Nach dem Tod Osamas: Gezielte Tötung auch deutsche Option?
Interessant ist bei dem Frage-und-Antwort-Spiel mit Politikern meist die Antwort, die sie nicht geben. Wie heute Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Stellungnahme zur Tötung von Osama bin Laden:
Frage: Frau Bundeskanzlerin, dieser Erfolg, den Sie beschreiben, war offenkundig eine gezielte Tötung; vieles spricht dafür. Sollten auch deutsche Sicherheitskräfte in der Lage sein, auf diese Weise gegen Terrorhäupter vorzugehen?
BK´in Merkel: Ich bin heute erst einmal hier, um zu sagen: Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, bin Laden zu töten. Ich glaube, dass es vor allen Dingen für die Menschen in Amerika, aber auch für uns in Deutschland eine Nachricht ist, dass einer der Köpfe des internationalen Terrorismus, der so viele Menschen schon das Leben gekostet hat, gefasst bzw. getötet wurde und damit auch nicht mehr weiter tätig sein kann. Das ist das, was jetzt für mich zählt. Deshalb habe ich meinen Respekt für dieses Gelingen auch dem amerikanischen Präsidenten mitgeteilt, und das war mir auch ein Bedürfnis.
Bislang hatten die Deutschen eine klare rechtliche Position vertreten:
War die Kanzlerin einfach auf eine solche Frage nicht vorbereitet? Das scheint schwer vorstellbar. Vermutlich soll dieses Thema erst mal keins sein.
„@T. Wiegold
Darum würde ich bitten. Sätze wie “und Sie sind nicht mehr (mein) Kamerad”” vergiften das Diskussionsklima, vom § 12 SG ganz zu schweigen. Aber vielleicht beruhigt sich der Kamerad ja wieder von alleine und findet zu einem konstruktiven Diskussionsstil zurück. “
Dazu stelle ich fest:
Kameradschaft steht nicht über dem Recht, sonst wäre es nur Kameraderie.
Kameradschaft setzt gemeinsame Normen und Werte voraus. Nicht jeder der Uniform einer deutschen Armee getragen hat (trägt) ist Kamerad.
Wer die Bindung an Recht und Demokratie für pathetische Nebelkerzen hält muss seine Haltung hinterfragen lassen. Das hat nichts mit dem Klima einer Diskussion zu tun, sondern geht weit über nur klimatische Fragen hinaus. Hier den §12 ins Spiel zu bringen ist schwach.
Im übrigen zurück zur Sache.
OBL hat sich seiner Festnahme mit Waffengewalt widersetzt, er starb bei einem Feuergefecht. Ich sehe hier keine Probleme rechtlicher oder moralischer Art. Ende der Geschichte.
@JeffCostello
„Ende der Geschichte.“
An Ihrem Diskussionsstil müssen Sie wirklich noch arbeiten, auch wenn Sie „Recht und Demokratie“ persönlich verkörpern würden. Aber das ist ja vielleicht gerade das Problem: Je stärker eine Person der Ansicht ist, die Moral als solche zu verkörpern, desto größer ist manchmal auf ihre Neigung, die eigene Position absolut zu setzen. Wenn der Diskussionspartner nicht nur anderer Meinung ist, sondern man meint, dass er die Unmoral in Person ist, werden Diskussionen erfahrungsgemäß häßlich.
Ganz ehrlich… wenn ich diese Debatte lese bin ich froh, dass ich hier sitze und mich mit diesen vielen durchaus interessanten Theorien nicht theoretisch auseinandersetzen zu müssen. Auch Worte können (gezielt) töten.
@jetflyer
„Ganz ehrlich… wenn ich diese Debatte lese bin ich froh, dass ich hier sitze und mich mit diesen vielen durchaus interessanten Theorien nicht theoretisch auseinandersetzen zu müssen.“
Es sei Ihnen gegönnt. Niemand zwingt Sie, mitzudiskutieren. Falls Sie implizieren wollen, dass sich hier außer Ihnen niemand mit diesen Dingen praktisch auseinandersetzt, irren Sie sich jedoch.
Nur so als Einwurf, zur Sachlichkeit der Debatte:
Vielleicht hilft es, wenn man sich deutlich macht was ein Feindstrafrecht ist und was es aus Sicht seiner Erschaffer leisten soll.
FS gliedert eine Gruppe von Menschen wegen Ihrer Gesinnung, Rasse, Volkszugehörigkeit, Religion, Berufsstand aus der Gemeinschadft aus und unterwirft Sie besonderen Regeln, Strafen und vermindert Ihren Rechtsschutz.
Wer das für D will, sollte sich gut überlegen wie unsere Republik dann aussähe. Beispiele aus der Vergangenheit und in Nachbarstaaten gibt es genug.
@JeffCostello
„gliedert eine Gruppe von Menschen wegen Ihrer Gesinnung, Rasse, Volkszugehörigkeit, Religion, Berufsstand aus der Gemeinschadft aus“
Mir war völlig entgangen, dass dies hier jemand gefordert hat. Auf wen beziehen Sie sich genau?
Mit Blick auf den Versuch, die Debatte über Feindstrafrecht zu versachlichen, hier in Interview, das einer der bekanntesten Vertreter eines Feinstrafrechtes, zum Zeitpunkt der lebhaften Debatten darüber gab. Der damalige Bundesinnenminister hattte das gerade so nebenbei bemerkt auch provoziert:
http://www.welt.de/politik/article1497433/Guantanamo_auch_in_Deutschland_denkbar.html
@orontes
Danke für die Hinweise zu meinem Stil in Diskussionen.
Ich bin weit davon entfernt mich für den moralischen Nabel der Welt zu halten. Allerdings erschreckt mich die Beliebigkeit mit der Sie, aus sachlichen Erwägungen heraus, die Grundfestlegungen unseres Gemeinwesens anscheinend bereitwillig zur Disposition stellen. Falls das nicht so ist, sollten Sie an Ihrer Kommunikation arbeiten.
Damit haben wir dann beide etwas zu tun.
Im Übrigen habe ich damit nur deutlich gemacht, wohin ein Feindstrafrecht führt:
Man entzieht dem Gegenüber die Grundlage und behandelt ihn besonders häßlich.
na super… toller Satzdreher und nicht mehr zu bearbeiten… aber ich denke, dass zu verstehen ist was ich sagen wollte…
„Außerdem kämpft der Soldat nicht um zu töten, sondern um seinen Gegener kampfunfähig zu machen. Das unterscheidet Ihn von einem Mörder.“
Falsch. Nach rechtlicher Definition handelt der Mörder aus niederen Instinkten, das unterscheidet ihn vom Soldaten. Aber das war vor ihrer (?) Stabsoffizierausbildung, also vor ca. 20 Jahren… da liegt der Rechtunterricht der Offizierausbildung (?) natürlich noch länger zurück, daher sei ihnen der Fauxpas vergeben.
@orontes
Ich zitiere Sie:
Eine Moral, die keinen Unterschied zwischen ihren Feinden und ihren eigenen (ungeborenen) Kindern oder ihren Verteidigern macht, halte ich für untauglich. Eine Moral, die ihre Feinde sogar besser schützt als die eigenen Kinder, halte ich für pervers.
und etwas weiter unten…
Über die “guten Gründe” könnte man diskutieren. Auch ein Staat mit Feindstrafrecht kann übrigens ein Rechtsstaat sein, solange der Feind nicht willkürlich behandelt wird, und ich würde nicht ausschließen, dass das Feindstrafrecht irgendwann in einer Situation mit stärkerem Handlungsdruck auch in Deutschland wieder eine Renaissance erleben könnte.
@voodoo
Das Alter meiner Ausbildung spielt keine Rolle, es sollen ja Grundsätze vermittelt werden und keine Kochrezepte, Oder ist das inzwischen anders?
Übrigens finden sich durchaus erhellende Übereinstimmungen zwischen den in unserem Strafrecht normierten Mordmerkmalen und dem humantiären Völkerrecht und den dort niedergelegten Regeln der Kampfführung.
Um etwas zur Diskusion beizutragen:
Sind wir überhaupt moralisch in der Position, uns ein Urteil über den gegebenen Sachverhalt zu erlauben? ICH glaube nicht, denn diese unsere Nation hat nichts, aber auch gar nichts, vergleichbares wie 09/11 in ihrer jüngsten Vergangenheit erlebt. Ich bin mir des Weiteren sehr sicher, das hier einige Ansichten anders erläutert werden würden, wenn die Bomben 2006 explodiert wären. Man wettert hier fleissig unter dem Deckmantel der Rechtschaffenheit und Wertegesellschaft und sitzt zufrieden hinter seinem PC und wartet auf eine Antwort, die es zu zerlegen gilt. Irgendwie heuchlerisch, oder?
Damit möchte ich ganz gezielt auch sie ansprechen, werter JeffCostello, denn mit Verlaub: Sie hören sich an, wie eine „kaputte Schallplatte“ der Offizierschule des Heeres zu Dresden oder der Führungsakademie der Bundeswehr – denn dort duldet man ebensowenig kritische Ansätze oder gar Fragen, die der breitgefahrenen Ansicht der vergangenen Jahrzehnte entgegenstehen, wie sie hier in ihren Beiträgen.
Oha…. ähh….
Ich wollte jetzt nicht völlig unbedarft hier reingrätschen, aber!
1. Ziele kann ich immer definieren -> Ziel ist auch weiterhin beim Zugriff das Festsetzen, wenn es sich aufgrund der Gewalteskalation anders entwickelt wird trotz schriftliche fixierten Grundsätzen dieses Ziel über- oder ggf. unterschritten (Flucht)!
2. Alle! Soldaten sind nicht primär dazu ausgebildet, auf die Möglichkeit der Gefangennahme des Gegners hin zu arbeiten. Das ist Wachdienst und Stabilisierungseinsatzromantik…
3. Es ist doch weiß Gott kein Geheimnis, dass es im Rahmen von militärischen! Zugriffsoperationen (nicht nur durch Spezialkräfte) zu Tod oder schweren Verwundungen auf der Seite des Gegners kommt, auch wenn das ZIEL anders lautete.
4. Hallo! That guy was Osama, nicht der (verurteilte) Straftäter aus dem Rotlichtbezirk um die Ecke… Der „David vs. Goliath Mitleids-Gedanke“ scheint hier schon wieder in mehreren Köpfen durchzusetzen. Selbst unsere vor Ethos strotzende BK’in freut…ja, freut sich. Pathos traut sie sich also auch noch zu. Das mag schon was heißen.
5. Und da wir die Beiden ja schon betrachtet haben. Der große Bruder LOGOS muss nicht immer das Recht auf seiner Seite haben. Gezielte präsidiale Auftragstötung zu unterstellen ist eine Sache, gezielte Tötung durch Spezialkräfte innerhalb einer militärischen Operation (welche ja leider nicht nach Hollywood-Drehbuch abläuft -> wirklich, das tut sie nicht…) ist meiner Meinung nach etwas völlig anderes.
Mein Appell daher, bitte einfach mal wieder realistisch Betrachten. Ja, das Festsetzen muss das Ziel (auch weiterhin) sein, die gezielte Tötung dabei jedoch jederzeit als Option in Frage kommen.
Mein Fazit: Kein Thema der BK’in
@ Voodoo:
Das trifft mich jetzt wirklich:
Ich höre mich also an wie meine Ausbilder. Schade gerade diesen Triumph wollte ich Ihnen nie lassen.
Genug der Selbstbespiegelung:
Worum geht es hier eigentlich? Ein Terrorist hat sein Ende gefunden. Gut so!
Die BK freut sich, allerdings vergreift sie sich in der Wortwahl. Uninteressant
Einige spekulieren hier darüber ob D endlich „die Samthandschuhe“ ausziehen soll, überflüssig und am Thema vorbei.
Zum guten Schluß doch noch eine Bildungseinheit:
Gezieltes Töten aus völkerrechtlicher Sicht … und in diesem Falle eines Vertreters des Internationalen Roten Kreuzes (Genf); hier als ppp:
http://www.ithf.de/images/downloads/melzer_targeted_killing_in_international_law.pdf
@J. König
Eine angenehm sachliche Darstellung. Der Autor bringt es m.E. auf den Punkt, wenn er auf die Mythen hinweist, die das Thema umgeben, und auch das irrationale Unbehagen, mit dem auf das Thema manchmal reagiert wird, diagnostiziert er m.E sehr treffend.
Hier noch ein paar für die völkerrechtliche Bewertung relevante Beiträge (Links aus einem leider nicht mehr offen zugänglichen Beitrag des alten „Weblog Sicherheitspolitik“):
– „Gezieltes Töten erlaubt“, Autor ist „Assistant Legal Advisor am Allied Command Transformation der Nato“ http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~EBAC7A12580B041489DD1572DA4158037~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Die gegenwärtige Bundesregierung hat sich übrigens schon in der Vergangenheit positiv zu dem Thema geäußert:
– Westerwelle hält gezieltes Töten für legal: http://www.welt.de/politik/deutschland/article8817332/Westerwelle-haelt-Bekaempfung-von-Taliban-fuer-legitim.html
– Prüfung des BMVg: ‚Gezielte Tötung in Afghanistan im Einzelfall zulässig‘ http://www.ad-hoc-news.de/gezielte-toetung-in-afghanistan-im-einzelfall-zulaessig–/de/News/21509842
Am positivsten aber war der frühere Justizminister Schily: „Die Terroristen sollten aber wissen: Wenn ihr den Tod so liebt, dann könnt ihr ihn haben. […] Das heißt: Wer den Tod liebt und das Leben anderer in Frage stellt, der muss auch mit dem eigenen Tod rechnen.“
http://www.spiegel.de/spiegelspecial/0,1518,307508,00.html
unabhängig von 9/11
unabhängig von der amerikan. Kultur (Mickey Mouse / TV / McDonalds)
….
die Jungs handeln und quatchen keinen Bullshit wie die Grünen oder sonst wer, so muss es sein. Dann gehts voran.
MkG
Die „rechtstaatliche“ Hinrichtung Obamas ist ein Zeugnis für den Wert der westlichen Wertegemeinschaft. Wir sind eben allen Wertegemeinschaften überlegen. ;-)
Wann ist Gaddafi drann? Erst der Gaddafi-Sohn und drei Enkel plus unzählige weitere tote Zivilisten.
Hoffentlich machen sich die Moslems unsere Werte nicht zu eigen.
Mit einem UN-Mandat ist dies keinesfalls zu rechtfertigen.
„sorry,. hier stand Unfug“
Leider war das Gesicht Obamas nicht mehr erkennbar, da man aus Sicherheitsgründen einem alten Mann ins Gesicht schießen mußte. Welch ein unerwarteter Zufall. Für wie dumm hält man uns eigentlich? ;-)
Die Leiche im Wasser und alle Spuren beseitigt.
wer weiss. evtl ein Kuhhandel?
…evtl eine Verschwörung?
evtl. eine Klausel?
k.A., jedenfalls wollen Alle Pix, Videos etc……aber auch die sind manipulierbar.
!!!! Wie dem auch sei,…es wird sich NIX ändern in der nächsten Zeit, oder sehe ich
das falsch? !!! (AFG-Terror-Bla Bla Bla…)
@Stefan: In Ihrem ersten Beitrag haben sie evtl Osama/Obama vertauscht? bzw. auch in Ihrem zweitem Beitrag?
MkG
Das Mandat welches die Grundlage für den Einsatz der Bw in AFG sagt aus das die Truppen die Regierung von AFG unterstützt! Wir sind dort jetzt nicht um die BRD nach einem Angriff auf die BRD oder einen Bündnispartner zu Verteidigen. Wir sind dort in einen Bürgerkriek verwickelt. Im Fall AFG kämpfen die NATO Truppen auf der Seite der Regierung in Libyen kämpft die NATO auf der Seite der Aufständischen. Da stellt sich doch die Frage. Die rechtliche Grundlage bei einem Einsatz in einem Staat ist eine andere als bei einem Konflikt zwischen Staaten. Ich hoffe dass die Regierung der BRD nie in die Lage kommt andere Truppen zur Bewältigung einer innerstaatlichen Krise ins Land zu holen. Wenn doch dann hätten diese Truppen nach der Meinung vieler das Recht nach Art der USA in der BRD zu agieren. Das kann nicht rechtens sein! Egal wo auf der Welt. Terroristen sind Kriminelle und als solches müssen sie behandelt werden oder wir opfern unsere Werte für deren verteidigung viele von uns, vor der Wende, zum Bund und nicht um Soldat zu werden der einfach nur richtig kämpfen kann.
„Altbundeskanzler Helmut Schmidt sieht die US-Militäraktion gegen Osama bin Laden, bei der der Top-Terrorist getötet wurde, kritisch. In der ARD-Sendung Beckmann sagte er, zum einen sei sie ganz eindeutig ein Verstoß gegen das geltende Völkerrecht. Zum anderen könne die Aktion angesichts der Unruhen in der arabischen Welt zu Folgewirkungen führen, die man derzeit nicht wirklich übersehen könne.“
Zur völkerrechtlichen Diskussion eine Diskussion unter Völkerrechtlern hier.
Schmidt sollte sich besser mit Operationen gegen Terroristen außerhalb der eigenen Landesgrenzen auskennen. Schließlich gebührt ihm die Anerkennung dafür, den Befehl zum Einsatz der GSG 9 gegen Terroristen in Mogadischu gegeben zu haben. Seine Bewertung erschließt sich mir daher nicht.
@UmPp | 04. Mai 2011 – 1:29
Zitat: „@Stefan: In Ihrem ersten Beitrag haben sie evtl Osama/Obama vertauscht? bzw. auch in Ihrem zweitem Beitrag?“
Genau so ist es. Danke!
@Orontes | 04. Mai 2011 – 12:24
Hatte Osama Bin Laden bei seiner Tötung auch unmittelbar gefährdete Geiseln in seiner Gewalt? Ich glaube nicht. Schon darum sind beide Fälle höchst unterschiedlich zu bewerten.
Die alternative Bin-Laden-Festnahme. Angesichts der Kritik der deutschen Presse am Vorgehen der Amerikaner hat man sie förmlich vor Augen: Deutsche Gutmenschentrupps auf dem Weg zur Festnahme von Bin Laden in Abottabad/Pakistan. Angeführt von De-Eskalations-Teams, mit Soziologen, Psychologen und Politologen als Speerspitze deutscher Überlegenheit in der Konfliktbeilegung. Tief gestaffelt gefolgt von Streetworkern, Entwicklungshelfern und besorgten TheologInnen und JuristInnen, die selbstverstndlich weiter an der Unschuldsvermutung Bin Ladens festhalten. Dazu noch eine Richterschaft, die auf Resozialisierung spezialisiert ist. Was wäre uns alles erspart geblieben: Die Freude der Kanzlerin, Helmut Schmidts Sorge um das Völkerrecht und überhaupt die Verrohung der Sitten. Aber zum Glück gehört man ja zu den Guten.
Symptomatisch in diesem Zusammenhang für den geistigen Zustand unseres Landes: Wolfgang Thierse (SPD).
„Uns Deutschen ist hoffentlich jede Feier von militärischen Erfolgen vergangen.”
http://www.welt.de/politik/ausland/article13337372/Hassprediger-will-Bin-Laden-in-Frankfurt-huldigen.html
Ich bin dann wohl offensichtlich kein Deutscher, weil ich mich jedesmal gefreut habe, wenn etwas im Einsatz funktioniert hat?
Der Fisch fängt dem Sprichwort nach ja vom Kopf an zu stinken. Da Thierse einmal der zweithöchste Repräsentant des deutschen Volkes war (Bundestagspräsident), passt es hier irgendwie, finde ich. Angesichts solcher Repräsentanten fällt mir die Identifikation mit Deutschland davon abgesehen zunehmend schwer.
Manchmal sehnt man einen Generationswechsel ja geradezu herbei – mir kam dieser Wunsch ganz spontan, als ich das Thierse-Zitat las. Es wird wirklich Zeit, dass in Berlin ein paar Leute ihre Karriere beenden…
@Voodoo
„Es wird wirklich Zeit, dass in Berlin ein paar Leute ihre Karriere beenden…“
Unter Polizisten müssen die Ansichten über Thierse ja auch eindeutig sein, nachdem er sich diesen gegenüber mehrfach in einer Art und Weise verhalten hatte, die ein Gericht jedoch nicht als beleidigend bewertete.
Übrigens schwieg Thierse wie so viele berufsempörte Moralisten, als die ihnen nahestehende Friedensbewegung zur Feier des Todes von Bundeswehrsoldaten aufrief:
http://www.welt.de/politik/deutschland/article5851146/Kriegsgegner-feiern-wenn-deutsche-Soldaten-fallen.html
Ich folgere daraus, dass man für Terroristen wie OBL mehr Empathie empfindet als für die eigenen Soldaten. Jedes weitere Wort zur charakterlichen Beschreibung dieser Personen erübrigt sich daher.
Hm. Jetzt wird eine Debatte über den Tod von OBL, das Völkerrecht und die Aussagen der Kanzlerin jetzt zu einer Beurteilung von Politikern, die mit diesem Thema recht wenig zu tun hat (Ja, ich weiß, der Zustand des deutschen Volkskörpers usw.). Aber für den grundsätzlichen Zustand der Bundesrepublik Deutschland, wie auch immer man ihn beurteilen mag, halte ich mein Blog nicht für zuständig.
Thierse hat sich der Meldung nach doch unmittelbar zum Tod Bin Ladens geäussert. Macht ihn das nicht zum Teil der Diskussion?
Ich finde es äußerst bedauerlich, dass selbst dieser Blog mit seiner ja eigentlich ganz anderen Grundtendenz bei einigen Themen doch immer wieder von military fan boys belagert wird, denen ganz offensichtlich jede Sensibilität für diejenigen Werte, welche elementarste Grundbausteine der durch unsere Verfassung geprägten Werteordnung sind, abgeht. Da vergeht mir die Lust auf einen eigenen Beitrag zur Sache, obwohl es meines Erachtens viel zu sagen gäbe.
@Delta0219
Die Kommentare zu Thierse gingen allerdings nicht um seine Äußerung zu OBL, sondern um andere politische Äußerungen. Etwa so, als würde man die Aussage der Kanzlerin auf ihr Aufwachsen in der DDR zurückführen, was ich hier auch nicht als passend empfände.
@MonsieurL
Fühlen Sie sich dadurch, dass hier Menschen mit militärischem Hintergrund ihre Meinung kundtun, irgendwie eingeschränkt? Könnte man das nicht tolerieren und mit eigenen Argumenten antworten, anstatt zu beklagen, dass sich hier auch Menschen dieses Hintergrunds äussern können?
Meinerseits finde ich es sehr bedenklich, wie intolerant und diskussionsfeindlich manch selbsternannter Verteidiger von „Werten“und „Rechtsstaat“ hier auftritt. Das moralische Machtwort ersetzt mir in der ansonsten hochwertigen Diskussion zu oft die Sachargumente. Auch Herr Wiegolds Assoziationen („deutscher Volkskörper“) finde ich nicht fair. Aber jede Onlinediskussion mündet ja früher oder später in Nazivorwürfen. Schade.
Dann zurück zum Thema:
Gezielte Tötung auch deutsche Option?
Beim Einsatz im Inneren (Das ist AFG) gegen einen unbewaffneten Kriminellen ohne Notwehr => Nein
@Politikverdruss
Was sind deutsche Gutmenschentrupps? Vorschlag: rechtsstaatliche Sicherheitskräfte der BRD.
Und was wäre das Gegenteil?
Vorschlag: Killerkommandos, Schlechtmenschen, Terroristen oder Kriminelle?
Dann bevorzuge ich ein System der Sicherheit mit Gutmenschen!
Mit uneingeschränkt gültigem Recht und Gesetz für alle!
@Elhanan
Auch Sie scheinen Diskussion nicht für das Abwägen von Argumenten zu halten. Aber es ist natürlich einfacher, wenn man alles auf einfache Gut-Böse-Klischees reduziert (wobei die eigene Position natürlich die gute ist) und alle anderen Ansichten schon aufgrund von deren Unmoral für erledigt erklären kann. So einfach kann man es sich auch machen.
Also zusammenfassend gesagt sind Menschen die bei Nacht in ein Haus eindringen und einen unbewaffneten im Ehebett mit seiner Frau erschießen akzeptabel, wenn ihr Handeln von irgendwelchen Rechtsverdrehern legitimiert wird. Mafiamethoden sind also völlig in Ordnung wenn sie nicht von der Mafia benutzt werden.
Wer Ironie findet darf sie behalten.
@all
Es kommt jetzt eine Schärfe rein, die keinem gut tut…
Je tiefer ein Finger in eine Wunde gelegt wird, desto lauter der Aufschrei des kranken Patienten. Moral vernebelt seit jeher den Verstand, und es ist völlig normal, dass das Geschrei der Moralisten umso lauter wird, je schwächer ihre Argumente sind. Wollen wir bösen Militaristen hoffen, dass uns angesichts der zunehmenden Aggressivität der „Diskussion“ hier nicht am Ende nicht noch eine pazifistische Inquisition erwartet. Was die Schärfe angeht, Herr Wiegold, sind Sie im übrigen nicht ganz unschuldig, Stichwort „deutscher Volkskörper“.
„Moral vernebelt seit jeher den Verstand“
Vielleicht denken Sie noch mal darüber nach, was Sie gerade von sich gegeben haben. Diese Formulierung war bestenfalls unglücklich, schlimmstenfalls zeigt sie, wes Geistes Kind Sie sind. Ich hoffe, dass Ersteres zutrifft.
@Nico
„zeigt sie, wes Geistes Kind sie sind“
Trauen Sie sich ruhig, konkreter zu werden. Welchen Geist meinen Sie? Ansonsten: Wieder kein Argument, sondern nur eine Vorhaltung.
Seit meinem letzten Beitrag wurde ja hinreichend deutlich, was ich gemeint habe.
Schönen Abend noch.
„Also zusammenfassend gesagt sind Menschen die bei Nacht in ein Haus eindringen und einen unbewaffneten im Ehebett mit seiner Frau erschießen akzeptabel, wenn ihr Handeln von irgendwelchen Rechtsverdrehern legitimiert wird.“
Finden sie nicht, das ihr Beispiel im Bezug auf bin Laden etwas blauäugig daherkommt und der Diskussion bisher nicht gerecht wird?
Und Teilnehmer an dieser Diskussion als military fanboys zu betiteln, nur weil sie eine andere, wenn auch provokante, Meinung vertreten, lässt mich ihre, uns nun vorenthaltenen, Beiträge irgendwie nicht weiter vermissen, Monsieur L.
Bislang hat noch keiner der Empörten ein moralisches Argument dafür genannt, warum es falsch sein sollte, Bin Laden (oder anderen Feind) zu töten. Ich würde mich wirklich freuen, wenn diesbezüglich mal etwas Substanz käme. Es muss doch hier wenigstens einen Moralisten geben, der seine Position so artikulieren kann, dass sie sich für eine Diskussion eignet. Es wird sonst irgendwann langweilig.
Wenn die „Moralisten“ verloren haben, wer hat denn dann gewonnen?
@ Voodoo
Meinen Hinweis auf Ironie übersehen?
Desweiteren finde ich es amüsant das immer die selben reflexartig Reagieren wenn es um die Moral geht.
@Sebastian S.
„Wenn die “Moralisten” verloren haben, wer hat denn dann gewonnen?“
Eine Alternative zum Moralismus wäre die Schlussfolgerung der eigenen Ethik aus den Erfordernissen der Realität, der man gegenübersteht. In diesem Zusammenhang meine ich, dass es irrational wäre, die Tötung Bin Ladens als unmoralisch zu bewerten, da die Realität des Krieges es zwangsläufig erfordert, dass sich nicht ergebender Feind getötet wird. Eine Moral, die dass Notwendige für falsch erklärt, wäre nicht nur nicht realitätsgerecht, sondern hätte ineiner Auseinandersetzung mit realitätsgerechterer Moral einen entscheidenden Nachteil und müsste daher so oder so eines Tages von dieser Welt verschwinden.Und wäre es eine gute Idee, die eigene Identität auf einem so schwachen Konstrukt aufzubauen? Clausewitz warne in diesem Zusammenhang davor, dass die Fehler, die aus Gutmütigkeit entstehen, die schlimmsten seien.