Melden macht frei?
Die ärgerlichen bis wütenden Reaktionen, die das neue Meldegesetz mit seiner nun doch nicht vorgesehenen Neuregelung für Soldaten hervorgerufen hat, haben vermutlich die Innenpolitiker nicht erwartet und die Verteidigungspolitiker verpennt… (nur als Anhaltspunkt: der Eintrag hier im Blog hat inzwischen mehr als 60 Kommentare, bei tagesschau.de sieht es ähnlich aus.)
Kurz eine Zusammenfassung der Lage: Schon bislang galt die Regelung, dass – unverheiratete – Soldaten ihren Lebensmittelpunkt und damit ihren Hauptwohnsitz am Dienstort haben. Das sollte mit der Neufassung des Meldegesetzes, die am (heutigen) Donnerstagabend vom Bundestag beschlossen werden soll, geändert werden. Denn auch unter Soldaten gibt es, wie in der ganzen Bevölkerung, zunehmend nichteheliche Lebensgemeinschaften, ob mit oder ohne Kinder. Und Reduzierung und Umbau der Bundeswehr mit der Schließung zahlreicher Standorte, dazu die regelmäßigen Versetzungen, schicken immer mehr Uniformierte als Pendler auf die Auto- oder Eisenbahn.
Nun ist offensichtlich erst zu Beginn dieser Woche aufgefallen, dass die geplante Änderung im Gesetzentwurf der Bundesregierung wieder einkassiert wird und alles beim Alten bleiben soll. Denn sowohl die Länder hatten im Bundesrat der soldatenspezifischen Ausnahmeregelung widersprochen, als auch die Kommunen über ihre Kanäle zu Bundestagsabgeordneten. Belegen kann ich nicht, was ich aus dem parlamentarischen Bereich gehört habe, deshalb gebe ich das mit aller Vorsicht weiter: Die geplante Neuregelung soll nicht zuletzt in der Kommunalverwaltung des Groß-Standortes Munster mit auch künftig mehr als 5.200 Dienstposten für helle Aufregung gesorgt haben – als man sich den zu erwartenden verwaltungsrechtlichen Schwund an Mitbürgern mal vor Augen führte und die Konsequenzen durchrechnete.
Der CDU-Abgeordnete Reinhard Grindel, Mitglied im Innenausschuss, hat sich angesichts der wütenden Soldaten-Reaktionen am heutigen Donnerstag per Brief an den Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, gewandt (über diesen Brief hat auch tagesschau.de berichtet). Darin bittet der Parlamentarier um eine wahrheitsgetreue Kommunikation dessen, was wir heute im Deutschen Bundestag beschließen. (…) Um es klar zu sagen: für die Soldaten ändert sich gar nichts und ich habe die herzliche Bitte, dass der Bundeswehrverband keinen anderen Eindruck erweckt.
Nun ja, melderechtlich ändert sich für die Soldaten gar nichts. Aber es passt nicht mehr zur Lebensrealität …
Interessant ist vor allem die Argumentation des Abgeordneten:
Würde man bei unverheirateten Soldaten z.B. den Wohnort einer Lebensgefährtin zulassen, muss doch jedermann einleuchten, dass sich daraus sehr schnell Ungenauigkeiten in den Melderegistern ergeben können. Anders als bei Scheidungen erfahren die Melbebehörden nicht, wenn sich etwas in der persönlichen Situation eines unverheirateten Soldaten ändert. Damit ist eine Vielzahl von Ungenauigkeiten in den Melderegistern, die für die Behörden und nicht zuletzt für die Bundeswehr negative Auswirkungen haben, geradezu absehbar. Es gibt keine öffentliche Einrichtung, die so korrekt geführt werden muss wie das Melderegister.
Hm. Die Horden von Soldaten, die ihre Freundin verlassen und in die Illegalität ohne festen Wohnsitz abtauchen. Ein Horror für jede Verwaltung. Fast noch schlimmer als bei unverheirateten Abgeordneten.
Immerhin, auch wenn das Gesetz heute beschlossen wird, eine spätere Änderung ist ja nicht ausgeschlossen. Grindel bietet dem Bundeswehrverband an, nach der Sommerpause über eine Regelung zu reden, die die melderechtlichen Bedingungen entbürokratisierung, auf der anderen Seite aber gleichzeitig dafür sorgt, dass die Melderegister nicht ihre Richtigkeit verlieren. Für letzteres würde vielleicht die Verpflichtung reichen, sich bei Wohnsitzwechsel umzumelden? Steht vermutlich jetzt schon im Gesetz.
Nachtrag: Der Gesetzentwurf wurde am 28. Juni vom Bundestag angenommen, wie aus dem Plenarprotokoll hervorgeht.
Die Rechtfertigung Grindels in seinem Brief an Kirsch ist dünn, um nicht zu sagen dümmlich.
„Unverheiratete Soldaten, die in der Wohnung einer LebensgefährtIn gemeldet seien, gefährden die Genauigkeit der Melderegister.“
Das ist grober Unfug:
1. gibt es genug unverheiratete zivile Paare
2. sind Soldaten nicht unzuverlässiger als Zivilisten
3. hat dieser Gesetzentwurf die Mitwirkungspflicht der Vermieter/In wieder eingeführt.
Die Begründung ist so zusammengestümpert wie dieser „Kompromiss“:
Wenn dass die erste Mannschaft der CDU in der Innenpolitik ist fange ich an mir ernsthafte Sorgen um die Innere Sichherheit zu machen.
Die Kommunen und die Länder haben gerade den Bund beim Fiskalpakt abgezockt und machen fröhlich damit weiter.
[Habe diesen Kommentar mal in den neuen Thread verschoben. T.W.]
Ich bin kein Jurist-aber war da nicht mal so etwas wie das „Gesetz über die Freizügigkeit“?
Darf ich (als Zivilist) mir meinem Wohnort nicht sogar europaweit frei auswählen?
MWn sind einige Grundrechte der Soldaten eingeschränkt-das Recht auf Freizügigkeit dürfte es aber nur soweit betreffen, das Umzüge ins Ausland bei Soldaten „genehmigunspflichtig“ sind…
Das, was die „hohen Herren“ da fabrizieren, wird immer abstruser.
Es wird Zeit, das der Verstand wieder Einzug hält in Berlin-und nicht mehr nur mit dem (eigenen) Geldbeutel gedacht wird.
Niemand kann seinen rechtlichen Wohnsitz frei aussuchen, sondern der gemeldete und der tatsächliche Wohnsitz müssen übereinstimmen. Bei Verheirateten ist das der Wohnsitz der Familie, bei Ledigen kann das die Kaserne sein.
Das Melderecht ist wichtig, beim Bund achtet man ja auch drauf, dass die STAN stimmt.
Und wer einen festen Partner und sogar Kinder hat und nicht verheiratet ist, hat es wohl so gewollt. Die Ehe ist wichtig und wer sie nicht will, muss mit den Umständen leben.
Schön ist doch auch der Satz „Für die Soldaten ändert sich nichts“, wie von Herrn MdB Grindel im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio erwähnt.
Das genau ist das Problem, um die Soldaten herum ändert sich nämlich derzeit so einiges! Die regionale Planbarkeit inklusiver Verwendungen in relativer Nähe zum Lebensmittelpunkt wird schwieriger, dementsprechend steigen die Kosten für die Fahrten zum Lebensmittelpunkt, egal wo man nun gerade gemeldet ist.
Ein Signal in die richtige Richtung hätte hier eine deutliche Vereinfachung im Melderecht mit allen daraus resultierenden steuerlichen Vorteilen sein können, aber wieder mal wurde die Chance vertan.
Das Melderecht hat nichts mit steuerlichen Vorteilen zu tun! Die Steuern sind überall gleich – bis auf die Hundesteuer.
Und Zweitwohnsteuer gibt es für Soldaten nicht, das ist eine Ausnahme im Steuergesetz.
Vorteile bringt es doch wohl, dass die Kommune in der ich stationiert bin, in Infrastruktur und Gewerbe investieren kann oder nicht? Zudem steigert das die Akzeptanz der Truppe bei der kommunalen Verwaltung. Und das alles für einen Gang zum Meldeamt, für den die meisten von ihrem Zugführer einen Vormittag freigestellt werden.
@ StUffzM.
„Und wer einen festen Partner und sogar Kinder hat und nicht verheiratet ist, hat es wohl so gewollt. Die Ehe ist wichtig und wer sie nicht will, muss mit den Umständen leben.“
Ungeachtet dessen, dass mir Ihre Weltsicht arg konservativ vorkommt, lassen Sie außer acht, dass das Melderecht viele Geschiedene und Alleinerziehende trifft. Ihre Haltung sollten sie der alleinerziehenden Marine-Angehörigen aus Rostock darlegen, die in Wilhelmshaven zwangsgemeldet ist.
@tom_weinreich
Ich bin mir sicher, dass die alleinerziehende Kameradin von der Kasernenpflicht befreit ist oder wohnt das Kind im Stützpunkt?
Und ja, meine Sicht ist konservativ.
@T.W.: Ja, ummelden ist Pflicht. Verstoß ist Ordnungswidrigkeit und mit Bußgeld belegt. Zumindest in Berlin und Brandenburg der Fall, ich bezweifle, dass die restlichen Bundesländer da großartig andere Regeln haben.
„Und Zweitwohnsteuer gibt es für Soldaten nicht, das ist eine Ausnahme im Steuergesetz.“
Nach eigener Recherche ist die Zweitwohnsitzsteuer eine kommunale Steuer ohne bundeseinheitliche Regelung. Ich bitte daher um einen Beleg dieser Behauptung. Danke.
@ Simon
Yup, hatte mich da schlau gemacht, liegt ca. Bei 500 €.
@ Stuffz
Genau das ist ja das Problem, unverheiratet mit Kindern pendle ich wo liegt wohl mein Lebensmittelpunkt, in der Kaserne wo ich diene oder daheim bei Frau, Kindern vielleicht Sportvereinen und Freunden und wählen möchte?
Ich entscheide wo ich den Mittelpunkt meines Lebens setze der Trauschein sollte hier nicht den Ausschlaggebe. Btw wie ist das mit eingetragenen Lebenspartnerschaften? Weiß das wer oder wird hier wieder mal diskriminiert?
Ein starkes Stück ist die Unterstellung über das Meldegesetz würde nicht wahrheitsgemäß berichtet.
Die Vertröstung auf eine Nachbesserung bei späterer Überarbeitung ist blanker Hohn.
Schließlich liegt dieser 1. Entwurf schon 5 Jahre hinter der Förderalismusreform zurück. Dort wurde das Melderecht in die Kompetenz des Bundes verschoben.
Es besteht berechtigter Zweifel/ Hoffnung dass Grindel dann nur noch Obmann der Oppositionsfraktion ist. Aber bis dahin sind die Millionen aus der EKSt den StO-Gemeinden sicher und den StO-Bgm die höheren Besoldungsstufen.
@Lars: Rostock und HH erheben Zweitwohnungssteuer. Auch für Soldaten, die dort ihren Lebensmittelpunkt haben.
@StUffzM.: In der bunten Lebenswirklichkeit junger Soldaten ist es nicht unüblich, dass das Kind unter der Woche bei einem neuen Partner oder gar den Großeltern lebt. Die angesprochene Soldatin ist meldepflichtig am Standort.
Der interessante Beitrag zum Thema „Überobligation“ scheint leider verschwunden zu sein?
@Orontes
yep, ich hab‘ ihn erst mal rausgenommen, weil sich bei etwas mehr Recherche herausgestellt hat, dass Überobligation ein spezifischer Begriff des Familienrechts ist und nicht so verstanden werden kann, wie ich ihn als Nicht-Jurist verstanden habe…
Schade ich hatte den Begriff schon in mein Befehlsprüfschema aufgenommen
Schön finde ich in Grindels Brief auch die pauschale Unterstellung, ledige und geschiedene Soldaten würden sich der Meldepflicht entziehen.
„Würde man bei unverheirateten Soldaten z.B. den Wohnort einer Lebensgefährtin zulassen, muss doch jedermann einleuchten, dass sich daraus sehr schnell Ungenauigkeiten in den Melderegistern ergeben können. Anders als bei Scheidungen erfahren die Melbebehörden nicht, wenn sich etwas in der persönlichen Situation eines unverheirateten Soldaten ändert. „
Und wen der Kernpunkt das Melderegister werden soll, müssten doch auch verheiratete Pendler, vielleicht gar mit Wohneigentum, ihren Hauptwohnsitz in die Kaserne legen, oder ist an der Logik was falsch?
@ tom_weinreich:
Wo das Kind seinen Wohnsitz hat, kann auch die Mutter den Wohnsitz haben. Ist der Fall konstruiert oder kennen Sie so eine Kameradin wirklich?
@Lars:
Zweitwohnsitzsteuer ist natürlich Landesrecht, aber ich kenne kein Land, dass die Ausnahme für Soldaten nicht kennt. Z.B. Brandenburg: http://service.brandenburg.de/apps/brasuma/zf/serviceDescription.faces?was=22.05
Änderung des Innenausschuss zur Gesetzvorlage der Bundesregierung wie folgt:
g) § 27 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) Nummer 5 wird wie folgt gefasst:
„Dienst bei der Bundeswehr als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit oder Vollzugsdienst bei der Bundes- oder der Landespolizei zu leisten, sofern die Unterkunft für nicht länger als sechs Monate bezogen wird,“.
bb) Nummer 6 wird aufgehoben.
cc) Die bisherige Nummer 7 wird Nummer 6.
„Danke“ Herr Grindel, so steigert man die Atrraktivität und zeigt Verständnis für Soldaten, die im Gegensatz zum Rest der Republik mit andauernden Versetzungen zu kämpfen haben, dies ist den werten Damen und Herren des Innenausschusses wohl entgangen. Es gab schon einen Grund für die Ausnahme der Meldepflicht für Soldaten aber so sieht man wieder einmal in welcher Art und Weise und in welcher Tiefe sich so manche Abgeordnete mit dem Thema Soldaten befassen, da ist die Finanzierung der Kommunen wichtiger als der Freiheitsgedanke – pfui, will da lieber gar nicht weiterdenken. Vielleicht sollte das BMVg im Gegenzug seine Standortentscheidungen nochmals überprüfen, gibt auch noch andere schöne Standorte, nicht nur Munster. Weiterhin könnten ja die „Zwangsumgemeldeten“ und deren Familien sich Gedanken zur nächsten Wahl machen und den Einsatz der Abgeordneten entsprechend mit ihrer Wahlentscheidung „entlohnen“ – anders kann man sich ja kein Gehör verschaffen, Soldaten sind halt nur noch Finanzierungsmasse – sehr traurig, gerade in Anbetracht der immer wieder geäußerten Platitüden des Dankes für den Einsatz in Kriesengebieten. Aber diese Verhaltensweisen zeigen wieder einmal das div. Politiker diesen Dank nicht wirklich Ernst meinen, sondern lediglich rumschwafeln.
Was mich an der Sache stört ist, dass die Meldepflicht für Soldaten am Dienstort als Hauptwohnsitz doch beinhaltet, dass sie jetzt dort, und zwar nur dort, wahlberechtigt sind.
Folge ist, ich wäre in einem Kaff wahlberechtigt dessen Zukunft mich nicht interessiert, mein erlebter Lebensmittelpunkt ist ja woanders, da darf ich aber nicht mehr wählen.
Erschwerend kommt hinzu, dass man durch diese „Zwangsummeldung“ ja auch für manche Wahlen die Wahlberechtigung für die Soldaten komplett entfällt, so muss man z.B. in Bayern (vielleicht auch in anderen Bundesländern) seit 2 Monaten gemeldet sein um überhaupt für Kommunalwahlen wahlberechtigt zu sein.
Das sehe ich persönlich als das größte Problem.
Werferfehler
Ich gehe stark davon aus das sich das wie so manches erledigt wenn ein Mutiger gefunden ist, der das bis zu einer Grundsatzentscheidung der Gerichte trägt.
Das traurige daran ist immer nur das der Klage weg lange ist und es jedem einleuchtet das das so wie es ist nicht wirklich gut ist man es aber trotzdem macht.
Wie ich oben schon schrieb wo ein Mensch seinen Lebensmittelpunkt, und damit seinen Hauptwohnsitz hat, entscheidet er und nicht der Verwaltungsapparat.
Ich empfehle einen Blick in das neue Meldegesetz § 21 (2) und §22 (3) (alte Gesetzeslage ist genauso).
Wichtig sind hier §21 Absatz 2 und § 22 Absatz 3
§ 21 Mehrere Wohnungen
(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.
(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners.
(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Ein- wohners im Inland.
(4) Die meldepflichtige Person hat der Meldebehörde bei jeder An- oder Abmeldung mitzuteilen, welche weiteren Wohnungen im Inland sie hat und welche Wohnung ihre Hauptwohnung ist. Sie hat jede Änderung der Hauptwoh- nung innerhalb von zwei Wochen der Meldebehörde mit- zuteilen, die für die neue Hauptwohnung zuständig ist. Zieht die meldepflichtige Person aus einer ihrer Nebenwohnun- gen im Inland aus und bezieht keine neue Wohnung, so hat sie dies der Meldebehörde mitzuteilen, die für die alleinige Wohnung oder die Hauptwohnung zuständig ist.
§ 22 Bestimmung der Hauptwohnung
(1) Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebens partnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner.
…
(3) In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt.
Die Auszüge besagen, dass es bei mehreren Wohnungen entscheidend für die Bestimmung der Hauptwohnung ist, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen (nicht die meiste verbrachte Zeit) ist. Dann ist dies auch die vorwiegend genutzte Wohnung. Dies gilt laut Gesetz bei Verheirateten und Lebenspartnerschaften relativ automatisch, da der Gesetzgeber animmt (es sei denn dauerhaft getrennt), dass dies da ist, wo die Familie/Lebenspartner ist. Unverheiratete müssen dies hingegen begründen bzw. „nachweisen“. D.h. Antrag Anerkennung mit Begründung (Beispiel langjährige Beziehung, gemeinsame Wohung/Haus, gemeinsames Kind, Mitgliedschaft in Vereinen, politische Tätigkeit vor Ort, etc.). Wird das nicht anerkannt, Ein- bzw. Widerspruch und notfalls gerichtliche Klärung. Ich gehe davon aus, dass wenn hinreichend klar bzw. begründet ist, dass der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen nicht in der Kaserne ist, das Gericht folgen wird.
@all
Bei näherer Betrachtung könnte es doch noch einigermaßen glimpflich für manchen von uns laufen.
Unstrittig ist, der Landser, der in der Kaserne wohnt nach diesem Gesetzentwurf seinen Hauptwohnsitz in der Kaserne nehmen muß.
Unstrittig ist auch, dass derjenige, der keine eigene Wohnung hat seinen Hauptwohnsitz am Dienstort nehmen muß.
Aber folgende Dinge könnten durchaus „vernünftig“ ausgelegt werden (vergleichbare Formulierungen hatten wir übrigens bisher auch schon):
§ 20 Begriff der Wohnung
Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder umschlos- sene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. Als Wohnung gilt auch die Unterkunft an Bord eines Schif- fes der Marine. Wohnwagen und Wohnschiffe sind nur dann als Wohnungen anzusehen, wenn sie nicht oder nur gele- gentlich fortbewegt werden.
§ 21 Mehrere Wohnungen
(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.
(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners.
§ 22 Bestimmung der Hauptwohnung
(3) In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Woh- nung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt.
D.h. zunächst einmal kann man eine normale Rechnung aufmachen:
365/2=182,5 Tage
Wer an jedem Fr/Sa/So und an langen Wochenenden nach Hause fährt (vorausgesetzt er hat eine eigene Wohnung etc.), der ist ca. 160 Tage im „normal“ zu Hause. Darüber hinaus gehen 24 Tage Urlaub ab (die Freitage zählen nach dieser Rechnung nicht, da ja bereis oben abgezogen) wenn zusätzlich noch durchschnittliche Lehrgänge und Truppenübungsplatzaufenhalte im Jahr an ca. 30 Tage dafür sorgen, dass man nicht in der Kaserne ist, dann stehen
–> 184 Tage zu Hause
–> ggü. 30 Tagen „nicht-zu-Hause-aber-auch-nicht-in-der-Kaserne“
–> 151 Tage in der Kaserne
Darüber hinaus dürfte der eine oder andere den Lebensmittelpunkt mit geeigneten Maßnahmen (Vereinsmitgliedschafte, soziale Aktivitäten etc.) nachweisen können.
Das ist sicherlich nicht befriedigend, aber vielleicht ja besser als nichts…
@Koffer
Sehe ich ähnlich aber ich habe schon mit Behördenleitern deswegen diskutiert, ums auf den Punkt zu bringen, um ne Klage kommt man mit gute Argumenten nicht herum.
@all
Gemäß der Argumente des Herren müssten doch auch alle Singles die MdB sind ihren Hauptwohnsitz in Berlin haben !
@Fred
Der Hinweis mit den unverheirateten MdB ist nicht schlecht ;)
Aber hier dürfte der „Lebensmittelpunkt“ noch einfach im Wahlkreis nachzuweisen sein, als bei einem Sdt mit eigener Wohnung…
„um ne Klage kommt man mit gute Argumenten nicht herum.“
Meinten Sie „…kommt man AUCH mit guten…“, ansonsten verstehe ich diesen Satz nicht…
@Koffer
Meinten Sie “…kommt man AUCH mit guten…”, ansonsten verstehe ich diesen Satz nicht…
Ja, Vielen Dank für den Hinweis.
Ich muss hier um Nachsicht bitten tippen auf dem Smartphone usw.
§ 9 BGB: Wohnsitz eines Soldaten
(1) Ein Soldat hat seinen Wohnsitz am Standort. Als Wohnsitz eines Soldaten, der im Inland keinen Standort hat, gilt der letzte inländische Standort.
(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__9.html
Wo ist eigentlich die Ausnahme für Verheiratete festgeschrieben??
…..oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.
Ein verheirateter (oder mit Personen denen gegenüber Fürsorgepflicht besteht) kann nicht selbständig einen Wohnsitz begründen!
§ 11 Wohnsitz des Kindes
Ein minderjähriges Kind teilt den Wohnsitz der Eltern; es teilt nicht den Wohnsitz eines Elternteils, dem das Recht fehlt, für die Person des Kindes zu sorgen. Steht keinem Elternteil das Recht zu, für die Person des Kindes zu sorgen, so teilt das Kind den Wohnsitz desjenigen, dem dieses Recht zusteht. Das Kind behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt.
Heute haben aber beide das Sorgerecht auch Geschiedene?
Für die meisten Pendler ist es so, dass der Lebensmittelpunkt nicht am Dienstort ist, unabhängig von den Familienverhältnissen! Es muss doch im Interesse des Dienstgebers sein, dass Erwachsene Menschen selbst entscheiden wo ihr Hauptwohnsitz ist! Die Zweitwohnungssteuer ist in jedem Fall bei Pendlern eine berufsbedingte Aufwendung und somit absetzbar. Wir.Dienen.Deutschlan. und was macht ihr mit uns? Die für diese nachträgliche Gesetzesänderung Verantwortlichen sollten sich schämen!!
Ich hoffe sie bekommen bei der Nächsten Wahl ihre Rechnung!
Selbst die Pendlerwohnung ist ja meist nicht am Dienstort, sondern oft in Nachbargemeinden! Müssen die jetzt umziehen? Das wird lustig um Bonn und Berlin!
@ Someone | 28. Juni 2012 – 19:23
Ich bin kein Jurist; aber ich denke Sie können das BGB hier nicht ran ziehen, da es zum Thema „Melderecht“ ja eine staatliche Gesetzgebung gibt, somit ist das BGB nicht mehr relevant.
Irgendjemand kann das sicher besser begründen.
Das wirklich traurige daran ist halt wie solche Gesetze (entwürfe) entstehen können. Ich kenne die Version von Pispers hatte aber bisher immer die Hoffnung das diese nicht stimmt.
Ich meine irgendwer der daran mitgearbeitet hat und sei es nur die Vorzimmerdame muss sich doch dabei zumindest gedacht habe „Mensch das ist aber doof womit kann ich soetwas den begründen“.
@BUND: Genau die Frage was entscheidend ist, nämlich der überwiegende Aufenthalt oder der Mittelpunkt der Lebensmittelpunkt, ist die Zwickmühle. Ich habe mich schon nach Versetzung mit einer Gemeinde rumgeärgert, die folgendermaßen argumentierte: Zunächst zählt ausschließlich der überwiegende Aufenthalt, nur in Zweifelsfällen der Lebensmittelpunkt.
Nach einigem Hin und Her habe ich mich schließlich umgemeldet, da ich tatsächlich viel Zeit am Standort (auch am Wochenende) verbringe und die Argumentation mit dem Lebensmittelpunkt sehr, sehr dünn geworden wäre.
Nebenbei: Der Standort ist ein sehr großer und die Gemeinde war mit fragwürdigen Methoden hinter den Leuten her, erst ein Schuss vor den Bug durch umfangreiche Schreiben, die bereits vorrechneten, wieviel Zeit man am Standort verbringt etc., anschließend äußerst unfreundliche Mitarbeiter der Gemeinde, die teilweise noch versuchten weiter Druck aufzubauen. Letztendlich hatte ich das Gefühl nur der dumme August zu sein, der Geld in die Kassen spülen soll.
Ausgezeichnet. Der Staat hat es mal wieder verstanden, die relevante Diskussion durch sinnlosen Kleinkram zu ersticken.
Und so geht der brave Michel stolz zum Beamten und sagt ihm, wo er wohnt. Es muss ja alles seine bürokratische Ordnung haben.
Was zum Teufel geht es den Staat an, wo ich wohne?
@J.M.
„Was zum Teufel geht es den Staat an, wo ich wohne?“
Wenn DAS den Staat nichts angeht, was soll ihn denn dann interessieren?
Noch schnell einen Telearbeitsplatz beantragen, heiraten, mit einem Kameraden eine Lebenspartnerschaft eintragen lassen oder die Oma in den Hausstand holen. :-)
In der Bundesrepublik Deutschland muß ein Auto an dem Wohnsitz angemeldet sein, wenn der „… regelmäßige Standort des Fahrzeugs für mehr als 3 Monate in den Bezirk einer anderen Zulassungsbehörde verlegt“ (StVZO, §27) wird.
Also mit dem Zug pendeln und das Auto Zuhause lassen
Zum Wahlrecht: In der BRD Gilt als Wahlort der Ort des Hauptwohnsitzes. In Bayern ist auf formellen Antrag eine Kommunalwahl am Nebenwohnsitz moglich, sollte dort der Schwerpunkt der Lebensbeziehung liegen. Alle anderen Wahlen können nur am Hauptwohnsitz, gegebenenfalls per Briefwahl, erledigt werden
Der Abgeordnete ist von einigen Bürgermeistern aufgestachelt worden. Das berechtigt ihn allerdings nicht, den Berufsverband auf wahrheitsgetreue Kommunikation hinzuweisen, und den Brief, bevor er beim Adressaten einging, an die Medien zu spielen. Das ist eine Frechheit und lässt die Absicht erahnen. Ich kann nur hoffen, dass sich Kirsch nicht einschüchtern oder erpressen lässt. Was fällt diesem Abgeordneten eigentlich ein?
@Elahan | 29. Juni 2012 – 0:16
„In der Bundesrepublik Deutschland muß ein Auto an dem Wohnsitz angemeldet sein, wenn der „… regelmäßige Standort des Fahrzeugs für mehr als 3 Monate in den Bezirk einer anderen Zulassungsbehörde verlegt“ (StVZO, §27) wird.
Also mit dem Zug pendeln und das Auto Zuhause lassen“
Der § 27 StVZO ist schon seit 2007 aufgehoben. Seit dem gilt § 46 II FZV: „Örtlich zuständig ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Behörde des Wohnorts, bei mehreren Wohnungen des Ortes der Hauptwohnung im Sinne des Melderechtsrahmengesetzes, …“ -> Also alle Panzermänner bitte im Heidekreis zur Zulassungsstelle!
@Kalle
….und das ist der eigentliche Grund, denn die Bürgermeister werden nach Einwohnerzahl bezahlt. Niedersachsen ist bekannt für das Wulffen, mitnehmen was geht!
Der DBwV muss klarmachen wer das Gesetz, wie wollte und dass es sehr wohl einen Unterschied zur Hanhabung der Gesetze geben wird.
1. Vorher sprach man von Wohnsitz und man konnte den Erstwohnsitz selbst festlegen.
2. Lebensmittelpunkt, dieser ist in keinem Bundesgesetz geregelt.
3. Durch Einsätze, Ausbildung, Dienstreisen uvm ist man nicht überwiegend am Dienstort.
4. Definition Standort (-bereich), Dienstort, auch da gibt es ja einen Unterschied z.B. Die bekannte 30km Grenze.
5. Auch das Familiengesetzbuch hat da evtl ein paar Überraschungen, um Kindern ein Zuhause zu ermöglichen ist es auch für Sorgeberechtigte geboten, den Wohnsitz in Kindesnähe zu haben.
http://www3.justiz.rlp.de/rechtspr/DisplayUrteil.asp?rowguid=%7BC1027AA1-7E00-404A-
AA56-5873A6FC670D%7D
6. Regelung für Trennungsgeldempfänger (im Moment 4 Jahre)!
@Tom
Danke, so tragen wir Stück für Stück die Fakten zusammen um am Ende unseren Kameraden ein Grundlage zum Handel (z.B. Protest) zu geben.
Melderechtsrahmengesetz (MRRG)
§ 12 Mehrere Wohnungen
(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung. Der Einwohner hat der Meldebehörde mitzuteilen, welche Wohnung nach den Absätzen 2 und 3 seine Hauptwohnung ist.
(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners…………
Das ist in den meisten Fällen ist das nicht die Wohnung am Standort. Dazu kommt, dass Pendler in ihrer Wohnung am Standort sich oft nur zum Schlafen aufhalten. Es kann nicht sein, dass Soldaten schlechter gestellt werden als andere Berufsgruppen. Eine militärische Begründung für die Wahl welcher ist Hauptwohnsitz und welcher ist Nebenwohnsitz, gibt es nicht! Nur der Lebensmittelpunkt kann entscheidend sein!
@Kalle
„Das berechtigt ihn allerdings nicht, den Berufsverband auf wahrheitsgetreue Kommunikation hinzuweisen, und den Brief, bevor er beim Adressaten einging, an die Medien zu spielen“
In der Sache ganz Ihrer Meinung, aber Kirsch hatte den Brief tatsächlich VOR den Medien – zumindest höre ich das aus dem DBwV :-)
„Durch den Änderungsantrag werde auch nicht mehr zwischen Soldaten, die
einerseits in der Kaserne wohnten und andererseits in der Kommune außerhalb der
Kaserne eine Wohnung bezögen, differenziert. Die in dieser Kommune ihren Dienst
versehenen Soldaten benutzten gleichermaßen die von den Kommunen zur Verfügung
gestellten Einrichtungen.“
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/101/1710158.pdf
Die CDU sollte die Frage beantworten, welche Einrichtungen der Kommune ein Soldat nutzt, für die nicht schon die Bw bezahlt!
@reservist
Könnte mir vorstellen, dass Herr Kirsch diese Frage beantorten kann!
@ Elahan
Hat mir keine Ruhe gelassen – Kirsch hatte den Brief tatsächlich VOR den Medien, hat er ausrichten lassen.
@reservist
Danke, hier erkennt man den Mehrwert des Bloges von T.W.
Hat denn nun jemand ein Ergebnis, was das Gesetz bezüglich der Wahl des Hauptwonsitze/Trennungsgeld für ledige/geschiedene (mit/ohne Kinder) in der Kaserne, am Standort (-bereich), am Dienstort bedeutet? Wann tritt das Gesetz in Kraft?
@Elahan | 29. Juni 2012 – 13:23: “ Wann tritt das Gesetz in Kraft?“
Das dauert noch ewig. Nicht nur, dass sich BR und BT noch einigen müssen [nicht nur über die Soldaten] und anschließend das Ganze verkündet werden muss; selbst danach fließt noch viel Wasser Rhein und Spree herunter:
„Dieses Gesetz tritt am … [einsetzen: Datum des ersten Tages des 18. auf die Verkündung folgenden Kalendermonats] in Kraft.“
Muss ich bei einer Einsatzkommandierung von über 6 Monaten mich dann in Kunduz anmelden und zuhause abmelden?
Gedanken zum Wochenende….
@ FNU SNU
Nein, man bleibt rechtlich gesehen an seinem Standort. Genauso ist bei Marineangehörigen nicht das Schiff der Wohnort, sondern der Heimathafen.
@Tom und Elahan
Für die Soldaten ist das Inkrafttreten unerheblich, da sich an der Rechtslage ja nichts ändert. Geplant ist übrigens 2014.
@StuffzM
Und wo befindet sich der durschnittliche Besatzungsangehörige mit seiner seegehenden Einheit? Auf See, auf Lehrgang, in der Werft, und was sonst noch alles so anliegt. Aber das ist keine körperliche Anwesenheit an dem durch die jeweiligen Gemeinden eingeforderten Wohnsitz.
Und das gleiche trifft auch für die anderen TSK zu. Die meisten Soldaten sind alles, nur ganz bestimmt nicht schwerpunktmäßig an dem Standort, wo die Logik des Herrn Grindel sie gerne haben möchte. Das sehe ich bspw. bei meiner Frau, Freunden und Kameraden.
Welche Anwesenheit wird also für die Berechnung herangezogen? Die tatsächliche am Standort oder die theoretisch mögliche?
Aber vielleicht stellt sich der olle Kaleu (seit 3 Jahren nur noch Reserve) einfach nur zu blöd an und kann das alles nicht mehr nachvollziehen. Aber vielleicht ist da auch eine gesunde Portion ziviler Ungehorsam ggn. sinnloser Paragraphenmentalität mit dabei.
Ich habe mich als Lediger seit jeher dort angemeldet wo ich auch meinen Lebensmittelpunkt gesehen habe. Und das war nie der Dienstort. bis auf eine Ausnahme, als der letzte Dienstort Kiel wurde, und da habe ich bereits seit 9 Jahren gelebt. Auch an der HSU wurde einmal kurz gelacht, angemeldet als Zweitwohnsitz und der Gruppenleiter von seinem unbeugsamen OLtzS mit Schnappatmung stehengelassen.
Was mich wieder zurück bringt zur Kernaussage meiner Beispiele: Manchmal muss man einfach mal die Dinge auf sich zukommen lassen, und dann auch etwas ausdiskutieren. Geht alles.
Rechte und linke Grenze ausfahren und nicht immer nur stumpf auf dem Tonnenstrich mein Heil suchen
Wie sich das Melderecht definiert hat sich in den letzten Jahrzehnten durch Gerichtsurteile herausgestellt. So weit ich weiß, da wo man sich die meiste Zeit außerhalb seiner Arbeitszeit aufhält. Dass für Marine und Auslandseinsatz Sonderregelungen gelten ist doch selbstverständlich.
Gerade als Soldat und Teileinheitsführer sollte man doch wissen: Die STAN muss stimmen. Warum nur sollte das im Melderegister plötzlich nicht so wichtig sein?