De Maizière will Veteranen an Nationalfeiertag ehren
Die Überlegungen für einen Gedenktag für Veteranen der Bundeswehr sind offensichtlich vom Tisch: Verteidigungsminister Thomas de Maizière schug in einem Interview der Neuen Presse in Hannover (Donnerstagausgabe) vor, diese Veteranen am Nationalfeiertag 3. Oktober zu berücksichtigen, nicht aber an einem gesonderten Gedenktag.
Ich denke inzwischen mehr daran, dass wir am Nationalfeiertag einen Akzent für die Veteranen setzen und nicht einen eigenen Tag einführen, zitiert das Blatt den CDU-Politiker. Es gibt so viele Tage: Muttertag und Valentinstag und so weiter. Und dann denkt man an dem Tag an jemand besonders. Toll! Und die anderen Tage nicht?
Der Minister, der vor kurzem seine Definition des Begriffs Veteran präzisiert hatte, sicherte zu, die laufende Debatte aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Es gibt keinen Big Bang für eine Veteranenpolitik. Das wird vor und nach der Bundestagswahl weiter betrieben.
(Foto: Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg 2010 im Gespräch mit Vertretern des Bundes deutscher Veteranen – Bundeswehr/Andrea Bienert via Flickr unter CC-BY-NC-ND-Lizenz)
Naja mir wäre ein eigener Gedenktag lieber, aber das ist ja wahrscheinlich in Bevölkerung und Politik erstmal nicht durchzudrücken bzw. wird niemand die Kosten und Mühen auf sich nehmen, die notwendig wären. Das Hr. Minister das Thema ausm Wahlkampf raushält ist einerseits ehren- und lobenswert, andererseits aber auch einfache politische Berechnung: Mit diesen Themen lässt sich vielleicht in Amiland oder GB punkten, bei uns sorgts für Desinteresse, geiferne Linke und mit etwas Pech für einen (mittel)schweren Skandal. Aber bevor Staat & Politik überhaupt nichts für Veteranen machen, die fern von zuhause für uns den Kopf hingehalten haben sollen sie eben den Nationalfeiertag ein wenig ausbauen. Was das Foto angeht: Hätte sich nix anderes gefunden als das Bild von Freiherr Münchhausen? Der Kamerad ganz rechts im Bilde müsste nebenbeigesagt auch mal wieder dringend zum Truppenfriseur ^^
Der 3. Oktober ist übrigens seit jeher, dies nur zur Erinnerung, der Tag der offenen Moschee.
Die Veteranen werden also auch an diesem Datum um Aufmerksamkeit konkurrieren müssen.
Ausgerechnet der 3. Oktober! Der Tag der deutschen Einheit, der doch gar nichts zu tun hat mit Einsätzen der Bundeswehr, sondern den wir viel mehr einer glaubwürdigen Verteidigungsbereitschaft über die Jahrzehnte des Kalten Krieges hinweg verdanken. Die Soldaten aus dieser Zeit fallen aber, wenn ich TdM richtig verstehe, nicht unter den Veteranenbegriff. Also ein weiterer Schnellschuss, ohne vorher das Ziel aufzufassen. Diese Veteranendiskussion wird immer unerfreulicher.
Wir haben keinen Memorial Day oder Remembrance Day ¹) oder auch nur einen Tag der Streitkräfte, wie wollen wir da ohne Verrenkungen einen Veteranentag auf die Beine stellen? Eine Gesellschaft die nicht (an)erkennt, dass sie Streitkräfte hat, wird kaum einen Veteranentag beachten. Schon der 3. Oktober löst ja aufgrund der Wurzellosigkeit des Datums in der Geschichte nur wenig Interesse aus –der Fall der Mauer war eins der einschneidensten Ereignisse meines Lebens, aber der 3. Oktober? Ein Verwaltungsakt.
( ¹ Ich weiß, dass es den Volkstrauertag gibt, dieser erinnert aber per Definitionem „an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.“).
@KeLaBe
da sind wir wieder mal völlig einer Meinung ;-)
@Kroq2
Ging bei dem Foto um die Veteranen und weniger um den Minister – und zum Thema deutsche Veteranen gibt es kaum Fotos. Nehme Alternativvorschläge für (für mich verwendbare) Bilder gerne auf.
Anna Nym | 21. Februar 2013 – 12:04
„Eine Gesellschaft die nicht (an)erkennt, dass sie Streitkräfte hat, wird kaum einen Veteranentag beachten.“ Quatsch! Reine Verallgemeinerung ohne Substanz.
Der 3. Oktober ist der Tag an dem 1990 die Deutsche Einheit vollendet wurde … so what?
Wenn Sie den 9. November feiern wollen, tun Sie das. Aber er könnte kein gesamtdeutscher Feiertag sein; denn „Westdeutsche“ haben ja die Mauer nicht geöffnet und ein Nationalfeiertag soll ja wohl nicht trennen.
„Wir haben keinen Memorial Day oder Remembrance Day“ doch haben wir; haben Sie doch selbst erkannt, nämlich den Volkstrauertag. Was also noch?
Insgesamt wäre eine größere Präsenz der Bundeswehr am 3. Oktober wünschenswert. Mit Gelöbnissen, Tagen der offenen Tür oder vielleicht ja sogar einer Leistungsschau nach österreichischem Vorbild: http://www.bmlv.gv.at/veranstaltungen/infoseiten/2610_12/index.shtml
Heiko Kamann | 21. Februar 2013 – 12:31
Danke für die Blumen.
Der Volkstrauertag wird regelmäßig nur von den Honoratioren begangen (nehmen Sie das Archiv Ihrer regionalen Tageszeitung, und gucken Sie, wer im November auf dem Foto von der Kranzniederlegung war). Und die Einschaltquoten für die Gedenkstunden im Bundestag o.ä. möchte ich lieber nicht wissen.
Und dann vergleichen Sie das Ganze mit dem 11. November z. B. in London (auch abseits des Cenotaph in Whitehall — in Firmen, Schulen, auf der Straße, in der Presse an dem Tag wie in den Wochen zuvor.).
Q.E.D.
Lesen Sie bitte noch mal die Widmung des Tages, es handelt sich mitnichten um einen Tag, der dem Remembrance Day unmittelbar vergleichbar ist:
* Remembrance Day: „a memorial day observed in Commonwealth countries since the end of World War I to remember the members of their armed forces who have died in the line of duty.“
* Volkstrauertag: erinnert an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
Ich behaupte mal, dass ein Tag wie der Remembrance Day in Deutschland derzeit nicht möglich wäre, aufgrund der Definition und aufgrund der fehlenden (emotionalen) Verbundenheit. Da treffe ich mich mit Kroq2 (erster Kommentar). Und infolgedessen sehe ich auch für einen Veteranentag (eigenständig oder nicht) schwarz, oder zumindest grau. Er wird wahrscheinlich unsichtbar bleiben, wie der Volkstrauertag, ist meine Befürchtung, denn die meisten Menschen interessieren sich nicht für das Thema… Man müßte sie zunächst interessieren. Ob Leistungsschauen (@ Zyniker) da viel bringen, über die Bewunderung der Technik hinaus?
Netter Schachzug – ein kontroverses Thema aus dem Wahlkampf heraus halten. Ich hoffe, das wird nicht von anderen großen Parteien so übernommen.
Das Thema Veteranen schiebt der Minister seit seiner Amtsübernahme vor sich her.
Als Gedenktag schlage ich den 14. Oktober. Laut Wikipedia-Eintrag fiel 1993 an diesem Tag der erste deutsche Soldat im Auslandseinsatz. Alternativ könnte ich mir auch den Beginn des Somalia-Einsatzes vorstellen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Todesf%C3%A4lle_bei_Auslandseins%C3%A4tzen_der_Bundeswehr
An die Kameraden aus den Zeiten des kalten Krieges:
Ich persönliche setzte mich dafür ein, nur Soldaten unter den Veteranenbegriff zu fassen, die im Auslandseinsatz waren. Und das aus praktischen Gründen.
Ich erlebe, dass die Kreiswehrersatzämter nicht wirklich Herr über ihren Datenbestand sind und das Informationen, die sich gezielt an Teilnehmer von Auslandseinsätzen richten ewig brauchen, falls sie überhaupt ankommen.
Am eigenen Beispiel
Fall Nr. 1:
2010 sendete im Oktober das Heeresführungskommando Koblenz ein Informationsschreiben zum Thema PTBS an die ehemaligen ISAF-Soldaten. Im Januar 2011 (!) erreichte mich dieses Schreiben dann.
Meine ehemalige Stammeinheit: in der selben Kaserne (Falckenstein), wie HFüKdo.
Mein damaliger Wohnort: Luftlinie 4 Kilometer entfernt.
Fall Nr. 2:
Wehrerfassung
Ich befinde mich in der Berufsförderung nach der Dienstzeit – monatlicher Schriftverkehr mit dem BFD und der jeweils aktuellen Adresse. Selbst der Umzug der Hauptwohnung wurde über die Bundeswehr als Abschlussumzug durchgeführt.
Ungefähr 6 Monate nach dem Umzug fiel auf, dass Reservisten-Angelegenheiten immer noch an die Koblenzer Adresse kommuniziert wurden – die Bearbeiter von BFD und Reservisten-Angelegenheiten sitzen in derselben Kaserne – wenn nicht sogar im selben Gebäude.
Fall Nr. 3:
2002 verschwand (!) nach vier Jahren Dienstzeit meine Gesundheitakte kurz G-Akte. Fälschlicherweise wurde die Akte an das Kreiswehrersatzamt gesendet – die Personalabteilung führte mich als entlassenen Soldaten, weil meine Weiterverpflichtung in die Offizierlaufbahn wohl mit anderen Unterlagen im Ablagekörbchen lag.
Der Sanitätsbereich und die S1-Abteilung haben es nicht geschafft, die an das Kreiswehrersatzamt versandte Akte wieder zurück zu holen.
Fazit:
Wir brauchen schon deswegen eine Veteranen-Erfassung oder einen Status, der sich auf Auslandeinsätze bezieht, um betroffene Kontingente zu ärztlichen Untersuchungen auffordern zu können.
Ich denke an Fälle, wie die Uran-Munition, die 2000 / 2001 während meines Kosovo-Einsatzes ein Thema war. Einsatz-Land-spezifische Krankheiten aus dem Afghanistaneinsatz sind mir bisher nicht bekannt – und das potential ist in diesem Land deutlich höher.
Den Veteranen-Status zu definieren ist eine Fürsorgepflicht der Bundeswehr -die Äußerungen von TdM zeigen mir: er wird dieser Aufgabe wohl auch während seiner Dienstzeit nicht gerecht werden.
Es geht bei der Veteranendiskussion nur am Rande um Anerkennung der Leistungen – im Bereich Fürsorge muss weitaus mehr nachgeholt werden.
@ Heiko Kamann
Auch den Volkstrauertag hatte der Verteidigungsminister schon mal unbedacht ins Spiel gebracht. Die Idee wurde aber blitzschnell wieder verworfen. Dieser Tag richtet sich an Gefallene und Opfer, und nicht an „den Veteranen an sich“. Auch würde eine solche Festlegung allzu leicht an die Zeit erinnern, als die Nazis den Volkstrauertag zum Heldengedenktag umfunktioniert haben. Er scheidet also definitiv aus.
Im übrigen stimme ich @ Anna Nym zu. Keiner außer den Betroffenen (die sich ja schlecht selbst feiern können) interessiert sich wirklich dafür. Und das dann auch noch öffentlich zu erfahren, ist eher peinlich als hilfreich.
@ Daniel Lücking
Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn besteht erstens jedem gegenüber und zweitens auch ohne einen offiziellen Veteranen-Status. Oder glauben Sie, dass ein Veteranentag an Ihren persönlichen Erfahrungen etwas geändert hätte?
Daniel Lücking | 21. Februar 2013 – 15:51
Sie tun den „Kameraden des kalten Krieges“ wirklich unrecht; lesen Sie bitte mal die verlinkte wissenschaftliche Arbeit … Sie werden sehen, seit 1960 waren Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz!
http://www.pfadfinden.com/bw/HE_BW_1960-1976.pdf
@Heiko Kamann
Dessen bin ich mir durchaus bewusst.
@KeLaBe
Mir geht es weniger um einen Veteranentag, als darum aufzuzeigen, das Fürsorge nach der Entlassung quasi unmöglich ist bzw. nicht stattfindet.
Das Thema Veteranen wird auf die lange Bank geschoben – und müsste längst geregelt sein.
Liebe Leute,
wir leben in einer „postheroischen Gesellschaft“. Die „Postheroen“ stehen militärisch geprägten Erinnerungstagen sehr skeptisch gegenüber. Sie verstecken das Ehrenmal für gefallene Soldaten in einer Kaserne und verwenden Erkennungsmarken als sinnstiftendes Zeichen. Stehen die Soldaten der „Postheroen“ im Krieg, dann verweigert man die Kenntnisnahme dieser Tatsache so lange wie möglich. „In der postheroischen moralischen „Komfortzone“ (Sloterdiijk) gehört das Mantra der Gewaltfreiheit…“ Ist die Auszeichnung eines Soldaten unumgänglich, erhält er eine der Auszeichnungen, mit denen die „Postheroen“ sich regelmäßig beglücken. Zum Beispiel ein „Bambi“(HptFw Rönckendorf). Ansonsten versorgen sich die Soldaten weiter selbst mit den bisher üblichen Talmi-Auszeichnungen.
Lassen wir es doch dabei. Der IBUK hat doch völlig Recht, wenn er mittlerweile davon abrät, bei den „Postheroen“ um Anerkennung „nachzusuchen“. Warum gründen die Soldaten ihr soldatisches Selbstverständnis nicht auf ihren militärischen Leistungen. Das würde natürlich ein Abschied vom Bild des Staatsbürgers in Uniform bedeuten. Aber fällt der schwer? Wohl kaum. Denn der „postheroische Staatsbürger“ hat durch Eliminierung der Wehrpflicht ja sichergestellt, dass mit der Pflicht zum Uniformtragen Schluss ist. Die Postheroen lassen jetzt Uniform tragen.
Im Jahrbuch „Innere Führung“ 2012 kommen Rolf von Uslar und Marc-André Walter zu interessanten Einsichten, unter dem Titel: Kampfmoral: Voraussetzung für das Bestehen im Einsatz. Als der KG des II. Korps 1984 in der Weisung für die Ausbildung seines Korps die Forderung nach kriegsnäherer Ausbildung stellte und Wege zu einer höheren „Kampfmoral“ beschrieb, wurde von vielen Politikern seine Demission gefordert. Und heute: Heute schreibt man im Jahrbuch der „Inneren Führung“(von Uslar/Walter): „Trotz inzwischen fast 20jähriger grundlegender Änderung des „Kriegsbildes“ wird von offizieller Seite uneingeschränkt an den Thesen Baudissins festgehalten. Das jemand, der seine „programmatischen Schriften“ unter dem Titel „Nie wieder Sieg!“ herausgibt, jedoch kaum zum Stichwortgeber für zur Motivation von Einsatzsoldaten taugen kann, leuchtet zumindest in den älteren Demokratien des Bündnisses ein.“
Also, es geht doch! Und wer sich noch mit dem „ der Dilemma postheroischen Gesellschaft“ auseinandersetzen will, dem sei folgender Artikel von Herfried Münkler empfohlen: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-61629800.html
Ich denke, der Kampf um mehr Anerkennung der soldatischen Leistungen gründet auf den Missständen und dem Kommunikationsdefizit rund um den Afghanistaneinsatz.
Ohne Veteranen, die um einer Anerkennung ihrer Kriegsbeschädigung kämpfen, gäbe es diese Debatte nicht.
Mit Pathos und Heldentum habe ich wenig am Hut – auch, wenn ich das Bedürfnis vieler Kameraden nachvollziehen kann.
Was stimmen muss ist die Versorgung während und nach den Einsätzen. Doch das Dilemma beginnt schon mit der Anwerbung der Freiwilligen.
@Politikverdruss:
„wir leben in einer „postheroischen Gesellschaft“. Die „Postheroen“ stehen militärisch geprägten Erinnerungstagen sehr skeptisch gegenüber“
Ich gebe Ihnen vollkommen Recht. Sogar die örtliche Reservistenkameradschaft des VdRBw in Wiesbaden macht am Volkstrauertrag einen Bogen um den Friedhof auf dem ein 2010 in AFG gefallener Kamerad beigesetzt wurde. Da geht man lieber zu anderen Veranstaltungen wo man als Uniformträger (und nicht als Soldat, und das sage ich bewusst…) mehr im Rampenlicht steht. Dem VdRBw, der ja immer noch aus EP 14 finanziert wird ist das anscheinend egal – Veteranen und Einsatzsoldaten sind dort „Exoten“ die man eigentlich gar nicht zur eigenen Selbstbeweihräucherung braucht. Dafür leistet man sich in Hessen halt einen VdRBw-Landesvorsitzenden der als Soldat zwar nicht viel taugt aber als Kommunalpolitiker immer hofiert wurde, und dieser Herr hat sich noch nie um Veteranen bzw. Einsatzsoldaten gekümmert (obwohl auch er den Auftrag und die Mittel hat).
Sorry, ist ein bisschen OT, passt aber meiner Meinung irgendwie in die Diskussion….
Erstens. Den blutarmen „Nationalfeiertag“ am 3. Oktober, eine typisch synthetische Schöpfung der Politischen Kaste ohne ein Quentchen an vaterländischer resp. patriotischer Emotion, mit einem „Veteranentag“ anzureichern oder aufzuladen, kann nur einem ebenso blutarmen wie bürokratisch geprägten Hirn wie dem derzeitigen „Verteidigungs“-Minister einfallen.
Zweitens. Auch wenn im Dritten Reich der Volkstrauertag zum Heldengedenktag umgemünzt und umgedeutet wurde – der Volkstrauertag ist der einzig würdige Anlaß einer Ehrung der Veteranen. Im Dritten Reich wurde Brot gegessen – und der Verzehr von Brot ist auch im Staatswesen BRD kein Tabu, üblich und unumstritten.
Drittens. Und grundsätzlich – Veteranen hatten nach alter deutscher Tradition ihr Leben für ihr Vaterland eingesetzt. Nicht für irgendwelche „Interessen“, erst recht nicht für fremde oder das sogenannter „Verbündeter“. Das ist der fundamentale Unterschied von deutscher und angelsächsischer resp. angloamerikanischer Sitte, von den „Landtretern“ und „Seeschäumern“ nach Carl Schmitt, dem Preußischen Staatsrat und großen altem Plettenberger.
[Welchen Ihrer beiden weitgehend wortgleichen Kommentare wollten Sie denn nun abgeben? T.W.]
@Heiko Kamann
„Sie werden sehen, seit 1960 waren Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz!“
???
Sie verwechseln hier glaube ich humanitäre Hilfe mit soldatischen Einsätzen!
Die Soldaten haben damals definitiv herausragendes geleistet, aber da waren sie im Regelfall als bewaffnetes THW unterwegs, das hat wirklich wenig mit soldatischen Einsätzen zu tun!
Koffer | 22. Februar 2013 – 1:57
Ich verwechsele nichts.
Es ist natürlich „soldatischer“ in einem sicheren Feldlager in AFG zu sein, als in einem unsicheren Erdbebengebiet hilfe zu leisten …
Ist es denn nicht so, dass alle ehemaligen Soldaten, die im Auslandseinsatz waren – also auch die vor 1960 – ebenfalls Veteranen sein sollen, so habe ich TdM jedenfalls bislang verstanden.
@Heiko Kaman
Ich denke das man einen humanitären Einsatz welcher grundsätzlich in gleicher Qualität von Ärzte ohne Grenzen, THW, Brot für die Welt, ICRC, etc., in z.B. einem unsicheren Erdbebengebiet, und friedenserzwingende Maßnahmen in z.B. AFG NICHT vergleichen sollte…
Außer natürlich in dem Erdbebengebiet herrscht eine latente Gefahr durch IED, Mörserbeschuss und feindl. Kräfte…
Manchmal würde ich gerne die Welt mit Ihren Augen sehen können…
@ Politikverdruss: Vielen Dank für den Link zum Artikel von Münkler! Den muss ich mir noch ein paar Mal durchlesen. „Sacrificium“ und „victima“, genau das unterscheidet meiner Meinung nach den Remembrance Day („sacrificium“) vom Volkstrauertag („victima“), und macht es so schwierig, einen Veteranentag einzuführen, welcher die Feier und das Gedenken von/an „sacrificium“ wäre.
Rolf von Uslar und Marc André Walter zeigen einen Weg auf, die „Heile Welt“ der Inneren Führung der Bundeswehr den heutigen Realitäten anzupassen. Dass damit längst Bewegung in die „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“-Ansichten der „Baudissinisten“ geraten ist, zeigt, dass diese Einsichten der heutigen Soldatengeneration in einem Jahrbuch der Inneren Führung veröffentlicht werden. Hier ein kurzer Auszug aus dem lesenswerten Artikel:
„Das „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“ der Abschreckungsarmee der Bonner Republik beschwor eine suggestive Ablehnung des Kampfes, dem man sich in Form einer unangenehmen Pflicht gewahr wurde. Dieser Grundgedanke des Konzepts Innere Führung ist mittlerweile von der Realität überholt worden. Dennoch ist die normative Kraft des Faktischen nicht wirkungsmächtig genug; die Schwierigkeiten, die sich aus der veränderten Lage für den einzelnen Soldaten ergeben, werden häufig nicht gesehen. Dabei ist offensichtlich: Deutsche Soldaten erleben und erfahren tagtäglich Gefahr, Ungewissheit, Kampf, Töten, Verwundung, Opfer bringen – und müssen in dieser Realität bestehen. Das verlangt von ihnen nicht nur das professionelle Beherrschen ihres Handwerks, sondern auch hinsichtlich persönlicher Einstellung, Verständnis und Überzeugung so stabil und motiviert zu sein, dass sie in Extremsituationen angemessen reagieren, überleben, sich durchsetzen, und ihren Auftrag erfüllen können und letztendlich auch nicht an dem Erlebten zerbrechen. Aus Sicht verbündeter Offiziere ist die Bundeswehr nach fast 50jähriger Abstinenz wieder in der (gewalttätigen) Normalität von Streitkräften angekommen: dem Kampf. Und dieser verlangt eine entsprechende Moral. Offizielle Dokumente wie die ZDv10/1, aber auch vielfache Publikationen aus dem sozialwissenschaftlichen Umfeld der Bundeswehr pflegen die traditionelle Semantik der Kampf-Abstinenz(Dörfler-Dierken, Jahrbuch IF 2011). Dabei wird darauf verwiesen, dass das Selbstverständnis von Soldatinnen und Soldaten nicht von Auslandseinsätzen, sondern vom Grundgesetz her geprägt werden solle (Dörfler-Dierken IF2011). Daher sei es ohne Bedeutung, dass die Begriffe „Kampf“ und „Gefecht“ nicht in den Grundsatzdokumenten vorkämen (Dörfler-Dierken IF 2011). Hier werden – in geübter Manier – Ebenen vermengt: Die Fundierung des soldatischen Dienstes auf dem Grundgesetz ist ein Aspekt der abstrakten, militärpolitischen Ebene. Hingegen ist der Kampf für das Individuum konkrete taktische Realität. Somit ist es wenig hilfreich, im zentralen Konzept der Bundeswehr, welches das Selbstverständnis des Soldaten definiert, vermittelt und jenen damit motivieren will, die Auseinandersetzung mit der (zwischenzeitlichen) Normalität des Soldatenberufs zu scheuen und ausschließlich auf Abstrakte Werte der FDGO zu verweisen. Geben BMVG und Streitkräfteführung eine Hilfestellung, um das Maß an Kampfmoral zu entwickeln, dass der Soldat braucht, um erfolgreich bestehen zu können?“
Uslar/ Walter geben eine nachvollziehbare Antwort auf diese zentrale Frage. Die Neuausrichtung der Bundeswehr wird nicht nur durch neue Strukturen erreicht. Sie muss auch das Selbstverständnis der Bundeswehr als Armee im Kriegs-Einsatz erfassen.
[Eine Anmerkung zum Umgang mit Quellen: Wäre nett, genau anzugeben, in welchem Buch das veröffentlicht wurde. Und die Länge des Zitats ist mehr als grenzwertig – so was kann mich (!) unter Umständen in teure Schwierigkeiten bringen… T.W.]
@ Interessierter
Stimmt, man sollte Äpfel nicht mit Birnen verwechseln. Jede gegenseitige Aufrechnerei ist müßig.
Aber meine Beobachtung sagt mir: Die Aufgabe z.B. der Entwicklungshelfer oder (in Katastrophengebieten) der THW-Leute oder anderer Mitarbeiter von zivilen NGOs oder GOs ist oft alles andere als risikolos, sei es wegen der örtlichen Sicherheitslage, sei es wegen desolater Hygienbedingungen, sei es wegen Infektionsgefahr usw. Und diese Leute sind meist Einzelkämpfer, sind nicht bis an die Zähne bewaffnet, stehen nicht unter Vollschutz, haben keinen BAT in der Nähe und werden auch nicht aus Deutschland heraus verpflegt. Nicht einmal ein weitgehend sicheres Feldlager, in dem man einigermaßen ruhig schlafen kann, gibt es immer. Also jeder Einsatzsoldat, der sich als besonders mutig vorkommt, obwohl er Camp Marmal kaum verlässt (und das sind, wie wir doch alle wissen, nicht gerade wenige), sollte fairerweise die Kirche im Dorf lassen. Sonst wird das Trommeln etwas peinlich, wenn man genau hinschaut.
@ Politikverdruss
Ihre beiden Autoren greifen wieder mal ein Thema auf, das schon vor Jahrzehnten entschieden wurde. Natürlich beruht das Selbstverständnis des deutschen Soldaten unwiderruflich auf dem Grundgesetz. Auf was sonst? Wir sind ja keine Söldner, die beliebigen staatspolitischen Zielen dienen wollen. Wenn sich – was ja auch unbestritten der Fall ist – das Kriegsbild ändert, dann muss sich das auch in der soldatischen Ausbildung niederschlagen. Das ändert aber überhaupt nichts an der zum Glück festen Konstante, dem grundlegenden Selbstverständnis.
@Anna Nym, 22.Februar 2013 9:27,
Zustimmung!
@KeLaBe, 22.Februar 2013 9:47,
Über die „vor Jahrzehnten“ getroffenen Entscheidungen sind die Kriegseinsätze der Bundeswehr hinweggegangen.
In der Argumentation bitte ich um Fairness. Die Autoren stehen natürlich mit ihren Ansatz auf dem Boden des Grundgesetzes und plädieren nicht für ein Söldnertum.
Sie schreiben: „Wenn sich – was ja auch unbestritten der Fall ist – das Kriegsbild ändert, dann muss sich das auch in der soldatischen Ausbildung niederschlagen. Das ändert aber überhaupt nichts an der zum Glück festen Konstante, dem grundlegenden Selbstverständnis.“
Dem stimme ich nicht zu. In den VPR von 2011 ist unter der Überschrift „Selbstverständnis“ festgelegt: „In einer Freiwilligenarmee bleiben die Auseinandersetzung… mit dem soldatischen Selbstverständnis… selbstverständlich.“
Weiter heißt es: „Die Befähigung zum Kampf als höchster Anspruch an Personal, Material und Ausbildung ist der Maßstab für die Einsatzbereitschaft.“
Uslar/Walter zeigen einen Weg auf, die dazu erforderliche „Kampfmoral“ zu entwickeln. Schauen Sie doch mal in die aktuelle ZDv10/1 hinein. Von „Befähigung zum Kampf als höchster Anspruch“ steht dort nichts. Das ist doch merkwürdig. In der Leitvorschrift für das Selbstverständnis der Soldaten nichts darüber steht, dass die Befähigung zum Kampf höchster Anspruch darstellt.
@KeLaBe
Na ja, @Politikverdruss hat da einen Punkt erwischt, der auch mich seit einger Zeit umtreibt:
Da ist einerseits das Credo von der Werteorientierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, andererseits definiert sich realpolitisch unsere A&S immer mehr über sogenannte Herausforderungen, bzw. Anfragen verbündeter oder verbandelter Staaten.
Also was denn nun bitte ? Werteorientierung top to bottom oder von der diplomatischen und militärischen Einsatz-Realität her denken ?
@ Politikverdruss
Wir reden aneinander vorbei. Das soldatische Selbstverständnis und die soldatische Befähigung bauen aufeinander auf, sind aber nicht dasselbe. Das erste ist (hoffentlich) konstant, das zweite mit Blick auf die sicherheitspolitischen Erfordernisse variabel. Ich will Ihnen also gar nicht widersprechen, wenn Sie die Befähigung zum Kampf als ausbildungsleitend erachten. Tue ich auch.
Keine Angst, ich will den beiden Autoren nichts unterstellen. Aber Soldaten, für die die Verfassung des eigenen Landes nicht sinngebend ist, könnten nun mal genauso gut auch Söldner sein.
@ klabautermann
Ihre Einlassung wie auch die von @ Politikverdruss zeigt, wie wichtig es, über diese Dinge zu sprechen. Wird noch viel zu wenig gemacht. Denn Sie berühren ja durchaus einen Punkt, zu dem Klarheit geschaffen werden muss.
@Koffer
Ich kann ja nicht für die Kalter Kriegs-Kameraden von Heer und Luftwaffe sprechen, für die Marine aber schon. Ich denke da immer an das Einsatztagebuch des Befehlshabers der Flotte (natürlich eingestuft) und an meine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen als Wachoffizier und Kommandant, wenn wir Bereitschaftsboot Ostsee oder 6-8Wochen „Ausbildungsfahrt Ost“ in der Danziger Bucht gefahren sind. Da flog schon mal eine Granate ins Achterdeck….aus Versehen natürlich.
@Klabautermann,
Treffend!
@KeLaBe,
die Vorgabe in den VPR ist doch völlig eindeutig. Die Kampfbefähigung der Soldaten steht an erster Stelle. Nun anzunehmen, diese Befähigung sei alleine schon durch Ausbildung zu erreichen, geht doch an der Wirklichkeit soldatischen Selbstverständnisses vorbei. Es geht den Autoren um „Kampfmoral“. Seit Sun-Tzu ist klar, dass ohne Kampfmoral sich „ selbst die zahlenstärkste, bestorganisierteste, bestausgebildetste und bestbewaffnete Armee in ein klappriges Werkzeug verwandeln“ wird.
Es geht hier nicht um eine Ausbildungsfrage. Die sicherheitspolitischen Veränderungen gehen eben nicht spurlos an der Inneren Führung(IF) vorbei. „Die Innere Führung (erfordert) fortwährend einen Abgleich mit der sicherheitspolitischen Realität, und die wirft Fragen auf.“ So die FAZ vom 10.01.12. Selbst die „liberale“ ZEIT sieht Veränderungen im Berufsbild des Soldaten: „Auch der „Staatsbürger in Uniform“, das mit der Gründung der Bundeswehr vorgegebene Idealbild eines modernen Soldaten, ändert sich im Krieg.“( ZEIT 11.09.2011)
Gibt das Leitbild vom Staatsbürger in Uniform tatsächlich noch die Orientierung, die in schwierigen Lagen Kraft und Motivation freisetzt? Staatsbürger in Uniform in Verbindung mit Landesverteidigung und Wehrpflicht ergaben ein noch stimmiges Bild. Nur stimmen diese drei Eckpfeiler des Leitbildes noch? Nein! Die Wehrpflicht ist ausgesetzt. Die Notwendigkeit zur Landesverteidigung ist gegenwärtig unwahrscheinlich und ist jetzt „weltweiten“ Einsätzen gewichen. Und die Staatsbürger selbst wollen nicht mehr als Soldat für das Gemeinwesen einstehen und schaffen deshalb diese bisherige Pflicht ab. Schauen Sie sich den Afghanistan-Einsatz an. Die Gesellschaft lehnt ihn ab und Politik betreibt ihn nur „halbherzig“ weiter, mehr oder weniger aus Gründen der Bündnissolidarität. Und in dieser „unübersichtlichen Gemengelage“ steht der Soldat. Woraus schöpft er die Kraft für eine Aufgabe, die von seinen Mitbürgern und von weiten Teilen der Politik abgelehnt wird? Aus einem Leitbild, mit zerfallener Substanz? Gewiss nicht.
@KaLeBe
Kurzer Rückbezug zu den Humanitären Einsätzen:
Die FREIWILLIGEN Helfer sind dort eben FREIWILLIG…Soldaten sind dort, weil es der von der Mehrheit des deutschen Volkes gewählte BT so bestimmt hat…das schließt den Bogen zur Debatte um Opfer und Opferbereitschaft…
Ich weiß, dass in vielen Regionen Angehörige der NGO unter teilweise höchster Gefahr für Leib, Leben und Seele ihrer Berufung nachgehen, auch denen gilt meine Anerkennung und mein höchster Respekt.
@all
Das Leitbild und Selbstverständnis eines Soldaten und seine Fähigkeiten bauen doch aufeinander auf bzw. ergänzen sich nach meinem Verständnis. Deswegen ist sicherlich eine Grundsatzdebatte über das Selbstverständnis in den Streitkräften in Bezug auf die Einsatzerfahrungen mindestens ebenso notwendig, wie eine öffentliche, von der Politik angeschobene, befeuerte und kontrovers geführte Debatte um der Deutschen Verhältnis zu Ihren Streitkräften und, nach meiner meinung noch viel wichtiger, zu Ihren Soldaten die darin dienen.
Es müssen ja keine US-Verhältnisse mit blinder Glorifizierung von allem was Uniform trägt/getragen hat sein. Aber ein wenig Respekt und Hochachtung vor dem was jeder einzelne als Mensch leistet ist doch nicht zuviel verlangt. Die Mitbürgerinnen und Mitbürger dürfen alle zu dem Einsatz stehen wie sie wollen, aber ich ersuche um Anerkennung (zunächst einmal im Sinne von „es überhaupt wahrnehmen“) was jeder einzelne Soldat leistet.
Interessierter | 22. Februar 2013 – 13:40
„Aber ein wenig Respekt und Hochachtung vor dem was jeder einzelne als Mensch leistet ist doch nicht zuviel verlangt. Die Mitbürgerinnen und Mitbürger dürfen alle zu dem Einsatz stehen wie sie wollen, aber ich ersuche um Anerkennung (zunächst einmal im Sinne von “es überhaupt wahrnehmen”) was jeder einzelne Soldat leistet.“
Tja, am Ende leider wieder dieser weinerliche Unterton …
Ein wenig Respekt? Wie definieren Sie das denn? Sie möchten ja nicht „ein Wenig“ sondern am besten einen eigenen Feiertag mit Paraden und jubelnder Bevölkerung.
Die DDR hatte so was; ich denke nicht, das die früheren DDR-Bürger das wieder haben wollen … die ehemaligen West-Deutschen sicher auch nicht.
„Hochachtung“ … das ist so eine Sache; die Bundeswehr war ja bis vor kurzen noch eine Wehrpflichtarmee. Somit haben Generationen von Männern teils tiefen Einblick in die Bundeswehr erhalten. Ich bezweifele, ob das, was diese Männer von der Bundeswehr in Erinnerung haben so hochachtungsvoll ist. Das zahlt sich jetzt eben durch „Nichtbeachtung“ aus. Die Außenwerbung der Bundeswehr trägt dann leider auch noch dazu bei, dass Bundeswehr eher mit Karrieristen als mit Soldaten gleichgesetzt wird …
@interessierter: Sie haben recht, die Freiwilligen sind freiwillig vor Ort, Soldaten sind es jedoch infolge einer beruflichen Entscheidung. Und zwar einer eigenen und daher doch auch freiwilligen Entscheidung. Die Freiwilligkeit ist kein so treffendes Kriterium zur Unterscheidung.
Die von Ihnen und anderen angesprochene mangelnde Achtung oder auch nur Beachtung hat ihre Wurzeln in einem immer tiefer werdenden Graben zwischen Regierenden und Regierten. Als Soldat oder auch als Polizist steht man in der Wahrnehmung vieler Bürger eben auf der anderen (falschen) Seite.
@ Politikverdruss und Interessierter
Aus den VPR eine Abkehr von den Leitlinien der Inneren Führung und des Staatsbürgers in Uniform ableiten zu wollen, wird den Herausgebern kaum gerecht. Natürlich bestreitet niemand, dass sich auch diese Grundprinzipien der realen Entwicklung stellen und auch anpassen müssen, aber in ihrem Wesenskern sind und bleiben sie unverändert. Zum Glück. Immerhin sollten wir auch nicht vergessen, dass unsere einzigen Auftraggeber die gewählten Volksvertreter sind, die mit Recht größten Wert auf unsere staatsbürgerliche Verwurzelung legen. Die Anforderungen an uns sind damit deutlich höher als zum Beispiel die an private Sicherheitsdienste. Oder sehen Sie das anders?
Keine Frage: Man würde sich sehr wohl in der breiten Bevölkerung mehr Anteilnahme wünschen. Erzwingen kann man sie aber nicht.
Nehmen Sie es nicht persönlich: Aber ich wundere mich immer wieder, wie Soldaten, die doch als robust gelten wollen und mit Begriffen wie „Kampfmoral“ (siehe oben) nur so um sich werfen (nichts gegen richtig verstandene Kampfmoral!), zu solchen Sensibelchen mutieren, wenn es um die gefühlte öffentliche Anerkennung geht. Das passt irgendwie nicht zusammen. Sind wir denn wirklich so darauf angewiesen, dass uns dauernd jemand begeistert oder mitleidig auf die Schultern klopft? Können wir nicht einfach sagen: Wir selbst sind davon überzeugt, einer gesellschaftlich wichtigen Aufgabe mit großer Hingabe zu dienen und dabei auch persönliche Opfer zu bringen, und wenn andere das nicht so sehen, dann ist uns das im Grunde gleich und ändert nichts an unserer Sinnfrage? Etwas mehr soldatisches Selbstbewusstsein würde ich mir da schon wünschen.
@ Interessierter zu den humanitären Einsätzen: Ihr Argument der Freiwilligkeit würde ich gelten lassen, wenn wir Wehrpflichtige in die Einsätze schicken würden (was wir aufgrund eigener Entscheidung nie getan haben). Spätestens heute sind wir aber eine reine Freiwilligenarmee; niemand wird gezwungen, den Soldatenberuf zu ergreifen. Das heißt allerdings, sich vorher Gedanken über die Konsequenzen dieser persönlichen, freien Entscheidung zu machen. Aber Freiwilligenarmee sein zu wollen und zugleich daraus besondere Sonderrechte abzuleiten, das geht schlecht. You can’t eat your cake and have it too.
Im übrigen ging es Ihnen bei dem Vergleich ursprünglich um die Gefahren (!) in einem Einsatz, und nicht um die Frage einer Freiwilligkeit. Zumindest habe ich Sie so verstanden.
@KeLaBe
aus einem FAZ Artikel („Brötchen Patrouille“) :…..“Besondere Brisanz entwickelt das Problem durch einen Beschluss der Innenministerkonferenz von 2009. In ihrem „Programm Innere Sicherheit“ wurden private Sicherheitsfirmen erstmals als „Bestandteil der nationalen Sicherheitsarchitektur“ definiert. So soll privates Wachpersonal in Ausnahmefällen „unter staatlicher Aufsicht hoheitliche Befugnisse wahrnehmen“. „Wir nähern uns also neuralgischen Punkten unserer Gesellschaft“, warnt …..“
Polizisten im Inland und Soldaten im Ausland haben hier natürlich schon ein Selbstverständnis Problem…..vielleicht erklärt sich aus der in diesem Artikel angesprochenen Problematik ja auch die Verzögerung bei der neuen Gewerbeordnung für die Zertifizierung von Sicherheitsdienstleistern auf See…
@Politikverdruss
„Woraus schöpft er die Kraft für eine Aufgabe, die von seinen Mitbürgern und von weiten Teilen der Politik abgelehnt wird?“
Einzig und alleine aus der Kameradschaft.
@all
Die Veteranendiskussion ist richtig und wichtig. Wenn es aber dazu führt, dass die Streitkräfte mit den Begriffen Veteranen und „Nichtveteranen“ auseinander dividiert werden sollen, halte ich das für eine ganz schlechte Entwicklung. Oder wie hier auch schon beschrieben in „Lagerveteranen“ und Ausseneinsatzveteranen“ Der Krieg wird auch an der Heimatfront oder im befestigten Lager gewonnen oder verloren. Insofern sollte der Dank des Volkes an die gesamte Bundeswehr gehen. Selbstverständlich gilt es, Soldaten die unmittelbar im Patrouillendienst oder gar im Gefecht befanden, besonders zu ehren. Das schmälert aber eben nicht die Dienste der Kameraden, die im Lager oder in der Heimat in der Schreibstube sitzen.
@BausC
„Wenn es aber dazu führt, dass die Streitkräfte mit den Begriffen Veteranen und “Nichtveteranen” auseinander dividiert werden sollen, halte ich das für eine ganz schlechte Entwicklung.“
Besser hätte ich es nicht formulieren können, genau das ist der Punkt.
@ klabautermann
Ja, der F.A.Z.-Artikel macht betroffen, obwohl er noch ziemlich zurückhaltend formuliert ist. Man sollte nun nicht alle privaten Sicherheitsdienste, die durchaus eine wichtige Aufgabe erfüllen, pauschal unter Verdacht stellen. Aber das Kernproblem wird schon deutlich: Für private Dienstleister zählen robuste Fähigkeiten (zum Teil auch „Kampffähigkeit“) und die entsprechende Nachfrage auf dem Markt, von wem auch immer. Mehr meist nicht. Für Soldaten der Bundeswehr kommt das staatsbürgerliche Ethos noch hinzu. Das ist dann eine andere Dimension. Wäre das nicht so, könnten wir wirklich überlegen, ob wir die Bundeswehr noch brauchen, oder vielleicht besser auf dem globalen Markt nach Anbietern suchen, die unseren Sicherheitsinteressen mit Mitteln dienen, die wir nicht hinterfragen brauchen. Klingt vielleicht abgehoben und idealistisch, ist aber wichtig, vor allem in extremen Lagen.
@KeLaBe
Zustimmung…..und deshalb halte ich die Veteranendiskussion auch für u.U. politisch gefährlich, denn, was wenn ein gem TdM Definition anerkannter Veteran (also ein FDGO hardened and proven soldier) plötzlich als privater SiDL so richtig „dumm“ auffällt im In- oder Ausland ? Kongo Müller läßt grüßen ;-)
@ klabautermann
Den hatte ich schon ganz vergessen. Aber stimmt!
@KeLaBe,
niemand stellt die „staatsbürgerliche Verwurzelung“ der Soldaten in Frage. Betrachten wir einmal das soldatische Leitbild. Ein zentrales Element der Inneren Führung ist das Leitbild vom »Staatsbürger in Uniform«. In diesem Leitbild
werden idealtypisch die Forderungen an den Soldaten und die Soldatin der Bundeswehr verdeutlicht:
– eine freie Persönlichkeit zu sein,
– als verantwortungsbewusster Staatsbürger bzw. als verantwortungsbewusste Staatsbürgerin zu handeln und
– sich für den Auftrag einsatzbereit zu halten.“
Forscht man weiter in der Vorschrift, fällt auf, dass zum „Selbstverständnis“ und Berufsbild des Soldaten kaum etwas enthalten ist. Beim Selbstverständnis ist dies nicht verwunderlich, da es sich doch eher individuell fortentwickelt. Beim Berufsbild des Soldaten hingegen hätte man erwarten können, dass die Vorschrift über „Selbstverständnis und Führungskultur“, so der Untertitel der Vorschrift, in diesen Punkten große Aussagekraft besitzt. Weit gefehlt! So schrieb der damalige Direktor Lehre an der Führungsakademie, Brigadegeneral Dr. Wittmann: „Bemühungen in der Bundeswehr, ein Berufsbild oder Bild des Offiziers zu formulieren oder einvernehmlich zu verabschieden, sind in der Vergangenheit gescheitert, weil die Diskussionen immer ideologisch aufgeladen waren, weil historische Brüche und Belastungen rasch virulent wurden oder weil fast zwangsläufig sehr konträre Positionen aufeinanderprallten.“
Auf diesem Hintergrund wird natürlich klar, dass die oben genannte Vorgabe der Vorschrift, „ sich für den Auftrag einsatzbereit zu halten“, vermutlich der Kompromiss war, der sich gerade noch so durchsetzen ließ. Man stelle sich vor, in dieser „ideologisch aufgeladenen“ Lage hätte jemand die „Fähigkeit und den Willen zum Kampf als Grundvoraussetzungen soldatischen Handelns“ gefordert. Daraus wäre mindestens ein weiterer Bundeswehrskandal geworden. Und man hat förmlich vor Augen, was die Medien daraus gemacht hätten.
Und nun soll sich die heutige Generation von Soldaten weiter für den „Auftrag einsatzbereit halten“. Als „idealtypische Forderung“ an den „Staatsbürger in Uniform“. Das ist eine Zumutung! Die heutigen Soldaten stehen im Kampf. Sie bezeichnen sich selbst als die „Generation Einsatz“ und führen ihren Auftrag schon seit Jahren mit der Waffe in der Hand durch.
Nein, hier fehlen nicht nur ein paar Korrekturen. Hier fehlt es an der Courage, den immer so vollmundig betonten „Transformationsprozess“ endlich auch auf die „Innere Führung“ auszudehnen.
@Politikverdruss
…sehr schön geschrieben und genau davor drückt sich der IBUK mit solchen neo-liberalen social engineering Kampagnen wie w.d.D und Veteranentag….
@ Politikverdruss
Ich behaupte keineswegs, dass wir in der Bundeswehr mit Blick auf das soldatische Selbstverständnis immer alles richtig gemacht haben. Im Gegenteil, dazu gäbe es viel zu sagen.
Nur: Das übergeordnete Leitbild vom Staatsbürger in Uniform oder gar die Grundprinzipien der Inneren Führung stehen doch nicht im Gegensatz z.B. zum „Willen zum Kampf“ – wenn die Lage einen solchen erfordert. Als militärische Führer haben wir es doch selbst in der Hand, unsere Soldaten entsprechend zu erziehen und auszubilden. Niemand nimmt uns diese Möglichkeit, ja sogar: Niemand nimmt uns diese Verantwortung. Aber: Der „Wille zum Kampf“ (auch wenn er notwendig ist) kann nicht über den Grundprinzipien der Inneren Führung stehen. Denn dann wären wir alle sofort austauschbar. Das ist auch eine bittere Lehre aus unserer deutschen Geschichte.
Ich glaube nicht, dass wir so weit auseinander sind. Wir reden allerdings wohl über verschiedene Ebenen. Das Kämpfen können, wollen und müssen steht in einem unauflöslichen Zusammenhang mit dem (übergeordneten) „Wissen wozu“. Ich gebe aber auch gern zu: Für den einzelnen Soldaten kann diese Frage nicht erst mitten in einer kritischen Lage gestellt werden. Sie muss vielmehr vorher beantwortet und verinnerlicht sein.
Jetzt haben wir aber wohl die wichtigsten Argumente ausgetauscht. Und es gibt auch keine Pflicht, sich über alles immer zu einigen.
amen
@KeLabe
„Als militärische Führer haben wir es doch selbst in der Hand, unsere Soldaten entsprechend zu erziehen und auszubilden. Niemand nimmt uns diese Möglichkeit, ja sogar: Niemand nimmt uns diese Verantwortung.“
Mit Verlaub, damit erklären Sie die 3-M-Methode zum Prinzip der Inneren Führung:
Machen Sie mal.
Sie Machen das schon
Sonst Mach ich Ihnen einen
;-))
@ T.W.
„Welchen Ihrer beiden weitgehend wortgleichen Kommentare wollten Sie denn nun abgeben?“
Den oben aufgeführten, alles richtig.
@ klabautermann
Zur Marine kann ich wenig sagen … :-)
@KeLaBe
Die Marine hat ihre eigenen Führungsprinzipien:
§1. Der Kommandant hat immer recht
§2. Falls der Kommandant nicht recht hat, tritt §1 in Kraft.
analog zu der Betriebsratsregelung : “ Falls der Betriebsrat nur aus einer Person besteht, muß nicht nach Geschlecht unterschieden werden“
Ich liebe dieses Land
@ klabautermann
Wusste ich’s doch. Damit Schluss für heute (für mich).