EuroHawk: Das nächste Mal schauen wir ins Handschuhfach
Dass Staatssekretär Stéphane Beemelmans (Foto oben) die volle Verantwortung für die Unterrichtung oder Nicht-Unterrichtung des Verteidigungsministers Thomas de Maizière über das gestoppte Drohnenprojekt EuroHawk übernommen hat, wurde am heutigen Dienstag im Untersuchungsausschuss des Bundestages und in den Medien klar verstanden: Der Knappe Beemelmans hat sich schützend vor seinen Herrn geworfen. Und hat noch mal deutlich gemacht, worum es geht: er ist mein Chef.
Jenseits dieser eher für Politik und Wahlkampf bedeutsamen Aussage empfiehlt sich allerdings, auch auf ein paar andere Aussagen in Beemelmans mehr als drei Stunden dauernder Anhörung zu schauen. Denn abgesehen davon, dass er seinen Minister zu wenig und/oder zu spät informierte, konnte der Staatssekretär in seiner Arbeit am Thema EuroHawk keinen Fehler erkennen.
Zum Beispiel bei den ursprünglichen Erwartungen an die Zulassungsmöglichkeiten des EuroHawks. Wir sind davon ausgegangen, dass wir einfach eine US-Zulassung umstempeln. Dann haben wir erfahren, dass es die nicht gibt, sagte Beemelmans. Genau so, zog der Staatssekretär eine Parallele zu einem Autokauf, erwarte man bei einem Neuwagen eine Gebrauchsanweisung im Handschuhfach – auch diese Dokumentation habe es nicht gegeben. Eine Konsequenz sei bei künftigen ähnlichen Beschaffungen, zu fragen, ob es Zulassung und Dokumentation gebe: Dann schauen wir ins Handschuhfach.
Auf der Leitungsebene des Verteidigungsministerium sei dagegen immer so gearbeitet worden, wie es vorgesehen sei. Vorlagen wurden entgegengenommen und, wenn aus Staatssekretärs-Sicht nicht vollständig, mit dem Auftrag zur Nachbesserung zurückgegeben. Probleme mit dem Hinweis, eine Lösung werde gesucht, wurden als Problem der jeweiligen Bearbeiter verstanden und abgewartet.
So zum Beispiel bei einer Rüstungsklausur 2012, als Luftwaffeninspekteur Karl Müllner auch kurz zum EuroHawk und seinen Zulassungsproblemen vortrug. Dabei hatte der Rüstungs-Abteilungsleiter Detlef Selhausen mitgeteilt, das seine Abteilung und die Luftwaffe für eine Lösung im Gespräch seien. Dem Minister sei also vorgetragen worden, und er habe die Information bekommen, dass an einer Lösung gearbeitet werde: Das ist genau der richtige Weg.
Grundsätzliche Zulassungsprobleme bei unbemannten Luftfahrzeugen hätten sowohl de Maizière als auch ihm selbst am Herzen gelegen, betonte Beemelmans mehrfach. Über das Zulassungsproblem EuroHawk sei bei zahlreichen Gesprächen darüber aber nicht geredet worden: Ich habe keinen Anlass gesehen, das zusammenzuführen, sagte Beemelmans. Gebe es doch Zulassungsprobleme bei Luftfahrzeugen aller Art. Und über diese Schwierigkeiten bei Drohnen werde in der Spitze des Verteidigungsministeriums schon seit 2011 nachgedacht – bevor der Leitungsebene das entsprechende Problem bei EuroHawk bekannt sei. Das Beispiel sei da nicht gebraucht worden.
Ausschlaggebend für die Entscheidung, das Projekt EuroHawk nicht weiter zu verfolgen und die geplante Flotte mit vier weiteren Maschinen nicht zu beschaffen, seien nicht allein die Mehrkosten für die Zulassung gewesen, betonte Beemelmans vor dem Ausschuss. Es seien vielmehr verschiedene Risiken zum Tragen gekommen: Neben den erwarteten 600 Millionen Euro Mehrkosten für die dauerhafte Zulassung der unbemannten Flugzeuge seien weitere Mehrkosten von einer Milliarde Euro absehbar gewesen – weil der Flugzeugtyp Global Hawk Block 20 künftig von der US-Luftwaffe nicht mehr genutzt werde und Deutschland dann als einziger Nutzer allein die Kosten für Ersatzteile und ähnliches hätte tragen müssen. Darüber hinaus hätte es noch zwei Jahre gedauert, bis ein eigenständiges deutsches System für die Missionsplanung des EuroHawk verfügbar gewesen wäre und die Bundeswehr die Drohne autonom hätte fliegen können. In dieser Kombination von Risiken sei keine vernünftige Lösung absehbar gewesen.
Doch Rüstungsprojekte, das vertrat der Staatssekretär vehement, seien zwangsläufig mit technischen und finanziellen Risiken verbunden: Die Technologie der Zukunft lässt sich in Preisen der Gegenwart kaum bepreisen. Gerade beim EuroHawk sei es um eine in Deutschland nicht verfügbare Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts gegangen. Und solche Risiken seien doch keine Eigenart des Militärs. Die gebe es in vergleichbarer Form in jedem zivilen Entwicklungsvorhaben.
Nachtrag: Die Anhörung des Staatssekretärs dauerte am Ende 6 Stunden, nur unterbrochen von einer kurzen Pause. Als er rauskam, sagte Beemelmans nur knapp: War gut.
@T.W.
langsam wird mir schlecht ;-)
Jetzt kommt die Katze doch langsam aus dem Sack:
„Neben den erwarteten 600 Millionen Euro Mehrkosten für die dauerhafte Zulassung der unbemannten Flugzeuge seien weitere Mehrkosten von einer Milliarde Euro absehbar gewesen – weil der Flugzeugtyp Global Hawk Block 20 künftig von der US-Luftwaffe nicht mehr genutzt werde…“
Und sowas interpretiert SB als „Technologie der Zukunft“?
(Abgesehen davon, dass wir keinen wirklichen Zugriff auf diese Zukunftstechnologie bekommen.)
alter falter. „wir sind davon ausgegangen“ ? wann ist man denn davon ausgegangen ? und wer genau ? in meinem verständnis von projektmanagement und beschaffung wäre das doch einer der ersten pkte die es zu klären gäbe, noch vor vertragsunterzeichnung.
als mensch der freien wirtschaft kenne ich die „wehrverwaltungsbürokratie“ leider nicht von innen. kann man da wirklich ungestraft so blauäugig sein?
„Auf der Leitungsebene des Verteidigungsministerium sei dagegen immer so gearbeitet worden, wie es vorgesehen sei. Vorlagen wurden entgegengenommen und, wenn aus Staatssekretärs-Sicht nicht vollständig, mit dem Auftrag zur Nachbesserung zurückgegeben. Probleme mit dem Hinweis, eine Lösung werde gesucht, wurden als Problem der jeweiligen Bearbeiter verstanden und abgewartet.
So zum Beispiel bei einer Rüstungsklausur 2012, als Luftwaffeninspekteur Karl Müllner auch kurz zum EuroHawk und seinen Zulassungsproblemen vortrug. Dabei hatte der Rüstungs-Abteilungsleiter Detlef Selhausen mitgeteilt, das seine Abteilung und die Luftwaffe für eine Lösung im Gespräch seien. Dem Minister sei also vorgetragen worden, und er habe die Information bekommen, dass an einer Lösung gearbeitet werde: Das ist genau der richtige Weg.“
DA FÄLLT MIR DIE SCHAUFEL AUS DER HAND !!!
Dem Minister wurde „vorgetragen“ (vermutlich hat er parallel auf „Durchzug“ geschaltet) und das reicht für die Leitungsebene dann als Begründung, um in totalem Phlegma für die nächsten Jahre die Hände in den Schoß zu legen …? Da wird (wohlgemerkt für ein nach eigener Aussage „strukturrelevantes Hauptwaffensystem“) auch nicht mal aus eigenem Antrieb nachgefragt … oh, mein Gott … natürlich NICHT.
In diesem Land scheint es als Qualifikation für einen Bundesminister oder beamteten Staatssekretär VOLLKOMMEN ausreichend zu sein, morgens die Post aufzumachen und sich ansonsten von Ereignis zu Ereignis „weiterzurobben“ …
An dieser Politposse ist ALLES peinlich … aber wirklich ALLES. Und das gilt INSBESONDERE für die handelnden Personen TdM und SB … Hybris, Arroganz und Selbstüberschätzung bei gleichzeitig VÖLLIGEM Ausfall von Verantwortungs- oder Schuldbewusstsein.
Nachtrag zu mir selbst:
SEHR schön ist auch der Hinweis des Staatssekretärs, dass der „Hinweis, eine Lösung werde gesucht, als Problem der jeweiligen Bearbeiter verstanden und dann abgewartet wurde.“
Also ist der Inspekteur Luftwaffe (immerhin ein B9-besoldeter Generalleutnant) aus Sicht des Staatssekretärs nur ein „Bearbeiter“, wenn er beim Minister vorträgt …?
Hut ab, Herr Beemelmans … SO ARROGANT möchte ich auch mal sein … DAS nenne ich doch mal „Chuzpe“ …^^
Beemelmans‘ ministeriumsweit anerkannte TOTALE fachliche Ahnungslosigkeit in militärischen Fragen bleibt (ebenfalls ministeriumsweit anerkannt) auch nur DESHALB ungeahndet, weil – wie man sich „im Hause“ ausdrückt, „die Sonne des Herrn auf ihn scheint“.
JEDER ANDERE wäre vom gleichen Minister schon LANGE auf den MOND geschossen worden … wie dies auch schon MEHRFACH wegen KLEINSTER Verfehlungen in der Verganheit praktiziert wurde.
“ wie man sich “im Hause” ausdrückt, “die Sonne des Herrn auf ihn scheint”.“
Hugenottentreue eben
„Ich habe keinen Anlass gesehen, das zusammenzuführen.“
Genau DA liegt das Problem. Nicht nur in der Rückschau (EH+AGS!) sondern auch in der Vorausschau (UAS MALE ab 2016, SAATEG VTOL ab 2015 (?).
Führungskräfte werden genau dafür bezahlt Dinge zusammenzuführen (Lage, Auftrag, Durchführung).
Unglaublich, man schämt sich nicht mal mehr der eigenen Inkompetenz, sondern hält sich für vorbildliche Verwaltungsprofis und Staatsdiener.
Es tut (fast) gleichmäßig weh…
StS SB glänzte schon einmal bei seiner ersten Einvernahme vom 15.05.2013 durch den Verteidigungsausschuss nur noch durch Jämmerlichkeiten und Dilettantismus bis hin „zum Eurohawk-Beamen auf 20.000 km und daß daher keine Zulassung für den zivilen Luftraum von Nöten gewesen sei“ sowie durch „A319 und U2-Vergleiche“. Aber die heutige Parallele „Autokauf, Neuwagen, Gebrauchsanweisung, Handschuhfach“ schlägt dem Fass endgültig den Boden aus! Bei dem was die Kanzlerin bekanntermaßen in der Hose hat, gehört TdM angewiesen, den StS S.B. unverzüglich zu entlassen und anschließend wäre der Minister reif!
Mehrfach bewiesener Fakt ist, im Zuge der Rüstungsklausur in 2012 wurde dem Minister zum EuroHawk und dessen Zulassungsproblemen vorgetragen, durch den Luftwaffeninspekteur Müllner und auch durch den AL Rü Selhausen. Und wenn die beiden für eine Lösung im Gespräch seien und daran arbeiten, mag dies StS SB zwar als richtig erscheinen, das ist aber genau der falsche Weg.
Zuständig für die Erprobung, Musterprüfung und für die Musterzulassung von Luftfahrtgeräten ist die WTD 61, und nicht der AL Rü und der Inspekteur Luftwaffe! Wenn aber diese beiden sich zuständig fühlen oder die Zuständigkeit an sich reißen, dann ist etwas „oberfaul“ und bereits damals und damit hätte dem StS SB und dem Minister sofort „der Groschen fallen müssen“!
Ich sag jetzt nichts mehr freue mich aber darueber, dass es hier anscheinend einen Pool an hochkompetenten der Auftragstaktik befaehigten ihren Mitarbeiter vertrauenden zukuenftigen StS und IBUKs gibt.
@Vtg-Amtmann:
Sie schießen mal wieder über Ziel hinaus.
Die WTD 61/ ML unterstand bzw. untersteht der Hauptabteilung Rü bzw. Abteilung AIN und somit dem HAL bzw. AL.
Der STS hat genau diese Fachabteilungen, damit er nicht beim nachgeordneten Bereich Informationen aufsammeln muss.
Dass ministerielle Spitzen des Bedarfsträgers und des Bedarfsdeckers bei einer Rü-Klausur vortragen ist nicht nur nur al, sondern sinnvoll.
Es gibt genug sachgerechte Kritik an Sts B., dies ist jedoch schon formal keiner.
Inhaltlich sollte ein Sts auch informelle Informationskanäle haben, dies ist jedoch was anderes.
@Soenke Marahrens:
So ist das mit dem freundlich-kritischen Interesse, statt freundlichem Desinteresse.
Freundlich-unkritisches Interesse hätte man gern.
Ist ja menschlich nachvollziehbar.
Aber bald ist es wohl noch mehr unfreundliches Interesse und vorallem unfreundliches Desinteresse.
Alles wird gut… – im eigenen Referenzrahmen.
Nun kann man sich vortrefflich ereifern. Möglicherweise sogar zu Recht. Ich bräuchte allerdings mal Hilfe von einem Rechtsgelehrten. Wenn mich nicht alles täuscht ist der Untersuchungsausschuss ein juristisches Gremium. Was kommt nun bei raus wenn niemand einen grünen Haken an irgendeinem Schriftstück zum Eurohawk findet? Selbst wenn man weiß, dass solche Papiere auch hin und wieder vorgelegt werden und ohne einen Haken oder Bemerkung zurückkommen. Was kann man dem Minister juristisch vorwerfen? Kann man ihn ferner verurteilen wenn man ihm juristisch nichts nachweisen kann? Ist es dann statthaft zu sagen, nichts falsch genmacht (juristisch) aber du must trotzdem gehen? Darf soetwas in einem Rechtsstaat überhaupt möglich sein?
Ja, viele hier mögen bisherige Verhaltensweisen, seine Vorwürfe an andere Führungspersönlichkeiten u.v.m. zum Anlass nehmen mit Sts recht hart ins Gericht zu gehen. Aber will man es ihnen verdenken? Sts. B. war kaum einige Wochen dar, da beschimpfte er den CdS FüS (ohne dessen Anwesenheit), dass er unfähig wäre, da er auf Knopfdruck nicht die „Munitiionslage“ der Bundeswehr verfügbar hätte. Er und andere wurden in die SKB „weggelobt“ – wie jeder andere auch, der zu kritisch war. Bezüglich Sts W. äußerte er, dass er diesem helfe, wieder über seine festgefahrenen Leitplanken hinauszudenken. Aber auch über, GI, Inspekteure, Abteilungsleiter u.v.m. hatte er immer flotte Sprüche auf Lager. Und er sprach stets von „Entscheiden und Verantworten, und Ablösung bei Fehlern“. Das das nun zurückschlägt, ist für mich eine normale Reaktion. Wie war das mit dem Hochmut und dem Fall? Sts. B. kann froh sein, dass er sich aktuell medial nur mit dem EH beschäftigen muss und der DBwV zur katastrophalen Ausgliederung Perdonalabrechung, dem Personalmanagement an sich etc. vermutlich nur aus Rücksicht auf die Bundestagswahl nicht äußert. Dann würde der „Könner“ entlarvt!
@BausC
Nein, ein Untersuchungsausschuss ist eben kein juristisches Gremium, sondern ein politisches – auch wenn er für die Sachafuklärung ähnliche Kompetenzen wie ein Gericht hat (Zeugen vorladen, Akten heranziehen). Es gibt ja auch keine Entscheidung im juristischen Sinn, sondern Mehrheits- und ggf. Minderheitsvoten als Schlussfolgerung.
@ baus C jemanden rauszukanten obwohl man ihm juristisch nix ans zeug flicken kann … natürlich geht das in einem rechtsstaat. wenn die öffentlichkeit nicht überzeugt ist, dann:
„off with his head“
politischer verantwortung ist ja auch nochmal was anderes als juristische.
@T.Wiegold
Danke.
@memoria: Die Organisation und die Unterstellungen sind bekannt (z.B. AIN V / vormals Rü VI), vielleicht habe ich mich zu ungenau ausgedrückt. StS S.B. sagte der HAL RÜ / AL AIN und der Insp. Lw _a_r_b_e_i_t_e_n_ an einer Lösung. Sie wissen was ich meine und das war offensichtlich, dass eine „intervenierende Lösung“ gesucht wurde bzw. erforderlich war. Sowas muß man doch als Minister oder StS merken?
Also diese Aussage von einem Staatssekretär ist schon dreist !
Hätte ein Zugführer/TE-Führer seinem Vorgesetzten / Chef ist dieser Art von einem schwerwiegenden Fehler / Versäumnis / Vorkommnis in seinem Bereich berichtet, dann wäre er mit Recht von dem Vorgesetzten gegrillt worden !
Also so unverfroren und so dämlich kann man doch nicht auf einer Ebene als Staatssekretär arbeiten, oder ?
Auch wenn Stephane Beemelmans sich anscheinend als Bauernopfer vor seinem Minister stellen will, hat er gegenüber dem Verteidigungsausschuss eine Wahrheitspflicht bei einer Zeugenaussage. Es mag ja sein, dass man ihm aufgrund der Aktenlage nicht das Gegenteil beweisen kann, jedoch stellt er mit dieser Aussage seine eigene Inkompetenz öffentlich zur Schau. Da ich nicht glaube, dass er tatsächlich so einfältig ist, vollbringt er schon ein großes Opfer für seinen Chef. Sich selbst als inkompetent, ignorant gegenüber Problemen, als reiner administrativer Durchlauferhitzer auf B11-Ebene darzustellen und dafür die Prügel in der Öffentlichkeit zu kassieren – das tut schon weh !
Wenn das Ministerium tatsächlich so geführt werden sollte wie es hier dargestellt worden ist, dann wird es Zeit für einen Wechsel, in Personen, im Amtsverständnis, im Stil, im Geist und im Selbstverständnis der ministeriellen Bürokratie !
und „hugenottentreue“ ? da gerade wahlkrampf ist, dürfte der mann seinen marktwert stark erhöht haben. für TdM und Muddi auch. der fällt bestimmt weich, da kann man jetzt auch mal kurz in kanossa vorbeijetten.
Ich weiß nicht, was „Hugenottentreue“ ist, Nibelungentreue kennt man schon eher.
Und ich hätte nicht gelaubt, dass es unter den sogenannten Experten soviel Unsachlichkeit und Häme gibt. Deren Maß scheint hier und bei den einschlägigen Gazetten proportional zu der Erkenntnis zu steigen, dass die breite Öffentlichkeit das Ganze überhaupt nicht interessiert und nichts wirklich Substanzielles gefunden werden kann.
Wenn man Minister oder Staatssekretäre nicht mag, sollte man keine sogenannten Sachargumente an den Haaren herbeiziehen, um sie politisch abzuschießen. Solange die Frage unbeantwortet bleibt, was wer mit welchem Schaden konkret falsch gemacht hat und was stattdessen eine neue Lösung kostet, verändern sich durch wohlfeile Ex-post-Betrachtungen und Spekulationen auf die Zukunft leider weder der Etat der Bundeswehr noch ihre Fähigkeiten. Das ist das Schicksal von Rechnungshöfen und Untersuchungsausschüssen.
Umso länger ich darüber nachdenken umso unglaublicher ist die Kernaussage von SB („“Ich habe keinen Anlass gesehen, das zusammenzuführen”). Wenn man schon mit seinem Herrn und Meister „Freude an der Verantwortung“ propagiert und nach unten oft für weitaus weniger rücksichtslos nachtritt (siehe Insp SKB), dann sollte man jetzt schleunigst gehen.
Aber es sind halt nur hohle Phrasen und Ansprüche an andere.
Ich bin weit entfernt davon in der Wirtschaft ein Vorbild für das BMVg und die Bundeswehr zu sehen.
Trotzdem stelle ich mir – zur Einordnung – vor ein COO sagt nach dem Verlust (!) von 250-1000 Mio.€ (bei 30 Mrd. € Umsatz p.a.) dem Aufsichtsrat (!) ins Gesicht:
“Ich habe keinen Anlass gesehen, das zusammenzuführen.”
Da würde der Aufsichtsrat aber anders auf die Barrikaden gehen als ein UA.
Es ist diese anspruchlose Gleichgültigkeit, die weh tut.
@Jupiter:
wer mit welchem Schaden was konkret falsch gemacht:
Die Beschaffung von AGS forciert und den deutschen Anteil noch angehoben ohne die Erkenntnisse aus dem EH hiermit „zusammenzuführen“.
Schaden für den Steuerzahler: mind. 480 Mio. €.
Italien sieht nach Presseberichten keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung. EuroHawk reloaded.
Verantwortet von TdM und SB.
Zitat Staatssekretär Stéphane Beemelmans vom 30.07.13
Wir sind davon ausgegangen, dass wir einfach eine US-Zulassung umstempeln. Dann haben wir erfahren, dass es die nicht gibt, sagte Beemelmans
Zitat Northrop Grumman Vice President Pamiljans vom 29.07.13
Der Global Hawk, die Riesendrohne, auf der der EuroHawk basiert, sei inzwischen in verschiedenen Mustern seit 15 Jahren mehr als 100.000 Stunden in der Luft und habe eine Zulassung der US Air Force.
Frage: Hat der EH nun eine US Zulassung oder nicht?
Der Diskussionsstrang erscheint mir idealtypisch: erst die Schnellschüsse, die den dargestellten Ablauf für wahr nehmen und kritisch beleuchten bzw. rechtfertigen oder kritisieren. Nach und nach aber auch die Stimmen, die die Geschichte kaum glauben können.
Ich zähle mich (jetzt) zu letzteren, mMn entstehen solche Narrative aus Dummheit oder Absicht – wobei ich ab A15 (Lehrer iW. ausgenommen ;-)) nicht mehr an Dummheit glauben kann…
Honi soit qui mal y pense!
:-))
@ Memoria: ihr Beispiel des COO / Aufsichtsrat bringt es auf den Punkt. Im BMVg scheint man allerdings den Bezug zur Realität verloren zu haben.
@ Jupiter: Ggf. interessiert es die breite Öffentlichkeit doch mehr. Es gibt genügend, die mich aktuell darauf ansprechen. „Sag mal, was ist denn im BMVg los“ oder „Was hat denn der de Maizière verbockt“ oder „Warum ist TdM noch BM“ oder „Hat die Bundeswehr doch noch genug Kohle, um mehrere Millionen in den Sand zu setzen“??? Jetzt können sie feststellen, dass dies mit der angeblich unsachgemäßen Berichterstattung zusammenhängt. Womit auch immer, es ist wie es ist.
@Jupiter
Ja, in gewisser Weise hast Du recht; mMn wird die Rolle der Vorgänger von TdM viel zu wenig betrachtet- andererseits hat er genügend eigene Fehler gemacht – der größte heißt wohl SB.
Hierzu kommt, dass er mit seiner ihm eigenen Arroganz und Ignoranz auch noch seinen ustl Bereich verprellt und beschuldigt hat!! (gierig etc).
@KlausK:
„mMn wird die Rolle der Vorgänger von TdM viel zu wenig betrachtet“
in jedem anderem Fall ja… ABER… da sind wir wieder bei dem Punkt an dem ein Herr TdM zu Beginn seiner Amtszeit grob drei MOnate Auszeit nahm um ALLES selbstpersönlich auf den Prüfstand zu stellen… die Nummer ‚leichtgläubig übernehmen und dann im Keller die Leichen der Vorgänger finden‘ zieht also nicht… bei einem ‚Aktenfresser‘ gleich im doppelten Sinne…
@Memoria
Wenn es so einfach wäre. Die Industrie hat Anspruch auf Restabgeltung. Das spart höchstens ein paar Prozent von der Restsumme, ohne dass man noch Leistung bekommt. Der sog. qualifizierte Abbruch ist immer problematisch und oft ist es besser für die Sicherung der Rechte, weiterzumachen.
Der Vergleich mit der Industrie hinkt natürlich. Kunden und Shareholder sind beim Staat (sprich BMVg) vorhanden, was fehlt ist der Gewinnanreiz für die Akteure.
Ich habe keine Veranlassung, Sts B. zu verteidigen. Aber natürlich kann bei einer Entscheidungsfindung auf Sts-Ebene nicht alles mit allem verknüpft werden, wenn dies nicht im geordneten Verwaltungshandeln (siehe GO der Bundesregierung) durch die dafür Zuständigen geschieht.
Ich weiß einfach nicht mehr, was ich (mit Verlaub) zu diesem „Typ“ noch sagen soll.
Wie bereits schon mehrmals angedeutet: Jeder andere Mitarbeiter in diesem hohen Haus wäre für weniger schon öffentlichkeitswirksam auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden, während der Chef und insbesondere sein Knappe abseits der eigenen Ansprüche weiter herumkaspern dürfen…
@Jupiter:
Missverständnis:
Ich hatte es nicht vom EH, sondern von AGS.
Da ist vielmehr Verantwortung von TdM und SB – wird jedoch leider weiter übersehen.
Da stand man vor einem Vertrag, wollte unbedingt wieder in der NATO beliebt sein, also Augen zu und durch.
Beim EH frage ich mich eher auf welcher Grundlage die Entscheidung getroffen wurde.
Hmm, bei mir wird jetzt langsam die emotionale Grenze zum „Fremdschämen“ überschritten.
Das ist ja alles nicht mehr nur peinlich, sondern schon erbärmlich.
Es scheint halt einfach auch so zu sein, dass die „Chose BMVg“ für TdM und seine Entourage (mindestens) eine Nummer zu groß ist.
@werner: “ … Frage: Hat der EH nun eine US Zulassung oder nicht?“
Jein, siehe Beispiel http://www.faa.gov/about/office_org/headquarters_offices/ato/service_units/systemops/aaim/organizations/uas/media/COA%20Sample%20Application%20v%201-1.pdf. Ziemlich simpel, zeitlich begrenzt, nicht6 varaibel, eingeschränkt auf Klasse 1, max. Klasse 2, m.M.n. eher etwas für größere Modellflieger. Da braucht man sich nicht mehr wundern, daß die WTD 61 am verzweifeln war und da konnte auch AL AIN, Insp. Lw und ZdV 19/1 nichts mehr richten!
@Vtg-Amtmann | 30. Juli 2013 – 20:07
Danke. Beide Aussagen wurden im Untersuchungsausschuß getätigt und widersprechen sich. Insofern bin ich etwas irritiert. Der Hinweis zum Artikel Netzwerk… war wirklich sehr gut.
Ich bin mal auf morgen gespannt.
@Vtg-Amtmann | 30. Juli 2013 – 20:07
Korrektur
Netzpolitik…..
@werner: Als Nachtrag zur Zulassungsfrage vom T€uroHawk: Beim Basisschulungshubschauber übersandte seinerzeit in 2010 das BWB zur Leistungsbeschreibung eine CD mit 148 MB (156.049.408 Bytes), das waren 24 Dateien / Ordner mit ca. 1.250 Seiten Dokumentation zur Zulassung und zum Betrieb! Möchte nicht wissen, was nach der Übersendung von mehr als 4.000 Dokumenten durch Northrop-Grumman an das BWB / die WTD 61 beim EuroHawk immer noch fehlte bzw. gefehlt haben soll bzw. gemäß „ZdV-Rasterdenken“ und ohne EASA-CS nicht anforderungskomform war?! Erinnert irgendwie an die „drei dünnsten Bücher der Welt“ vs. „Deutscher Gründlichkeit“, was da Herr Pamiljans vor dem Untersuchungsausschuss aussagte (Schmunzel).
In den Aussagen des StS wird deutlich, dass die „Leitung“ getrieben wird von den „Referenten“. Man selbst erhebt scheinbar noch nicht einmal den Anspruch zu führen! Da wird auf Vorlagen gewarten, diese werden dann herrenmäßig für gut oder unwürdig befunden und dann wartet man weiter ab.
Wat ne Trümmertruppe!
An die letzten Gefährten: Die Kritiker und Zyniker hier könnten’s vlt. nicht besser machen aber keiner von uns ist B besoldet, oder? Hier reden wir über die obersten Führungskräfte der Bw und im direkten Vgl. kann man gerade bei Siemens sehen wie man da verfährt. Also, die Affenbande da hat keinen Zucker mehr verdient!
MiG
Nur das bei Siemens der Chef von hinten angeschossen wurde… was Herr Ackermann wohl nicht so witzig empfindet.
Und ich weigere mich meinen Minister und seinen StS als Affenbande zu bezeichnen. Das gebietet a. Meine Loyalität und b. Meine gute Erziehung…
Wer noch nie gesuendigt hat, der mag den ersten Stein werfen…
@Soenke Marahrens: Mit Ihren Metaphern kommen Sie m.M.n. nicht mehr weit, der Schubkarren steckt voll im Dreck. Man google bitte nochmals bei Netzpolitik. Herr Monroy entspricht zwar weiß Gott nicht meinem Wählerverhalten, aber die jüngsten Kommentare von den offenbar zwei „Manching’ern“ oder auch „Praktiker bzw. Frontschweinen“ STEVE und KEKX übertreffen objektiv und substantiiert nochmals den sehr trefflichen Kommentar von MUHARHAR. Schon traurig und blamabel wie die Truppe von einem StS, und u.a. ehemaliger Direktor der Sächsischen Burgen-, Schlösser- und Parkverwaltung bevormundet und von dessen Chef „untergedeckelt“ werden! Das heutige Beemelmans-Zitat „Lösbar wird erst zu unlösbar, wenn der Aufwand zur Lösung den Ertrag übersteigt“, mag vielleicht auf Tulpenzwiebeln oder Zierkirschen oder auch in die Meißener Weinberge passen, aber nicht in den Bundeshaushalts-Einzelplan 14. Bleiben Sie bitte doch mal bei all Ihren Ehrerbietungen für den StS und den Minister bei den bitteren Realitäten! Die beiden haben um Welten zuviel gesündigt
@Soenke: Volle Zustimmung. Gleichwohl tut es mir körperlich weh, wie sich TDM und SB ohne Not um Kopf und Kragen reden. Vergleichbaren Unernst war ich bislang nur von Guido W. und „Fipsi“ Rösler gewohnt.
@Vtg Amtmann
Ihre Probleme moegen vielleicht kompliziert sein, die eines Ministers und eines Sts sind aber komplex. Ein kleiner aber feiner Unterschied….
Und das liegt nicht nur an der Wiederwahl… da waeren noch ein paar Kleinigkeiten wie Bundeswehrreorm oder Afghanistan die das interesse der obersten Fuehrung verdienen wuerden, wenn sie die zeit dazu haette.
Das macht mir Sorge… und wenn mir ein InspLw und ein AL Baiin vortragen, dass sie an einer loesung arbeiten, dann wuerde ich da auch nicht hinterhersteigen…
Die kritikposts lassen sich noch nicht mal mehr sachlich zusammen fassen…
Von mikrocontrolling bis zu mangelnder Dienstaufsicht von persönlicher Antipathie bis zur
Absprechung jeder kompetenz ist alles dabei….da muss man ja schon schizophren sein um das alles zu erfuellen.
@Soenke Marahrens: Komplexität besteht darin, daß man diese Punkt für Punkt „aufdröselt“. Das habe ich so einmal bei der Bundeswehr gelernt, ohne daß ein großer Referormbedarf gegeben war (bis 1984). Aber vielleicht war ich, wie so mancher zu früh dran. Und da ist man von Dienstaufsicht und Kontrolle sowie von Delegation von Kompetenz und Verantwortung samt Führung im Mitarbeiterverhältnis vielleicht etwas gründlicher und mit weniger blaugetönten PPT-Präsentationen samt „akademischen Summs und großer Phrasendrescherei“ eingestiegen, auch wenn man das beherrscht hat und bewußt nicht raushängen ließ.
Mich würde mal interessierén was die anderen beiden Kameraden heute vor dem Ausschuss erzählt haben. Haben die sich auch schützend, mit Hang zu Selbstaufgabe vor Major Tom geworfen ?
@Insider
Mal unabhängig von der Bewertung ;-) nein, kann man so nicht sagen.
Habe mir zwar beide angehört, aber, uff, bin im Moment nach 13 Stunden Ausschuss etwas ausgelaugt, und morgen früh geht’s mit dem Minister weiter… Irgendwo schreibe ich das noch rein. Aber ich glaube, dpa hat zwischendurch immer tapfer berichtet.
@insider: Tollkühne, aber tiefsinnige Frage?
@ T.W.: Vielen Dank für die bisherige Berichterstattung. Das muss einfach wieder einmal gesagt werden! Und ich bin schon auf morgen gespannt. Selbst im BMVg hat fast jeder augengeradeaus „privat aufgeschaltet“. Ist ja etwas anderes als „Flurfunk“ ;-))
@T.W.:
Schliesse mich Viva an.
Vielen Dank für Ausdauer, Geduld und Engagement – nicht nur beim U-Ausschuss.
@ Soenke & Co.: DEIN Minister und DEIN StS scheren sich einen Dreck um deinesgleichen! Aber jeder nach seiner Facon, nicht wahr? Loyalität muss doch wohl immer in beide Richtungen gelten, ansonsten hat man sie verspielt! Und in der Eidesformel steht auch nix von Minister oder StS.
Wem dient denn dieses Reformtheater inklusive der zur Debatte stehenden Rüstungsvorhaben für Szenarien die keiner kennt? Da wird doch noch nicht einmal Bw weit mit einheitlicher Stimme gesprochen. Das Heer will kämpfen, TdM will sich aber stärker in UN Missionen engagieren. Und das dient dann DEU gem. des verfassungsmäßigen Auftrages, ja?
Dann macht mal schön loyal weiter, stellt keine Fragen und bloß nicht reflektieren.
Sorry, da werde ich leicht unsachlich.
hm……komplex oder kompliziert ? Ist das die Frage ?
Nö ;-) Common sense und Zivilcourage sind weder kompliziert noch komplex.
Macher, Mitmacher und Miesmacher (Kritiker) sind gleichermaßen wichtig. Wenn Mitmacher sowohl die Macher als auch die Miesmacher verdrängen, dann wirds kritisch.
Die Profis werden abgeschossen und die Arschlöcher dürfen sich wie Karnickel vermehren
Die hier wiedergegebenen Aussagen des Staatssekretärs und des Abteilungsleiter AIN erwecken bei mir den Eindruck, dass diese eine ausschließlich administrative Funktion innehaben. Eingegangene Vorlagen werden abgearbeitet. Das engagierte Vorantreiben von zentralen Projekten der Bundeswehr inkl. kritisch hinterfragender Begleitung scheint demnach nicht zu den Aufgaben dieser Führungsebene zu gehören. Offenbar obliegt es dies nur dem Minister und/oder den untergeordneten Bearbeitern.
Der Minister kann jedoch nicht alle auf ministerieller Ebene zu bearbeitenden Vorhaben – mit unzähligen Prio 1 Baustellen – persönlich voranbringen und begleiten. Aus meiner Sicht hätte der Eurohawk für den Minister auch nicht „Chefsache“ sein müssen. Der ein oder andere hier scheint die Aufgabenfülle auf dieser Ebene etwas zu unter- bzw. die Wichtigkeit seines Interessengebietes zu überschätzen.
Ich frage mich aber ob es sachgerecht und für die Bundeswehr zielführend sein kann, wenn aktiv gestaltendes und überwachendes Wirken tatsächlich nicht zu den Kernaufgaben der Staatssekretäre und Abteilungsleiter im BMVg gehören sollten.
@Nordlicht:
Volle Zustimmung.
Gerade weil der Minister weit aus mehr als den EH auf dem Zettel hat, muss der Rü-Sts Themen zusammenführen und bei kritischen Beschaffungsthemen proaktiv am Ball bleiben.
Dass er dies weitgehend unwidersprochen anders darstellt, spricht für sich.