Prinz William verliert den Job: Die Briten privatisieren Search and Rescue
Die Briten sparen in ihrem Verteidigungshaushalt, notgedrungen, immer mehr – mit interessanten Auswirkungen, die sicherlich auch hierzulande sorgfältig beobachtet werden: Nachdem vor kurzem bekannt wurde, dass das traditionsreiche Fallschirmjägerregiment künftig weitgehend ohne Sprungausbildung auskommen muss, gibt es nun eine weitere – je nach Sichtweise – Innovation oder Sparmaßnahme: Der Rettungsdienst vor der Küste und über dem Vereinigten Königreich wird nach rund 70 Jahren nicht mehr von Marine und Luftwaffe betrieben – sondern an ein Privatunternehmen übertragen.
Das Ende für das militärische Search and Rescue – bei dem unter anderem Prinz William als Pilot dient – verkündete das britische Verkehrsministerium am (heutigen) Dienstag:
A new £1.6 billion contract for search and rescue helicopter services will see the UK benefit from improved flying times and better coverage of high-risk areas.
The Department for Transport has today signed a contract with Bristow Helicopters Ltd to provide search and rescue helicopter services in the UK. Helicopters will be able to reach a larger area of the UK search and rescue region within one hour of take off than is currently possible, and based on historic incident data it is estimated that there will be an overall improvement in flying times to incidents of around 20% (from 23 to 19 minutes). Presently, approximately 70% of high and very high risk areas within the UK search and rescue region are reachable by helicopter within 30 minutes. Under the new contract, approximately 85% of the same area would be reached within this timeframe.
Also aus Sicht der Regierung vor allem eine Modernisierung der Rettungsflotte. Interessant ist aber, welche Hubschraubertypen bislang für den Rettungsdienst eingesetzt wurden – und jetzt eingemottet werden. Aus der Mitteilung an das Parlament:
The contract will enable the RAF and RN to withdraw from search and rescue activities in the UK and retire their fleet of Sea King SAR helicopters. It will also ensure service continuity when the current contracted MCA service expires. Services under the new contract will operate from 7 to 10 years and will be managed by the Maritime and Coastguard Agency.
Royal Air Force (RAF) und Royal Navy (RN), heißt das mit anderen Worten, brauchen ihre SeaKing-Hubschrauber künftig nicht mehr. An der Küste ist man über diese Entwicklung nicht unbedingt glücklich, wie der britische Abgeordnete Albert Owen laut Guardian beklagt:
Owen claimed the move was „purely down to cost“ and said it meant that state-of-the-art facilities at Valley would no longer be used for SAR operations. „It’s like moving Manchester United from Old Trafford to Accrington Stanley,“ he said. „All that infrastructure, personnel, capability is being lost.“
And, as at Culdrose, it meant that a hugely respected military service that local people had great pride in would be lost. „This is a privatisation too far. It is a bad day for search and rescue,“ said Owen.
Die Organisation der Luftrettung in Deutschland ist mit der in Großbritannien nur begrenzt vergleichbar – vor allem, weil sowohl unter dem Bundesinnenministerium als auch von Privatorganisationen wie dem ADAC Rettungshubschrauber über Land unterwegs sind. An Nord- und Ostsee allerdings fliegt die Deutsche Marine für diese Aufgabe. Ebenfalls mit SeaKing-Helikoptern. Die, darauf deutet die kürzlich zwischen Verteidigungsministerium und EADS getroffene Vereinbarung hin, durch Hubschrauber vom Typ NH90 in der Marineversion ersetzt werden sollen. Was die geplante Zahl von 18 dieser neuen Hubschrauber für Aufgaben wie Search and Rescue bedeutet, habe ich noch nicht so ganz rausgefunden.
(Ganz am Rande: Bei den Helikoptern, die künftig im privatisierten britischen Rettungsdienst eingesetzt werden, sind unter anderem zehn Sikorsky S-92 eingeplant. Das ist die Zivilversion der Cyclone, die die Deutsche Marine gerne gehabt hätte…)
(Foto: The crew of RESCUE 169, the duty RAF search and rescue helicopter from A Flight, 22 Squadron rescued a seriously-injured crewman from a French trawler in atrocious weather in the Irish Sea on Thursday 21st March 2013 – Royal Navy/Crown Copyright unter MOD News Licence)
Die Luftwaffe hat sich ja aus der zivilien Luftrettung komplett (?) zurückgezogen bzw. kooperiert bei den Bundeswehrkrankenhäusern mit der zivilen Luftrettung. Ein Rückzug wäre auch für die Marine nur konsequent. Könnte einige Politiker im Bundestag wach rütteln.
Die SAR-Bereiche werden ja jetzt von den Heeresfliegern übernommen, die das auch noch mit den nur 82 NH90 bewältigen sollen. Da bin ich mal gespannt, ob das funktioniert.
Man sollte dabei aber mal im Auge behalten, dass schon heute die Seerettung im maßgeblichen Teil vollprivat und ehrenamtlich von der DGzRS übernommen wird. Der Deal des Staates mit den Seenotrettern ist, dass diese sich nicht um Luftrettung kümmern müssen und das von der Marine übernommen wird. Würde man das jetzt ändern, würden sich die gesamten Verhältnisse ändern.
Hochsee-SAR durch die deutschen Sea Kings hatte seine Berechtigung, solange die deutsche Marine hauptsächlich vor den eigenen Küsten unterwegs war und diese Aufgabe „nebenbei“ erledigen konnte. Da dies nicht mehr der Fall ist, sollte das Motto „Fliegen, wo die Flotte fährt“ angewendet und auf die SAR-Rolle verzichtet werden.
Für diesen Part sollte man neue Lösungen finden. Neben einer Privatlösung wie die Briten könnte man z.B. auch eine Regelung mit den Dänen oder der Bundespolizei ins Kalkül ziehen.
Jedenfalls finde ich es nicht mehr zeitgemäß, wenn die Marine knappe Hubschrauberkapazitäten mit einer Aufgabe blockiert, die auch von anderen erfüllt werden könnte.
Auch in Großbritannien wird doch offenbar ein Teil der maritimen Luftrettung von der Coastguard geleistet – und zwar mit zivilen Hubschraubern, die von der Firma CHC gechartert werden.
http://www.dft.gov.uk/mca/mcga07-home/emergencyresponse/mcga-searchandrescue/mcga-theroleofhmcoasguard.htm
http://www.chcsar.com/index.php?option=com_content&task=view&id=18&Itemid=34
Ein langer Prozess in GB, der nicht zuletzt in den letzten Jahren Dynamik gewann, nachdem zuerst CHC als „preferred bidder“ geführt wurde, also als bevorzugter Anbieter.
Daraufhin stellte man Irregularitäten fest, schloss CHC im letzten Dezember vom Prozess aus.
Der Rückzug begründet sich tatsächlich aus der Erkenntnis, dass die Sea Kings ersetzt werden müssten. Dieses Geld war man nicht bereit auszugeben sondern ging den Weg der Privatisierung.
Allerdings muss man bedenken, dass an Stellen, wo ein militärischer SAR Hubschrauber steht, kein ziviler Rettungshubschrauber steht. Anders als in D, wo das Rettungshubschrauberwesen auch deutlich weiter entwickelt (und wesentlich kommerzialisierter) ist.
@Private: Das häufig im Flugzeugforum genannte Argument „dass das ein Ziviler genau so gut kann“ zieht hier auch nicht.
Ohne eine ellenlange Diskussion neu anzufangen: Es handelt sich um einen hoheitlichen Auftrag. Die Bundespolizei hat andere Aufgaben und könnte das buchstäblich nur als „Nebenaufgabe“ wahrnehmen. Ein ziviles Unternehmen wird sich hüten, für das große Gebiet unabhängig von der DGzRS (denn dann würde Geld verdient, was die Gesellschaft übrigens auch tut, hier ist es mit der Ehrenamtlichkeit auch schnell vorbei) Hubschrauber und Crews bereit zu stellen, hier dürften die Kosten exorbitant über dem Nutzen stehen (zu zahlen vom Steuerzahler).
Und der Vorschlag, diesen ICAO-Auftrag einfach an die Dänen abzugeben, kann unmöglich ernst gemeint sein.
Ein Land wie Deutschland wird doch wohl seine Bürger selbst aus Seenot bergen wollen und können. Vom eigenen militärischen Flugbetrieb mal abgesehen.
@all: Wie das mit dem SAR-Auftrag mit dem NH-90 aussehen soll, ist wohl selbst im Ministerium noch unklar. Zumindest ist mir noch nichts fundiertes dazu vor die Augen geraten.
Zur Diskussion über die Eignung des NH-90 als Ersatz für den Sea King empfehle ich den Beitrag hier im Blog zur Einigung mit EADS vor wenigen Wochen.
Eine solche Aufgabe an Private übertragen? Ich kann das gar nicht fassen, was ich da lese… In manchen Ländern, wie den USA, die eine ähnlich wilde Küste haben wie die Briten, werden solche Aufgaben durch Eliteeinheiten der Küstenwache oder sogar durch PJ der Nationalgarde durchgeführt. Das sind Einheiten mit höchsten Werten und höchstem Spirit. Ich will nicht erleben, dass wenn mal was größeres passiert, private, zusammengesparte Strukturen auf einmal Ressourcen aus dem Ärmel zaubern sollen.
Bei den Briten scheint wirklich die Luft raus zu sein. Wer jemals ein bisschen auf der Insel herumgedüst ist, kann aber in gewisser Weise auch sehen, was los ist. Für den Range Rover ist immer Geld da, aber das marode Haus verdient nichtmal nen Topf Farbe und die City of London ist eh ein Konstrukt auf tönernden Füßen. Egal anderer Schnack :)
That others may live, an so etwas zu sparen kann schnell lebensgefährlich werden.
SAR wird auf Grund internationaler Vereinbarungen bei Flug- und Schiffsunglücken durchgeführt. In Deutschland liegt die Verantwortung beim Bundesverkehrsministerium, welches diese Aufgabe der Bw übertragen hat.
SAR hat nichts, aber wirklich nichts mit der deutschen “Luftrettung“ von ADAC, Rettungsflugwacht und anderen Unternehmen zu tun.
„SAR hat nichts, aber wirklich nichts mit der deutschen “Luftrettung“ von ADAC, Rettungsflugwacht und anderen Unternehmen zu tun.“
Das möchte nochmal bekräftigen. Es gab SAR-Operationen, bei denen mehrfach luftbetankt wurde und dutzende Einheiten im Einsatz waren, unter extremsten Bedingungen.
Ein paar unterbezahlte Leute mit Seepferdchen und nem Heli auf Station zu schicken ist also nicht genug. :)
@Niklas: In Deutschland wurde noch nie ein SAR-Mittel 1. Grades in der Luft betankt.
@Reinicke_F: Schon klar. Trotzdem muss man in der Diskussion über GB beide Dinge zusammen betrachten, da jeder SAR-Hubschrauber auch Primärrettung sowie Sekundäreinsätze über Land fliegt.
Mein Punkt war, dass es sich dort viel eher rechnet, einer zivilen Firma eine Station zu übergeben (auch wenn die meisten ja neu gebaut werden).
Diese wird dann nach einem ähnlichen Modell wie hier die Hubschrauberrettung über Land (Zubringung vom Notarzt u.ä.) Einsätze zu z.B. Verkehrsunfällen abrechnen.
Hier in D wird streng zwischen SAR und Luftrettung unterschieden. Das ist in GB nicht der Fall.
Während hier das Militär nur bei Einsätzen außerhalb der Fähigkeiten des zivilen Anbieters oder bei Wetterlagen unter dem legalen Minimum angefragt werden, ist das dort eben anders. Deshalb wird ein Stück weit auch der Apfel mit der Birne verglichen.
@Niklas: Zustimmung. Leider ist die Wertschätzung hier etwas anders, zuerst kommen die Schnellflieger für den Bereich der Luftwaffe, dann alle anderen und dann die Hubschrauber. Bei der Marine kommt erst das schwimmende Blech und dann der „teure“ und vermeintlich „nutzlose“ Rest.
SAR gerät zusehends in den Hintergrund.
Bis wieder etwas passiert.
Ich erinnere hier zum Beispiel an die Frau, die von Bord der Gorch Fock gefallen ist.
Damals kam es zum Aufschrei, warum der SAR-Hubschrauber so lange brauchte.
Interessanterweise kamen Teile der Nachfrage aus dem Personenkreis, der die „Abdeckung“ des SAR-Gebietes von Kiel aus zu verantworten hatte.
Mehr als ein Strohfeuer kam aber nicht dabei heraus.
@ Niklas
Ich will nicht erleben, dass wenn mal was größeres passiert, private, zusammengesparte Strukturen auf einmal Ressourcen aus dem Ärmel zaubern sollen.
Es fällt ziemlich schwer, das nicht als Schlag ins Gesicht all jener zivilen, nicht-behördlichen Akteure der deutschen Rettungskette zu sehen, die sich tagtäglich den Arsch aufreißen. Aber die können ja nicht Elite sein, sind ja nur Zivilisten, die haben ja keine Werte und keinen Spirit…
Qualitative und Quantitative (Kosten) Faktoren
1.Kostet ein privates Unternehmen automatisch mehr, als wenn der Staat dieses öffentliche Gut bereitstellt?
2. Ist ein privates Unternehmen automatisch schlechter in seiner Qualität, als eine staatliche Intstitution?
Beide Fragen lassen sich nicht eindeutig beantworten.
zu1.) Ein privates Unternehmen möchte Gewinne erzielen und ist somit subjektiv teurer. Jedoch stellt sich die Frage, an wen werden die Gewinne abgeführt? Ist das Unternehmen im Besitz des Staates, werden die Gewinne an eben diesen abgeführt.
Staatliche Institutionen sind nicht unbedingt bekannt für ihre hohe Effizienz. Der Kostenvorteil kann in der Realität vielleicht gar nicht gegeben sein. Hingegen wird sich ein privates Unternehmen auf sein Kerngeschäft (SAR) konzentrieren und vesuchen dieses zu optimieren (je nachdem wie die Anreize gesetzt werden).
zu2.) Welchen Anreiz besitzt eine staatliche Institution? Welchen Anreiz besitzt ein privates Unternehmen?
Einer staatlichen Institution kann die Qualität egal sein, solange die Vorschriften und Planziele erreicht werden. Ein privates Unternehmen hingegen muss bei mangelnder Qualität fürchten, dass der Vertrag gekündigt wird. Der Verlust eines Hubschraubers durch schlechte Ausbildung/Ausrüstung, trifft ein privates Unternehmen wesentlich härter als eine staatliche Institution. Folglich wird ein privates Unternehmen bestrebt sein, die Sicherheit zu maximieren um das unternehmerische Risiko zu minimieren. In einem privaten Unternehmen kann sich jedoch dieser Trend auch umkehren, wenn anstatt einer seriösen Geschäftsentwicklung, Gewinnoptimierung oder Kostensenkung als primäres Ziel ausgegeben werden.
Es ist also eine Frage wie die Anreize gesetzt werden und Fehlanreize vermieden werden können. Deshalb bin ich gespannt, wie die Briten dieses Modell umsetzen und wie es sich bewähren wird.
Dass die Seerettung der DGzRS und die ICAO Verpflichtung die der Marine übertragen wurde zwei grundsätzlich verschiedene Dinge sind, wurde ja schon angeschnitten und deswegen will ich darauf auch weiter gar nicht eingehen.
Die SAR Aufgabe der Marine aber mal eben auf jemanden anders zu übertragen würde nicht gut gehen können. Nun bin ich vielleicht beruflich nicht ganz neutral was diese Frage angeht, ich kann das aber auch objektiv begründen.
Zuerst einmal ist festzustellen, dass es in Deutschland nicht einen Betreiber einer Hubschrauberflotte gibt, die dazu in Frage käme. Selbst der Puma der BuPo fehlt dazu ein Radar, was Einsätze bei schlechtem Wetter zu einem Himmelfahrtskommando macht.
Selbst bei gutem Wetter ist man ohne Radar schnell eingeschränkt, sei es zum Beispiel ein bestimmtes Schiff zu finden in einer Umgebung wo viele andere Kontakte ein schnelles Identifizieren erschweren. Die VTG’s vor Ostfriesland wären ein gutes Beispiel hierfür.
Neben der Qualität der Maschinen muss natürlich auch die Quantität entsprechen, die BuPo hätte jedenfalls nicht die materielle (und auch nicht die personelle) Kapazität dafür.
Das war der eindeutig objektive Punkt, der zweite könnte schon etwas subjektiver wirken – nichts desto trotz ist festzuhalten, dass man Seerettung aus der Luft nicht mal eben so übernimmt. Die Ausbildung der Sea King Crews dauert ja nicht ohne Grund so lange und was andere über-See-Flieger da manchmal veranstalten, lässt es einem kalt den Rücken runter laufen. Und selbst über Land ist das Geschäft nicht ohne, es gab mal eine Zeit in der die Sea Lynx die Sea Kings bei SAR unterstützt hatten und darauf dann auch gleich einen Crash bei Nacht über Land erlitten haben.
Ich glaube meine Message ist rüber gekommen – SAR macht man nicht mal eben so.
Klar kann man in ganz vielen Wetterlagen auch prima nur mit dem GPS navigieren aber wenn dann mal richtig Waschküche ist, wirds eng. Genauso gilt das für andere Ausrüstungsgegenstände, das Personal, dessen Ausbildung usw. Solange man nur eine abgetriebene Luftmatratze bis max. 300m von Land weg sucht mag das ja alles kein Schweiß sein, erfahrungsgemäß sind die meisten Einsätze aber eher nicht bei diesem Wetter.
Das soll jetzt auch nicht so klingen, als wenn ich deswegen jegliche Änderung oder Neuerung ablehnen würde. Das Beispiel Coast Guard wäre für mich die Optimallösung für dieses Problem, bzw. ein Ansatz Synnergieffekte zu schaffen. Eine Küstenwache die dann neben Zoll und Hoheitsaufgaben auch SAR Abdeckung gewährleistet wäre, die ideale Lösung. Nun ist aber die Idee einer Küstenwache nicht neu und wurde vor zwei Jahren final begraben, weil keines der fünf beteiligten Ministerien bereit war schwimmende Einheiten aufzugeben.
Das kommt dann halt davon, wenn man Leuten den Auftrag gibt sich selbst auf Verkleinerung zu prüfen. Da will natürlich jeder seine Pfründe sichern…
@ J.R.
So ist es selbstverständlich nicht gemeint. Ich habe höchsten Respekt vor allen Rettungskräften. Nur ist SAR, noch dazu auf hoher See, schon etwas anderes.
Der Aufwand der eventuell betrieben werden muss, die Kräfte die hergenommen werden müssen, sind recht groß, was die Frage aufwirft, wie das in der Praxis aussehen soll, wenn es mal wirklich kompliziert wird.
@ TomTom
Deutschland steht hier überhaupt nicht zur Debatte. Wie gesagt, haben wir in GB auch ganz andere Rahmenbedingungen. Die Seegebiete sich vielfach größer und schwieriger, das Schifffahrtsaufkommen dürfte alleine durch den Kanal schon um einiges größer sein. Vom Nordatlantik mal ganz zu schweigen.
@ Bang 50
Es kommt in der Tat darauf an, wie die Sache aufgemacht ist. Es gibt im zivilen Rettungswesen erst einmal viele gute Beispiele. Wenn es in Richtung PPP geht, wird es in einigen Bereichen öffentlichen Interesses (z.B. Wasser) schon etwas komplizierter und oft ärgerlich. Der Markt preist die Leistung natürlich erstmal ein (theoretisch), was den Unternehmer aber nicht davon abhält oder gar zwingt, Kosten zu senken. In so sensiblen Bereichen bin ich da immer sehr vorsichtig.
Edit: In D-Land sind die privaten übrigens allesamt Vereine und keine Unternehmen, wenn ich mich nicht irre.
Moment, jetzt hab ich mich wirrgeschrieben. PPP haben wir ja im Grunde auch schon flächendeckend und es sind nicht nur Vereine, sondern auch Unternehmer dabei.
Ist mal wieder interessant wie auf dem gleichen Niveau gespart werden soll, wie hier zulande. Dabei macht man m.E. hier eine falsche Rechnung auf.
Zum einen, werden Flugstunden im Militärischen sowieso geflogen. Nun könnte man sagen, dass die Stunden auch sinnvoller genutzt werden könnten. Damit würde man dann aber beweisen, dass man von der Seenotrettung mit Hubschraubern wenig versteht.
Luftrettung (übrigens auch an Land) ist nämlich eine Aufgabe die sehr viel Erfahrung und eigenständiges Handeln der Besatzungen voraussetzt. Das macht man nicht „nebenbei“ und die Erfahrung die man dort bekommt, nutzt bei allen anderen Einsätzen immens.
Das geht den Briten jetzt verloren, so wie es uns péu a peú ebenfalls verloren geht.
Vielleicht ist es aber auch so, dass man einfach kein Personal mehr dafür zu Verfügung hat und man die ensatzbelsteten Crews entlasten will.
Fakt ist, dass man die einmal verlorene Erfahrung später nicht wieder zurückholen kann.
Von dem Verlust der imageträchtigen Aufgabe, wo sich das Militär auch mal als „Arbeiter für den Steurzahler“ präsentieren kann, will ich gar nicht sprechen.
Schade eigentlich, aber wohl der Lauf der Zeit…
@all
Danke, ich lerne gerade einiges über SAR, was ich noch nie gehört hatte… (und dabei hatte ich in mal in Kiel volontiert…)
@Bang50
„Es ist also eine Frage wie die Anreize gesetzt werden und Fehlanreize vermieden werden können.“
Stimmt und dies gilt auch für staatliche Betriebe!!
Ja und die eine fähige Küstenwache wäre ein Teil der Lösung!
Oder doch Steinbrück………..DEU/NL Marine :-)
@J.R. Niemand hat behauptet, dass zivile Rettungsdienste per se schlechter wären. Ich schätze zum Beispiel die Arbeit der DGzRS sehr, denn diese besteht ganz oft aus eher unspektakulären und wenig medienwirksamen Einsätzen und auch einer Menge Fehlalarmen und umsonst irgendwo hinfahren. Dafür schlachtet die Gesellschaft die anderen Einsätze medial aber umso stärker aus, aber damit verdienen sie ja auch ihr Geld; es sei ihnen also gegönnt.
@Bang 50: Ist das ihre wirkliche Überzeugung, dass private Dienstleister eine höhere Motivation haben bessere Arbeit zu leisten? Sie sollten sich hierzu mal Leute zu rate ziehen die bei solchen Unternehmen angestellt sind, dann werden sie schnell merken wie wichtig dort die Gewinn und Verlustrechnung ist und nicht zwangsläufig die Flugsicherheit. Wer hier denkt Gewinn und Flugsicherheit würden sich analog zueinander verhalten, hat keine realistische Vorstellung.
(auf den Teil bezüglich der Qualität der staatlichen Einrichtungen welchen ihre Aussage impliziert, möchte ich gar nicht erst eingehen)
Für Interessierte gibt es hier den SAR Einsatzplan der Marine zum lesen.
http://www.rcc-muenster.aero/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzIzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY3NmM3ODY2Nzk2ODY2NmEyMDIwMjAyMDIw/SAR_Einsatzplan_Marine_Aenderung8.pdf
Auf dem Anhang Nr. 2 auf Seite 75 hat man einen Überblick über den SAR Bereich der Marine.
@ Niklas
Der Aufwand der eventuell betrieben werden muss, die Kräfte die hergenommen werden müssen, sind recht groß, was die Frage aufwirft, wie das in der Praxis aussehen soll, wenn es mal wirklich kompliziert wird.
Weiß nicht, ob da der Bundeswehr-behördliche Ansatz unter dem Vorzeichen „Ihr habt jetzt den NH90 zu verwenden, die Standorte werden durch andere Interessen vorgegeben, schaut mal was ihr draus macht“ da wirklich vertrauenserweckender ist. ;)
Kleines OT am Rande, gerade zum Thema ausufernde, komplexe Katastrophenszenarien: In Deutschland war die Einsatztruppe für Kernunfälle auch Jahrzehntelang in privater Hand (Kerntechnischer Hilfsdienst GmbH, aufgestellt von den Kraftwerksbetreibern, Stammpersonal: 24 Mitarbeiter).
Es spricht mMn aber doch einiges für die Marine als SAR Dienstleister:
1. Die Ausbildungseinrichtungen sind da.
2. Wir brauchen ohnehin neue Helis, 18 NH90 reichen auf keinen Fall.
3. Fliegen wo die Flotte ist – Es gibt Einsatzrythmen. Aber: 2/3 der Schiffe liegen im Hafen oder sind in der Ausbildung / Werft. Die Piloten können sich so leicht Erfahrung verdienen, die sie in Einsätzen über See brauchen. (Bei „Mann über Bord“ spielen die BHS doch auch SAR?)
4. Ist die Motivation bei zivilen Unternehmen höher? Ich denke (erfahrungsgemäß) nicht, ein Spirit findet sich eher bei (Para-) Militär.
5. Ist ein privater Dienstleister billiger? Der Vorteil liegt da normalerweise in der Konkurrenz. Ein staatlich gestütztes ziviles Unternehmen mit Quasimonopol ist hier oft in aller Munde, und billig sind die nicht…
Und zu guter Letzt: Ein Land von Größe, Wirtschaftskraft und Anpruch Deutschlands sollte auch mal in Staatliche Aufgaben investieren und Verantwortung übernehmen. International aber auch national.
Damit der Staat den Menschen dient…
@ Elahan – Exakt – Menschen (re)agieren auf Anreize. Deshalb bin ich auch wirklich gespannt ob die Briten ein tragfähiges Konzept entwickeln können, welches die richtigen Anreize setzt.
@NO
Das Problem was Sie eigentlich versuchen an mich heranzutragen: „Kann man den Staat bei der Bereitstellung von öffentlichen Gütern durch ein privates Unternehmen substituieren?“
Anm: Ich musste übrigens gerade beim Schreiben lachen. Das prominenteste Beispiel in der VWL zu dieser Problemstellung hat mit der Sicherheit von Schiffen zu tun.
Merke: Öffentliche Güter sind Güter, die der Staat bereitstellt weil der Anreiz fehlt oder zu gering ist, diese privat breitzustellen.
Trotzdem finden wir im 19Jh. ein Beispiel für öffentliche Güter, die privat bewirtschaftet wurden. Nämlich Leuchttürme in England und Wales. Diese wurden durch staatlich genehmigte „Leuchtgebühren“ finanziert, die man von den Schiffen erhob.
Samuelson Volkswirtschaftslehre:“ Das Beispiel aus England zeigt einen interessanten Fall: Falls die Bereitstellung des öffentlichen Gutes mit einem anderen Gut oder einer anderen Dienstleistung verknüpft werden kann (in diesem Fall mit der Tonnage der Schiffe) und falls der Staat privaten Personen das Recht gibt, Gebühren[…], zu erheben, kann einer alternativer Mechanismus zur Finanzierung des öffentlichen Gutes gefunden werden.“
Dieses Standard VWL Beispiel geht noch weiter:
Samuelson Volkswirtschaftslehre: „In den Vereinigten Staaten herrschte von Anfang an die Meinung, der Staat solle der Schifffahrt die nötige Unterstützung anbieten. So sah eine der ersten Handlungen des ersten Kongresses und das erste amerikanische Gesetz über Ausgaben der öffentlichen Hand vor, dass „die erforderliche Unterstützung, Wartung und Reparatur aller Leuchttürme, Leuchtbalken und Bojen …aus der Staatskasse der Vereinigten Staaten bestritten werden soll“. Doch wie viele öffentliche Güter wurden die Leuchttürme unzureichend dotiert…“
Die halbherzige Bereitstellung der Mittel, führte 1825 in Florida zu einer blühenden „Wrackindustrie“. Die „Wrecker“ warteten bis die Handelsschiffe auf Grund liefen, erschienen und boten ihre Hilfe an um Leben und Ladung zu retten. Natürlich für einen beträchtlichen Betrag. Die Wrecker machten Key West zur reichsten Stadt im damaligen Amerika.
Erst als der staatlich finanzierte „Lighthouse Service“ Leuchttürme errichtete, waren die Wrecker aus dem Geschäft.
Nun wenden wir diese Systematik auf unsere heutige SAR Situation an. In GB sieht sich der Staat anscheinend nicht mehr in der Lage, das öffentliche Gut „SAR“ in der gebotenen Qualität und Quantität bereit zu stellen. In Deutschland sieht es nicht besser aus – die desolate Situation der Sea King Flotte und die Probleme mit den Nachfolgern zeigen, dass der Staat zumindest nicht das Interesse besitzt dieses öffentliche Gut in entsprechender Qualität und Quantität zukünftig bereit zu stellen. Nun zu diskutieren dass der Staat eigentlich der zuverlässigere Anbieter wäre, ist müßig. Der Staat will oder kann nicht mehr – egal ob in der Bundeswehr, Küstenwache, “Coast Guard“, Zoll, Innenministerium etc…
In dieser Situation gilt es ein tragfähiges Konzept zu finden. Sonst werden die Matrosen eines Tages wieder von Wreckern “gerettet“ – vielleicht haben die Briten sich bei ihrem Vorstoß auch an ihre alten privaten Leuchttürme erinnert. Eine Gebühr auf die Tonnage der Schiffe für die Dienstleistung SAR scheint mir auch im 21Jh. ein gangbarer Weg zu sein, um SAR auch zukünftig finanzieren zu können.
Wie die Briten das Konzept genau aufziehen, wird darüber entscheiden, ob es ein Reinfall wird (Profitgier frisst Qualität) oder ob sie an ihr altes “Leuchtturmprojekt“ anknüpfen können. In jedem Fall können wir in Deutschland aus den britischen Erfahrungen lernen – und wer weiß – vielleicht wird der ein oder andere Sea King Pilot in ein paar Jahren in einer privaten S92 verunglückten Matrosen zur Hilfe eilen.
@Bang50
und trotzdem sagt die Psychologie (und die neue VWL ) das intrinisische Motivation durch den EInsatz von Geld zerstört wird…
Ich empfehle dazu folgendes Video von Daniel Pink
https://www.youtube.com/watch?v=u6XAPnuFjJc
Lässt sich im übrigen auch auf den Unterschied zwischen Soldaten und Söldner übertragen….
@Soehnke
Nur das bei der BW 98% aller Tätigkeit „simple straight foward tasks“ sind und konzeptuelles kreatives denken, durch Verwaltung, Vorschriften und Übergeordnete Führung unterbunden werden.
In GB fliegen DEUTSCHE Piloten SAR. Ich kenne mindestens zwei ehemalige MFG 5 Piloten, die erst als Berufssoldaten den Dienstherren gewechselt haben, hin zur Fliegerstaffel (See) der Bundespolizei, dort dann als Polizeikommissare ihren Job an den Nagel gehängt und gekündigt haben. Seitdem fliegen Sie für CHC in Schottland SAR-Einsätze. Da beide jahrelang SAR für unsere Marine gefolgen sind, wurden sie dort mit Kusshand genommen. Sie fliegen dort den modernen, zivilen S-92 (militäsisch CH-148 Cyclone). Da sind also in einem privaten Unternehmen Super-Profis am Stick, in einer modernen Maschine.
Es geht also schon jahrelang privatisiert gut in GB, bisher nur nicht flächendeckend. Halt alles eine Frage der vertraglichen/ gesetzlichen Ausgestaltung.
Ein Kernauftrag der Marine ist SAR nicht, also darf man sich als Staat die Frage stellen wie es anders, aber als staatliche Daseinsfürsorge, geregelt werden könnte.
Die Frage kann man sich bei der Meeresschutzüberwachung mit den „Ramsauer-Maschinen“ (Do-228NG) durch die Marine genauso stellen.
Klar dürfte ja allen mittlerweile sein, das SAR über See nichts mit Vorabendprogramm Rettungsflieger zu tun hat. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die höherbesoldete Einsicht dies auch weiß.
Ob 18 Maschinen insgesamt ausreichen oder nicht, mehr als jetzt tatsächlich fliegt (1-4?) ist das in jedem Fall.
M.E. ist ein Privatisierung durchaus möglich, auch motivierte dann ehemalige Marinepiloten gäbe es dann bei besserer Bezahlung und relativ geregelten Arbeitszeiten wohl auch- nur billiger wird es wohl eher nicht.
Dem oben genannten Ansatz, dort fliegen wo die Marine ist, kann ich dabei durchaus folgen. Und ganz elegant hätte man die Bundeswehr neu ausgerichtet.
Mir ist klar dass der Aufbau einer SAR-Fähigkeit nicht mit einem Federstrich erledigt werden kann, sondern Jahre dauern würde. Den Sea King die SAR-Aufgabe wegzunehmen ist daher keine ernstzunehmende Option, aber genau deswegen sollte man JETZT überlegen, welche Struktur in Zukunft Sinn machen würde.
Dazu müßte man wissen, wieviele SAR-Einsätze es überhaupt pro Jahr gibt. Sind es 10 pro Tag, würden sich eigene Hubschrauber dafür wohl rechnen; bei 10 pro Woche sähe es schon anders aus und man müßte überlegen, welche anderen Aufgaben die Hubschrauber noch erledigen könnten. Deswegen kam ich auf die Bundespolizei. Wenn deren Staffel in Bad Bramstedt aufgestockt und die Hubschrauber für Hochsee-SAR aufgerüstet werden müssen, ist das wohl immer noch günstiger, als daß der Marine mehrere Hubschrauber für Bordeinsätze entzogen würden.
Und nebenbei wäre damit wenigstens im Bereich „Luftfahrt“ ein Schritt zu einer einheitlichen Küstenwache getan.
Zum Zahlengerüst bin ich auf der Seite des RCC Münster gerade selber fündig geworden. Dort ist der Jahresbericht 2010 abrufbar, wonach es für das RCC Glücksburg insgesamt 427 Alarmierungen und 141 Einsätze gab, aufgegliedert in 15 Luftnot-Einsätze, 16 Seenot-Einsätze, 4 x Einsatzunterstützung und 106 x „dringende Nothilfe“. Dabei wurden 233 Flugstunden absolviert.
@ Soenke Mahrens, leicht OT
Die RSA-Filme sind wirklich gut, und der von Pink ist einer der besten.
Um es kurz zusammenzufassen:
Geld als Anreiz funnktioniert nur bei recht mechanischen Befehlsempfänger-Aufgaben. Sobald es um Verantwortung und Hirnschmalz geht kommt der Antrieb durch:
– Selbstbestimmung (Autonomy)
– Meisterschaft/Expertise (Mastery)
– Sinn (Purpose)
Und da stellt sich doch die Frage: Ist die Bundeswehr wirklich eine Institution, die das bieten kann? Oder neigt sie an der Stelle nicht dazu, das schlechteste aus Militär und Behörde in sich zu vereinen, in der Otto-Normalsoldat als Befehlsempfänger eben kleinschrittige und nicht selten sinnfreie Anweisungen vorschriftengetreu abarbeitet?
Und gerade bei den US Streitkräften hat es immer wieder Einzelfallbeispiele, wo Leute gerade wegen diesen drei Punkten Leute Sicherheitsberater oder Contractor werden. (Mehr dazu u.a. auf FP: Military Brain Drain, oder Free Range International)
Auf der anderen Seite motiviert gerade die BW materiell, etwa durch den Auslandsverwendungszuschlag und bei Berufssoldaten durch die Beamtenvorteile.
Zur Historie: Als die Sea King Anfang der 90er ihre orangen-leuchtende Bauchbinde verloren, einen Tarnanstrich sowie MG und Flugkörper erhielten war zuerst ein kleiner Aufschrei und eine längere mehr oder weniger öffentliche Diskussion zu beobachten: Es kostete die Marine einiges an Mühe klar zu machen, dass die Sea King militärisches Gerät waren und auch für militärische Aufgaben gebraucht wurden und werden.
Ein Verlust der SAR Aufgabe würde für die Marine zweifellos einen Qualitätsverlust in einer Rolle bedeuten, die sie für sich selbst trotzdem ausüben können muss, und zugleich den fast einzigen – positiv besetzten – Anknüpfungspunkt mit der Bevölkerung eliminieren. Beides kann schwerlich in ihrem eigenen Interesse sein. Vermutlich wäre eine Aufteilung der SAR Aufgabe zwischen Marine und hypothetischer Küstenwache die geschickteste Lösung. Es hilft aber alles nichts, wer auch immer die Aufgabe bekommt benötigt die passende Hardware, da kann man sich drehen und wenden wie man will.
Auch in der Bundeswehr hat man oft genug geglaubt wenn ich bestimmte Fähigkeiten outsource dann wird es billiger. Die Beispiele dafür kennen die Meisten hier zur genüge. Ebenfalls ist bekannt, dass dieser Ansatz voll ins Beinkleid ging. Das fiskalische System in Grossbritannien ist mir nicht so geläufig. Fakt ist ja wohl, dass auch dort die Streitkräfte kein Geld haben. Wenn man sich aber von einer Fähigkeit trennt, behält man die dafür erforderlichen Haushaltsmittel in der Regel nicht. Insofern ist es ein Nullsummenspiel. Vorstellen kann ich mir seitens des Militärs durchaus ein politisches Pokerspiel. SAR genießt, wie auch in der Bundesrepublik, ein hohes Ansehen. Britisch kombiniert mit dem Tronfolger, ist man sich ggf. sehr sicher die SAR Komponente zu halten und eben darüber hinaus auch die Mittel dafür zu bekommen. Quasi eine Opferanode die keine ist.
Mal zum beseren Verständnis:
Wenn ich das richtig verstanden haben, liegt die hier ein wirres Geflecht von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten, sowohl rechtlich wie auch in der praktischen Ausführung.
Bundeswehr (für SAR und PollutionControl => BMVg), Bundespolizei (zur Grenzsicherung und Kontrolle Schiffsverkehr => BMI), Zoll (BMF), Wasser- und Schiffahrtsdirektion (BMVBS) und vmtl. noch das BMU.
Dazu gibt es mWn das „Maritime Sicherheitszentrum“ mit dem „Gemeinsame Lagezentrum See“, den und die jeveiligen Befehlsstellen der Institutionen…hab ich das soweit richtig verstanden?
Wenn ja, dann sieht das für mich (hier aus dem Süden der Republik aus) das bei der Entscheidung GEGEN die Aufstellung einer „echten“ Küstenwache hektoliterweise Küstennebel im Spiel gewesen sein muss. Ich gehe davon aus, das bei einer Zentralisierung und Aufgabenbündelung hohe Synergieeffekte auftreten würden. Ich denke da an z.B. die Kontrollflugzeuge zur Einhaltung der Umweltbestimmungen. Diese Maschinen können auf Grund Ihrer Sensorik genauso zur Suche nach Verunglückten See- und Luftfahrzeugen eingesetzt werden. Sind aber vermutlich auf Grund der rein „zivilen“ Ausrichtigung günstiger oder wirtschaftlicher zu betreiben als z.B. eine P-3C ORION.
Gleiches gilt dann für die Flottenkosten beim Schwimmenden Gerät und den Fähigkeitsmix der Besatzung bzw. des eingeschifften Personals. So könnte sich eine Besatzung aus „Coasties“ mit einer jeweiligen Spezialisierung auf Umweltschutz und Fischereikontrolle, Schifffahrtsrecht, Zollrecht, Sanitätsdienst / Retten und Bergen, SAR, Grenzschutz o.Ä, zusammensetzen.
Es muss ja nicht gleich eine sechste TSK in der Bundeswehr werden. Ich sehe eine „echte“ deutsche Küstenwache wesentlich weniger paramilitärisch als z.B. die USCG…
Da wäre doch mal ein(e) Ministerium / staatl. Organisation aufzubauen, durch einen Politiker mit eher verwalterischer/planerischer Kompetenz und Talent zum Organigramme malen. Noch dazu ist das ganze bestimmt wenig öffentlichkeitswirksam, so das man ganz im Stillen den Menschen dienen müsste…… Kennt da jemand zufällig einen passenden Kandidaten?
Nachtrag:
Sorry für Satzbau, Orthographie und Zeichensetzung…mein Smartphone und ich haben eine Beziehungskrise sobald ich längere Texte schreiben möchte…
@JR & Soehnke
Nehmen sie mal das Bild mit Esel der Möhre jund denken sie sich einen kleinen Mann mit Brille dazu der auf dem Esel sitzt.
So sieht er das nämlich, verwalten, entwerfen, entscheiden soll der zivile Apperat.
@Interessierter,
Zunächst, Pollution Controll ist die Aufgabe des BMV. Die Marine betreibt diese Luftfahrzeuge nur. Kleine Klugscheisserei am Rande, dass Kürzel LM hinter Do 228 bedeuted Luftüberwachung Meeresverschmutzung. Natürlich kann die Do 228 LM oder die P-3C auch für den SAR Dienst eingesetzt werden. In der Tat wird das natürlich auch gemacht. Die P-3C hat da natürlich bessere Möglichkeiten und kann sogar als On Sceene Commander eingesetzt werden um eine Rettung zu koordinieren. Beide Luftfahrzeuge sind allerdings nur SAR-Mittel II. Grades. Die Breguet Atlantic war ein SAR-Mittel I. Grades weil sie im Gegensatz zu den vorher genannten, zumindestens theoretisch, Rettungsmittel ausbringen konnte. Insofern ist ein SAR Hubschrauber ohnehin ein SAR Mittel I.Grades. Wenn sie Fischereischutz und Drogenkontrolle ansprechen, so ist das in anderen Ländern durchaus eine Aufgabe für die Streitkräfte. In Deutschland ist das nach derzeitiger Gesetzeslage so nicht möglich.Einzig im SAR-Fall können alle Möglichkeiten gebündelt werden. Dafür ist das maritime Sicherheitszentrum gut gerüstet. Sicherlich müssen sie dabei auf alle möglichen Befindlichkeiten Rücksicht nehmen aber letztlich bekommen sie das sehr gut hin. Im Bereich Pollution Control melden sich die Aufklärungsflugzeuge an und ab und melden natürlich jede Verschmutzung aber sonst alle Ereignisse die für die maritime Sicherheit von Belang sein könnten. Wir sind da wirklich nicht schlecht und jedem der mal über Bord geht, was ich selbstverständlich niemandem wünsche, dem wünsche ich dennoch, dass es in unserem SAR Zuständigkeitsbereich passiert.
@bausC
„Die Breguet Atlantic war ein SAR-Mittel I. Grades weil sie im Gegensatz zu den vorher genannten, zumindestens theoretisch, Rettungsmittel ausbringen konnte.“
Nicht nur theoretisch – wir konnten wirklich. Wobei man über die Sinnhaftigkeit durchaus streiten könnte. Ich erinnere mich da an eine andere Art von „Buls eye“… ;-)
@BausC
Das ist soweit ja alles Verstanden (auch dank dem dem verlinkten SAR Dokument) Ich verstehe nur nicht, wie man solche auf der Hand liegenden Zugewinne und Effizienzsteigerungen (ohhh. Vorsicht…Effizienzsteigerung und staatl. Einrichtung vertragen sich ja nicht… ;-) ) ignorieren kann OHNE dafür entsprechend Übersteuert zu werden. Denn anscheinen ist die Aufstellung solch einer Organisationsform ja am Widerstand einzelner Bundesländer gescheitert…
Ohne mich jetzt im Verwaltungsrecht adäquat auszukennen, aber: Wenn die Regierung mit BT-Mehrheit beschließt diese neue „Bundesbehörde“ aufzustellen und einem Ministerium nachzuordnen, das ganze per Gesetz entsprechend regelt, ist die Länderkammer da tatsächlich zustimmungspflichtig?
Weitere Frage:
Wenn ich das von J.H. verlinkte Dokument richtig verstanden habe, gibt es aber sehr wohl auch durch die P-3 abwerfbare 10-Pers Rettungsinseln, welche lediglich derzeit nicht im Bestand der Marine sind…denn hätte die „Brigitte“ diese nciht gehabt, wäre sie auch nur ein SAR-Mittel II.Grades gewesen… korrekt?
@Interessierter,
Es gibt natürlich abwerfbare Systeme und ja@GNY4742 auch die CrewXII hat in grauer Vorzeit ggf. Rettungsmittel abgeschmissen. Die Zeit die ich beurteilen kann begann zur Wiedervereinigung. Da wurde die Breguet Atlantic weiterhin als SAR-Mittelel I.Grades genutzt, war es aber faktisch nicht mehr denn und das beantwortet die Frage von@Interessierter, Rettungsmittel standen nicht mehr zur Verfügung. Das ging mit einer 3Std Bereitschaft einher. Diese Zeit wurde im Fall des Falles meistens deutlich unterboten. Insofern kann man sagen, dass möglicherweise trotz des Kompetenzgerangels eine gute Arbeit gemacht wurde und wird. Ob nun Breguet Atlantic oder P-3C, Luftfahrzeuge und erst Recht mit einer so großen und gut ausgebildeten Besatzung und zudem mit guten Kommunikationsmöglichkeiten sind im Rettungsfall immer ein deutlicher Zugewinn.
@ Interessierter
Die „Brigitte“ hatte etwas das sich (unsicher ob richtig geschrieben) Lindholmgerät nannte. Mehr oder weniger eine große Rettungsinsel mit zwei Versorgungscontainern aus dem Hauptladeraum abgeworfen werden konnte.
Über die Definition SAR-Mittel I. oder II. Grades wurde aber auch damals schon diskutiert, da der Abwurf dieser Rettungsinsel ja nicht unbedingt dem Verbringen des Verünglückten aus der Situation an Land entsprach. Aber das ist ja alles schon lange nicht mehr wahr…
@ BausC
Absolute Zustimmung…und immer noch ein schönes „CS“ oder?
@GNY4742
Ich kannte kein schöneres. ;-)
Oben wurde ja schon die Anzahl der SAR-Einsätze in den Raum geworfen.
Die Zahlen aus dem Jahresbericht lassen eine Einsatzrate von etwa jeden dritten Tag erwarten.
Tatsächlich mag das im Jahresmittel hin kommen.
Allerdings muss man dazu wissen, was für Einsätze hier aufgeführt werden.
ICAO-SAR, also die Suche nach vermissten Luftfahrzeugen, findet sehr wenig statt.
Wenn, dann geht das meist auch durch die Presse und ist dem interessierten Zeitungsleser auch geläufig (Absturz eines Hubschraubers in der Lübecker Bucht zum Beispiel).
Über Land muss es schon eine sehr abgelegene Gegend sein, damit nicht der bodengebundene Rettungsdienst vor Ort ist, bevor die Meldekette bei dem SAR-Hubschrauber überhaupt ankommt.
Die absolut überwiegende Zahl an Einsätzen sind Sekundäreinsätze, also Krankentransporte von den Nord- und Ostfriesischen Inseln aufs Festland. Hier ist eigentlich immer erst der zivile Rettungsdienst gefragt worden, der hat abgelehnt wegen schlechten Wetters oder der Leibesfülle des Patienten (kein Witz, passt nicht in den kleinen Hubschrauber), dann tritt man an die militärische Leitstelle heran. Und aufgrund der Ausbildung und vor allem Ausrüstung ist hier häufig noch etwas möglich, während der Zivile nicht mehr kann / darf.
Suchen nach Personen im Watt oder im Wasser kommen regelmässig vor, aber bei weitem nicht jede Woche. Im Sommer etwas häufiger als im Winter natürlich (Urlauber geht mit Luftmatratze auf Weltreise…).
Abbergungen von Schiffen gibt es ebenso, allerdings noch seltener.
Dies alles gilt für die Nordsee. In der Ostsee ist ein Einsatz eine Seltenheit.
Einsätze für die Bundeswehr selbst sind Gott sei Dank sehr selten.
Somit stellt sich mir wieder die Frage, welcher Betreiber (der noch nicht einen Fuß in der Primärrettung hat wie der ADAC, die DRF u.ä.) so viele Hubschrauber bereit stellt, Besatzungen ausbildet und in Übung hält, in Nord- und Ostsee, um dann alle paar Wochen mal eine Suche nach einer vermissten Person oder dem typischen vermissten Surfer zu fliegen.
Denn unter den zivil geltenden Wetterminima wird auch diese Firma nicht fliegen, das geht nur mit hoheitlichem Auftrag. Und somit fallen quasi alle Krankentransporte, die zuvor abgelehnt wurden, auch weg.
Wer rechnet das jetzt mal vor?
Sollte D diese Leistung zivil ausschreiben und bezahlen, kann das nur ein Minusgeschäft sein.
Und wie ich oben schon schrieb: Ein Land wir das unsere sollte doch seine Bürger auch selbst aus Gefahr für Leib und Leben befreien wollen. Auch wenn das Geld kostet.
Die Marine hat eine jahrzehntelange Erfahrung damit, man möge ihr nur das entsprechende Gerät an die Hand geben (tut man nicht) und Gelegenheit, das Erlernte zu erhalten (findet nicht statt).
Erbärmlich.
@Interessierter: Warum die Aufstellung einer Küstenwache nichts geworden ist liegt doch auf der Hand, zumindest wenn man meinen Post weiter oben gelesen hat.
Wenn es darum geht staatliche Einrichtungen zu optimieren geht jeder nur noch in den Verteidigungsmodus und versucht zu begründen warum gerade er derjenige ist, der auf keinen Fall an Größe verlieren darf. So eben geschehen bei der Überlegung eine Küstenwache einzurichten und auch die noch laufende Bundeswehrreform ist ein Beispiel dafür.
Eine Kernkritik der Weise-Kommission war, dass die BW einen viel zu überdimensionierten Stabsapparat mit vielen hochdotierten Posten hat, wo Verantwortung nur verteilt wird und Prozesse unnötig verlängert werden. Nun die Frage: wie viele dieser Posten werden denn jetzt wirklich abgeschafft? Ganz oft kriegen die Dinge doch nur einen neuen Namen und weiter gehts im alten Trott. Das ist zumindest meine Wahrnehmung der aktuellen Reform.
Nebenbei: Anfang der 90er gab es schon mal eine Prüfung der BW auf Optimierungspotential. Viele Dinge die in dieser Weizsäcker Kommission aufgetan wurden, waren auch Kritikpunkte der Weise-Kommission. Wir können ja mal orakeln ob es in 15 Jahren wieder etwas ähnliches geben wird und was dann dort wohl zu lesen sein wird.
@NO: Ich kann aus meiner Froschpespektive keinen Abbau des Wasserkopfes erkennen.
Gibt dem Kind einen neuen Namen….
Ab September heißt es dann: „Die nächste Fahrt geht rückwärts!“
Neuer Minister, neues Glück.
@all: Unter dem Link findet sich die Geschichte einer Rettung durch den militärischen SAR-Hubschrauber. Nur auf englisch.
https://www.gov.uk/government/news/george-medal-for-royal-marines-winchman
OT
Ein Trauerspiel:
[Das ist so was von OT, dass mir vollkommen unverständlich ist, warum Sie das hier posten. Und zum anderen gibt’s hier schon seit einem Jahr keine Links zu deutschen Verleger-Webseiten. T.W.]
Zum ersten Post noch ein Nachtrag:
Die Luftwaffe hat sich mitnichten komplett aus Land-SAR zurück gezogen, vielmehr werden die Stationen in Holzdorf, Landsberg und Nörvenich (wechselseitig aus Holzdorf und Landsberg besetzt) nun auf den NH-90 (berädert vom Heer) umgestellt.
Bis auf die Kameraden in Landsberg sind die Einsatzzahlen aber nicht erwähnenswert.
Und bei den Landsbergern liegt es an der Gebirgsfliegerei und vor allem an der Winde.
@McKenzie: Ja in der Tat sind einige ehemalige deutsche King Piloten in UK im SAR Dienst und haben natürlich von der BW das allerbeste Rüstzeug dafür bekommen.
Das ist aber eher die Ausnahme, ganz oft landen auf diesen Stellen H/C Piloten die vorher alles hatten, nur nichts mit Seefliegerei zu tun.
Beim letzten Auswanderer war die entsprechende Firma heilfroh mal wieder jemanden mit Marinefliegerexpertise zu haben um den Rest ein bisschen weiter zu bringen, die davon nämlich reichlich wenig wussten. Und auch bei einer in WHV ansässigen Firma mit rot/weißen Maschinen fliegen zwar viele ehemalige Soldaten, jedoch allesamt von den Heeresfliegern.
Ich will ja auch gar nicht unsere Firma in den Himmel loben und behaupten diese Ausbildung könnte niemand anders liefern, aber:
Es ist dann eben doch noch so, dass man bei allem Sparzwang in der BW eine Ausbildung in dem Umfang und in der Gründlichkeit gestalten kann, die im privaten Sektor jegliche finanzielle Relation sprengen würde. Mal davon abgesehen, dass es keine zivile Ausbildung für Seefliegerei gibt. Und wenn die BW dann auch noch als Lieferant für fliegerisches Personal wegfällt, bin ich gespannt woher dann das gut ausgebildete Personal in privaten Unternehmen herkommen soll.
@NO: Momentan tut der Dienstherr doch sein Möglichstes, Personal raus zu ekeln und dem zivilen Markt zur Verfügung zu stellen.
Breite vor Tiefe…. Nur noch Kurzdiener, keine Ahnung aber möglichst A13 bis A14. Attraktivität…
@TomTom: Mal ganz dumm gefragt, was verstehen Sie unter ahnungslosen Kurzdienern mit A13 bis A14? Oder hat sich bei der Bw wirklich soviel verändert?
die Tommys sollten eigentlich bereits wissen, dass die Privatisierung von Rettungsdiensten nicht unbedingt gut geht.
Bsp. Feuerwehr, nach der Umstellung auf (Teil-)Privatisierung und Einstampfung von freiwilligen Strukturen, stieg die Zahl der Brandtoten um das 4-Fache in Großbrittanien. Deren System auf Deutschland übertragen würde heissen ca. eine Feuerwehr auf 5 bis 10 Gemeinden