Katholischer Bischof: Bewaffnete Drohnen senken Schwelle zur Gewalt
Die Diskussion über bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr hält an – und im Unterschied zu anderen Waffensystemen steht bei der öffentlichen Debatte über solche unbemannten Flugsysteme die ethische und moralische Dimension im Vordergrund.
Nachdem Verteidigungsminister Thomas de Maizière vor wenigen Tagen noch seine Position bekräftigt hatte, dass die Beschaffung bewaffneter Drohnen für dfie deutschen Streitkräfte keine ethische Frage sei, hat ihm jetzt der Trierer Bischof Stephan Ackermann widersprochen. Ackermann ist Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, und er vertritt die Position: Mit bewaffneten Drohnen droht die Schwelle zur Gewaltanwendung herabgesenkt zu werden.
Die Pressemitteilung zu Ackermanns Erklärung vom Anfang der Woche hier; die Erklärung im Wortlaut:
ERKLÄRUNG
Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax
Bischof Dr. Stephan Ackermann
Kritische Anfragen an die Beschaffung und den Einsatz bewaffneter Drohnen
Die Bundesregierung plant, künftig auch die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen auszurüsten. In diesem Vorhaben spiegeln sich nicht zuletzt die militärischen Erfahrungen des Afghanistan-Einsatzes, neue technologische Entwicklungen und auch das in der Sache berechtigte Anliegen wider, das Risiko für die eigenen Soldaten im Rahmen einer vertretbaren Operationsführung so gering wie möglich zu halten.
Nichtsdestotrotz wirft diese neue Waffengattung eine Reihe von ernsten Fragen auf, die dringend der öffentlichen Diskussion bedürfen. Insbesondere die Bundesregierung ist gefordert zu klären, wie Sie mit der Ambivalenz dieser Waffen umzugehen gedenkt. Die ethische Kernfrage lautet: Wie wirkt sich diese neue Waffengattung auf das ethische Ziel der Gewaltminimierung aus? Kann man die voraussichtlichen problematischen Nebenwirkungen in den Griff bekommen? Und wenn ja, wie?
1. Mit der Beschaffung von bewaffneten Drohnen droht die Schwelle zur Gewaltanwendung herabgesenkt zu werden. Denn: Ist es unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des eigenen militärischen Personals nicht folgerichtig, dass man, wenn man vor die Alternative gestellt wird, gegnerisches Personal festzunehmen oder durch einen Drohnenangriff zu töten, die letztere Option wählt? Denn sie ist für einen selbst die risikoärmere. Wird aber dadurch die Zahl der Getöteten nicht weit über das Maß hinauswachsen, das eine am ethischen Ziel der Gewaltminimierung orientierte Strategie setzen muss? Wird durch die Möglichkeit, Waffen am Computerbildschirm auf Distanz einzusetzen, ohne die Einsatzsituation und ihre existenziellen Risiken selbst zu erfahren, nicht unvermeidlich die (mentale) Schwelle herabgesenkt, an der der Entschluss zu einem solchen Einsatz gefällt wird? Besteht daher nicht die große Gefahr, dass der tiefe Ernst der Entscheidung, Gewaltmittel einzusetzen, technisch verschleiert wird?
2. Eine vertretbare Verwendung bewaffneter Drohnen setzt zudem voraus, dass zwischen Kämpfenden und Unbeteiligten hinreichend genau unterschieden werden kann. Aber auch hier stellen sich Fragen: Wie sind die erforderlichen Informationen zu erhalten? Wie ist die geforderte Sorgfalt bei der Informationsgewinnung und der Entscheidung zu gewährleisten, mit der verhindert werden kann, dass Unbeteiligte verletzt oder getötet werden? Und generell: Wo liegen die Grenzen der Verwendung dieser Waffenart?
3. Wie die Einsätze in Afghanistan und Pakistan gezeigt haben, erfordert der Einsatz von bewaffneten Drohnen insbesondere dann, wenn er zur gezielten Tötung von Gegnern erfolgt, auch geheimdienstliche Informationen. Wie wirkt sich diese Tatsache auf die politische und militärische Steuerung der Anwendung von Gewaltmitteln aus? Wer trifft letztlich die Entscheidung aufgrund welcher Kriterien Gegner getötet werden dürfen? Die Grenze zu (extralegalen) Hinrichtungen ist ganz schwer zu ziehen. Das europäische Recht verbietet die Todesstrafe. Auch aus diesen Gründen muss daher vorab sehr genau definiert werden: Wo liegen die Grenzen des Einsatzes?
4. Die verstärkte Einführung einer neuer Waffengattung bringt die Gefahr eines Wettrüstens der Staaten um möglichst umfangreiche militärische Fähigkeiten mit sich. Wie ist dieser Gefahr zu begegnen? Wie verhindert man die Weitergabe der entsprechenden Technologien an gewaltbereite nichtstaatliche Akteure, zumal die relative Überschaubarkeit und Berechenbarkeit der Waffenwirkungen gerade terroristischen Absichten erheblich entgegenkommt?
Schon diese kleine Auswahl von Fragen verdeutlicht, dass eine breitere öffentliche und politische Debatte um die Anschaffung dieser Waffengattung erforderlich ist. Die Antwort auf die Frage, ob diese Waffen aus ethischer Perspektive angeschafft werden dürfen, hängt wesentlich davon ab, wie die Fragen nach dem Wie und Wozu dieser Waffengattung und ihrer Konsequenzen beantwortet werden. Wollte man die neuen Waffensysteme einführen, ohne diese Fragen zu beantworten, wäre ihre Anschaffung mit großer Sicherheit ein Schritt zu mehr statt wie erhofft zu weniger Gewalt und damit nicht zu rechtfertigen.
Wieso sollte sich die Strategie an einer möglichen Gewaltminimierung orientieren?
„Beschaffung von bewaffneten Drohnen droht die Schwelle zur Gewaltanwendung herabgesenkt zu werden.“
Das trifft allerdings auch für den Einsatz von Schußwaffen anstelle von z.B. Stichwaffen zu. Das Argument ist also vom praktischen Aspekt her schon nicht stichhaltig, es sei denn, der Bischof fordert eine Rückkehr zu Faustkampf oder Hieb- und Stichwaffen.
Der Bischof bringt zudem mehrere Ebenen der Diskussion durcheinander: Die Schwelle der Gewaltanwendung ist zuallererst eine politische Frage, die politische Antworten erfordern würde. Anstatt auf dieser Ebene Vorschläge zu machen, will der Bischof hier über die bewusste Erhöhung des Risikos für die eigenen Soldaten indirekt Wirkung erzielen. Er betrachtet Soldaten in diesem Zusammenhang in erster Linie nicht als Menschen und deren Leben nicht als schützenswertes Gut, sondern als Einflussfaktor auf politische Entscheidungen. Mit einer Ethik, die auch das Leben des eigenen Soldaten als schützenswertes Gut begreift, ist so eine Position nicht zu vereinbaren.
Auch völkerrechtlich irrt der Bischof m.E., wenn er sagt: „Die Grenze zu (extralegalen) Hinrichtungen ist ganz schwer zu ziehen.“ Im Rahmen von ISAF gab es diesbezüglich bislang z.B. keinen einzigen mir bekannten Fall, bei dem begründete Vorwürfe diesbezüglich vorgebracht worden wären. Die rechtliche Grenze zwischen Strafrecht und Humanitärem Völkerrecht ist in der Tat sehr deutlich und praktische Probleme diesbezüglich daher selten.
Ich weiß nicht ob man es als niedlich oder vermessen bezeichnen soll, wenn solche Grundsatzdebatten in Deutschland geführt werden.
Dabei fällt auf:
– wie hier bereits oft festgestellt, wird die Drohne als Waffensystem mit der Einsatz zur Beseitigung von Terrorverdächtigen vermengt.
– Die Idee daß die Statements eines Militärbischofs oder selbst das Handeln des deutschen Militärs (z.B. Nichtanschaffung von bewaffneten Drohnen) ein globales Wettrüsten oder die Proliferation in diesem Bereich verhindern könnten.
Das zeugt gerade im multipolaren Zeitalter von einer fast kolonial zu nennenden Arroganz.
Es kümmert global gesehen niemanden, was die Bundeswehr anschafft oder nicht anschafft.
Es scheint den Herren einzig und allein um ihr eigenes ruhiges Gewissen zu gehen.
– Die Postulierung eines Ziels (Minimaler Einsatz von Gewalt), welches für das Militär schlichtweg nicht gilt (oder hab ich da was verpaßt? Klabautermann?). Das Ziel des Militärs ist es, dem Gegner seinen Willen aufzuzwingen. Minimaler Einsatz von Gewalt ist ein Ziel von Polizei, nicht von Militär.
– Der moralische Spagat einerseits die Bundeswehr für eine auch im Vergleich zu z.B. der US Army moralisch überlegene Armee zu halten, ihr andererseits aber prinzipiell jede Schandat zuzutrauen, auch sichtbar am Aufschrei gegen das zugegeben extrem dämliche Jugendkonzept.
Man hat sozusagen jeweils eine Parlamentsarmee oder die Wehrmacht 2.0, je nachdem welche Sichtweise der eigenen moralischen Überlegenheit dient.
Ich hoffe sehr daß diese Art von ethisch/moralischer Arthrose eine Generationenfrage ist.
Ich denke es ist eher umgekehrt. Die Schwelle wird eher höher als tiefer.
Auf dem Feld obliegt es dem einzelnen Soldaten ob er schiesst oder nicht. Der Drohnenpilot hingegen, wird nicht nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob er eine GBU fallen lässt. Das wird wahrscheinlich in Mazar oder in Potsdam entschieden.
Auch die potentielle Opferzahl ist bei einem Drohnenangriff höher uu erwarten als bei einem einfachen Gefecht am Boden. Schon deshalb liegt die Schwelle bei allen Beteiligten weit höher den Knopf zu drücken.
Das geht mMn wieder am Kern vorbei.
Zu 1 und 2: Die Frage muss mann sich auch bei Flugzeugen stellen. Wenn ein FAC dabei ist entscheidet er. Insofern kein Unterschied.
Zu 3: Die USA setzen die Drohnen dazu ein, wir werden das nicht dürfen. Das Thema ist auch nicht Drohnenspezifisch.
4.: Ist die BW da relevant? Eher nicht…
Schon im Mittelalter wollte die Kirche den Einsatz der Armbrust ächten lassen, weil mit der jeder Bauer einen Edelmann vom Ross schiessen konnte….. viel gebracht hat es auch nichts ^^
@ Orontes
„… und auch das in der Sache berechtigte Anliegen wider, das Risiko für die eigenen Soldaten im Rahmen einer vertretbaren Operationsführung so gering wie möglich zu halten.“
Das habe ich in der Erklärung gelesen.
@dallisfaction
„Auf dem Feld obliegt es dem einzelnen Soldaten ob er schiesst oder nicht. Der Drohnenpilot hingegen, wird nicht nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob er eine GBU fallen lässt. Das wird wahrscheinlich in Mazar oder in Potsdam entschieden.“
Mit den „gezielten Tötungen“ meint der Bischof vermutlich den Targeting-Prozess der NATO. In der Tat sind eine sehr umfassende und detaillierte Ziel- und Wirkungsanalyse sowie Freigaben bis teilweise auf Regierungsebene hinaus Voraussetzung dafür, dass in dessen Rahmen gehandelt wird. Die Entscheidungen fallen meist nicht in Mazar oder Potsdam, sondern im Raum Brüssel bzw. den Hauptstädten der beteiligten Staaten. Bei kaum einer gegenwärtigen praktizierten militärischen Vorgehensweise liegt die Schwelle für den Einsatz höher, egal ob mit Drohnen oder anderen Mitteln gehandelt wird.
Hier eine Zusammenfassung zum Thema „Ziel- und Wirkungsanalyse“:
http://www.hardthoehenkurier.de/index.php?option=com_content&view=article&id=337%3Adie-bekaempfung-von-militaerischen-zielen&Itemid=152
Bei den nationalen Abläufen der Amerikaner sieht es ähnlich aus. Hier ist gerade in den potentiell umstrittenen Fällen die Bekämpfung von Einzelzielen, über deren Bekämpfung im laufenden Gefecht jeder Einzelschützen autonom entscheiden könnte, von der Genehmigung des Präsidenten in jedem einzelnen Fall abhängig. Höher kann man die Schwellen für die Bekämpfung einzelner Ziele kaum legen.
Auch hier hängen mögliche ethische Probleme zudem nicht von der Taktik bzw. vom Gerät ab, sondern von der Qualität der politischen Entscheidung.
@J. König
Den Widerspruch zwischen dem erklärten Wunsch einerseits, das Risiko für Soldaten als Hemmschwelle für die Politik durch möglichen den Verzicht auf Drohnen zu erhöhen und der Erklärung andererseits, dass das Ziel der Reduzierung des Risikos für eigene Kräfte „in der Sache berechtigt“ sei, hätte der Bischof auflösen oder zumindest erklären müssen. Genau solche Zielkonflikte muss belastbare ethische Diskussion klären. So jedoch entsteht für mich der Eindruck, dass das Leben und Gesundheit für den Bischof nachgeordnete ethische Belange sind, deren Aufgabe oder Relativierung für politische Zwecke er nicht einmal für begründenswert hält.
Und so einer wird Bischof? Hat der niemanden um sich, der ihm ehrlich seine Meinung über diesen populistischen Schriebs sagen kann oder will der Bischof in den Presserat der BILD einziehen.
@ Orontes
Danke!
Naja
Er sollte lieber still sein die Kirche fordert ja die Arabische Rev als gut und so weiter heraus
Wohl seit dem Christen vor allem Kobten ein anderer Ausleger des Christentum mehre Hunderte ermordet wurden
Das ist unter diesen Umstenden schon bedenklich
und Neue Islamfeindliche Viedios sind nur noch eine Zeitfrage ob und jetzt dadurch kräftig nachgelegt wird
unsere Kirche hörte ich nicht von Mäßigung
und der Drohnenkrieg hat bereitsangefangen da kann Deutschland nur nachziehen wenn Deutschland überhaupt noch eine Politische Rolle hat
Peter Scholl -Latuor sagte zum schluß was Ähnliches
@ dallisfaction | 19. September 2012 – 12:03
Ihre Argumentation stimmt nur, wenn Sie schon Truppen in einer Area of Interests haben … denken Sie nicht soviel an Afghanistan, das vernebelt nur den Blick. Es geht ja wohl um zukünftige Einsätze.
@ Hans | 19. September 2012 – 12:33
Wenn die Antworten so offensichtlich und simpel wären, würde sich ein amtierender katholischer Bischof sicher nicht mit dieser Fragestellung an die Öffentlichkeit wenden.
@ TheDude | 19. September 2012 – 13:19
Es ist aber gut und richtig, wenn eine Institution, dann und wann mal wieder ihren Standpunkt sucht.
Ich weiß nicht, ob es klug ist, den Hardthöhenkurier als Referenz zu nennen und dann noch für einen targeting prozess der nach Rosenthals Angaben in der Entscheidung auch noch die Tötung von Zivilisten billigend in Kauf nahm. Es ist sicherlich eine interessante Rechtsfrage, wie eine Beteiligung deutscher Soldaten an so einer Entscheidung zu beurteilen wäre. Diesen Artikel (Kampfeinsatz) dann noch mit Bildern von Bw Tornados zu „dekorieren“, ist sicherlich keine Unachtsamkeit.
Es scheint mir jedoch lohnend über den Aspekt des bewaffneten Drohneneinsatzes auch unter ethischen Gesichtspunkten zu diskutieren. Die Aussage, dass Drohnen in der Lage seien, quasi zielgenau einen Angreifer zu vernichten, ist sicherlich nur dann richtig, wenn der Angreifer in menschenleerer Ebene lokalisiert werden kann. Bei der Abwägung des „ob“ und „wann“ eines Angriffs spielt immer das Risiko von eigenen Verlusten eine Rolle. Das gilt insbesondere für die Armeen, die parlamentarischer Kontrolle unterliegen. Wir leben Gott-sei-Dank in einem Staat , in dem auch die Politiker sich für den Einsatz des Militärs und den verbundenen eigenen Verlusten rechtfertigen müssen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der mögliche Einsatz von bewaffneten Drohnen hier die Hemmschwelle senken kann. Vielleicht sollte man auch daran erinnern, dass die Position der Kirche ist, dass jede kriegerische Auseinandersetzung vermieden werden sollte. Aber auch diese Diskussion ist nur eine Teildebatte in der Diskussion darüber, welche militärische Rolle Deutschland zukünftig haben sollte.
Das ist doch wieder eine typisch deutsche Diskussion.Was ist der Sinn dieser Diskussion? Sollen wir alle Abstandswaffen abschaffen am besten die Feinde mit den eigenen Händen erwürgen (man(n) soll ja Spass bei der Arbeit haben) das ist dann so richtig human und die zwischenmenschliche Nähe ist auch gegeben und zwar in wahrsten Sinne des Wortes.Taurus Marschflugkörper ja-bewaffnete Drohnen nein? Unbegreiflich!
@schleppi
„…und dann noch für einen targeting prozess der nach Rosenthals Angaben in der Entscheidung auch noch die Tötung von Zivilisten billigend in Kauf nahm. “
Das ist aber keine ethische Frage, die auf Drohnen oder auf den Targeting-Prozess beschränkt ist. Dieser nimmt nur Bezug auf das Humanitäre Völkerrecht, das die Inkaufnahme von Risiken für Unbeteiligte proportional zum militärischen Zweck ausdrücklich legitimiert. Das gilt für den Schützen im Panzer ebenso wie für den Bediener der Drohne.
Letzterer handelt übrigens in der Regel im Gefecht unter deutlich weniger Stress, und alle seine Entscheidungen und Aktionen werden ausführlich dokumentiert. Die schwierigsten Entscheidungen werden in der Regel auch nicht vom Bediener automom getroffen (so wie beim Schützen im Gefecht, wo maximal noch ein ebenfalls unter Stress stehender Gruppenführer mitentscheidet), sondern im Rahmen eines ausgefeilten Prozesses. Wo sehen Sie hier denn konkret niedrigere Hemmschwellen für den unangemessenen Einsatz von Gewalt oder für Mißbrauch im Vergleich zu anderen militärischen Vorgehensweisen?
An dieser Erklärung wird deutlich, wohin der Kulturrelativismus führt: alles ist gleich, jede Meinung gilt, Gewalt ist Gewalt. Von Vertretern kirchlicher Gewalt kann man nicht erwarten, auf eine besondere intellektuelle Schärfe hinsichtlich der Unterscheidung des Waffeneinsatzes in Afganistan.
1. Wenn die ISAF-Kräfte und ihre Verbündeten könnten, wären sie schon längst nicht mehr dort.
2. Solange sie da sind, versuchen Sie der rechtmäßigen politischen Führung in Afghanistan zur Festigung der Macht beizutragen.
3. Jeder Waffeneinsatz steht unter den Prämissen 1. und 2. . Das bedeutet, dass Drohnen die eigenen Soldaten weitgehend schützen sollen, was in einer Demokratie auch von den Regierungen verlangt werden kann. Außerdem bedeutet es, dass die Kampfdrohnen lediglich die Aggression in Gestalt ungesetzlicher Kräfte bekämpfen und somit ein defensives Mittel sind, weitere Gewaltanwendung zu verhindern. Punkt!
@ Schleppi
Volle Zustimmung
Meiner Meinung nach liegt das Problem der ethischen Herausforderung jedoch tiefer.
Es ist der Unterschied, ob der Bundeswehrsoldat im kirchlichen Verständnis „Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker“ ist, indem er nur im Verteidigungsfall sowie in Notwehr- und Nothilfesituationen Gewalt einsetzt oder auch proaktiv zur Erreichung von militärischen und letztlich politischen Zielen. Es ist der Unterschied zwischen der ethischen Legitimation eines UN-Kapital VI Einsatzes ( Friedensstabilisierender Einsatz ) und zwischen einem Kapitel VII Einsatz ( Frieden erzwingender Einsatz ). Es sei erinnert, das sowohl der Kosovo-Einsatz vor ca. 12 Jahren als auch der ISAF-Einsatz ein Kapitel VII Einsatz sind.
In der deutschen öffentlichen Wahrnehmung kam der Unterschied erst ca 2007 – 2009 in AFG auf, da ein Verschärfen der Lage eine Änderung der Rules of Engagement hin zu einem Kapitel VII erforderlich machte. (diese Änderungen sind lange Zeit vom damaligen GI blockiert worden).
Dieser proaktive Einsatz von militärischer Gewalt zur Durchsetzung von militärischen Zielen betrifft ja nicht nur den Einsatz von Drohnen, er betrifft ja auch den den gesamten Einsatzauftrag der Task Force Kunduz.
Diese Diskussion muss tatsächlich geführt werden und diese Diskussion muss auch die katholische Friedenslehre führen, wie z.B. Justizia et Pax, bei der nebenbei bemerkt auch als Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Generalleutnant Peter Schelzig mitarbeitet.
@G. Butterbrod
„Von Vertretern kirchlicher Gewalt kann man nicht erwarten, auf eine besondere intellektuelle Schärfe hinsichtlich der Unterscheidung des Waffeneinsatzes…“
Zumal die Kirchen von „Ethik“ gerne im Singular sprechen und dazu neigen, ihre eigene Vorstellung dazu absolut zu setzen, die den Einsatz von Streitkräften auf der Grundlage eines manchmal sehr engen und praxisfernen, tendentiell pazifisischen Friedensbegriffes betrachten. Dies wird der Vielfalt des Denkens dazu und vor allem der Akteursperspektive des Staates und seiner Streitkräfte aber kaum gerecht. Die Staatsphilosophie von Thukydides bis Machiavelli gibt ebenfalls ethische Antworten auf entsprechende Fragen, die sich dem Thema meist aus einer praxisnäheren Perspektive nähern.
Finale Antworten auf ethische Fragen kann man kaum erwarten, aber es Antworten, die mehr als andere dazu geeignet sind, Entscheidungen von Politikern und Handeln von Streitkräften so zu unterstützen, dass der Politiker seiner Verantwortung für das Gemeinwesen stärker gerecht werden und der Soldat seine Rolle als Instrument der Politik besser ausfüllen kann.
@Georg
Danke, denn jetzt sind wir beim Knackepunkt angelangt: wer in Deutschland hat die Kommandogewalt und damit die Verantwortung für den Befehl zum Abwurf einer deutschen Bombe, Abschuß eines deutschen Flugkörpers in einem internationalen bewaffneten Konflikt nach Chapter VII etc. Na ? Niemand, denn sowohl Regierung als auch Bundestag fassen dieses Thema nicht an, übrigens seit 1994 nicht. Ist genau wie das Thema lethaler Rettungsschuß bei Geiselnahmen.
@ klabautermann und Georg
Umso mehr unterstreichen Ihre Aussagen die Forderung von Bischof Ackermann, nach einer breiten, öffentlichen Debatte. Bin gespannt, welcher deutsche Player sich datauf einläßt …
@Orontes | 19. September 2012 – 11:49
Zitat: “ “Beschaffung von bewaffneten Drohnen droht die Schwelle zur Gewaltanwendung herabgesenkt zu werden.”
Das trifft allerdings auch für den Einsatz von Schußwaffen anstelle von z.B. Stichwaffen zu. Das Argument ist also vom praktischen Aspekt her schon nicht stichhaltig, es sei denn, der Bischof fordert eine Rückkehr zu Faustkampf oder Hieb- und Stichwaffen.“
Oder auch für den Einsatz von ABC-Waffen???
(Um diese Argumentationskette weiterzuführen.)
@ Georg
Das war meine Zielrichtung. In dieser Drohnendiskussion ist mir viel zu oft über die technischen Aspekte und Kontrollmechanismen eines Einsatz solcher Waffensysteme in einem bereits bestehenden Konflikt gesprochen worden. Was mir fehlt ist wirklich die Argumentation im Hinblick auf das „Krieg werden“ eines Konflikts. Und hier scheint mir auf der Hand zu liegen, dass durch diese Art von Waffen die Hemmschwelle zu einem Eintritt in den Konflikt sinkt. Ich wage zu behaupten, dass viele deutsche Politiker einem Einsatz , wie dem in Afghanistan nicht zugestimmt hätten, wenn sie gewusst hätten, wie er sich entwickelt. In der Wehrpflichtdiskussion in Amerika gibt es ein Pro-Argument, dass da heißt „jede Stadt sollte betroffen sein“. Die Politik, in Afghanistan keine Wehrpflichtigen einzusetzen, hat neben funktionalen Gründen auch den Zweck gehabt, den Krieg von der Bevölkerung fern zu halten. Wenn es heute eine Umfrage gäbe, würde kaum jemand aus der deutschen Bevölkerung antworten, dass es sein Krieg sei, den die Soldaten dort kämpfen. Das ist auch der Hintergrund für das Pro-Argument wie oben erwähnt. Schaffen wir jetzt noch die Illusion, dass ein Konflikt allein durch die Luftwaffe ( wie der Inspekteur gern mit Blick auf Lybien propagiert) mit Hilfe von Drohnen zu bewältigen ist, dann wird sich die Diskussion der Parlamentarier vermutlich nur um die Kosten eines solchen Einsatzes drehen.
„Ist es unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des eigenen militärischen Personals nicht folgerichtig, dass man, wenn man vor die Alternative gestellt wird, gegnerisches Personal festzunehmen oder durch einen Drohnenangriff zu töten, die letztere Option wählt?“
Mit der Logik sollte man auch wegen der Beschaffung von Scharfschützengewehren eine breite gesellschaftliche Debatte führen.
Kauf von Scharfschützengewehr = mehr gezielte Tötungen??
Ich finde es gut, dass sich die Kirche in diese Kernfragen der Ethik einbringt. Aber etwas mehr intelektuelle Schärfe hätte ich dann schon gern von meinem Spitzenpersonal auf Erden (der Clubbeitrag ist ja auch nicht ohne).
Auf dem Niveau kann auch ne x-beliebige Friedensinitiative argumentieren.
Dass der Militärbischof ähnliche Töne anstimmt, macht wirklich nachdenklich – über den Zustand der „una sancta“ in Deutschland.
Aber der Heilige Vater warnte ja schon vor dem Konklave vor dem Relativismus in unserer Zeit..
Sehr interessanter Diskussionsbeitrag eines britischen Ex-Soldaten und einstigen Drohnen-Nutzers im Guardian:
@T. Wiegold
Jeffrey bringt m.E. ebenfalls verschiedene Diskussionsebenen durcheinander und kritisiert eigentlich die Politik bzw. Strategie, in deren Rahmen Drohnen und andere Fähigkeiten eingesetzt werden, und weniger die Drohnen selbst:
„Our collective actions in Iraq and Afghanistan after 9/11 were, and remain, futile vengeance – with drones the latest technological advance to empower that flawed strategy.“
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2012/sep/19/drone-warfare-deadly-civilian-toll
Was er sonst bezüglich Drohnen an Kritik vorbringt, ließe sich exakt so als Kritik gegen Luftangriffe mit Jagdbombern vorbringen, mit einem Unterschied:
“ I remember cuing up a US Predator strike before deciding the computer screen wasn’t depicting a Taliban insurgent burying an improvised explosive device in the road; rather, a child playing in the dirt.“
So dramatisch die Einleitung seines Beitrags auch klingt: Ein Jagdbomber hätte diese Möglichkeit zur Unterscheidung kaum gehabt.
Soldaten töten.
@ Memoria | 19. September 2012 – 23:10
Was ist aber, wenn Sie gar keine Truppen, ergo auch keine Soldaten bzw. Scharfschützen vor Ort haben?
„Kauf von Scharfschützengewehr = mehr gezielte Tötungen??“ ja, weil man damit besser treffen kann … ob es dadurch mehr Befehle zur gezielten Tötung gab/gibt entzieht sich meiner Kenntnis; hat aber mit der Ursprungsdiskussion auch nichts zu tun.
Bischof Ackermann ist doch nicht der Militärbischof; der heißt Overbeck.
@ Heiko Kamann:
Die Grundsatzfrage über Einsatz oder nicht ist aber unabhängig von der Waffe.
Das hat dann auch nichts mit einer Drohne zu tun. Dann brauche ich auch nicht über Drohnen reden. Ein kurzer Blick in den Katechismus zeigt, dass die katholische Kirche keine pazifistische ist. Welche Krieg gerecht oder nicht gerecht sind, ist eine gerade von den großen Kirchenvätern (u.a. Franz von Assisi) auf höchstem intellektuellem Niveau geführte Diskussion. Im Kern ist es jedoch katholische Lehre, dass manchmal Gelwatanwendung notwendig ist. Das ist zunächstmal die Basis. Ob nun mit dem Scharfschützengewehr, der Flugabwehrrakete oder der Drohne ist aus meiner Sicht nicht das drängende ethische Problem.
Vielmehr steht im Kern die Frage (zitiert nach McNamara): Wieviel Böses darf man tun, um Gutes zu tun?
Das Bischoff Ackermann nicht der Militärbischof ist, ist mir bekant. Jedoch hat auch Bischoff Overbeck sich ähnlich zu Wort gemeldet.
Wie hier schon mehrfach angesprochen wurde: Die Drohnendiskussion ist völlig überdreht und vermischt völlig unredlich verschiedene Themen (Rechtfertigung von gezielten Tötungen mit der Beschaffung von Drohnen). Daher auch das Beispiel mit dem Scharfschützen: In AFG gibt es Targeting ja nicht nur mit Drohen.
Und Targeting außerhalb eines bewaffneten Konfliktes ist nochmal eine ganz andere Sache. Auch durch die katholische Kirche wird der Eindruck erweckt, dass zwischen Beschaffung einer Drohne und „signature strikes“ ein logischer Konnex liegt.
Zweck, Ziel, Mittel waren mal Kategorien, um derlei Themen zu analysieren.
Heute wird – auch von der katholischen Kirche – alles ineinander vermischt (Abstandsfähigkeit, gezielte Tötung, Risikominimierung) – ohne klare Problemanalyse.
@ Memoria | 20. September 2012 – 14:28
Auf eine Katechismusdebatte kann (und werde) ich mich nicht einlassen, da ich Atheist bin.
Die neue Dimension, die die Diskussion in Bezug auf bewaffnete „Drohnen“ mit sich bringt, ist eben die Tatsache, das ich ggf. von der Heimat aus in einer „Area of Interests“ (die 1000e KM entfernt sein kann) Menschen angreifen/töten kann, die evtl. mutmaßliche Terroristen sind. Das Ganze, ohne dort eigene Truppen oder sehr teures Material (Flugzeuge) einsetzen zu müssen. Ich brauche der Bevöllkerung also keine rückkehrenden Bodybags mehr erklären und Trauerfeiern durchführen. Die krux ist aber, mit einem Terroristen können wir uns nicht im Krieg befinden und die Todesstrafe ist bei uns abgeschafft. Also, wer darf denn dieses Töten befehlen? Wollen wir, dass in Deutschland jemand diese Macht bekommt und wer kontrolliert das dann? Parlamentarische Kontrolle von Streitkräften? Sie können hier nicht einfach mit Scharfschützengewehren, Raketen oder Kampfjets argumentieren … hier geht es um eine andere Ebene, auch rechtliche Ebene. Und bitte nicht mit AFG argumentieren; denn ich denke mal in 10 Jahren sind wir da raus …
Ich bemesse die inhaltliche Bedeutung von Kritik nicht an der Person, die sie geäußert hat. Das versperrt den Blick auf den Aussagewert. Und eine bewaffnete Drohne ist eben nicht nur ein Kampfflugzeug ohne an Bord befindlichen Piloten.
Aber vielleicht ist diese Diskussion auch wirklich überflüssig, denn die beantragte Fusion von EADS und BAE spült den Mantis in die strategische Partnerschaft der Bundesregierung mit EADS. Da ist es gut, wenn man schon mal den Boden bereitet.
Hm.
U.S. Predator spy drone shot down by Kurd rebels in Turkey, near Iraq
@Heiko Kamann
„Ich brauche der Bevöllkerung also keine rückkehrenden Bodybags mehr erklären und Trauerfeiern durchführen.“
Das klingt bei Ihnen fast so, als würden Sie das für ein Problem halten. Weniger Gefallene hat man aber auch zu beklagen, wenn man Artillerie oder Luftnahunterstützung einsetzt statt im Hinterhalt zum Gegenstoß anzusetzen. Unethisch fand das bislang niemand, vor allem nicht die potentiell betroffenen Soldaten. Eine Ethik, die das Risiko für eigene Soldaten bewusst maximiert, wäre wohl nicht realitätstauglich.
„Die krux ist aber, mit einem Terroristen können wir uns nicht im Krieg befinden…“
Ja, aber im „bewaffneten Konflikt“, was völkerrechtlich aufs Gleiche rauskommt. Terroristen oder andere nichtstaatliche Akteure sind unter diesen Bedingungen prinzipiell legitime militärische Ziele und können durch Streitkräfte bekämpft werden, ob mit Drohnen oder mit anderen Mitteln.
„…Also, wer darf denn dieses Töten befehlen? Wollen wir, dass in Deutschland jemand diese Macht bekommt und wer kontrolliert das dann?“
Der Bundestag verfügt bereits über die entsprechenden Befugnisse und hat bereits mehrfach von ihnen Gebrauch gemacht, etwa bei Entscheidungen bzgl. bestimmter Mandate oder deren Verlängerung. Nähere Informationen finden Sie u.a. im Parlamentsbeteiligungsgesetz: http://www.gesetze-im-internet.de/parlbg/index.html
@ Heiko Kamann:
Ihre Argumente würden dann aber auch für Langstreckenraketen und Marschflugkörper gelten (siehe Angriffe im Sudan in Afghanistan in den 1990er Jahren).
Sie kennen doch sicher auch MAW Taurus der Luftwaffe – was sagen Sie denn zu dieser unbemannten Angriffswaffe? Was die Politik damit alles anfangen könnte!
Da reichen die (bekannten) iranischen Atombunker nicht aus, um unsere Bestände auf null zu setzen (=Abrüstung?).
Die Systeme sind eigentlich noch schlimmer, da sie über keine Optronik verfügen.
Oder ist bessere Aufklärung noch schlimmer, weil man noch genauer zielen kann?
Im Ernst: Man sollte durchaus eine Diskussion über die Sinhaftigkeit gezielter Tötungen führen, da sind wir uns einig. Wir sind uns auch einig, dass Afghanistan hierfür nicht der Extremfall ist, da es sich um einen bewaffneten Konflikt handelt (aber selbst diese Unterscheidungen nimmt der Bischoff nicht vor!).
Aber diese Diskussion allein auf die Beschaffung von Drohnen zu reduzieren ist schlichtweg deutlich zu kurz gegriffen.
Ganz klassisch nach Clausewitz:
Zweck: Was will ich mit einem Einsatz erreichen?
Ziel: Was will ich in einem Einsatz erreichen?
Mittel: Welche Mittel sind hierfür notwendig?
Daher bitte, bitte erst über den Zweck sprechen, dann bekommen wir auch Klarheit in die Diskussion und dreschen nicht auf eine Technik ein, die zu völlig verschiedenen Zwecken eingesetzt werden kann.
Auch ihre Grundfrage: „Wer darf über das Töten befehlen“ ist eine Grundfrage, die ich mit Blick auf andere weitreichende Waffen auch bisher schon stellen kann. Zudem ist in Ländern ohne eigene Luftverteidigung ein ähnlicher Einsatz mit bemannten Systemen mit geringem Risiko möglich.
Dies wiederum führt uns zu den Anfängen der Luftkriegstheorie (Douhet, Mitchel) – Auch damals glaubte man Kriege aus der Luft mit minimalem Risiko gewinnen zu können – diese Diskussionen sind nun aber bald 90 Jahre alt.
Mit unbemannten Systemen wird diese Idee nicht neu erfunden, sondern das Risiko weiter minimiert.
Also: Zurück zu den Grundsätzen – bevor man sich im Details verliert.
Wenn wir unserer Politik so wenig (ver)trauen können, dann haben wir ein weitaus größeres Problem als Drohnen.
@ Memoria | 20. September 2012 – 18:28
Sie wissen selbst, das es nicht das Gleiche wie „Langstreckenraketen und Marschflugkörper“ ist. Mit dem richtigen Material, kann man selektiv einzelne Personen identifizieren und bekämpfen … ohne „Boots on the Ground“, 1000e Kilometer entfernt; ggf. nicht mal in einem Kriegs-/Krisengebiet … auch deutsche Staatsbürger die evtl. andere Meinungsmacher unterstüzen könnten so, „neutralisiert“ werden ohne den Versuch diese Person fest zu setzen und natürlich ohne Gerichtsverhandlung.
Denken Sie an die USA, die diese Waffen in Pakistan einsetzen … nicht die Streitkräfte, ist schon klar …
Ich bleibe dabei, es ist richtig, das über diese Waffenart auch aus ethischer Sicht diskutiert werden sollte … es ist halt eine andere Dimension des Einsatzes.
@Heiko Kamann:
Wir drehen uns im Kreis. Sie kritisieren die amerikanische Praxis der gezielten Tötungen. Verstanden. Diese sind u.a. durch Drohnen aufgrund der Kombination aus Abstandsfähigkeit, Aufklärungsleistung, Waffenpräzision sehr gut durchführbar.
Warum das jetzt gegen eine Beschaffung durch die Bw spricht, die diese Systeme für andere Zwecke nutzen soll und darf (!) bleibt die logische Lücke in der Argumentation. Daher kam ich auf das Gegenbeispiel Scharfschützengewehr.
Denn gezielte Tötungen gab es auch bisher – ohe Drohnen:
Im Hotelzimmer, beim Badeurlaub, bei der Autofahrt, usw.
In anderen (!) Ländern nachrichtendienstliche Praxis.
Es wird mit bewaffneten Drohnen eine neues Mittel hinzugefügt, aber in Deutschland nutzen wir schon nicht die anderen Mittel.
Warum also der ganze große Popanz??
Wird die Beschaffung solcher Systeme Ihrer Meinung nach dazu führen, dass Deutschland signature strikes durchführt??
Wir wollen keine gezielten Tötungen durchführen, aber warum soll deswegen ein deutscher Soldat im Feuerkampf auf Luftunterstützung – ggf. zu lange! – warten???
Noch eine Randbemerkung:
Auch – und gerade Atheisten – sei der Katechismus als Lektüre anempfohlen.
Was hat man sich denn darunter vorzustellen?
@ Memoria | 20. September 2012 – 22:20
„Wir wollen keine gezielten Tötungen durchführen, aber warum soll deswegen ein deutscher Soldat im Feuerkampf auf Luftunterstützung – ggf. zu lange! – warten???“
In meinem Ansatz, in meiner Diskussion spielt der Soldat, der im Feuerkampf auf Luftunterstützung wartet, keine Rolle. Bitte lesen Sie meine Einlassung noch mal.
„Warum das jetzt gegen eine Beschaffung durch die Bw spricht“
Es geht mir nicht darum dass etwas gegen ein Anschaffung spricht … gibt es gute und richtige Argumente und eie politische Mehrheit … kein Problem; dann können wir auch über Nuklearwaffen reden. Mit einer entsprechenden Mehrheit ist vieles möglich … aber die breite Diskussion muss halt sein.
@ chickenhawk | 20. September 2012 – 22:52
Genau das, was Sie zitieren … z.B. deutsche Staatsbürger, die in einem Drittland terorristische Gruppen unerstützen.
Mal abgesehen von der ethischen Debatte: hat hier jemand eine Ahnung, was für einen gesicherten und abgesicherten Fernlenkaufwand man betreiben muß, um eine Reaper über mehrere hundert oder gar tausend Kilometer Distanz sicher einzusetzen??? Na ?? Glauben Sie mir, das stemmt die BW in 100 Jahren nicht allein…….also auch hier: Einsatz nur im Bündnis, und das macht den Politikern Angst: wenn die BW solche Teile hat, dann könnten die ja zur Unterstützung auch von einem Verbündeten angefordert werden und was machen wir dann?? Eben, also besser erst gar nicht beschaffen.
Ein Entwicklungsingenieur meinte heute in einer Diskussion über den aktuellen FAZ-Artikel zum Drohnenthema, dass autonom handelnde Drohnen nicht die letzte Konsequenz der technologischen Entwicklung sein würden, sondern eher das Ende einer auslaufenden technologischen Welle darstellen. Man schreibe bei solchen Szenaren den gegenwärtigen Trend fort, übersehe dabei aber sich bereits abzeichnende neue Technologien. Die nächste Welle werde demnach direkt am Menschen ansetzen und die Erweiterung dessen begrenzter Fähigkeiten mit technischen Mitteln durch Integration von Biotechnologie, Nanotechnologie und Informatik beinhalten. Am vorläufigen Ende einer solchen Entwicklung würden nicht intelligente Roboter stehen, sondern Menschen mit stark erweiterten Fähigkeiten. Noch weiter in der Zukunft würde es dann unmöglich werden, zwischen Biologie und Technologie zu unterscheiden, weil beides nahtlos ineinander übergehen werde. Ethische Kritik an Drohnen als solchen würde bald so absurd erscheinen wie es ethische Kritik an Augen, Ohren oder Händen gegenwärtig wäre.
Wer technologische Entwicklung in erster Linie als ethisches Problem wahrnehme und sich dieser verschließe, fände sich ohnehin irgendwann bestenfalls in der Position der Amish wieder. Auf den Lauf der Dinge würden solche Stimmen keinen Einfluss mehr haben, aber möglicherweise bei den technologisch offeneren Amerikanern und Chinesen noch als Statisten in einem Freilichtmuseum namens Deutschland ihr Auskommen finden.
@Orontes
das mag zwar noch ein paar Jahre dauern, bis die Entwicklungsingenieure so weit sind, aber im Kern gebe ich dem Herrn Recht: kein Ethik Problem. In der Schule habe ich dieses Thema schon vor mehr als 40 Jahren unter dem Stichwort ‚Galileo Galilei‘ kennen gelernt. Waffen, Ethik, (Staats)Religion und Politik ist schon etwas älter als Thema…;-))
Da die Drohnen Befürworter bestimmt keine Kirchensteuer zahlen, sind sie ja nun eh quasi exkommuniziert……
Apropos Galilei: „Aufgrund seiner Beobachtungen unterstütze er das heliozentrische Weltbild, welches nach Nikolaus Kopernikus aufgestellt wurde. Das heliozentrische Weltbild (neue Zeit) beruht auf die Aussage, dass die Planeten um die Sonne kreisen, und nicht wie bisher vermutet die Erde Mittelpunkt des Universums ist. Hierbei spricht man von der „kopernikanischen Wende“. Mit Androhung von Gewalt, Folter und Tod auf dem Scheiterhaufen wurde Galilei im Juni 1633 von der römische Inquisition angeklagt, die Ergebnisse seiner Arbeit abzuschwören und für Unwahr zu bekennen. Schlussendlich gab er nach, und widerrief seine zuvor veröffentlichen Forschungsergebnisse. Erst am 31.Oktober 1992 (359 Jahre nach dem Prozess) entschuldigte sich die Kirche offiziell durch Papst Johannes Paul II. und hob das Urteil gegen Galilei auf.“
Na ja, dann hat der Bischof ja noch nen paar Jahrzehnte Zeit ;-))
so, und nu setz ich noch einen drauf: da ja in den islamischen Ländern insbesondere amerikanische Waffen zunehmend als unrein betrachtet werden, wie alles amerikanische, müssen die Saudis und die Katharis eben a bisserl aufpassen bei wem sie kaufen, um gegenüber den Extremisten im eigenen Land das Gesicht zu wahren. Ergo: Deutschland muß ran mit Rüstungsgütern und dafür bitte schön als Kompensation schön US kaufen für die BW….allles klar ???
@klabautermann
Ich versuche Ihren Galileo-Verweis zu interpretieren. Meinten Sie damit, dass die Kirche sich besser aus Fragen heraushalten sollte, zu denen sie nicht über die für qualifizierte Aussagen erforderliche fachliche Mindestkompetenz verfügt (damals Astronomie, heute Sicherheitspolitik)? Oder wollten Sie darauf verweisen, dass eine Ethik, die sich nicht an realen Gegebenheiten orientiert sondern an abstrakten Grundsätzen, ins Leere läuft (analog zur Bewertung astronomischer Zusammenhänge auf Grundlage der Bibel statt auf Grundlage wissenschaftlicher Beobachtung)?
Dann darf man wohl annehmen, dass Bischof Ackermann sich nicht dafür gewinnen lassen wird, den bewaffneten Drohnen der Bundeswehr die benedictio armorum zu erteilen?
@Klabautermann: Ich habe keine Ahnung, was für einen gesicherten und abgesicherten Fernlenkaufwand man betreiben muß, um eine Reaper über mehrere hundert oder gar tausend Kilometer Distanz sicher einzusetzen. Könnten Sie da vielleicht mal ganz grob und für Laien nachvollziehbar umreißen, was dazu wirklich nötig ist? Dank im Voraus.
@Zivi a.D.
Wenn ich aushelfen darf: Die Anforderungen finden sich in diesem Dokument ab Seite 47.
http://info.publicintelligence.net/JFCOM-UAS-PocketGuide.pdf
Eine Graphik, die das ganze etwas anschaulicher macht, findet sich auf S. 52.
Wo ist das akademische Meinungsbild in Deutschland?
Wie bringen sich unsere Unis in die Debatte ein?
Was sagen die Offiziere der Bw-Unis?
Wohl kein Thema dort…….hatte vergessen, dass wir noch kein UAV über 125 kg in DEU im Flugbetrieb haben!
„The U.S. Army’s Project Manager for Unmanned Aircraft Systems, or PM UAS, is establishing partnerships with a handful of academic institutions as a way to further research, advance technology and maximize progress emerging from lessons learned in combat, service officials said.“
http://www.fortgordonsignal.com/news/2012-09-21/News_Update/Army_Unmanned_Aircraft_Systems_community_partners_.html
Der katholische Bischof macht das, was er zu tun hat: auf theologisch-moralischer Metaebene auf Verantwortlichkeiten hinzuweisen.
Denn ganz unzweifelhaft lassen sich Drohnen „leichter“ und somit leichtfertiger einsetzen als z.B. Bodentruppen, wenn auch diese nicht per „Fingerschnipp“ loslegen. Auch ist das feedback seitens des Souveräns bei Verlust einer Drohne gelassener als beim Verlust von Soldatinnen/ Soldaten.
Auch wenn sich juristisch und an der Notwendigkeit zur rhetorischen sicherheitspolitischen Begleitargumentation bzgl. eines Einsatzes nichts ändert, so meine ich, hat der Bischof es aus seiner Sicht und aus seiner Profession schon recht ordentlich festgehalten.
Unterm Strich steht denn auch lediglich die Mahnung: Mach dir beim Einsatz von Drohnen den gleichen Kopf wie beim Einsatz von Bodentruppen! Lass den Einsatz durch Gesetz und Moral in gleichem Maße konditionieren!
Und an dieser Aussage kann ich nichts negatives finden. Auch weil er ohne den Intellekt beleidigende Argumentationskrücken a la Grüne und Linkspartei auskommt, die ja meinen, dass die bloße Beschaffung von Drohnen Recht und Moral aus den Angeln heben.
Es bleibt dabei: gezielte Tötungen kennen ein Rechtfertigungsgrund (Schuldauschlussgrund) -um einmal diese nationalen Begriffe zu verwenden-oder sie sind illegal, unabhängig vom Tötungsmittel.
@Sachlicher
jedes Ihrer Worte kann ich nur unterstreichen. Mich persönlich ärgert nur (nach 41 FDGO-ethisch orientierten Dienstjahren) , dass die öffentliche Diskussion um ‚BW und bewaffnete Drohnen‘ immer so ein büschen das unterschwellige Geschmäckle hat : ‚deutschen Soldaten sollte die deutsche Politik und Gesellschaft besser nicht trauen’……ich glaube, Sie verstehen, was ich meine.
Wir.Verteidigen.Deutschland……treu und tapfer….so man uns läßt
@Sachlicher
Das Völkerrecht kennt keine Rechtfertigungsgründe wie im Strafrecht. Der Begriff würde bezogen auf die Bekämpfung militärischer Gegner im Rahmen von „kinetic targeting“ oder anderer Formen militärischen Vorgehens völkerrechtlich überhaupt keinen Sinn machen, da Bekämpfung des Gegners im Völkerrecht kein grundsätzlich verbotener Vorgang ist (darauf beziehen sich Rechtfertigungsgründe ja im Strafrecht).
„Kinetic Targeting“ stellt völkerrechtlich zudem keine besondere Form militärischen Vorgehens dar, solange es im Rahmen des Humanitären Völkerrechts stattfindet. Es braucht zur Legitimation keine besonderen „Rechtfertigungsgründe“, sondern muss wie jedes andere militärische Vorgehen auch nur völkerrechtliche Kriterien wie Angemessenheit etc. erfüllen. Völkerrechtlich und militärisch macht es keinen Unterschied, ob sie einen Jagdbomber zur Zerstörung eines militärischen Zieles wie einer Brücke oder eine Drohne zur Tötung eines Anführers der Aufständischen einsetzen. Die völkerrechtlichen Bezüge und der Ablauf des Targeting-Prozesses unterscheiden sich allenfalls marginal.
Allgemein habe ich den Eindruck, dass ethische und völkerrechtliche Argumente in der deutschen Diskussion gerne durcheinandergebracht werden, wobei die Berufung auf „Ethik“ häufig nicht die philosophische Prüfung von Entscheidungen meint, sondern das Vorbringen von diffusem Unbehagen, und bei Bezügen aufs Völkerrecht bezieht man sich häufig nicht auf die realen Regelungen, sondern auf gefühltes Völkerrecht, das zudem mit dem Strafrecht durcheinandergebracht wird. Das Thema „gezielte Tötungen“ scheint zudem von einer besonderen Mystik umgeben zu sein, die allerlei Mythen hervorbringt.
Es wäre m.E. an der Zeit, dass mal jemand die ganzen Diskussionsebenen sauber entwirrt, mit klar definierten Begriffen arbeitet und die verschiedenen Meinungen zum Thema in Form überprüfbarer Aussagen und Argumente verschriftlicht.