Ab August 2013: Regelungen für private Wachmannschaften auf deutschen Schiffen
(Foto: Flickr-user quinet unter CC-BY-Lizenz)
Gut zwei Jahre nach der Ankündigung des zuständigen Staatssekretärs, den Einsatz privater bewaffneter Sicherheitsteams auf Schiffen unter deutscher Flagge gesetzlich zu regeln, wird das im kommenden Jahr Realität: Der Bundestag hat in der vergangenen Woche weitgehend unbemerkt das Gesetz zur Einführung eines Zulassungsverfahrens für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen verabschiedet, das den Einsatz solcher Sicherheitsunternehmen regelt. Ohne Debatte billigte eine Mehrheit aus Koalitionsfraktionen und SPD das Gesetz – mit dem geplanten Inkrafttreten zum 1. August 2013.
Die Diskussion über das Gesetz begann zu einer Zeit, in der die Piraterie vor der Küste Somalias die Handelsschiffahrt massiv gefährdete – wenn der derzeitige Trend anhält, dürfte es dort bei Inkrafttreten keine so große Gefährdung durch Seeräuber mehr geben. Dazu beigetragen haben neben dem Einsatz von Kriegsschiffen aus EU, NATO, einer US-geführten Koalition und anderen Ländern vor allem eben die teils schwer bewaffneten privaten Sicherheitsteams. Auf Schiffen unter deutscher Flagge waren und sind sie zwar nicht direkt verboten, aber es gab und gibt eine rechtliche Grauzone.
Die soll das neue Gesetz, wenn es denn mal in Kraft ist, beseitigen: Vorgesehen ist im Wesentlichen eine Änderung der Gewerbeordnung, nach der Sicherheitsunternehmen für den Einsatz auf deutschen Handelsschiffen zertifiziert werden müssen. Die Details allerdings überlässt der Gesetzgeber der Bundesregierung:
Absatz 2 enthält die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer nicht zustimmungspflichtigen Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, die im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu erlassen ist.
In der Rechtsverordnung sind das Zulassungsverfahren einschließlich der Zulassungsvoraussetzungen und die Anforderungen an das Bewachungsunternehmen zu regeln. Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen werden zur Abwehr von Angriffen bewaffneter Piraten eingesetzt, es besteht somit ein erhöhtes Gefährdungspotenzial für Leib und Leben des eingesetzten, in der Regel bewaffneten Bewachungspersonals, der Schiffsbesatzung und von Dritten. Die Zulassung von Bewachungsunternehmen unterliegt daher besonderen Anforderungen. Es muss sichergestellt sein, dass das eingesetzte Sicherheitspersonal fachlich und persönlich geeignet und dass es zuverlässig ist. Eignung und Zuverlässigkeit müssen durch das Bewachungsunternehmen fortlaufend gewährleistet werden.
Auch die Dauer der Zulassung kann in der Rechtsverordnung geregelt werden. Die Zulassung ist nach Absatz 1 Satz 3 zu befristen.
Darüber hinaus können in der Rechtsverordnung zum Schutz der Auftraggeber und der Allgemeinheit der Umfang der Befugnisse und die Verpflichtungen bei der Ausübung der Bewachungstätigkeit geregelt werden. Dies umfasst insbesondere die Pflichten des Unternehmens bei der Auswahl und Einstellung, der Beschäftigung und Einweisung in die Tätigkeit des eingesetzten Bewachungspersonals, ihrer Schulung sowie die Anforderungen an die fachliche und persönliche Geeignetheit des Bewachungspersonals.
In der Rechtsverordnung können zudem die Pflichten des Bewachungsunternehmens zum Führen von Büchern und Einsatzprotokollen, zur Erstellung und Übersendung von Einsatzberichten an den Auftraggeber und das BAFA, Melde- und Anzeigepflichten geregelt werden. Auch die Anforderungen an die Betriebshaftpflichtversicherung, insbesondere an den Umfang der Versicherung, die Mindestversicherungssumme für jeden Versicherungsfall, die Anzeigepflichten des Versicherungsunternehmens, die Bestimmung der zuständigen Stelle nach § 117 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes und die Anerkennung von Haftpflichtversicherungen von außerhalb Deutschlands zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungen werden in der Rechtsverordnung konkretisiert.
Schließlich können in der Rechtsverordnung die Anforderungen und Verfahren zur Anerkennung von Zulassungen
aus anderen Staaten geregelt werden.
Also alles eine Frage der Exekutive… Nur eines hat das Gesetz noch festgelegt: Auch weiterhin bleibt den Sicherheitsunternehmen die Verwendung von Kriegswaffen, also im Wesentlichen automatische Gewehre, verboten. Allerdings ist künftig die Hamburger Waffenbehörde zentral für die Genehmigungen nach dem Waffenrecht für alle Sicherheitsunternehmen zuständig, die auf deutschen Seeschiffen tätig werden wollen.
Wie sich die Neuregelung ab August 2013 auswirkt, wird sich zeigen. Bis dahin ist vielleicht die Gefahr durch Piraten vor Somalia wirklich weitgehend entfallen, dafür gibt es aber genügend andere Seeregionen, wo es gefährlicher wird – gerade für die privaten Sicherheitsteams: Vor Nigeria wurde in der vergangenen Woche ein Mitglied eines solchen Sicherheitsteams beim Schusswechsel mit Piraten getötet.
Hoffentlich geben die somalischen Piraten eine Selbstverpflichtungserklärung dahingehend ab, dass sie ebenfalls keine automatischen Waffen einzusetzen gedenken (zumindest dann nicht, wenn die deutsche Gewerbeordnung Anwendung findet).
<…Gut zwei Jahre nach der Ankündigung des zuständigen Staatssekretärs,……
<….wird das im kommenden Jahr Realität.
Sehr gut – und was für eine schnelle Reaktion der deutschen Sicherheitspolitik !
Inzwischen ist der Markt aufgeteilt und deutschen Sicherheitsunternehmen wurde wirksam die Möglichkeit entzogen, sich, als noch Nachfrage war, zu positionieren. Die bald sicherlich gut ausgebildeten, zertifizierten Wachleute zur See werden absehbar viel zu teuer sein, um sich gegen die Konkurrenz aus Osteuropa (ebenfalls gut ausgebildet – naja – aber sichetrlich nicht zertifiziert…) durchsetzen zu können.
Ein derartiges Glanzstück deutscher Politik sollte nicht wirklich gefeiert werden. Fremdschämen wäre angebrachter.
Ohne automatische Waffen ohnehin sinnlos. Wer mal von einem Schiff auf ein kleines sich bewegendes Ziel geschossen hat, weiß auch weshalb.
Wenn man sich das mal in Ruhe durch den Kopf gehen lässt, kann das doch unmöglich ernst gemeint sein. Die Piraten sind mit AK-47s und mit RPGs unterwegs.
Und die in Deutschland zertifizierten Sicherheitsexperten schießen dann zurück – mit Pistolen und Repetiergewehren?
@ Chickenhawk
Nein. Tun sie nicht. Die Kiste mit den „guten Waffen“ wird dann halt vor dem Einlaufen in einen Hafen gesondert an das nächste Schiff übergeben. Gut ist ebenfalls, das jetzt der Deutsche diese Kiste mit seiner Pistole auch begleiten darf.
Wie DDeimel aber shcon sagte, wird es allenfalls einzelne Deutsche dort geben, jedenfalls keine deutsche Firma. Die hätte es zwar aufgrund der deutschen Steuer- und Arbeitszeitgesetztgebung eh nicht gegeben, aber so nun ganz sicher nicht. Fragt man gewisse Leute, dann ist das auch nicht schlimm.
Es gibt schon deutsche Unternehmen vor Ort. Wie schon ober im Ansatz erwähnt heißt das Zauberwort „Floating Armament“: Ein umgebauter Fischtrawler der die notwendige Ausrüstung bereit hält. Auch für nicht-deutsche Unternehmen ist der Transport von Waffen via Flugzeug umständlich…
@ Hanseat
Wirklich deutsche Firmen? Oder Firmen in deutscher Hand mit Sitz irgendwo, vlt. auf den Kanalinseln, vlt. in Südafrika?
Von den schwimmenden Waffen-Arsenalen hat man ja schon gehört.
Aber mal ganz naiv gefragt: Dürfen denn deutsche Sicherheitsfachleute, denen daran gelegen ist, sich an die deutsche Gewerbeordnung zu halten, überhaupt davon Gebrauch machen?
Es ist schon klar, wo kein Kläger, da kein Richter, und deutsche Regierungsoberinspektoren verirren sich nur selten in den Indischen Ozean; aber es stellt sich schon die Frage, was diese deutschen Gesetze und Verordnungen genau bewirken sollen.
Ehe sich hier ein grundlegendes Missverständnis festsetzt: Das neue Gesetz betrifft ausschließlich Schiffe unter deutscher Flagge, egal aus welchem Land das Sicherheitsunternehmen (und die bewaffneten Kräfte) am Ende kommen.
Grundsätzlich richtet sich der Einsatz privater bewaffneter Wachteams auf Schiffen nach dem Recht des jeweiligen Flaggenstaates. Was übrigens auch klar macht, dass es mit der deutschen Regelung nur um ein paar hundert Schiffe geht – und nur um vergleichsweise wenige Schiffe aus der Riesenflotte, die deutsche Reedereien über die Meere fahren lassen.
Ach so. Danke für die Aufklärung. Ich dachte, es ging hier um die Zertifikation von entsprechenden Sicherheitsunternehmen.
Das schon – aber nur dann, wenn diese Sicherheitsunternehmen auf Schiffen unter deutscher Flagge eingesetzt werden sollen.
Dann stellt sich aber wirklich die Frage, welche praktische Relevanz diese ganzen Regelungen überhaupt haben.
Welcher Reeder würde denn angesichts dieser Restriktionen überhaupt deutsche Sicherheitsteams anheuern wollen? Dann müsste der deutsche Gesetzgeber konsequenterweise Reeder von Schiffen unter deutscher Flagge auch dazu verdonnern, deutsche Sicherheitsfirmen zu beauftragen(?)
Natürlich nicht. Aber er verdonnert auch ausländische Sicherheitsunternehmen zur Zertifizierung, wenn sie auf Schiffen unter deutscher Flagge tätig werden wollen. Gute Gesamtdarstellung bei Herrn Karschau: http://www.grimme-kollegen.de/pdfs/20120823-DVZ.pdf
Also zusammengefasst ein Gesetz für weniger Schutz gegen Piraten auf deutsch geflaggten Schiffen.
So muss man das zweifellos sehen. Somalische Piraten werden dann wohl künftig gezielt nach Schiffen Ausschau halten, auf denen die schwarz-rot-goldene Flagge weht.