Minister zur Rüstungsindustrie: Wir müssen reden.

Ein wenig kokettierte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière am (gestrigen) Dienstagabend natürlich mit seinem Ruf als preußisch-strenger Sachwalter, als er auf dem Parlamentarischen Abend des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie den versammelten Managern gleich zu Beginn erklärte: Wer mich kennt, weiß, ich bin ein seltener Gast bei Parlamentarischen Abenden. Es gibt zu viele Verbände, es gibt zu viele Parlamentarische Abende.

Für den Minister war es natürlich dennoch wichtig, gerade bei der Rüstungsindustrie zu erscheinen. Denn in dem großen Paket Bundeswehrreform steckt als einzelnes, aber massives Problem: Wie können die Streitkräfte mit dem Geld, was sie haben, auch das bekommen, was sie brauchen?

Langfristig plant de Maizière, das hat er schon lange angekündigt, grundsätzliche Reformen in der Beschaffung der oft komplexen, meist teuren und oft genug speziell für die Truppe entwickelten Rüstungsgüter – um künftig nicht, wie es einmal ein früherer Luftwaffen-Inspekteur ausdrückte, das Material später als vereinbart, dafür teurer und weniger leistungsfähig zu bekommen.

(Foto: BDSV/Katja Julia Fischer)

Aber unabhängig von dieser grundsätzlichen Frage drängt den Minister wie das Ministerium und die Bundeswehr die Frage, wie und wo kurzfristig dringender Bedarf der Truppe gedeckt werden kann. Dabei ist, sagte de Maizière, nicht die absolute Summe das Problem: 23 Prozent des Verteidigungshaushaltes seien für Investitionen vorgesehen, und er habe nicht die Absicht, da Kürzungen vorzunehmen. Aber unser zentrales Problem ist die Bindung dieser Mittel.

Jeder der versammelten Manager der Rüstungsindustrie wusste natürlich, was gemeint war: Großprojekte, teilweise vor Jahrzehnten begonnen, die einen erheblichen Teil der Investitionsmittel blockieren. Vertragsbindung heisst das, ob das bestellte Material nun noch gebraucht wird oder nicht – zum Beispiel die letzten Exemplare des Eurofighters, die Tranche 3B.

Deshalb die klare Aufforderung des Ministers an die Branche: Wir müssen reden. Und zwar erst mal unabhängig von bestehenden Verträgen. Es wird beschafft, was erforderlich und finanzierbar ist, und nicht, was man gerne hätte und was angeboten wird. Mit anderen Worten: Vertragsbindung kann kein Totschlagargument mehr sein. Verträge müssen auch geändert oder aufgelöst werden können (auch wenn de Maizière das in diesen Worten nicht sagte). Die frei werdenden Mittel, sicherte der Minister zu, würden dann wieder für Investitionen genutzt. Nicht für andere Zwecke wie Personalkosten.

Ohne eine solche Verständigung, warnte der Chef des Wehrressorts, greife Variante zwei: Wir lassen alles wie es ist, nehmen das Material ab – können es nicht betreiben und nichts mehr bestellen. Oder, noch ein bisschen deutlicher: Wenn Nein, dann bleibt es so, wie es ist. Das ist für beide Seiten unerfreulich.

Zu dem Dialog will de Maizière die Spitzen der Unternehmen recht bald einladen. Ich bin ja gespannt, welche Großprojekte am Ende tatsächlich zur Disposition stehen.

Nachtrag: Im Bundestag hat sich der Minister heute fast wortgleich geäußert, wie Reuters berichtet: Verteidigungsminister will Rüstungsaufträge rückgängig machen