Am Himmel über der Wüste: Die nächste Mali-Anfrage
Luftbetankung der Bundeswehr: Ein Airbus A310 MRTT der Luftwaffe mit drei Eurofightern (Foto: Bundeswehr/Thöne via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Für ihre Intervention in Afrika haben die französischen Streitkräfte nun doch Deutschland um direkte Hilfe gebeten. Es liege eine Anfrage Frankreichs vor, Luftbetankung für französische Flugzeuge zur Verfügung zu stellen, bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am (heutigen) Freitag eine entsprechende Meldung des Deutschlandfunks. Allerdings habe die deutsche Luftwaffe keine solchen Systeme, die für die Betankung französischer Flugzeuge zertifiziert seien. Wir suchen nach einer Lösung, sagte der Ministeriumssprecher.
Gerade das Zitat Wir suchen nach einer Lösung lässt aufhorchen: Das deutet schließlich darauf hin, dass von deutscher Seite die französische Anfrage nicht von vorherein zurückgewiesen wird. Bislang waren die deutschen Streitkräfte recht elegant um eine direkte Unterstützung der Franzosen bei ihrer Intervention in Mali herumgekommen: Die zwei Transall-Flugzeuge, die Truppen in die malische Hauptstadt Bamako fliegen, stehen ausdrücklich für Soldaten der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS zur Verfügung, nicht für den französischen Truppentransport oder Nachschub.
Nun haben die Franzosen, wie die US-Kollegen vom Wired-Blog Dangerroom mit leichtem Mitleid anmerkten, gerade mal 14 fliegende Tankstellen ( The French air force possesses just 14 U.S.-built KC-135 tankers to gas up hundreds of warplanes.) Aber damit deutlich mehr als die Deutschen mit ihren theoretisch bis zu vier Airbus A310 Multi-Role Transport Tanker (MRTT), die für diese Rolle jeweils umgerüstet werden müssen.
Allerdings machen die weiten Strecken bei Luftangriffen im Norden Malis, die riesigen Entfernungen innerhalb Afrikas und erst recht bei einem Einsatz von französischen Basen alle Operationen ohne Luftbetankung unmöglich, so dass die Franzosen bei allen Verbündeten nach solchen Möglichkeiten fragen dürfen.
Für die Deutschen ist die Anfrage ein Problem – schon technisch: dass es, wie das Ministerium betont, keine zertifizierten Systeme gibt, bedeutet, dass vor einem solchen Einsatz eine Menge Bürokratie stehen dürfte, bis verschiedene Luftsicherheitsbehörden grünes Licht geben. Die sogenannten Kompatibilitätsprüfungen, höre ich aus der Luftwaffe, einschließlich vorgeschriebener Testflüge könnten einige Wochen dauern.
Weit spannender finde ich allerdings den politischen Aspekt: Ganz offensichtlich ist die bisherige deutsche Haltung, die französische Operation nicht direkt zu unterstützen, einem anderen Ansatz gewichen. Hatte vor gut einer Woche Verteidigungsminister Thomas de Maizière noch sorgfältig betont, die Transport-Unterstützung gelte den Afrikanern, sieht es heute anders aus. Die Bundesregierung scheint offensichtlich gewillt, sich an dem französischen Krieg in Mali zu beteiligen – und nicht mehr ausschließlich Trainer für eine EU-Mission zur Ausbildung malischer Truppen zu stellen.
(Zur Ergänzung noch: die Lage am Boden in Mali bleibt unübersichtlich; hier die aktuelle Meldung von CNN: Malian security forces push into rebel territory)
Nachtrag: Ein Leser hat mich dankenswerterweise auf dieses Interview auf luftwaffe.de zum Thema A310 MRTT hingewiesen, das im März 2009 erschienen ist – die hier interessierenden Passagen im Wortlaut:
Welche weiteren Flugzeugtypen außer Eurofighter können vom A-310 MRTT betankt werden?
Zur Zeit sind bereits Tornado und F-18 freigegeben. Nächste Woche starten wir mit Vorbereitungsflügen für die Zulassung der schwedischen Gripen. Es gibt aber auch schon Anfragen der französischen Luftwaffe, um Mirage und Rafale an unserem Tankflugzeug zu zertifizieren.
Wird sich die deutsche Luftwaffe jetzt für die jahrelange Betankung ihrer Jagdflugzeuge durch andere NATO-Partner revanchieren und diese Option auch den anderen zur Verfügung stellen? Wenn ja, welche Luftfahrzeugtypen kommen in Frage?
Es gibt grundsätzlich zwei unterschiedliche Betankungssysteme. Einmal den Betankungsausleger (Boom), der hauptsächlich bei den US Streitkräften für die Betankung von Kampfflugzeugen und Großraumflugzeugen zum Einsatz kommt und zum anderen das sogenannte „Hose and Drogue“ System mit Betankungsschlauch und Korb am Tankflugzeug und Betankungsstutzen an dem zu betankenden Flugzeug. Der A-310 MRTT verfügt über das letztgenannte System, welches an jeder Seite der Tragfläche angebracht ist. Wir können also auch nur die Flugzeuge betanken, die über solch einen Betankungsstutzen verfügen. Das sind alle US Navy Kampfflugzeuge, aber auch Tornado, Eurofighter, Jaguar, AMX, Gripen, Mirage und Rafale.
@BQ
Bei allem Respekt! Schreiben wir über die Vergangenheit oder über die Gegenwart oder Zukunft!
Sie können sich gerne erkundigen aus welchem Finanztopf die Ersatzteile und Arbeitsstunden für die CH bezahlt werden!
Auch empfiehlt es sich anzuschauen was in Ummendorf, Diepholz und Fassberg von der Luftwaffe bezgl CH geleistet wurde und wird! Auch die Grundüberholung der CH erfolgte und erfolgt bei der Lw!
Am Ende muss es finanziert werden, egal von wem und genau dies geschieht nicht im notwendigen Umfang!
@ Elahan
wenn man sich die Selbstwahrnehmung der LW mal anschaut, kann man schon auf die Idee kommen, dass die LW nur Jets hat und alles andere zweite oder dritte Wahl ist. Das Führungspersonal spiegelt diesen Gedanken doch wieder. (z.B.: http://www.mdr.de/sachsen/dresden/kleider116_showImage-2_zc-f4720c3a.html) .
Der Hauptauftrag der LW ist ja nun der Luftkampf und die Sicherung des Luftraums. Das sehe ich nun keine Überlastung der TSK.
Es wird gerne vergessen, dass in der LW noch andere aufgaben wahr genommen werden als mit Mach 2 durch den Himmel zu pflügen (hier besonders die Tralls) nur im großen ganzen wird das gerne vergessen.
Dass das Personal der CH´s bei der Luftwaffe zuneige geht ist ja nun ein LW-eigenes Problem, die dieses mit der neuen Personalstruktur erst erschaffen bzw. extrem verschärft hat. Da sind wir dann wieder bei der verdrehten Sichtweise der TSK, Jet vs. den ganzen Rest… Und die Finanzierung hat nichts mit der Überlastung der TSK zu tun.
In diesem Sinne ein schönes WE :-)
@Trabandfahrer
Zustimmung aber eben auch ein Bw-Problem (im WaSysKdo sitzen ja auch Heereskameraden und die können ihnen zum Woe ein Lied singen wie das Heer Ersatzteile und wichtige Zusatzausrüstung beschaffte :-))
Einige beraten nun in Zivil die Luftwaffenführung neu (z.B durch Firmen, den FKH oder den IDLw)
Siehe auch:
Luft(waffen)transport der Zukunft
von Stefan Büttner 21.12.2012, Warbelow
@Elahan:
Ich halte es jedoch weiterhin für ein Armutszeugnis, wenn die Gesamtorganisation Lw mit Gestellung der Anteile bei ISAF ausgezehrt ist. Die von ihnen aufgezeigten Probleme sind im Wesentlichen hausgemachte durch die Lw.
Genau das kritisiere ich.
Wenn man jetzt schon überfordert ist, wie will man dann die grossen Versprechungen?
@Memoria
Na, nun kommen wir zusammen :-)
Hausgemacht unter den Rahmenbedingungen des BMVg.
Aber die Lw kann sich ja mehrere neue Schulen leisten, Werften verlegen und neu bauen, Jet Ausbildung ins Ausland verlegen, überflüssige Drohnen (da von uns außerhalb von AFG nicht handhabbar einschl. unkompl. Mu-Versorgung) und falsche Transport-Lfz beschaffen!
@Elahan 12:11
Volle Zustimmung! Es ist nicht zu fassen, dass man seitens der Lw-Führung für unnütze Umzüge Gelder verbraten möchte und damit auch das betroffene Personal sauer fährt. Wer – wenn ich mir die Protagonisten, die auf ihren Rundreisen die Reform erklären sollen anschaue, sehe ich momentan niemanden – hat jetzt den Mut, umzusteuern und Entscheidungen ergebnisoffen zu prüfen?
Die Umzüge liegen doch eh fast alle auf Eis. Die Luftwaffenreform 2014 steht doch schon in den Startlöchern, egal wer die Wahl gewinnt.
Ich bin mir nicht sicher, ob der politische Aspekt tatsächlich interessanter ist als die fehlende Zertifizierung deutscher Tankflugzeuge für französische Jäger – wirft diese doch ein vermutlich bezeichnendes Schlaglicht auf entweder die deutsche Bundeswehrbürokratie oder aber die deutsche Bündnispolitik.
Immerhin hat Frankreich wohl bereits Ende 2008 / Anfang 2009, also vor vollen vier Jahren, einen Antrag auf Zertifizierung deutscher MRTTs für seine Jets vom Typ Mirage und Rafale gestellt.
http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYvBDoIwEAX_aLcYFfUGMSZeNJwUb2tpcENpyWaBix9ve_BNMpfJwxcmAi3ck3IM5PGJreXTewW_Ag06g7gpAon98AIbY474yJ_OgY3Baba6oJzcC2kUmKKoz2UWSQW4w9YU59rszX_Ft2yquil3h-31drnjNI7VD2v3E48!/
Damit stellt sich nun doch die Frage, ob unsere Verwaltung tatsächlich so unverantwortlich langsam arbeitet, oder ob eine Einsatzmöglichkeit unserer Tanker mit „fremden“ Kampfflugzeugen schlicht nicht erwünscht ist…
Der stinkende Kopf sitzt meiner Einschätzung nach eher an der Lw-Spitze, denn im Ministerium.
Offensichtlich nahm man weder die VPR noch das Weißbuch so richtig ernst, als es um die Frage ging, für welche Flugzeugmuster man die eigenen Tanker denn so zertifiziert.
Meiner persönlichen Einschätzung nach, ging es den hohen Herren aber auch eher darum, in bester Quartett-Spiel-Manier sich ein paar Tanker zuzulegen, damit man sie hat. Tja, Breite vor Tiefe. Aber nicht verursacht durch die politische Führung, sondern durch die militärische! Dort hätte man argumentieren könnte, wir brauchen keine Tanker (und sharen die der Franzosen, Briten, etc.), dafür setzen wir das Geld ein, um unsere Piloten mit Flugstunden zu versorgen.
Das gleiche Spiel kann man derzeit bei der Marine mit den JSS (joint support ship) und der Luftwaffe aktuell mit bewaffneten MALE-UAV verfolgen.
Weil alle anderen Länder dieses Spielzeug (z.T. in großer Anzahl) haben, brauchen wir das auch.
OT:
Meinen Informationen vom Sommer 2012 nach schafft es die Luftwaffe, die Reform ohne Abbau eines einzigen Generals-Dienstpostens hinzukriegen. Kann das jemand verifizieren oder falsifizieren?
@Schorsch:
Das hört sich interessant an. Haben Sie dazu Quellen oder zumindest Beispiele?
Politisch wäre das möglich – selbst unter schwarz-gelb. Ob Schäuble nach 2013 weitermacht ist, dürfte fraglich sein, womit für TdM ein neuer Posten frei wäre. Der/die Neue hätte dann freie Bahn, die unsinnigsten Entscheidungen zurückzunehmen.
@ kb
das übersteigt irgenwie mein vorstellungsvermögen.
Deutschland hat seine MRTT doch in die EATC Strukturen eingebunden. Größter Nutzer neben Deutschland; Frankreich. Da muss es doch gedämmert haben das die zertifizierung spätestens mit Auftsellung des EATC essentiell wird,??
Nutzungstatistik für EATC 2011
http://de.wikipedia.org/wiki/European_Air_Transport_Command
Auch nett 8 % der Unified Protector (Libyen) Missionen wurden von Deutscland gestellt.
@Ursinho73
Sehr schönes Fundstück, vielen Dank. Wer weiß, wo die französische Anfrage nach Zertifizierung aus dem Jahr 2009 versandet sein mag…
Wo die Bundeswehr sich für den A310 Tanker entschieden hatte, gab es noch keinen A330 Tanker. Die Tanker waren wohl nur für Überführungsflüge gedacht. Da braucht man kein A330 Tanker.
Genau DEU benötigt keinen Tanker die EU evtl schon!
GB hat genügend für FR!
Wir hatten in der NATO Arbeitsteilung und da die Front bei uns war, benötigten wir nur zu Überführungsflügen Tanker! Für Europa hatten/haben wir den Buddy Buddy Pod!
Ursinho73:
Ein sehr schönes Fundstück, Danke.
Spätestens mit Aufstellung des ETAC hätte dies auffallen müssen.
Unglaublich – das Schlimmste: Dies hat noch nicht mal Konsequenzen.
Alles ganz normal…
Nach meiner Internetrecherche sind sowohl die C-135FR Tanker der Franzosen, als auch die deutschen A-310 MRTT mit dem Flight Refuelling Ltd. Mk.32 System der Firma Cobham ausgestattet. Falls man da nicht deutlich unterschiedliche „baskets“ benutzt sollte die Zertifizierung mit wenigen Flügen zur Nachweisführung machbar sein. Sprich wenn alle an einem Strang ziehen ist dass, sogar mit allen bürokratischen Hürden, in ein bis zwei Wochen machbar. Frage ist, will man dass, und wer macht die Zulassung überhaupt?
Sind eigentlich irgendwelche deutschen Flugzeuge zum Tanken an den französischen C-160 oder C-135 zugelassen?
Sind die diversen Mirage und Rafale eventuell an der kanadischen A-310 zugelassen?
Zum Einsatz in Libyen wurde generell moniert das viele Tanker/Flugzeug Kombinationen nicht zwischen den Nationen zugelassen sind. Amerikanische Flugzeuge konnten wohl nicht von den französischen C-135 betankt werden, weil die kein qualifiziertes Personal zur Nutzung des Booms hatten.
O.T @ Trabantfahrer
In der Luftwaffe tut sich gerade eine gewaltige Kluft zwischen „denen da oben“ und „denen da unten“ auf. Bei „denen da unten“ war auch bei diesem Artikel wieder fremdschämen angesagt.
Falls T.W. Zeit hat kann er ja mal versuchen was zur Ausbildungskapazität in Laage, den Einsatzbelastungen von Transportflugzeugbesatzungen, oder den echten Nachwuchszahlen bei der Eignungsfeststellung am FMI herauszufinden.
Nach einer Meldung von sueddeutsche.de werden die benötigten Tankflugzeuge jetzt von den USA gestellt. Gleichzeitig erwägt die Bundesregierung, die ECOWAS-Truppen mit Material zu unterstützen:
[Und immer noch gibt es hier keine Links zu deutschen Verlegerwebseiten. Link gelöscht. Die Original-Twitter-Mitteilung des Pentagon-Pressesprechers zur US-Luftbetankung hatte ich übrigens weiter-getweetet, s. derzeit rechts oben. T.W.]
Weitere Mali-Zusage:
http://www.dradio.de/nachrichten/201301282100/2
Eine dritte Trall- und Logistik-Personal. Der Stolper- und Stümperkurs geht weiter.
Klarer Kurs ist anders.
Dann Lieber so
Fakt ist das
http://soldatenglueck.de/2013/01/26/75496/wehrbeauftragter-sieht-bundeswehr-mit-auslandseinsatzen-am-limit/
@Alarich
Jetzt dürften Sie sich wohl eine Diskussion über das Verlinken unseriöser Quellen eingehandelt haben.
wieso? die bnd connection ist doch passe‘. ;)