Koran auf dem Müll: When will they ever learn?
Der Krieg, oder auch: der Einsatz in Afghanistan dauert nun mehr als zehn Jahre, und selten fehlen die Hinweise, dass er a) länger dauert als Erster und Zweiter Weltkrieg zusammen und b) dass es kein Krieg gegen den Islam ist. Ok. Nur, warum, ist dann bei manchen ISAF-Soldaten noch immer nicht ein Mindestmaß an interkultureller Kompetenz angekommen?
Heute morgen hat sich der ISAF-Kommandeur, der amerikanische General John R. Allen, in einer offensichtlich sehr schnell aufgenommenen Videobotschaft beim afghanischen Volk entschuldigt: Nach Berichten wurde auf der ISAF-Basis in Bagram, de facto eine US-Basis, eine große Menge religiöser Schriften auf den Müll geworfen – darunter das heilige Buch der Muslime, der Koran. Wer sich erinnert, welche wütenden und teils gewalttätigen Demonstrationen schon die Ankündigung (!) einer Koranverbrennung durch einen evangelikalen amerikanischen Prediger in islamischen Ländern ausgelöst hat, wird sich nicht wundern, dass dieser Vorfall die Emotionen hoch schlagen lässt.
(Der Text von Allens Ansprache hier.)
Ein bisschen mehr Information dazu hat die New York Times. Nach den dort zitierten Aussagen afghanischer Arbeiter scheint es, das Material einschließlich der Koran-Ausgaben wurde nicht nur auf den Müll geworfen, sondern zur Müllverbrennung gebracht.
Ja nee, is‘ klar. Unklar ist nur, ob es unter Dummheit oder unter krimineller Energie abzubuchen ist. Der nächste tote ISAF-Soldat, der von jemandem in afghanischer Uniform erschossen wird, geht auf das Konto einiger Idioten in Bagram.
Nachtrag: Dummheit oder, neutraler ausgedrückt, ein dummer Fehler. Eine längere Erklärung von Allen dazu. This was unintentional.
Nachtrag: Um das Problem von Angriffen afghanischer Soldaten und Polizisten (oder auch: Aufständischen in deren Uniform) auf ISAF-Truppen anzugehen, soll der afghanische Geheimdienst künftig die eigenen Truppen überwachen, berichtet das Wall Street Journal: Afghanistan to Spy on its Soldiers
Im wahrsten Sinne des Wortes wurde der Konflikt wieder angeheizt. Daneben stehen, Kopf schütteln – und sich fragen, warum kein Militärpfarrer eingeschritten ist.
Gratulation an diejenigen, denen diese Eskalation jetzt nützt.
Nein, der nächste tote ISAF Soldat geht auf des Konto des Schützen.
Ich weiß, wie es gemeint ist und dass hier kein religiöser oder kultureller Habitus als Rechtfertigung für einen Anschlag dargestellt werden soll. Trotzdem muss zumindest in unseren Gedanken eine Trennung herrschen.
Auch auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen oder als intolerant zu gelten, ich halte die islamische Religion für das Kernproblem in den dortigen Regionen. Warum gibt es denn in der islamischen Welt die geringste Quote an Akademikern, wissenschaftlichen Entdeckungen, die höchste Rate an autoritären Regimen und Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierung von Frauen und Minderheiten? Weil der Islam – insbesondere seine sektiererischen, militanten Splittergruppen – das Fundament für Rückständigkeit, Gewalttätigkeit und „Verdummung“ bei der Bevölkerung liefert. Nicht, dass es so sein müsste, wie das Mittelalter zur Zeit der Kreuzzüge bewies, in der die islamische Welt der Christlichen in kultureller und wissenschaftlicher Sicht noch teilweise um einiges voraus war. Die momentan in vielen islamischen Ländern ausgeübte Form dieser Religion ist des „Teufels“! Man soll auch den Muslimen durchaus mal zeigen, was man über ihre Religion denkt und wenn das ihre religiösen Gefühle verletzt, dann ist das wohl beabsichtigt. Dieser „Apeasement“-artige Kuschelkurs mit Ideologien von vorgestern geht mir einfach gewaltig auf den Keks.
Uuups das war jetzt aber vollkommen pi ;-)
@TheDude.
Das mag sein, nur ist Afghanistan nicht der richtige Ort, damit anzufangen und solche Islamkritik muß nun mal vor „operational necessities“ zurücktreten.
Man kann über Nacht nicht hunderte von Jahren rückgängig machen und damit, daß irgendein Haßprediger normale Afghanen aufstachelt und Wachen dann einige von diesen erschießen müssen, damit ist niemandem gedient.
aber man sollte sich solche „besserwessi“-touren sparen, wenn man nicht zu hause ist, sondern in anderer leute vorgarten die besatzungsmacht spielt.
mal abgesehen davon, möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass wir hier trotz und nicht wegen unserer „christlich-abendländischen“ Traditionen solche Segnungen wie Demokratie und empirischer Wissenschaft genießen können.
@markus
„mal abgesehen davon, möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass wir hier trotz und nicht wegen unserer “christlich-abendländischen” Traditionen solche Segnungen wie Demokratie und empirischer Wissenschaft genießen können“
Soso, und womit begründen Sie diese „Weisheit“?
Auch mir geht die ständige Appeasementpolitik gegenüber den ach so gläubigen Islamisten etwas gegen den Strich.
Aber: So etwas gehört sich nicht. In beide Richtungen. Und gerade da wir als „Friedensbringer“ angetreten sind, wirkt solch ein Verhalten natürlich eskalierend.
Auch sollte man bedenken, dass nicht jeder US-amerikanische Soldat eine monatelange Vorbereitung genießt, so wie das in D der Fall ist.
Sogar den militärischen Führern fehlt vielleicht oftmals das Einfühlungsvermögen, besonders zur Zeit, da in den USA ein fast schon christlich-radikaler Wahlkampf geführt wird und auf allen Kanälen, zu allen Zeiten, von allen öffentlichen Personen ihr „richtiger“ Glaube offensiv vertreten wird. Das muss man vielleicht bedenken, bevor man über diesen Fehler einiger Weniger urteilt.
(Auch wenn das natürlich der durchschnittliche Afghane nicht leisten können wird)
Kein Wunder, dass das Altpapier-Recycling in Afghanistan nicht auf die Füße kommt. (Von dem, was mit den Fehldrucken in saudischen Druckerein passiert, ganz zu schweigen). Unklar bleibt mir allerdings, was Analphabeten mit gedruckten Koranen anfangen. Oder ist das nur „Lorum ipsum“, ergo Blindtext auf Arabisch?
Wäre doch schön, wenn wir jetzt nicht hier auf das Niveau amerikanischer Fundamentalisten absinken würden, die Obama Christenverfolgung vorwerfen, weil er den Kampf gegen die Lord’s Resistance Army in Uganga militärisch unterstützt…
Wenn in Deutschland ein „islamischer Mitbürger“ eine Bibel verbrennt, interessiert das die Öffentlichkeit genau so viel, als wenn in China ein Fahrrad umfällt.
Zitat aus Spiegel online „…Die Koranexemplare hätten sich im Müll befunden, den zwei Soldaten zu einer Grube auf dem Gelände gebracht hätten, um ihn dort zu verbrennen, sagte der Vertreter der Provinzregierung, Ahmed Saki Sahed…“
Es war schlichtweg ein Versehen. Wer schaut bei uns in Mülltonnen, ob sich nicht eine Bibel darin befinden könnte?
Man kann aus allem ein Verbrechen des „Westens“ machen.
Übrigens. Wieviele katholische Kirchen gibt es in AFG?
@ koffer …
mit brennenden Vertretern der Aufkärung?
Manche Leute machen aus einer Muecke einen Elefanten nur um ihr in den Popo schauen zu koennen ;-)
Gen. Allen haette sich an den alten Spruch halten sollen:
Si tacuisses, philosophus mansisses….oder so. Sein Statement wird wahrscheinlich Afghanistan-weit ausgestrahlt etc und das nennt man dann Remote Controlled StratCom. Ein ISAF Kommandeur, der sich immer nur mit Entschuldigungen an das afghanische Volk wendet is ja genau das, was Karsai und die Taliban brauchen.
[Diese Kommentar ist mir gestern leider durchgerutscht. Für islamophobe Pöbeleien kennen Sie bestimmt die einschlägigen Fachseiten. Kommentar gelöscht. T.W.]
„Man betrachte z.B. den Koran: dieses schlechte Buch war hinreichend, eine Weltreligion zu begründen, das metaphysische Bedürfniß zahlloser Millionen Menschen seit 1200 Jahren zu befriedigen, die Grundlage ihrer Moral und einer bedeutenden Verachtung des Todes zu werden, wie auch, sie zu blutigen Kriegen und den ausgedehntesten Eroberungen zu begeistern. Wir finden in ihm die traurigste und ärmlichste Gestalt des Theismus.“ – Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Zweiter Band, Zum ersten Buch, zweite Hälfte, Kapitel 17
Je mehr Kommentare ich hier lese, um so mehr muss ich den drastischen Ton von T.Wiegold in seinem Ausgangsbeitrag für angemessen halten. Leider!
Als Soldat habe ich geschworen: „…das RECHT und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen…“
wenn ich dann lese, dass ein deutscher Politiker fordert, dass (teilweise) die Scharia in Deutschland gelten soll………… kopfschütteln…….
@TomTom:
Sie überschätzen aus meiner Sicht die Qualitätsunterschiede in der deutschen und amerikanischen Einsatzvorbereitung.
So toll wie wir glauben sind wir hier nicht.
@Luftwebel – 21. Februar 2012 – 13:26: „wenn ich dann lese, dass ein deutscher Politiker fordert, dass (teilweise) die Scharia in Deutschland gelten soll…“
Dann lesen Sie doch einfach weiter und lernen Sie, dass die Scharia (also Teile davon) schon seit langem von deutschen Gerichten problemlos angewendet wird: http://blog.beck.de/2012/02/21/die-scharia-in-deutschland
@Sascha Stoltenow
„Unklar bleibt mir allerdings, was Analphabeten mit gedruckten Koranen anfangen. Oder ist das nur “Lorum ipsum”, ergo Blindtext auf Arabisch?“
Die Übersetzung des Korans in die Landessprache gilt ebenfalls als Blasphemie, weil der Koran islamischem Glauben nach in arabischer Sprache offenbart wurde. Der arabische Text wird von der Masse der Bevölkerung nicht verstanden, aber einige können die arabische Schrift lesen und den Koran somit rezitieren, was im islamischen Ritus einen hohen Stellenwert hat. Es gibt nicht wenige Afghanen, die den arabischen Text vollständig auswendig können, ohne mehr als einige ins Dari oder Paschtu übernommene arabische Begriffe zu verstehen.
Die außerordentliche Achtung vor dem Koran ist real und geht soweit, dass es Blasphemie darstellen würde, z.B. Flugblätter zu drucken, auf denen Korantext wiedergegeben wird. Die Blätter könnten zu Boden fallen etc. Auch als Blasphemie gilt es, wenn „unreine“ Nichtmuslime Koranexemplare berühren. Ich wäre daher vorsichtig jeden, der unwissentlich eines der vielen Tabus verletzt, als „Idioten“ zu bezeichnen. Herr Wiegold, Sie betrachten sich selbst doch vermutlich nicht als „unreinen Christen“, der nicht würdig genug ist, ein Koranexemplar in die Hand zu nehmen? Natürlich nehme ich selbst z.B. Koranexemplare in die Hand (z.B. um darin zu lesen), auch wenn ich dies aus rein taktischen Gründen nicht in einem afghanischen Haushalt tun würde.
Wer im afghanischen Umfeld erfolgreich agieren will, muss solche Bedingungen natürlich zur Kenntnis nehmen und in Teilen auch respektieren. Auch die Doppelmoral, die Afghanen nicht protestieren lässt, wenn Aufständische z.B. bei Anschlägen auf Schulen regelmäßig Koranexemplare verbennen oder den gewalttätigen Fanatismus breiter Teile der Bevölkerung, wenn z.B. zur Hatz auf heimlich zum Christentum konvertierte Afghanen gerufen wird. Man muss auch damit klarkommen, dass es sich bei fast allen Vorwürfen angeblicher Koranschändungen durch ISAF um abstruse Gerüchte handelt, die aber gut funktionieren, weil bei solchen Vorwürfen der ohnehin nur gering vorhandene kritische Verstand vollends ausfällt. Das ist eben so, und wir ändern daran nichts.
Problematisch finde ich es allerdings die Einstellung hinter dem Satz: „Der nächste tote ISAF-Soldat, der von jemandem in afghanischer Uniform erschossen wird, geht auf das Konto einiger Idioten in Bagram.“ Für Mord ist immer noch der Mörder verantwortlich, und eine interkulturelle Sensibilität, die alle eigenen Werte über Bord wirft, würde rasch zu Auflösungserscheinungen auf der eigenen Seite führen. Vielleicht kann man vom Verhalten der Afghanen ja gerade das Gegenteil lernen (etwa für die Integrationsdebatte), denn offensichtlich erzeugt das kompromisslose Festhalten an eigenen Werten ja zumindest unter westlichen Beobachtern vor allem Respekt und Anpassungsbedürfnis. Die vor allem unter afghanischen Muslimen verbreitete Ablehnung des „christlichen“ Westens entsteht nicht nur aus wahrgenommener Provokation, sondern speist sich auch aus einem Gefühl der Verachtung für Gesellschaften, die als werte-los wahrgenommen werden.
@ Tom
Hmm …grübel.
(Sarkasmus an)
Soll ich meine 17 jährige Tochter nun steinigen oder nicht, wenn diese mir innerhalb eines Jahres den dritten Typen ins Haus bringt? (Sarkasmus aus!)
Ich bin kein Fachmann für Religionen, nicht mal ein besonders gläubiger Mensch, aber ich stelle mal die Behauptung auf, dass ich mit dem christlichen Glauben genau so viele völlig ungebildete, am absoluten Existenzminimum lebende Menschen ohne breiten Zugang zu Informationen aufstacheln kann, wie mit dem Islam.
Der Einwand oben, dass wir unsere liberalen Gesellschaften nicht durch, sondern trotz unserer religiösen Vergangenheit haben, scheint mir absolut zutreffend.
@j. hunter : Hat ja niemand bezweifelt, jedoch ist die westliche Gesellschaft „gottlob“ mitlerweile zum großen Teilen atheistisch/agnostisch. Von christlichen Fundamentalisten/Realitätsverweigerern in den USA oder Bayern vielleicht mal abgesehen ;-)
@ j.hunter: Zustimmung.
Insgesamt erscheint mir der Islam von seiner Entwicklung dem Christentum recht aehnlich, das Ganze ist nur um 800 Jahre auf der Zeitachse nach links verschoben zu betrachten.
Da war das Christentum auch schon mal – angefangen beim „Sendungsbewusstsein“ (u.a. Kreuzzuege/ Verfolgung Andersdenkender/ „Ketzertum“) bis hin zur alt-testamentlichen Auslegung des Verhaeltnisses Mann-Frau.
Eigentlich sollte man es vor Ort aber „besser“ wissen, ohne aber zusaetzliches Oel ins Feuer giessen zu muessen – wenn es wirklich eine wahre Geschichte ist.
Sortieren wir doch mal – jenseits der Diskussion über den Islam: Es gibt Dinge, auf die eine Gesellschaft allergisch reagiert – und das müsste jeder wissen, der dort in einem militärischen Einsatz ist. Wenn dann, aus Dummheit oder Fahrlässigkeit, diese Dinge ignoriert werden und daraus, neutral formuliert, ungewünschte Effekte entstehen, sind schon die Dummen oder Fahrlässigen dafür verantwortlich. Der Vergleich hinkt wie immer, aber: auf einer Republikaner-Versammlung im Mittleren Westen eine US-Flagge zu verbrennen, ist vermutlich auch nicht gesund. Selbst wenn das vom Recht auf Meinungsäußerung der Verfassung gedeckt ist.
@ Tom | 21. Februar 2012 – 13:43
Es ist nicht ganz falsch, aber irreführend zu schreiben, die Scharia werde auch in Deutschland angewandt. Richtig ist, dass in den meisten islamischen Ländern die Scharia, also das religiöse Recht, gleichzeitig das – staatliche – Privatrecht bildet, z. B. das Scheidungsrecht.
Ausländisches Privatrecht wird unter bestimmten Voraussetzungen von deutschen Gerichten dann angewandt, wenn die Beteiligten ausländische Staatsangehörige sind und/oder z. B. die Ehe im Ausland geschlossen wurde.
Das kann Probleme aufwerfen. Im katholischen Spanien etwa waren bis in die 70er Jahre hinein Ehescheidungen durch staatliche Gerichte generell nicht möglich. Das hatte zur Folge, dass auch deutsche Gerichte eine Ehescheidung ablehnten, wenn spanisches Eherecht anzuwenden war.
Diesem Misstand schob allerdings das Bundesverfassungsgericht mit einem als „Spanierentscheidung“ bekannt gewordenen Beschluss einen Riegel vor.
Dem rheinland-pfälzischen Justizminister hingegen schwebte etwas anderes vor: Er wollte Schariagerichte gleichsam als erste Instanz im deutschen Rechtssystem etablieren, und dagegen gab es zu Recht einen Aufschrei.
@chickenhawk | 21. Februar 2012 – 14:28:
„Dem rheinland-pfälzischen Justizminister hingegen schwebte etwas anderes vor: Er wollte Schariagerichte gleichsam als erste Instanz im deutschen Rechtssystem etablieren, und dagegen gab es zu Recht einen Aufschrei.“
Schauen wir doch mal in die Originalquelle, was er angeblich gesagt hat: http://www.bz-berlin.de/archiv/spd-minister-haelt-scharia-richter-bei-unsfuer-denkbar-article1376964.html
„Wenn das in Form von Schiedsgerichten geschieht wie im Handel oder im Sport, dann ist das vertretbar. … Voraussetzung sei, dass beide Streitparteien ein solches islamisches Gericht akzeptieren. Dann sei auch die Scharia, das islamische Recht, als Grundlage vertretbar. Allerdings sei die Scharia nur in einer modernen Form akzeptabel. „Steinzeit werden wir nicht tolerieren. Steinigen ist menschenrechtswidrig.“ Bei Straftaten dürften Scharia-Gerichte in Deutschland generell nicht tätig werden – aber bei Streit um Geld, bei Ehescheidungen oder Erbsachen.“
Ein Schlichter hört beide freiwillig vertretenen Parteien an und macht einen Vorschlag, welcher angenommen oder abgelehnt werden kann. Ob da nun auf gedanklicher Scharia-Basis oder gemäß Emma-Weltbild vorgeschlagen wird, ist doch egal – solange beide Parteien frei entscheiden können. Ebenso ist egal, ob sich die Parteien unnormiert in einer Teestube vom Gemeindeältesten beraten lassen oder ob dieses Verfahren in eine feste staatliche Norm gegossen/geschrieben wird.
Das ist jedenfalls weit weg von einer „erste[n] Instanz im deutschen Rechtssystem“, sondern nahe an sonstigen Schiedsgerichten oder dem Modewort Meditation.
@Memoria: Ich denke schon, dass sich ein deutscher Hauptgefreiter eher seiner Rolle in der Welt bewußt ist, als dies zum Beispiel bei einem Specialist der US Army der Fall ist.
Dies liegt zum Einen an der (meiner Meinung nach) besseren Vorbereitung als auch in der schlichtweg besseren Auswahl an Soldaten und deren Führer.
Wie sich das mit den nächsten Jahren ändern wird, sehe ich durchaus mit Sorge.
Dazu kommt noch eine auf amerikanischer Seite deutlichst längeren Stehzeit im Einsatz und somit einer stärkeren Abstumpfung oder vielleicht L.m.a.a.-Haltung.
@j.hunter
„Ich bin kein Fachmann für Religionen, nicht mal ein besonders gläubiger Mensch, aber ich stelle mal die Behauptung auf, dass ich mit dem christlichen Glauben genau so viele völlig ungebildete, am absoluten Existenzminimum lebende Menschen ohne breiten Zugang zu Informationen aufstacheln kann, wie mit dem Islam.“
Ihre Position dürfte repräsentativ für die des postmodernen, säkularen, liberalen Bewohners westlicher Gesellschaften sein, der alle Menschen und Kulturen für gleich hält und meint, dass es unethische Diskriminierung darstellen würde, essentielle Unterschiede zwischen diesen einzugestehen oder gar seine eigene Identität als besonders erhaltenswert anzunehmen.
Umgekehrt würden Sie aber über Afghanistan hinaus von Indonesien bis Marokko nur eine sehr kleine Zahl von Muslimen finden, die öffentlich erklären würden, „nicht besonders gläubig zu sein“ oder ihre Religion gar zur einer unter vielen herabwürdigen könnten. Von Armut und Bildung ist diese Einstellung weitgehend unabhängig und findet sich im reichen Saudi-Arabien vermutlich in noch extremerer Form als im armen Pakistan. Dies äußert sich auch im weltweit zu beobachtenden Muster einer ständigen Wahrnehmung unter Muslimen, dass der Islam laufend irgendwie „beleidigt“ etc. werde. Umgekehrt finden Sie dieses Muster allenfalls in deutlich abgeschwächter Form. Die weltweite Karikaturenkampagne, zu der es keine nichtmuslimische Analogie gibt, unterstreicht dies. Mein Lieblingsvorfall eines der vielen Fälle sich angegriffen fühlender Muslimidentität: http://en.wikipedia.org/wiki/Sudanese_teddy_bear_blasphemy_case
Ein Blick in das Vereinigte Königreich England könnte bei der Frage Scharia „ja oder nein“ hilfreich sein. Hier der Link dazu:
http://www.matribunal.com
Ein Deutsches Schiedsgericht unterliegt der Staatlichen Kontrolle. Auch Schiedsstellen werden vom Staat beaufsichtigt und sind gehalten die Staatsagenda durchzusetzen. Wenn die Leute scheiße bauen, ist der Laden schnell dicht.
Jeder Schariarichter urteilt nach seiner eigenen Wertevorstellung, ohne das der Staat oder andere Einrichtungen das Kontrolieren kann. Was Schariarichter A verurteilt, findet Schariarichter B völlig in Ordnung. Wer für die einführung von Schariagerichte ist, will damit unser Rechtssystem aushölen und Wild West Gerichte legalisieren.
Das wird jetzt nicht zum OT Scharia in Deutschland?
@Ben:
Wo findet sich denn die zwingende Durchsetzung der deutschen Staatsagenda?
Ich lese das in § 1051 ZPO – Anwendbares Recht bei Schiedsrichterlichen Verfahren anders:
„Das Schiedsgericht hat die Streitigkeit in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften zu entscheiden, die von den Parteien als auf den Inhalt des Rechtsstreits anwendbar bezeichnet worden sind.“
Und das bei Scharia-Schiedsgerichten je nach Entscheider unterschiedlich entschieden würde, unterscheidet Schiedsgerichte nicht ansatzweise von ordentlichen Gerichten.
@ Tom | 21. Februar 2012 – 15:17
Ich denke, wir können diese Fragen im Rahmen eines sicherheitspolitischen Blogs eher schlecht erörtern.
Halten wir als Ergebnis einfach mal fest, dass sich in der rheinland-pfälzischen SPD derzeit keine Mehrheit für öffentliche Steinigungen als Teil einer Justizreform findet. Und das ist ja auch schon mal etwas wert.
;-)
Merkwürdig, das von uns „Toleranz“ gefordert wird, wenn es um den Umgang mit einer fremden, für uns nichtssagenden Schrift geht-aber das diese „Toleranz“ umgekehrt nicht gelten soll, wenn man Verständnis dafür fordert, das der Koran für uns „westliche“ nichts anderes als ein Buch ist…
Den Islam zeichnet u.a. aus, das der Mann dort „stark“ ist-er trifft Entscheidungen, und setzt diese dann auch um..
Die westliche Art („ich weiß nicht“…..“sollen wir wirklich?“…..“oder lieber nicht?“) trifft dort vor allem auch deshalb auf Unverständnis.
Es zeugt nicht gerade von Weitsicht, wenn man eine solche Aktion offiziell anordnet….
Noch weniger, das es dann tatsächlich „Dumme“ gibt, die so etwas auch noch „offiziell“ machen….
Scheinbar sind wir (=der „Westen“) bei unseren Bestrebungen, das ALLE Soldaten einen gewissen Bildungsstand haben sollen (und damit verbunden auch eine bestimmte Intelligenz) wohl doch noch nicht so weit, wie gedacht…..
Um mal einen Teil eines Kommentars von SPON zu zitieren:
„Heben die denn alle jemals gedruckten Korans auf? Ist dann ein Brandstifter eines Hauses mit Koran auch ein noch schlimmerer Finger?“
Mag sein, dass die Frage ein wenig Ironie durchblicken lässt, den Sachverhalt trifft sie aber im Kern. Es ist in meinen Augen auch eine gesteuerte und gewollte Empörung. Denn wie von dem Verfasser der obigen Fragen schon richtig angemerkt wird: Man kann sich nur schwerlich vorstellen, dass kein einziger Afghane jemals – sei es aus Versehen oder absichtlich – einen Koran beschmutzt oder zerstört hat.
@Orontes:
„Ihre Position dürfte repräsentativ für die des postmodernen, säkularen, liberalen Bewohners westlicher Gesellschaften sein, der alle Menschen und Kulturen für gleich hält und meint, dass es unethische Diskriminierung darstellen würde, essentielle Unterschiede zwischen diesen einzugestehen oder gar seine eigene Identität als besonders erhaltenswert anzunehmen.“
Ich halte nicht alle Kulturen für gleich und das habe ich auch nicht geschrieben. Es ging mir nur darum zu sagen, dass man auch mit anderen Religionen (hier das Christentum, über bspw. den Buddhismus möchte ich mich nicht äußern, da ich ihn nicht kenne) ähnlichen Fanatismus erzeugen kann, wenn man nur die äußeren Rahmenbedingungen ausnutzt. Ich halte Religionen allgemein für ein gefährliches Instrument in den Händen von den falschen Leuten.
Und meine eigene Identität ist zwar durch das Christentum geprägt, je älter ich werde umso mehr entferne ich mich aber davon (die Erziehung im Kindesalter wird aber vermutlich immer im Hinterkopf bleiben). Im Moment empfinde ich es von jedem, der mir aufgrund SEINES Glaubens etwas über MEINEN Lebensstil sagen möchte als arrogant. Das gilt sowohl für islamische Prediger, als auch für die christlichen Kirchen in Deutschland, als auch für mehr oder weniger radikale Absplitterungen davon.
Ich halte meine eigene Identität sehr wohl für schützenswert, sehe mich aktuell hier in Deutschland aber nicht nennenswert darin bedroht, schon gar nicht vom Islam, wenn dann eher von den christlichen Kirchen.
Mir ist es egal was jemand glaubt, solange es mich nicht über Gebühr einschränkt. Ich bin bereit auf die religiösen Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen, ich schreie in einer Kirche nicht rum, ich betrete mit Schuhen keine Moschee etc. etc., aber wie ich mein Leben leben möchte entscheide ich selbst.
„Umgekehrt würden Sie aber über Afghanistan hinaus von Indonesien bis Marokko nur eine sehr kleine Zahl von Muslimen finden, die öffentlich erklären würden, “nicht besonders gläubig zu sein” oder ihre Religion gar zur einer unter vielen herabwürdigen könnten.“
Das müssen sie in meinen Augen auch gar nicht. Das tut mir ja erstmal nicht weh, dass sie ihrer Religion für die einzig wahre halten. Ich bezweifle zwar, dass es diese Religion überhaupt gibt aber wenn sie damit glücklich werden, dann sollen sie. Kritisch wird es an dem Punkt, wo man mir vorschreiben will, was ich zu tun und zu glauben habe (siehe oben).
„Von Armut und Bildung ist diese Einstellung weitgehend unabhängig und findet sich im reichen Saudi-Arabien vermutlich in noch extremerer Form als im armen Pakistan.“
Es ist aber einfacher Leute zu finden, die bereit sind, sich (vermeintlich) für eine Religion die Hände schmutzig zu machen (sprich: töten, foltern etc.), wenn Bildung und Informationen Mangelware sind.
„Dies äußert sich auch im weltweit zu beobachtenden Muster einer ständigen Wahrnehmung unter Muslimen, dass der Islam laufend irgendwie “beleidigt” etc. werde. Umgekehrt finden Sie dieses Muster allenfalls in deutlich abgeschwächter Form. Die weltweite Karikaturenkampagne, zu der es keine nichtmuslimische Analogie gibt, unterstreicht dies.“
Natürlich ist es albern sich immer sofort beleidigt zu fühlen, da würde etwas mehr Vernunft helfen, keine Frage.
Wenn ich mich aber an die geplante Koranverbennung dieses amerikanischen Predigers erinnere, dann war das einfach ein völlig sinnlose Provokation, denn außer Medienecho hat der Mann ja nichts davon. Das würde ich wieder unter Rücksicht auf andere einordnen. Wobei ich es ablehne mir jeden Schuh anzuziehen und auf die Meinungsfreiheit zu verzichten, damit sich auch bloß niemand auf die Füße getreten fühlt. Wie immer muss man das im Einzelfall abwägen. Ich finde, dass die öffentliche Meinung, besonders in Deutschland, da häufig zur Übervorsichtigkeit neigt.
@ T.Wiegold
Zitat: „Der nächste tote ISAF-Soldat, der von jemandem in afghanischer Uniform erschossen wird, geht auf das Konto einiger Idioten in Bagram.“
Nehmen Sie es nicht persönlich aber ich finde, Sie begeben sich hier argumentativ auf eine ganz gefährlich schiefe Bahn, die dazu führt, dass Täter und Opfer vertauscht werden.
Täter eines Angriffs auf ISAF-Soldaten ist immer noch der Angreifer, und nicht irgendein Müllarbeiter in irgendeiner Basis. Wenn wir anfangen, hier eine Relativierung zuzulassen, dann waren auch die Juden selbst schuld an ihrer Vergasung, haben vergewaltigte Frauen ihre Vergewaltigung durch aufreizende Kleidung selbst verschuldet oder man dürfte als Deutscher jetzt Griechen abknallen, weil die es ja gewagt haben, eine deutsche Flagge zu verbrennen … und das nicht aus Versehen.
All dieser absurde Relativismus vernebelt den Blick auf das Wesentliche.
Hier wird offensichtlich eine gesteuerte Kampagne gegen ISAF geführt. Für solche Kampagnen findet sich immer ein Anlass, wenn man genug Leute gefunden hat, die mitmachen. Das ist der Kern. Dieses Problem muss man angehen. Die Architekten solcher Kampagnen freuen sich immer sehr über nützliche Idioten in westlichen Medien, die das Geschäft der Aufständischen dadurch unterstützen, indem sie ihre Normen und Werte ignorieren und es plötzlich als angemessene Reaktion ansehen/dulden, Menschen zu töten weil irgendjemand auf der Welt etwas mythologisch aufgeladenes Papier verbrennt.
Unabhängig davon ist es selbstverständlich ungeschickt, lokale religiöse Gepflogenheiten zu missachten (sollte sich das bewahrheiten). Nur ist das nicht die Ursache, sondern lediglich der Anlass.
Man sollte alle Menschen, die an einen unsichtbaren imaginären Freund oder lieben, bösen, rachsüchtigen, „whatever“ Gott über den Wolken glauben – oder die so tun als würden sie es – zumindest provozieren. Alle in die Klapse stecken geht ja leider nicht xD Wären es noch Kinder, könnte man – analog zu Christkind und Weihnachtsmann – Rücksicht nehmen auf die Gutgläubigkeit. Aber wir setzen kleine Kinder ja auch nicht in Regierungen oder an Waffen, weil wir das für höchst gefährlich halten… genauso sehe ich das mit religiösen Menschen. Es gibt noch viel zu wenig Provokation solcher Leute!
@Hekto “Heben die denn alle jemals gedruckten Korans auf? Ist dann ein Brandstifter eines Hauses mit Koran auch ein noch schlimmerer Finger?”
Es gibt dazu gewisse Regeln. Vergraben ist eine akzeptierte Lösung, einem fließenden Gewässer anvertrauen eine andere. Bewusstes Verbrennen ist prinzipiell nicht zulässig.
Der Blick auf das Wesentliche. Folgt man der gesamten hier geschilderten logischen Konsequenz bleiben als alleinige Ursache für Kriege und Auseinandersetzung antagonistische Religionen. Dagegen war der kalte Krieg ein berechenbares Schachspiel.
Die „Geschichte“ geht weiter: „Yes, There Is a Base in Afghanistan Named „Aryan,“ and It Is Spelled „Aryan“ “ http://www.huffingtonpost.com/chris-rodda/yes-there-is-a-base-in-af_b_1280198.html
Wie immer erst nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist …
ISAF Commander Issues Directive on Handling of Religious Materials
„So etwas gehört sich nicht.“
Das ist so einfach zu verstehen, dass es vielen Menschen anscheinend zu einfach ist.
Spielen wir stattdessen doch lieber Krieg.
@j.hunter
Nur so viel, grundsätzlich und ohne Wertung:
Christentum: Gewissensreligion, Grundlage ist das „Neue Testament“, Erneuerungsmöglichkeit
Islam: Gesetzesreligion aufgrund des gottgebenen und auf ewig unabänderlichen Koran
Christentum: Feindesliebe, Mitleid, Nächstenliebe gefordert gegenüber allen Menschen (Bergpredigt), Gleichwertigkeit aller Menschen
Im Islam: Obiges sowie Dankbarkeit etc. nicht erlaubt gegenüber Ungläubigen
„Wenn wir Mohammedaner geworden wären, würden wir heute die Welt besitzen.” – Zitat Adolf Hitler, Quelle: Hans-Peter Raddaz, Von Allah zum Terror?, München 2002, 2. Auflage
Unglaublich.
Von Koranverbrennung in AFG zu Hitler in gut acht Stunden! Ich bin beeindruckt.
Ein Hoch auf das „Godwins Law“!
@TomTom
Oje! Ich bekenne mich schuldig! Das mir „der“ auch immer zu allen möglichen Themen in die Quere kommt. Früher waren es wohl nur die alten Römer, die immer für irgend eine Erklärung herangezogen werden konnten.
Also: Lieber Herr Wiegold, bitte letzten Absatz in meinem letzten Kommentar als unnötig streichen!
@ TomTom | 21. Februar 2012 – 19:41
Wenn Sie sich mal die Taliban-Auslegung des Islams und den Nationalsozialismus strukturell näher ansehen und analysieren, dann werden Sie schnell erkennen, dass bei vielen grundlegenden Gedankenmodellen erhebliche Ähnlichkeiten vorliegen.
Es ist ja seit etwa 30 Jahren ein Verdienst der Kairoer (Koran-)Schule, die Auslegung des Korans in eine andere Richtung zu bringen und damit etwas Hoffnung für eine Reformierbarkeit der Grundlagen dieser Glaubensgemeinschaft zu schaffen.
Hochgespielt?
Warum erfolgte denn die öffentliche Entschuldigung?
Doch wohl nur, weil jemand nach aussen getragen hat was passiert ist, und man Angst hatte, dass jetzt die Kacke richtig am dampfen ist.
Ich glaube nicht, dass jemand willentlich und wissentlich einen Koran verbrannt hat, denn auch die (lt. einem der obigen Kommentare) eher schlecht ausgebildeten US-Amerikaner hätte gewusst: „Das tut man nicht“.
Werferfehler
Klar kann man diesen Vorfall in alle Richtungen interpretieren und mit möglichen bzw. unmöglichen Gedanken verstricken.
Aber, sollte man nicht auch bei solchen Dingen „die Kirche im Dorf lassen“??!!
Solche Dinge werden so und in anderer Form immer wieder passieren bzw. immer wieder provoziert und ausgenutzt, positiv und negativ.
COM ISAF hat auf diesen Vorfall reagiert und versucht einem erneuten Vorfall vorzubeugen. Völlig richtig. Denn man kann nicht allem vorbeugen und nicht alles von Anfang an regeln.
Auch werden vermeidbare Fehler immer wieder vorkommen. Es ist meiner Meinung nach nur die Frage, wie man damit umgeht!
Eines der offensichtlichen Ziele der Regierungsgegner in AFG ist es, erfolgreich einen Keil zwischen ISAF und den ANSF zu treiben. Das werden sie weiterhin mit allen Mitteln versuchen und wir (ebenso die Afghanen) werden sicher noch einige Kameraden aufgrund dieser Versuche verlieren.
Das ist sehr sehr bitter, aber leider nicht zu vermeiden.