch noch!?!?!?!
Wie bitte soll das mit einem Land funktionieren, das es n icht mal an seinem „Nationalfeiertag“ heute schafft, Flagge zu zeigen. Und ich meine nicht die paar öffentlichen Zwangsveranstaltungen für die Medien oder das politische System.
Oder habe ich was verpasst? Straßenfeste? Feiern? Paraden? Wir verstecken uns doch schon im Land, da braucht es für Außen schon ein bißchen mehr….oh Mann
@Der Fuchs
Also sind wir uns einig, dass „Militäreinsätze“ kein Begriff des GG sind.
Bei 87a GG bin ich auch bei Ihnen. Allerdings steht da nicht, dass die Streitkräfte nur die Bundesrepublik verteidigen dürfen.
Ihre Argumentation erinnert mich schwer an den peinlichen Auftritt der Luftwaffe 90/91 in der Türkei…
Ich liebe das Wort “Verantwortung“! Wiki sagt zur Verantwortung: „Der Begriff der Verantwortung bezeichnet nach verbreiteter Auffassung die Zuschreibung einer Pflicht zu einer handelnden Person“. Warum, woraus und für wen eine Pflicht entsteht, bleibt unklar bzw. keiner kann sich darunter so richtig vorstellen was in einer konkreten Situation damit gemeint ist. Hayek hätte wahrscheinlich “weasel word“ dazu gesagt. Heute sagen wir schlicht “Worthülse“ – also ein Wort ohne Inhalt. Die exzessive Verwendung dieses Wortes im politischen Raum ist folglich das Eingeständnis der eigenen Inhaltslosigkeit. In dem besagten Fall: Die fehlende Idee über Deutschlands Rolle in der Welt (ggf. post EU). In dem Tonfall des Bundespräsidenten klingt es dann wie ein verzweifelter Hilferuf an ein nicht weiter spezifiziertes Subjekt. Vielleicht sollte der Bundespräsident als gebürtiger Pastor um Beistand des Allerhöchsten rufen – zu mehr als dem Prinzip Hoffnung ist man in der deutschen Politik nämlich leider nicht mehr in der Lage.
@ bang 50
with great power (wohlstand) comes great responsibilty.
abgesehen davon sind die adressaten der rede in Form der politisch maßgeblichen Personen zur dechiffrierung der „phrasen“ sehr wohl in der lage. sie wollen es aber nicht hören und/oder verstehen.
Die Frage woher sich eine Handlungspflicht ableitet hat Gauk doch sogar explizit angsprochen. aus dem wachsenden unverständnis/unmut über deutschlands sicherheitspolitische passivität.
abgesehen davon geht es ja nicht um rein altruistisches handeln sondern um durchsetzung von eigeninteressen, die zum großteil mit denen unserer europäischen nachbarstaaten kongruent sind. siehe mali beispiel oben
@ wacaffe: ich bin ganz Ihrer Meinung „Drogen,Salafisten, Migration. “ All das sind Probleme, die jetzt noch beherrschbar erscheinen, die ihren Ursprung zumindest teilweise in den entsetzlichen Bedingungen der Ursprungsstaaten in Afrika und Asien haben. Dort punktuell gegen die schlimmste REchtlosigkeit vorzugehen, kann IMHO Deutschland sehr wohl nützen.
Natürlich ist in der Vergangenheit beim Eingreifen immer alles Mögliche schiefgegangen, das muss man ganz klar konstatieren und natürlich muss man sich auch immer wieder fragen, ob Aufwand und Nutzen nach einer gewissen Zeit auch nur annährend in einem vertretbaren Verhältnis stehen. Aber nur weil, man das ab einem bestimmten Zeitpunkt verneinen muss, dann Eingriffe pauschal als problemverschärfend einzustufen, finde ich etwas gewagt.
Da hierzulande aber so verschämt über deutsche Interessen gesprochen wird, fehlt leider auch eine offene Diskussion über den Nutzen von Militäreingriffen und an welchen Maßstäben man diesen bewertet. Statt dessen werden idealistische Maximalforderungen gestellt, die zwar edel und politisch korrekt, aber völlig unerreichbar sind. Schickt man Soldaten, so ist das Kind ja meistens schon in der Brunnen gefallen und es geht nur noch um Schadensbegrenzung oder eine Signalwirkung für künfitge Krisen. Gerade letztere, also die Abschreckung kann ein bedeutender Hebel sein, um diplomatische Lösungen zu katalysieren, aber nur wenn die Drohung auch wahrgemacht werden kann. Genau dazu braucht es eben nicht nur eine schalgkräfitger Armee, sondern auch eine glasklare Verfassung die den Einsatz der Armee für solche Zwecke auch ermöglicht.
@ Der Fuchs: Der gleiche verantwortungsbewusste Herr Schröder hat dem AFG-Einsatz zugestimmt, ihn daher als Anitinterventionisten zu vereinnahmen scheint mir fraglich. Wenn Sie aber der Meinung sind, dass unsere Streikräfte bisher nur fremden Interessen gedient hätten, so wäre es doch um so wichtiger deutsche Interessen einmal klar zu benennen, um dann souverän über Einsätze entscheiden zu können, anstatt im Fahrwasser der Freunde mitzuschwimmen.
@ ZDL a.D. | 03. Oktober 2013 – 19:36
Deutsche Interessen klar benennen, kostet einem als Bundespräsident aber schnell den Job, weil sich alle (künstlich) aufregen.
Wenn er Ahnung vom Zustand der Bundeswehr hat, hat er ganz schön gelogen
Oder er ist Deutschland Model und hat keine Ahnung vom Zustand der BW.
Aber in einem Hat er Recht was er nicht wusste, wir sind beteiligt
Auch Russland / China gegen die USA ,
erst heute las ich eine Meldung dass USA Japan stärken will was hat es mit uns zu tun?
Da die USA, Japan aufbauen als Eisblock gegen China und Japan Rechte zurück gaben vor paar Jahre ,was Japan nach dem 2 WK verboten war
@Der Fuchs: „Ich bitte daher um Nachsicht, wenn ich allergisch auf Sprüche wie die von Gauck reagiere und ihm kein Wort glaube.“
Sie haben ihr leben für Sprüche aufs Spiel gesetzt und so weit ich informiert bin lief der Drogenanbau und Handel während des deutschen AFG-Einsatzes unter deutschen Augen einfach weiter. Wer bin ich, dass ich Ihnen bei solchen Erfahrungen keine Enttäuschung und Verbitterung zugestehen würde.
Die Frage ist, sind Sie mit dieser Erfahrung nun grundsätzlich gegen jegliche Eingriffe weil der Nutzen zu gering aber die Verluste zu hoch sind?
@ZDL a.D.
„…so wäre es doch um so wichtiger deutsche Interessen einmal klar zu benennen, um dann souverän über Einsätze entscheiden zu können…“
Nationale Interessen sind die Bedingungen,die für die Kontinuität des Staates in seinen Dimensionen Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt gegeben sein müssen. Streitkräfte tragen dazu bei, indem sie u.a. die Integrität der Grenzen wahren, äußere Feinde abwehren oder abschrecken und die Handlungsfreiheit der Regierung gegen politische bzw. militärische Erpessung schützen. Das Grundgesetz bezieht sich auf diesen Interessenbegriff, indem sie die Rolle der Streitkräfte allgemein als „Verteidigung“ benennt.
Die erwähnten Probleme Drogen, Salafisten und Migranten berühren jeweils nationale Interessen im oben genannten Sinne, wenn sie aus dem Ausland stammend in Deutschland auftreten, aber der Einsatz der Streitkräfte ist nicht das geeignete Mittel zu ihrer Bekämpfung.
Salafisten wird man am besten los in dem man sie deportiert, einsperrt und ihre Moscheen schließt, und Migranten hält man ab in dem man die geeigneten gesetzlichen Grundlagen schafft und den Grenzschutz stärkt. Die Israelis haben da zuletzt z.B. große Erfolge ohne militärischen Auslandseinsatz oder teure aber wirkungslose Entwicklungshilfe erzielt. Gegen die Drogenproblematik sind Streitkräfte davon abgesehen vollständig wirkungslos, wie u.a. Kosovo und Afghanistan zeigen. Kosovo wurde unter dem Schutz der NATO erst zu einer der wichtigsten Drehscheiben für den Handel in Richtung Europa, und in Afghanistan stieg der Export illegaler Drogen ebenfalls nach Beginn der Intervention deutlich an.
Das alles meint Gauck aber nicht, denn sonst hätte er von „nationalen Interessen“ gesprochen und nicht von „Soldarität“ und „Verantwortung“.
@ der fuchs
ihre lösungsvorschläge sind sicherlich richtig aber komplementär zu internationalem engagement. einmal syptom einmal ursache. abgesehen davon hat deutschland auch interessen die keinen hoheitlichen territorialbezug haben. was dann.
p.s. ich entschuldige mich übrigens für den obigen post. da ist mir etwas die feder entglitten.
@wacaffe,
Entschuldigung angenommen.
@ wacaffe
Das an Voltaire angelehnte Zitat meint jedoch etwas anderes als man es ihm hier unterstellen möchte. Es geht dabei um den Missbrauch der Macht und ist somit ehr als eine Ermahnung zu umsichtigen handeln und nicht als Aufforderung zu generellen handeln zu verstehen.
Der Bundespräsident spricht normalerweise an das ganze Volk. Selbst wenn er nur die Politik meinen sollte, so bleibt eine solche Aufforderung doch auffällig unverbindlich/unpersönlich. Danach geht eben alles wieder seinen gewohnten Trott.
Für eine Nation sollte die Pflicht zu handeln nicht aus extrinsischen Zwängen, sondern aus intrinsischen Überlegungen/Überzeugungen entstehen. Würde sie extrinsisch entstehen, würde das bedeuten, dass uns etwas aufgezwungen wird und wir unsere freedom of choice verloren haben. Für eine Nation und ein Volk keine schöne Situation. Leider verstehe ich die Rede des Bundespräsidenten genau so, dass er die Verantwortung aus einer extrinsischen Motivation ableitet und keine intrinsische Motivation finden konnte außer der Metapher mit der Insel. Es ist der verzweifelte Ruf nach dem Sinn – durchaus löblich aber in der Konstruktion enttäuschend. Der Bundespräsident fügt sich deshalb wunderbar in diese Leere mit ein – eben ein “schlafwandelnder Riese“.
@Der Fuchs:
Ich glaube, Sie haben mich nicht richtig verstanden, möglicherweise weil sie auf der Grundlage anderer Kommentare meinen fehlinterpretiert haben. Ich habe gar keine Aussage dazu gemacht, was ich unserem Bundespräsidenten glaube und was nicht.
Ich bin der Ansicht, dass wir eine starke Bundeswehr brauchen, um (in erster Linie) unsere eigenen sicherheitspolitischen Interessen und (in zweiter Linie, aber nicht weniger wichtig) die unserer Verbündeten zu wahren. Dazu muss die Bundeswehr anständig und unserer Wirtschaftsleistung entsprechend finanziert werden, nur so kann man ein effizientes Militär betreiben. Sie haben – im Gegensatz zu mir – einen Beitrag zur Einsatzfähigkeit der Bundeswehr geleistet und das respektiere ich sehr.
Die Entscheidung, in welche Einsätze (und unter welchen Risiken) unsere Soldaten geschickt werden, ist eine politische. Welche Einsätze politisch vertretbar und sinnvoll sind, habe ich ebenfalls nicht spekuliert. Selbst wenn die Politik keinen einzigen Einsatz beschließen würde – wir bräuchten in jedem Fall die Möglichkeit dazu. Denn darum geht bei der Sicherheitspolitik: Eigenschutz und Fremdschutz. Da Verteidigung nicht mehr nur klassisch an Grenzen passiert, befürworte ich eine starke Bundeswehr als Armee mit globaler Einsatzfähigkeit.
@ bang50
bei mir hörte die assoziationskette für den spruch immer bei rooseveldt auf. schön das sie das noch historisch vertiefen (ich fürchte allerdings das demnächst noch jemand mit einem antiken urheber aufwartet ;) )
ihre kritik an mangelder autochthonität der motive hatte ich ja obig schon aufzugreifen versucht. die tatsache das externe akteure ein individuum oder entität zum handeln auffordern entwertet deren argumente keineswegs. manchmal bedarf es eben eines exogenen impulses um zur erkenntnis zu gelangen.
überspitzt gesagt weiß der externe Initiator möglicherweise besser was gut für deutschland ist als dieses selbst.
Sorry
Wir haben keine Hubschraubträger mit Platz für KSK
Falis werden von 4 Btl auf 2 reg Reduziert
Hubschrauber Reg werden aufgelöst
Damit ist die Diskussion mit Überall Träumerei
@ wacaffe – Zustimmung! Leider ist der Mensch meist so angelegt, dass er nur auf extrinsischen Zwang/Druck reagiert. Ich sehe nur in diesem Fall die Gefahr bzw. auch schon die Entwicklung, dass externe Positionen unreflektiert als eigene Positionen übernommen werden. Was wirklich uns selbst definiert/antreibt/wichtig ist etc… ist weiterhin eine ungelöste Frage, die eigentlich seit der Gründung der BRD unbeantwortet geblieben ist.
@bang
„zu groß für europa zu klein für die welt“ bleibt eben ein evergreen.
ansonsten d’accord
@Der Fuchs
Für jemanden, der sich bzgl. des Auftrags der Streitkräfte auf das GG beruft, sind Ihre Lösungsvorschläge leider sehr kontraproduktiv zu diesem angelegt.
Hin und wieder finde ich es aber doch sehr lustig, wie dich in Grundaussagen der rechte und linke Rand unserer Gesellschaft ähnelt… ;)
@Sir Lancelot, wenn man Rechts und Links nicht als Seitenränder begreift, sondern seine Blickrichtung einmal nach Links, dann nach Rechts schweifen läßt und zwar jeweils um 180°, erkennt man, daß diese Ränder tatsächlich nahe beieinander liegen.
Ernsthaft – seit ich diesen Blog verfolge, stoßen wir in vielen Diskussionen auf die Tatsache, daß die Bundesrepublik ihre eigenen Ziele nicht wirklich kennt, denn sie wurde zum Nutzen auswärtiger Interessen konstruiert. Der Begriff der begrenzten Souveränität ist hier sicher bekannt und ein, diesen Zustand fortschreibendes geheimes Dokument haben, soweit bekannt, alle Bundeskanzler bis Helmut Kohl unterzeichnet.
Gehen wir nun mal davon aus, daß uns inzwischen die volle Souveränität eingeräumt wurde und daß sie uns über die Geheimdienste der Siegermächte des 2. WK noch nicht wieder genommen wurde/wird, dann muß Deutschland vor der Entwicklung einer militärischen Strategie doch erst einmal eine Zieldiskussion führen. Dabei kann ja alles herauskommen. Vor völliger Entmilitarisierung, weil man glaubt ohne BW auszukommen, bis hin zum Gegenteil, also einer Armee, die den Gegensatz von Breite und Tiefe mithilfe eines Haufen Geldes final auflöst.
Aber vor der Entscheidung, wohin die BW sich entwickeln soll, muß stehen, was Deutschland von sich selbst erwartet und wie es das zu erreichen gedenkt. Man kann nicht immer im ersten Stock renovieren wollen, wenn es unten kein Fundament gibt.
Die Bw geht aus AFG nicht weil es die sinnvoll ist, sondern weil die USA beschlossen hatten zu gehen und ohne die USA fehlt die Tiefe.
Wo ist FR und GB in AFG? Wo ist die Koalition der Willigen? Was ist mit Irak und Libyen?
Nach der Neuausrichtung ( z.T. schon jetzt) fehlt der Bw die Tiefe um mehr Militäreinsätze in fernen Ländern zu führen!
@Elahan:
GBR ist weiterhin zweitgrößter Truppensteller in AFG:
http://www.isaf.nato.int/images/stories/File/Placemats/2013-08-01%20ISAF%20Placemat-final.pdf
Und zwar seit Jahren in Helmand – das ist sicher kein Argument.
Tja, ich komm nicht umhin mir an den Kopf zu fassen. Gauck mag wohl meinen, aber er propagiert schon wieder „Dekoration“ wo es schon am Fundament mangelt.
1.) Ich sehe mittlerweile den Spruch des BVerfG von 1994 extrem kritisch – weil die Richter damals den Politikern einen Freibrief für etwas ausstellten, daß diese selber weder argumentativ begründen geschweige denn verstehen konnten (und wollten). Mit dem Urteil bekamen diese Politiker auch noch gleich einen weiteren, viel folgenreicheren, Freibrief mitgeliefert: sie konnten elegant die dann eigentlich fällige Diskussion zu deutschen Interessen, der Rolle Deutschlands in der Welt und (je nach Ausgang dieser Diskussion) die dann evtl fällige Grundgesetzänderung umgehen. Auch deswegen können sich unsere Prolitkasper heute sowohl hinter dem GG (nach außen) als auch hinter der NATO-Mitgliedschaft (nach innen) verstecken und sich ihrer Führungsverantwortung entziehen.
Das BVerfG hat sich damals den Schwarzen Peter zuschieben lassen und nicht den Politikern drastisch klargemacht, daß diese gefälligst ihren eigenen Job zu machen hätten.
2.) Ich stehe den ganzen interventionistischen Tendenzen mittlerweile extrem skeptsch gegenüber (wenn auch nicht immer – z.B. Mali war ein ganz anders gelagerter Fall). Nicht, weil ich mich krampfhaft ans GG §87 klammere, sondern weil ich sehe, was aus den sogenannten „humanitarian interventions“ der letzten Jahre geworden ist: Afghanistan, Irak und Lybien sind allesamt failed states mit einer Placebo-Zentralregierung ohne Ahnung und Macht, bewaffneten Milizen mit zweifelhaften eigenen Interessen und entlang konfessioneller Bruchlinien gespaltenen Gesellschaften die teilweise nur einen halben Schritt vom offenen Bürgerkrieg entfernt sind. Wo sind da bitte positive Resultate? Mir kommts vor, als hätte diese interventionistische Phase nur die alte Maxime gekannt „Wenn du nur einen Hammer hast, dann sieht jedes Problem wie ein hervorstehender Nagel aus“. Nirgends wurde das IMO so drastisch offenbar wie im Fall Lybien – ich hatte mitunter den Eindruck, daß die Rebellen die westlichen Medien wie Musikinstrumente spielten und die öffentliche Meinung in den maßgeblichen Staaten in eine gewünschte Richtung beeinflußten. Was daraus wurde wissen wir alle …
Bevor ich irgendeiner Entwicklung hin zu mehr „global NATO“ (und damit global BW) zustimmen würde, möchte ich erst hieb- und stichhaltige Argumente auf dem Tisch sehen warum das
a) nötig ist (das wurde bisher von niemandem mal explizit erläutert – mir reichen nebulöse Verweise eben nicht aus)
b) in den bisherigen Fällen nicht funktioniert hat und wie man das zukünftig besser machen will
Momentan tendiere ich persönlich ganz klar zu einer Ausrichtung der Streitkräfte auf die europäische Territorialverteidigung mit nur begrenzten Expeditionskapazitäten, denn diese erscheint mit sinnvoller und von der Bevölkerung eher akzeptierbar als das Gesülze von einer „global NATO“.
Aber wie gesagt: Ohne Grundsatzdiskussion (welche nicht kommen wird, ich kenn doch unsere Politkasper) kann man weder Ziele definieren, Maßnahmen festlegen und Ressourcen zuweisen. Und da scheiterts schon an der Ängstlichkeit und Feigheit derer, die eigentlich dieses Land politisch führen sollten anstatt es nur zu verwalten.
@ csThor: Danke!
Interessante Beiträge, aber die meisten beziehen die Gauck-Aussagen m.E. zu eng auf die Bw. Sicherheitspolitik ist mehr als Streitkräfte (wenn ich die Diskussion zu“Anzug“ sehe -haben wir die noch?) zu unterhalten. Sie umfasst vielmehr auch alle anderen Politikfelder. Vor allen Dingen aber Zuverlässigkeit im Umgang mit Bündnis-verpflichtungen und Partnern. Hier meine ich, hat der Bundespräsident seinen Ansatz gesucht, da es hiermit in der Vergangenheit nicht sehr positiv aussah. Und wenn es im Verein mit Partnern (ohne die kann ein Land heute kaum noch seine Interessen wahren) erforderlich, wird muss man auch bereit sein den Hammer zu schwingen und
nicht nur ein paar Nägel zu bezahlen. In dieser Hinsicht wäre es Aufgabe aller verantwortungsvollen Politiker den vielen „Ohne Uns“ – Träumern globale Zusammenhänge zu vermitteln. Ich finde es befremdlich dass der Bundespräsident
die handelnden Politiker an diese Aufgabe erinnern muss. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass er nicht aus niederen Machterhaltungsgründen dem Wahlvolk und der veröffentlichen Meinung folgen will.
@csThor: Gute gesagt. Zu Ihrem Punkt a wäre anzumerken, daß der Interventionismus seine Wurzel oft dort hat, wo bestimmte Eigeninteressen der intervenierenden Staaten liegen. Die Aktionen der jüngeren Vergangenheit im nahen und mittleren Osten wurden mehr oder weniger von den US- Energieinteressen befördert, oft geht es um das eindämmen anderer Mächte und dann darf die pro- Israel- Lobby in den USA nicht übersehen werden, ohne die man dort nicht Präsident werden kann.
Die Folgen dieser letzten Aktionen haben inzwischen dazu geführt, daß man den Bürgerkrieg in Syrien selbst ausbrennen läßt, lediglich das Chemiewaffenjunktim von Obama hätte ihn ohne die last-minute-Unterstützung aus Moskau beinahe mitten in die heiße Zone befördert.
Es ist wohl Zeit für die Erkenntnis, daß wir in fernen Staaten kaum etwas ausrichten können. Jedenfalls nicht mit den lean-Methoden der letzten Fehlschläge. Wenn überhaupt darf man sich nur auf aussichtsreiche Ziele konzentrieren und muß dort dann mit Breite UND Tiefe agieren. Da läßt der alte Clausewitz schön grüßen.
Das sind wir aber schon wieder dabei, an der Definition unserer eigenen Ziele vorbeizudenken.
@ TOM
„Vor allen Dingen aber Zuverlässigkeit im Umgang mit Bündnis-verpflichtungen und Partnern.“
Damit habe ich aber schon enorme Probleme. Ich habe momentan den Eindruck, daß „Bündnisverpflichtung“ eine euphemistische Umschreibung der Kommunalisierung von Kosten militärischer Interventionen aufgrund von Interessen einzelner Staaten ist. Das ist nicht das altbewährte „Greifst du einen an, greifst du alle an“ – das klingt vielmehr wie „Hängt sich einer auf, dann haben die anderen in den Schlingen nebendran zu hängen.“ Sicherheitspolitik und Bündisarbeit á la Herdentrieb kann doch nicht der Anspruch sein, den souveräne Staaten haben, oder?
@Memoria
Ja stimmt GB hat bis heute 444 gefallene in AFG. Ich bezog mich auf die Zeit nach dem die USA aus AFG ist. Den Bezug zum ersten Absatz hätte ich deutlicher machen müssen.
Trotz der robusten Einsätze ist auch GB nicht in der Lage, durch Militär Sicherheit in fernen Ländern zu erreichen. FR wäre ohne Unterstützung in Mali evtl in noch mehr Schwierigkeiten.
Europa hat mit seinen Nachbarn genügend Problempotenzial und muss sich hier besser aufstellen. Wir machen im Moment das Gegenteil (Außer beim Grenzschutz und eher ohne Rücksicht auf Menschenrechte) Da nützt es nichts wenn am deutschen Wesen die Welt soll genesen.
Es ist die Scheinheiligkeit mancher sog .christlichen Politiker die inzwischen lieber deutsche junge Menschen in den Krieg schicken, um für Menschenrechte zu kämpfen jedoch dort, wo wir einfach helfen könnten, ist man nicht bereit es der Bevölkerung zuzumuten. Wie gehen wir mit den AFG Ortskräften und deren Familien jetzt um? Das Gleiche gilt für Syrer mit deutscher Staatsbürgerschaft. Dieses Verhalten bringt die Doppelmoral der Politik in diesen Fragen zum Vorschein. Während man nur begrenzt Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen will, hält man ein mili Eingreifen in einigen deu Bevölkerungsschichten für sinnvoll und der darauffolgenden Eskalation der Auseinandersetzung schenkt man keine Beachtung.
Es ist schon seltsam, man interveniert in Länder wie Afghanistan, den Irak, Libyen oder Mali, man lässt den afrikanischen Kontinent aushungern und man erzeugt Nationalisten in Krisenregionen. Nur die dann folgenden Flüchtlingswellen aus diesen Ländern sind nicht erwünscht, damit die Festung Europa sicher bleiben.
@cs Thor
Zustimmung
„Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten.“ Artikel 5 NATO Vertrag.
Wann ist DEU seinen Bündnisverpflichtungen nicht nachgekommen?
@Elahan: Schön gesagt: Bundesinnenminister holt persönlich die Kontingentflüchtlinge aus Syrien am Flieger ab. Gleichzeitig demonstrieren die Bürger in etwas besseren Wohnlagen gegen ein paar Wohncontainer…
Wie es aussieht, ebbt der Flüchtlingsdruck am Südrand Europas auf die bisherige Weise nicht ab. Zuzusehen, wie die Leute im Mittelmeer ersaufen und sich die Schlepper gleichzeitig eine goldenen Nase anschaffen, ist auch kein erfolgversprechender Weg. Da wäre es ja schon ehrlicher, die Schiffe gleich beim Verlassen der libyschen Gewässer abzufangen. Die Leute alle hier aufzunehmen ist auch keine Lösung.
Wenn die Aufgabe also lautet, zu helfen, ohne uns zu überfordern, braucht es ein neues Konzept. Wie wäre es denn mal damit: Es wird ein nicht zu großes Land mit (hoffentlich) beherrschbarer Konfliktlage ausgesucht, gleich wo. Warum nicht Mali? Intervention aller NATO- Staaten mit vollem Einsatz. Flächige Besetzung, entschlossenes Niederkämpfen aller Warlords, aller religiösen Spinner und sonstwelcher Unruhestifter, dann Aufbau einer Infrastruktur, die den Namen verdient. Ein echtes Leuchtturmprojekt, das aber mit der vollen Entschlossenheit aller bearbeitet wird. Danach kann man dann sehen, ob man mit echter Hilfe für alle friedlichen Einwohner nicht mehr Erfolg hat, als mit dem jetzigen „Immer dahinspringen, wor es gerade wichtig erscheint“.
Man kann gegen diese Idee sein, aber solange man es nicht testet, kennt man den Ausgang auch nicht.
@cs Thor
zu Ihrem Punkt 1: volle Zustimmung!
Die fehlende Grundsatzdiskussion schwächt uns national wie international, weil die Politik in der Absicht die Leichen nicht aus dem Keller zu holen, ständig neue Verrenkungen produziert anstatt Tacheles zu reden. Letzteres ist mE. die Grundform politische Verantwortung zu übernehmen. Die ständige Wegduckerei, das Relativieren und das Verstecken hinter Nato oder Bündnisverpflichtung ist das Gegenteil von souveränen Handeln, dass dann auch durchaus mal im Dissenz zur Meinung der Partner stehen kann aber nicht zwangsläufig stehen muss.
Punkt 2 Interventionismus:
Teilweise Zustimmung, die ERgebnisse sind schlecht und ja man muss die Gründe dafür kühl und sachlich analysieren. Pauschalisieren hilft da nicht. Als Nichtmilitär bin ich natürlich weniger qualifiziert diese Diskussion zu führen, will es aber als Wähler tortzdem tun. Daher eine These:
In AFG und Irak hat man immer viel weniger Truppen auf dem Boden gehabt, wie man gebraucht hätte, um eine staatliche Ordnung nach dem Verschwinden den vorangegangenen Schreckensregime nicht zusammenbrechen zu lassen. In beiden Fällen hat die Bevölkerung die Befreier zunächst sehr begrüßt, musste dann aber feststellen, dass mit ihnen keine neue Ordnungsmacht ins land kam und so Verbrechen und WAffenschmuggel in den ehemals hochgerüsteten Diktaturen frei Platz greifen konnte. Gerade im Irak forderten die Generäle mehr Truppen, um den damit heraufziehenden Ansehensverlust und Bürgerkrieg abwenden zu können, Rumsfeld wollte das aber unter keinen Umständen. Als dann viel später doch aufgestockt wurde, war es schon viel zu spät.
In Libyen war es ähnlich schlimm, weil man gar keine Bodentruppen und somit auch keine Gestaltungsmöglichkeiten für einen geordneten Übergang haben wollte. Also sind die vielen Waffen wieder in die falschen Hände gelangt und haben den Bürgerkrieg beflügelt und nebeinbei noch Mali destabilisiert.
Auch in Syrien werden Bodentruppen kategorisch ausgeschlossen, in der völlig unrealistischen Hoffnung, dass ein isolierter Luftschlag schon irgendwie die Richtigen treffen wird.
Also drängt sich mir der Eindruck auf, dass ein halbherziges Vorgehen die Probleme tatsächlich verschärft.
Die logische Folge wäre: entweder ganz oder gar nicht.
@iltis
Das hatten wir schon mal im „Schutzgebiet“ Deutsch-Südwestafrika.
Ein evtl besserer Vorschlag. Die EU kauft in Nordafrika unbewohntes Gebiet, einem Staat ab, macht es urbar und offen für alle, aber es ist eben EU Staatsgebiet ohne Zugang zur EU und somit ohne EU Bürger (vergl die spanischen Exklaven Melilla und Ceuta oder Büsingen am Hochrhein :-))
Im dümmsten Fall fordern die Bewohner dann am Ende noch die Einführung der Demokratie und Unabhängigkeit……wo kommen wir denn da hin :-)
@Elahan: Wenn Sie sich in Namibia heute umsehen, werden Sie feststellen, daß es unterm Strich nach ganz so schlecht gelaufen ist. Problematisch ist die Herero- Aktion, weil die keine Tendenz zeigten, sich dem ganzen Unternehmen anzupassen. Der Ruf Deutschlands ist dort nach beinahe 100 Jahren noch immer um Längen besser als der der USA im Rest der Welt.
Aber – diesen Teil der Geschichte kenne ich nicht genau genug , und muß erstmal ein bisschen lesen um zu sehen, ob nicht doch als Modell taugen könnte.
Ihren Vorschlag fände ich nicht schlecht. Es muß wirklich mal was neues probiert werden, die alten Schuhe taugen einfach nichts mehr.
Ich möchte nur Erinnern, unsere Fahrzeuge bringt nicht die Luftwaffe herunter sondern wir brauchen eine Ukrainische Fremdfirma
Wenn in Israel Morgen Deutsche herausgeholt werden müsste, dann hat die Marine nicht mal einen Hubschraubträger der auch eine Anzahl von KSK beheimatet, der eingesetzt werden könnte eine Rettungsoperation zu ermöglichen
Es werden gerade Kernfähigkeiten abgebaut wie Luftlande weil man die Flugkosten sparen will.
Panzergrenadiere werden für den Häuserkampf nicht angedacht weil es billiger nur Jg Btl damit ist auszustatten
Wohl es im Einsatz der PzGren der Mangel der ehem. 5Kp schon mehr Fach bemerkbar macht gerade die fehlende Mörser und schweres Aufklärungsfahrzeug
So müssen die Heeresaufklärer zusätzlich auch die Kampf Btl Aufklären weil den AVZ Züge das schwere Gerät fehlt
Reden halten kann der Mann, das muss man ihm lassen. Saubere Arbeit.
Man sollte sich die Besatzung Deutschlands nach 1945 anschauen. Gerade was Hearts and Minds angeht, haben wir in allen Staaten vieles falsch gemacht nachdem wir zunächst begrüßt wurden.
„Erinnern wir Deutsche auch deshalb so intensiv an unsere Vergangenheit, weil wir eine Entschuldigung dafür suchen, den heutigen Problemen und Konflikten in der Welt auszuweichen? Lassen wir andere unsere Versicherungspolice zahlen?“
Ich hatte es an anderer Stelle schon einmal gesagt:
Abgesehen von ein paar „Ewig Gestrigen“ sind wir Deutschen die EINZIGEN, die immer wieder die „WWII“ Keule rausholen….
In vielen gemeinsamen Einsätzen mit den USA, GB, FR und sogar Israel wurde ich sehr oft gefragt, warum wir Deutschen uns wegen einer Sache, die nunmehr mehr als 60 Jahre zurückliegt, immer noch selbst geißeln…
Ich finde es gut, das dies einmal von „höchster Instanz“ angesprochen wird-finde die Schlußfolgerung, wir müssten uns (noch) mehr engagieren, aber falsch.
Deutschland hat in den letzten Jahren (der Finanzkrise) fast ganz Europa „freigekauft“-das reicht….