Ausweitung von Atalanta: Verhandeln in Deutschland

Nachdem die EU am vergangenen Donnerstag und Freitag – wie erwartet – ihre Antipirateriemission Atalanta verlängert, aber vor allem ausgeweitet hat und künftig auch den Zugriff der Piratenjäger am somalischen Strand und in den somalischen Binnengewässern erlauben will, stehen jetzt die innenpolitischen Verhandlungen darüber in Deutschland an. Denn eine Erweiterung der Atalanta-Befugnisse gilt für die Deutsche Marine nur, wenn das auch durch das Parlamentsmandat abgesichert ist.

Zerstörung von Piratenbooten durch die deutsche Fregatte Köln vor der Küste Tansanias im November 2011 (Foto: PIZ Djibouti/Bundeswehr via flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)

Der EU-Beschluss, zunächst der Verteidigungs- und dann der Außenminister, in den dürren Worten der Brüsseler Mitteilung vom Freitag:

Today’s decision also extended the force’s area of operations to include Somali coastal territory as well as its territorial and internal waters. This is to enable Operation Atalanta to work directly with the Transitional Federal Government and other Somali entities to support their fight against piracy from the coastal area. In accordance with the relevant UN Security Council resolutions, the Somali government has notified the UN Secretary General of its acceptance of the EU’s offer for this new collaboration.

Der Knackpunkt ist natürlich, neben den Binnengewässern (internal waters, was sich vor allem auf Flussmündungen bezieht) das Somali coastal territory, also der Streifen an Land, an dem die Seestreitkräfte der EU künftig vor allem Piratenboote und -logistik zerstören dürfen. Vom Rat der Außen- und Verteidigungsminister wurde dieser Bereich nicht genauer definiert; die präzise Festlegung soll dem Concept of Operations (ConOps) und den Einsatzregeln (Rules of Engagement, ROEs) vorbehalten bleiben. Dem Vernehmen nach wurden die Überlegungen der Militärs von zunächst fünf auf eine Seemeile reduziert – für die politische Entscheidung sollen solche Meterzahlen aber keine Rolle spielen, in der Überlegung, dass die Piraten bei jeglicher Festlegung dann zehn Meter hinter der Grenzlinie ihre Ausrüstung deponieren. Dafür wird bereits in der EU-Erklärung hervorgehoben, dass die somalische Übergangsregierung diese Ausweitung unterstütze.

Die vage politische Formulierung macht nun die deutsche Mandatierung politisch ein wenig schwierig. Zwar dürften die Experten in Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt in den Entwurf hineinschreiben, dass nur ein sehr begrenzter Bereich an Land künftig zum Atalanta-Einsatzgebiet gehört. Ob das vor allem die Opposition überzeugt, ist noch unklar. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold erneuerte heute in der Oldenburger Nordwestzeitung noch mal seine grundsätzliche Kritik und warnte, der Bundestag solle nicht Mandate beschließen, die nicht eindeutig, klar und transparent sind.

Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition dürften zu Beginn der kommenden Woche an Fahrt aufnehmen. Denn noch steht die Planung, bereits am kommenden Mittwoch einen Mandatsentwurf im Bundeskabinett zu beschließen und ihn so ins Parlament einzubringen, dass das neue Mandat nach der Osterpause Ende April vom Bundestag gebilligt werden kann.

Voraussichtlich am kommenden Mittwoch wird auch der Kommandeur der EU-Operation, der britische Konteradmiral Duncan Potts, in Berlin den Abgeordneten im Verteidigungsausschuss die neue Planung erläutern. Von seiner Überzeugungskraft dürfte ein wenig abhängen, ob es über die Koalitionsfraktionen hinaus Zustimmung zu der Erweiterung geben wird.

Zum Thema Pirateriebekämpfung noch ein Lesetipp: Auf der Seite der privaten Sicherheitsdienste, die in Somalia und auf See tätig sind, kommen nach einem BBC-Bericht meistens die Briten zum Zug.