RC N Watch: Der Angriff auf die UNO in Masar-i-Scharif
Der Angriff auf das UN-Gebäude in Masar-i-Scharif am 1. April hat viele Facetten – sicherlich auch die hier schon diskutierte Auseinandersetzung zwischen Islam und Christentum. (Allerdings halte ich Terry Jones mitnichten für einen differenzierenden Menschen – und ich halte verdammt wenig davon, dass auch aus westlicher Sicht zu einem Religionskrieg machen zu wollen.) Mit Blick auf Nordafghanistan ist dabei vor allem von Bedeutung: Die Volatilität auch dieser als relativ sicher und ruhig geltenden Region ist offensichtlich – und damit stellt sich die Frage, ob die erst vor wenigen Tagen vom afghanischen Präsidenten Hamid Karzai angekündigte Übernahme der Sicherheitsverantwortung auch in Masar-i-Scharif tatsächlich funktionieren kann. Und: die Qualität der afghanischen Polizei steht massiv infrage.
Ein relativ aktueller Stand der bisherigen Erkenntnisse zu diesem Angriff findet sich beim britischen Telegraph: UN launches investigation in Afghanistan murders.
Die Bundeswehr war nach eigenen Angaben (leider recht sparsame Informationen) an der Evakuierung der UN-Mitarbeiter beteiligt.
Der US-Fundamentalist Terry Jones, dessen Koranverbrennung die gewalttätigen Proteste auslöste, verlangt, den Islam zur Verantwortung zu ziehen und sieht keinen Grund, sich für seine Aktion zu entschuldigen.
Ich fürchte, dass werden nicht die letzten Links zu diesem Thema sein.
Nachtrag:
AP-Meldung vom Sonntagmorgen – 20 dead in 2 days of Afghan riots over Qur’an-burning that inflamed already strained relations, in der mir vor allem auffällt: Many Afghans did not know about the Qur’an-burning until Karzai condemned it four days after it happened.
Das Wall street Journal rekonstruiert den Ablauf des Geschehens: Inside the Massacre at Afghan compound
@T. Wiegold
„und ich halte verdammt wenig davon, dass auch aus westlicher Sicht zu einem Religionskrieg machen zu wollen.“
Für christliche Minderheiten z.B. im Irak, in Indonesien, in Nigeria etc. ist der Weltanschaungskrieg seit langem Realität. Die Natur des Konfliktes definiert grundsätzlich der Feind, und an dieser Natur ändert sich auch dann nichts, wenn man die Augen davor verschliesst.
Ohne genau die Umstände zu kennen, wage ich mal zu behaupten, das kaum eine Polizei weltweit einem solchen Mob standhalten kann ohne dabei ein Massaker anrichten zu müssen. Ansonsten war es auch wieder typisch deutsch, da nicht einzugreifen. Vermutlich weil erst die Putzfrauen am nächsten Morgen dem J2 was davon erzählt haben.
Markus Maximus wird sich wohl vor Wut in den Arsch beißen. Aber sein Mandat ist ja nur ein Stabilisierungseinsatz, nicht die Ausübung von Polizeigewalt wie im Kosovo. :-/
@ Orontes
Grundsätzlich hast du Recht, allerdings leben ja viele Muslime hier ohne vefolgt zu werden. Nennen wir es lieber, was es im wesentlichen bewirkt, nämlich ethnische und religöse Säuberungen. Aber Murksmerkel wirds schon richten, schließlich gehört sie ja der CDU an.
Wie schon in einem anderen Blog wiederhole ich meine Frage:
Wo war ISAF? Es sind angeblich 30min fahrt zum UN Compound – im Lager MeS befinden sich Hubschrauber, vermutlich auch Kampfhubschrauber der USA.
Warum haben diese nicht eingegriffen?
Keine Lehren aus dem Kosovo gezogen???
http://www.undispatch.com/afghanistan-deadly-protests-continue-as-un-mourns-slain-staff
Ein weiterer Link (der zu weiteren Links führt), von einer UN-Mitarbeiterin in Afghanistan.
Ich glaube auch, dass es hier um mehr als Religion geht. Laut Euronews wurden nicht nur UN-Gebäude, sondern auch Regierungsgebäude angegriffen. Vermutlich gibt es auch Afghanen die mit ihrer westorientierten Wahlfälscher-Regierung und deren Beschützer, einschließlich UN, nicht einverstanden sind.
@Jugendoffizier | 03. April 2011 – 0:20
Mit Kampfhubschraubern gegen Zivilisten? Der Vorschlag hätte von Gaddafi kommen können. Die libyschen Zivilisten waren auch nicht friedlicher, als diese Afghanen.
@Roman | 02. April 2011 – 23:40
Diesen „Mob“ würde man in Libyen Freiheitskämpfer nennen.
Afghanistan ist eine völlig gescheiterte Mission. Das sieht man an diesem Beispiel deutlich. Mit islamistischen Mob kann man mit europäischen Ansätzen nicht umgehen. All das ist gesteuert von den Taliban resp. den Iranern. Und das wird hierzulande auch immer wieder schön ausgeblendet.
Wenn Jones einen Koran verbrennt, dann mag er das tun – so what. Wenn Moslems Priester abschlachten und Kirchen in großem Stil zerstören, dann schauen wir weg. Und wenn es Moslems stört, daß der Koran endlich als das gesehen wrd, was er ist, nämlich eine politische Kampfschrift mit Alleinstellungsmerkmal, dann zeigt das doch bloß, daß wir endlich anfangen müssen, hierüber im Klartext (wenigstens) zu diskutieren.
Die Islam-Thema war bei den letzten Landtagswahlen übrigens eines, das von den Partein sorgsam ausgeblendet wurde, soweit es außerhalb des Gewünschten, politisch Korrekten lag.
Wir schaffen uns selbst ab, und alle lächeln dazu.
Pardon, die Gesamtbetrachtung des Islam als Religion aufgrund dieser Vorfälle kommt mir so vor, als würde man das Christentum anhand der Kreuzzüge definieren. Und nach dieser Argumentation müsste das größte islamische Land der Erde eine permanente Bedrohung für den Rest der Welt sein…
In der Tat stellt sich die Frage, ob ISAF hätte eingreifen müssen und warum sie es nicht getan hat. Aber vielleicht gibt’s dazu ja irgendwann noch mehr Klarheit.
Übrigens:
Blue Mosque Condemns the killing of UN Workers
@ Jugendoffizier:
„Keine Lehren aus dem Kosovo gezogen???“
ISAF ist keine Polizeimission. ISAF-Truppen haben andere Sachen zu tun als KFOR ab ´99. Die ANP existoert und kann eingreifen, das konnte die KP damals (KPS) nicht.
Hoffentlich kommt jetzt keiner auf den Trichter, die CRC-Ausbildungskomponente wieder zu verstärken.
@T. Wiegold
„Pardon, die Gesamtbetrachtung des Islam als Religion aufgrund dieser Vorfälle kommt mir so vor, als würde man das Christentum anhand der Kreuzzüge definieren. Und nach dieser Argumentation müsste das größte islamische Land der Erde eine permanente Bedrohung für den Rest der Welt sein“
Das ist die übliche Beschwichtigungsrhetorik, die Vorfälle wie den in Mazar unzutreffend als Einzelfall darstellt und dem jahrhundertealte Vorfälle gegenüberstellt, deren pauschal negative Deutung auf Grundlage pazifistischer Moden der Gegenwart zumindest als fragwürdig erscheint.
In Indonesien wurden in den letzen Jahren übrigens eine fünfstellige Zahl von Christen getötet, und Islamisten gewinnen auch dort zunehmend politisch an Einfluss.
In einem Blog ist dieses komplexe Thema vermutlich nicht ohne Vereinfachung abzuhandeln, aber konflikthafte Entwicklungen im Islam als isolierte Ausnahme darzustellen ist m.E. zu vereinfachend.
@Thomsen:
Der Schutz von UN-Personal ist aber eine Kernaufgabe von ISAF.
Natürlich ist es in erster Linie Aufgabe von ANCOP/ANP, aber in zweiter Linie von ISAF (siehe alle UNSR-Reslutionen zu ISAF). Bei einer solchen Eskalation kann ISAF nicht auf die originäre Rolle der ANP verweisenm.
Interessant wäre,
1. ob das RC-N überhaupt vorab von der Demo wußte
2. wie das RC-N von den Ausschreitungen erfahren hat (HUMINT, OCC-P, etc.)
3. wann das UNAMA Personal ISAF um Hilfe gebeten hat. Denn zwischen Beginn der Erstürmung und der Evakuierung lagen 4 Stunden (notice to move 15 Minuten? Flug 10 min, Fahrt ca. 45 min?). Dies ist aus meiner Sicht der zentrale Punkt.
4. ob es einen mit UNAMA abgestimmten Evakuierungsplan gab
5. welche deutschen Kräfte an der Evakuierung teilgenommen haben (die Angabe ist auffallend vage)
6. wer nach Umgliederung der QRF in ein ASB die RC-N-Reserve ist (weiterhin ein Zg in MeS?).
Nach bisherigem Informationsstand wurden das RC-N auf dem falschen Fuß erwischt.
Bin sehr auf Aussagen des BMVg gespannt. Ausreden gibt es bestimmt wieder viele, warum man seine Kernaufgaben nebenher irgendwie erledigt.
Ich teile jdedoch die Befürchtung, daß der bürokratische Reflex sein könnte: CRC-Ausb für ISAF!
Mir geht es um den Auftragsschwerpunkt, verglichen mit KFOR. Genauso will ich keine Absolution erteilen, kann durchaus sein, daß da was falsch gelaufen ist.
Eine gewisse Parallele zu den Märzunruhen im Kosovo 2004, wo ich ebenfalls das zweifelhafte Vergnügen hatte als Zuschauer zu fungieren ist nicht zu übersehen. Damals hieß es, wir hätten einen Flächenbrand verhindert. Da konnte man nur mit großen Augen und offenem Mund staunen. Für diesen Freitag gab es nicht einmal eine konkrete Warnung, lediglich der militärische Verkehr sollte auf ein Minimum beschränkt werden. Man fragt sich, was unsere Geheimdienste eigentlich so treiben. Weder im Kosovo gab es eine Vorwarnung, oder bei Libyen oder auch jetzt in MES. Jedenfalls habe ich von Vorbereitungen in keinem der Fälle etwas auch nur im Nachhinein gehört.
Unabhängig davon ist für MES das PRT MES unter schwedischer Führung zuständig, dessen Entfernung zum UN Gebäude gerade mal 2,5 km beträgt. Dort verfügt man sogar über Schützenpanzer, wäre also sehr durchsetzungsfähig.
Als einzige Begründung fällt mir ein, dass die ANP hier völlig überschätzt wurde. Zur Ehrenrettung der Afghanen muss aber auch gesagt werden, dass sich viele, mit denen ich gesprochen habe, für den Vorfall schämen. Wie beim uns am 1. Mai war eben auch hier nicht die schweigende Mehrheit auf den Straßen.
@Mentor:
Die Demo war vorab bei den afghanischen Behörden bekannt, dass es -wenn überhaupt – am Freitagnachmittag zu Problemen kommen würde, ist auch nicht überraschend.
Natürlich müßte zuerst das PRT MeS handeln, aber RC-N muss ein Lagebild haben und (luftverlegbare) Reserven bereit halten. Natürlich ist man danach immer schlauer, aber aus meiner Sicht ist das Ganze wieder ein Indiz für das „Raumschiff“ RC-N.
Wobei die Beweggründe zwischen Märzunruhen 2004 und denen hier andere sind, zumindest die, die kommuniziert werden / wurden.
Zur Rolle des Islam in Afghanistan (unter anderem) hat Boris Barschow vor einigen Tagen einen ziemlich gelungenen Reisebericht eines Exil-Afghanen verlinkt: Afghanistan – Im Land der Taliban.
Joel Haverstein versucht sich an einer Einschätzung auf registan.net, „Violence against Aid Workers in Afghanistan“, und ist skeptisch hier einen Trend auszumachen oder die Taliban zu beschuldigen.
Ohne so tun zu wollen als hätte ich einen Überblick: Das ganze auf die Gläubigen-Ungläubigen-Schiene zu reduzieren wird der Lage vor Ort (und den Afghanen) glaub nicht gerecht.
Die Stimmung im Land gegenüber der internationalen Gemeinschaft scheint derzeit gereizt, da sind die letzten zwei Monate einiges an Vorfällen zusammengekommen: die getöteten Zivilisten in Kunar und deren Handhabung, die Kill-Team-Fotos, die Ankündigung einer langfristigen amerikanischen Truppenpräsenz. In Mazar scheinen Night Raids das Verhältnis zu belasten. (So zumindest der Eindruck von Anna Badkhen im März: „Spring in Afghanistan: Cold and violent“). Monate davor, im Juli 2010, beschrieb der Polizeiausbilder Thorsten Lehrmann in seinem Blog-Artikel „Mail aus Afghanistan – Kontakte“ die Stimmung gegenüber den Amerikaner schon folgendermaßen: ‚In der Zeit am Kreisverkehr kamen wiederholt Militärkonvois der Amerikaner vorbei. Es war auffällig zu spüren, wie die Stimmung bei den Einheimischen immer für einen Moment kippte als sie die Konvois mit ihren Blicken verfolgten. Umgangssprachlich würde ich das mit „Eiszeit“ umschreiben.‘
Ob man hier wirklich mit dem one-size-fits-all „Krieg der Religionen“ weiterkommt sei dahingestellt.
Zur Frage des ISAF-Auftrages nochmal – ganz klassisch – „Auswertung des Auftrages“.
Zitat aus dem aktuellen BT-Mandat:
„4. Auftrag
Gemäß Sicherheitsratsresolution 1943 (2010) vom 13. Oktober 2010 hat der
ISAF-Einsatz unverändert zum Ziel, Afghanistan bei der Aufrechterhaltung
der Sicherheit so zu unterstützen, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane
als auch das Personal der Vereinten Nationen und anderes internationales
Zivilpersonal, insbesondere solches, das dem Wiederaufbau und humanitä-
ren Aufgaben nachgeht, in einem sicheren Umfeld arbeiten können.
Im Rahmen des ISAF-Einsatzes ergeben sich daraus für die Bundeswehr
insbesondere die folgenden Aufgaben:
●
Unterstützung der Regierung von Afghanistan bei der Aufrechterhaltung
der Sicherheit, auch und besonders zum Schutz der Bevölkerung;
● Unterstützung bei der Reform des Sicherheitssektors, insbesondere Un-
terstützung für den Aufbau funktionsfähiger afghanischer Sicherheits-
kräfte (Afghan National Army, ANA; Afghan National Police, ANP)
durch Ausbildung, Mentoring, Partnering und Ausrüstungsunterstützung;
● Sicherung des Arbeitsumfeldes des Personals, das zur weiteren Unterstüt-
zung der Stabilisierung und des Wiederaufbaus und zur Vollendung des
Übergangsprozesses von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen,
den Vereinten Nationen und internationalen Hilfsorganisationen einge-
setzt wird;“
Dies nur nochmal zur Erinnerung, da das BMVg sicher wieder fernab von den Fakten argumentieren wird. Ich höre Kpt z.S. Dienst schon („unterstützende Rolle… Aufgabe der ANP… Hilfe bei Evakuierung…RC-N nicht originär zuständig…Kräfte anderweitig gebunden…kein Antrag auf Unterstützung…).
Wir werfen hier ein bisschen was durcheinander mittlerweile…
Ja, das Gesamtkonstrukt heisst RC N und ja, da haben wir das Oberkommando. ABER MeS liegt im Verantwortungsbereich des PRT MeS, also der Schweden – jeder der aus dem Camp MARMAL nach MeS hineinfährt muss sich deshalb z.B. beim PRT-Kdo anmelden, sei es über Draht oder über Funk.
Von daher finde ich es etwas vorschnell, da jetzt Diesen oder Jenen die Schuld zuzuweisen… Auch nicht dem Stab RC N. Offiziell sind solche Demos nämlich Aufgabenbereich der ANSF, da ISAF sich „nicht als Besatzungsmacht aufführt.“ Ich weiß, da kann man nun trefflich drüber streiten, aber das sind nun mal die Fakten, weshalb auch von Unterstützung der Sicherheitskräfte die Rede ist – wenn die keine Unterstützung anfordern, kann man nicht mal eben mit einer Task Force in die Stadt, um „aufzuräumen“. Leider hilft das den UN-Mitarbeitern nun auch nicht mehr weiter…
Im übrigen sagen wir jetzt nicht mehr ASB, weil selbiger sich über den „Missbrauch“ seiner Abkürzung beschwert hat. Wir sind jetzt wieder bei Task Force :-)
Wie ich schon sagte. Es steckt weit mehr hinter den Demonstrationen, als Religion. Ich habe eben in 1extra gehört, die Demos gehen weiter, die Demonstranten fordern den „Rückzug“ der USA aus Afghanistan. Sicher sind damit auch der Rest der ausländischen Truppen gemeint. Selbst Karsai forderte vor Tagen, angesichts eines unbeabsichtigten Massackers unter der Zivilbevölkerung, die Einstellung sämtlicher militärischen Handlungen aller ausländischen Truppen. Die Koranverbrennung ist bestenfalls der Anlaß, aber nicht der Grund für die Demonstrationen.
„Selbst Karsai forderte vor Tagen, angesichts eines unbeabsichtigten Massackers unter der Zivilbevölkerung, die Einstellung sämtlicher militärischen Handlungen aller ausländischen Truppen.“
Stimmt doch überhaupt nicht, er sprach von einer Verlagerung des Schwerpunkts in andere – ausländische – Regionen.
@ T.Wiegold
„…Pardon, die Gesamtbetrachtung des Islam als Religion aufgrund dieser Vorfälle kommt mir so vor, als würde man das Christentum anhand der Kreuzzüge definieren. Und nach dieser Argumentation müsste das größte islamische Land der Erde eine permanente Bedrohung für den Rest der Welt sein…“
Stimmt über die Kreuzzüge wurde das Christentum zum damaligen Zeitpunkt durchaus definiert. Und der Islam macht eben das gleiche in der heutigen Zeit. Ein lokaler Dschihad hier, einer dort, ein Massaker hier, dort eine Kirche abgefackelt.
Das Christentum wurde aber nur von den Muslimen über die Kreuzzüge definiert, meine Herren. Selbst in der katholischen Kirche waren die nämlich nicht gänzlich unumstritten, zumindest nicht, was die Ritterorden betraf. Und die Massaker beim ersten Fall von Jerusalem stießen auch unter den Kreuzfahrern auf Ablehnung und Entsetzen.
Bitte nicht immer irgend etwas nachplappern, was irgend jemand mal gesagt…
@Vodoo:
Es geht aber nicht um irgendeine Demo, sondern um den Schutz von UN-Personal, da zieht die Standardausrede für Passivität („ISAF ist keine Besatzungsmacht“) daher auch nicht. Die primäre Verantwortung des SWE PRT ist klar, entbindet den Stab RC-N jedoch nicht davon ein COIN-gerechtes Lagebild zu haben, ggf dem PRT Auträge zu geben und Reserven bereit zu halten. Ich denke, da sind wir uns einig, oder?
@T.W.:
Vielleicht ist bei der morgigen BPK zu erfahren, wann genau UNAMA ISAF um Hilfe bat.
Oder wie es sonst zur Evakuierung kam.
Was bei diesen ganzen „der Islam ist schuld“-Diskussionen gerne vergessen wird:
Der (Durchschnitts“-Afghane kennt über den Islam genau das, was in den Koranschulen, daheim oder in den Moscheen gepredigt wird-nicht mehr, und nicht weniger.
Viele können nicht einmal lesen-sollten sie also einen Koran zu Hause haben, ist dies ein (heiliges) Buch (wie die Bibel)-mehr nicht.
Ferner besteht ihre Welt aus dem, was sie täglich erleben-Fernsehen, Radio und Zeitung gehören NICHT zu den täglichen Informationsquellen des „durchschnittlichen“ Afghanen……
Ebenso unterscheidet der Afghane nicht zwischen Amerikanern, Deutschen, Belgiern……und UN-Truppen-für viele sind ALLE Ausländer (in Uniform) ein und dasselbe….
Dieser Aufstand hat NICHTS mit der Religionen zu tun-sondern mit der (politischen, vor allem aber gesellschaftlichen) Situation im Lande:
Hohe Arbeitslosigkeit, kein Einkommen, keine soziale Absicherung-und das u.a. nur, weil die (Invasions)truppen in Afghanistan u.a. den Drogenanbau unterbinden wollen (was vielen Bauern zumindest ein Einkommen brachte)……
Karsai als Präsident (wohl eher als Marionette) taugt zu gar nichts-daher kann man seine Aussagen auch einfach nicht ernst nehmen…..denn schon morgen könnte man ihn sagen hören „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“….
Wir wollen jetzt nicht anfangen mit: „Wer hat angefangen den jeweiligen Konkurrenten auf dem Markt der Hirnschädigung mittels Prophetenpropaganda brutal abzuschlachten.“
Nun ja. Wer schonmal ein Geschichtsbuch in der Hand hatte, wird nicht bestreiten können, das bis dato keine Religion so expansiv und dynamisch (oder schlichtweg kriegerisch und brutal) aufgetreten ist, wie der Islam im 8. Jhd. n. Chr.
Wie auch immer. Da hat jetzt ein Mann einen Koran verbrannt und, wie immer, tickt ne pralle Meute aus und tötet Menschen. Ich bin mir nicht sicher, ob die Erklärung langt, dass die UN als Symbol für den Anti-Moslem zieht. Ich glaube kaum.
Eigentlich müssten doch, gemäß der üblichen Reflexe, an viel mehr Orten viel mehr passiert sein. Bisher hat sich das noch nicht so recht entfaltet.
Wobei das normal ist, da die dänischen Karikaturen erstmal um einige besonders schweinische erweitert wurden (durch Moslems), um sie dann unter den Analphabeten der Welt, die keinen Zugang zu Medien haben, zu verteilen und einen ordentlichen „Outrage“ zu verursachen. Man harre der Dinge die da kommen.
Huey dürfte bezüglich dieser Angelegenheit Recht haben.
@Thomsen | 03. April 2011 – 18:48
Zitat““Selbst Karsai forderte vor Tagen, angesichts eines unbeabsichtigten Massackers unter der Zivilbevölkerung, die Einstellung sämtlicher militärischen Handlungen aller ausländischen Truppen.”
Stimmt doch überhaupt nicht, er sprach von einer Verlagerung des Schwerpunkts in andere – ausländische – Regionen.“
Wo sehen Sie hier einen Widerspruch. Eine Verlagerung der Handlungen ins Ausland bedeutet die Beendigung im Inland (Afghanistan). Ist doch eindeutig. Andererseits hat er das Ende aller Kampfhandlungen der Alliierten in Afghanistan ausdrücklich im nachfolgenden Satz gefordert.
Möglicherweise hat ihre seriöse und unabhängige Quelle diesen unbedeutenden Satz „vergessen“ zu erwähnen. ;-)
@Voodoo | 03. April 2011 – 19:06
Zitat: „Das Christentum wurde aber nur von den Muslimen über die Kreuzzüge definiert, meine Herren.“
Und der Islam wird nur von den „Christen“ über Islamismus definiert. So versucht halt jede Seite der anderen das Etikett des Bösen anzuheften. In Wirklichkeit ging es aber nie um Religion, sondern immer nur um Macht. Religion wurde immer nur instrumentalisiert, um die dummen Massen zu vereinnahmen, ohne die man keine „heiligen“ Kriege führen kann.
@Memoria | 03. April 2011 – 19:20
Was hätte die ISAF denn tun sollen. Ebenfalls auf unbewaffnete Zivilisten schießen, wie es die afghanische Polizei getan hat. Erst danach kam es zu diesen Greultaten gegen die UN. Wir können nicht in Libyen Wasser predigen und in Afghanistan Wein trinken. Auch hier waren es aufgebrachte Zivilisten, die für ihre Menschenrechte demonstrierten.
@Memoria | 03. April 2011 – 19:20
Wie könnten wir die Diktaturen der Welt kritisieren, wenn wir selbst auf Zivilisten schießen, nur weil sie nicht unsere westlichen „Werte“ teilen und das legitime Recht beanspruchen eigene Werte zu vertreten. Es ist das Recht eines jeden Volkes seine Werte selbst zu bestimmen. Man nennt dies das Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches es verbietet fremden Völkern unsere Kultur und Lebensweise aufzudrängen.
„Die Zahl der Opfer infolge der Unruhen in der afghanischen Stadt Kandahar ist am Sonntag laut präzisierten Polizeiangaben auf 38 gestiegen. 84 Menschen sind verletzt worden.
Am Samstag hatten rund 2 000 Demonstranten in der Stadt Kandahar den gemeinsamen Sitz von UNO und Regierung gestürmt. Damals berichtete die Polizei von zehn Toten und fast 80 Verletzten. Am Sonntag kam es zu neuen Protesten – bereits in drei Städten der gleichnamigen südafghanischen Provinz.
Eine Gruppe bewaffneter Menschen versuchte am Sonntag, im Fünften Bezirk von Kandahar Verwaltungsgebäude zu erstürmen. Die Polizei eröffnete das Feuer gegen die bewaffnete Menge. Später kamen bei einer Detonation in der Menge sechs Menschen ums Leben.“
Das hat nichts mehr mit Protesten gegen die Koranverbrennung zu tun. Dies sind bewaffnete Proteste (wie in Libyen) gegen die herrschenden, hier von der ISAF gestützten, (durch Wahlfälschung entstandenen) Machtstrukturen.
@ Stefan:
„Eine Verlagerung der Handlungen ins Ausland bedeutet die Beendigung im Inland (Afghanistan).“
Und ich sprach von einer Verlagerung des Schwerpunktes, nicht von allen Kampfhandlungen. Ich bin da nur drauf eingestiegen weil viele die Aussagen falsch interpretiert hatten, und das hatte ich hier auch vermutet.
Schön, dass man sich hier über den vermeintlich islamistischen Mob aufregen kann. Ich wünschte mir eine vergleichbare Empörung über das Kill-Team.
@Sascha Stoltenow
Das Vorgehen einer kriminellen Kleingruppe sollte vielleicht nicht mit der Dynamik einer menschen(rechts-)verachtenden Gesellschaft gleichgesetzt werden.
Die sadistischen Mörder sind gefasst und werden (bereits) bestraft. Eine Empörung hat ebenso stattgefunden – sei es in den Blogs oder in den Medien.
Was wollen Sie noch?
Besonders relevant wird der Vorfall in Mazar m.E. dadurch, dass hier nicht Taliban am Werk waren, sondern „moderate“ afghanische Muslime.
Die Erklärungen der afghanischen Behörden sind unglaubwürdig. Es geht hier nur um Verhinderung von Gesichtsverlust. Die Moscheen, in denen zu den Ausschreitungen aufgerufen wurde, waren dem Vernehmen nach nämlich keine radikalen Moscheen. Es handelte sich um regierungsnahe Moscheen, deren Freitagspredigten von der Regierung genehmigt werden müssen. Unter den Demonstranten sollen zudem viele Studenten gewesen sein. Die Ausschreitungen gingen also genau von den Kräften aus, die man sich im Westen als „moderates“ Gegengewicht zu den Taliban erhofft.
Das gleiche Muster war übrigens schon bei früheren Ausschreitungen zu beobachten, z.B. nach Veröffentlichung der Karikaturen in Dänemark, der Aufhebung der Todesstrafe für einen Konvertiten zum Christentum oder dem schiitischen Familiegesetz. Der weltanschauliche Fanatismus ging jeweils von ganz normalen Afghanen aus, die gemäß der Annahme unserer Politik eigentlich „moderate Muslime“ sein müssten.
Dass ausgerechnet die VN angegriffen wurden, sagt viel über die Wahrnehmung auch in der Bevölkerung auch in Nordafghanistan aus. Es herrscht die Wahrnehmung vor, dass der Islam Ziel einer umfassenden Verschwörung des Westens sei, hinter der (je nach Version) Christen oder Juden stehen. Man nimmt an, dass das Christentum im Westen eine genauso zentrale Rolle für die Definition der eigenen Identität habe wie der Islam, weshalb es als logisch erscheint, dass christliche Kräfte auch hinter den VN stehen müssen. Die VN selbst wollten das bislang in ihrer politischen Korrektheit nicht einsehen und hielten sich für immun, weil sie große Teile ihrer Arbeit der Palästinenserfrage widmen, sich stets von George W. Bush distanzierten etc. Es zeigte sich jedoch erneut, dass antiwestliche Feindbilder viel stärker sind als das tatsächliche Verhalten von Akteuren.
@Sascha Stoltenow
„Ich wünschte mir eine vergleichbare Empörung über das Kill-Team.“
Haben Sie auch nur von einem einzigen Fall der öffentlichen Unterstützung für dessen Verbrechen gehört? Exakt 100% der Medienberichte, Kommentare, Blogeinträge etc. zu diesem Thema haben diese Taten verurteilt.
Zumal das „Kill-Team“ von einer ordentlichen Rechtssprechung verfolgt und seine Taten geahndet wurden. Wozu soll ich mir dann noch eine Platte machen?
Nur zur Dokumentation: Der Guardian hat bereits gemeldet, dass die Ausschreitungen von Regierungsmoscheen (sogar der wichtigsten in Mazar) ausgingen und erwähnt auch die verbreiteten Zweifel an Regierungsdarstellungen, die Taliban etc. verantwortlich machen.
http://www.guardian.co.uk/world/2011/apr/02/afghanistan-mazar-sharif-united-nations
Was entscheidend ist: Diese Vorfälle gehen eben nicht von einer kleinen, isolierten Minderheit von Extremisten aus, sondern beruhen auf auch unter Nichtpaschtunen im Norden weitverbreiteten islamistischen Vorstellungen und Wahrnehmungen.
Ohne alle Kommentare im Detail gelesen zu haben gebe ich folgende Fakten gerne mal in die Runde:
In erster Linie ist die ANP zuständig.
Für Mazar ist grundsätzlich das schwedische PRT MeS zuständig.
RC-N Kräfte unterstützen natürlich.
Eine Demo muß bzw. wird in MeS nicht genehmigt werden, sie findet statt! Die Freitagsgebete sind ein guter Anlass, die Menge gezielt aufzuheizen!
Bis zu welchem Grad die Demo organisiert war kann ich nicht sagen.
Nur ein kleiner Teil der Menge wurde gewalttätig… die meisten haben zugeschaut.
UN und zivile Organisationen WOLLEN gar kein Militär um sich herum und zwingen können/wollen wir sie nicht.
„Unsere lieben Freunde“ (die INS) instrumentalisieren alles was ihnen in die Finger spielt, um Gewalt gegen „den Westen“ zu provozieren und damit „Gegengewalt“ zu erzeugen, welche wiederum propagandistisch effektiv ausgenutzt werden kann, um die Bevölkerung gegen ISAF und AFG Regierung aufzubringen.
Also wieder einmal werden Christentum und Islam benutzt….
Was bei der ganzen Diskussion auffällt (nicht nur hier, auch in anderen Blogs wie Abu Muqawama oder Registan):
Es fehlen die afghanische Stimmen, welche die Vorfälle in einen Kontext setzten könnten.
Stattdessen wird versucht diesen Rahmen aus einer Außenperspektive zu konstruieren, in meinen Augen oft mehr schlecht als recht.
Man mag sich nur mal vorstellen, was dabei herauskäme wenn im Ausland versucht würde „die Deutschen“ anhand der 1.Mai-Krawallen oder den Ausschreitungen von Rostock-Steglitz zu charakterisieren.
Dass dies geschieht wäre aber eher unwahrscheinlich. Es gibt massig Material zum „normalen Deutschland“, und einfach mal drei Deutsche nach einer Einschätzung zu fragen wäre auch ein Leichtes.
Genau das fehlt aber in Bezug auf Afghanistan.
Auch hier wird teils einfach davon ausgegangen, dass die Angriffe auf die UN-Anwesen „typisch afghanisch“ seien. Auch die Demonstration und die Übergriffe werden munter in einen Topf geworfen. Bei Anti-G8-Prostesten, Demos gegen Atomenergie oder Stuttgart 21, bei Versammlungen gegen Rechts würde man sich das hier verbitten.
(Tatsächlich haben diese Proteste glaub viel mit jenen in Afghanistan zu tun: Das Gefühl als machtlose Bevölkerung von einer kleinen Clique Mächtiger übergangen zu werden, bzw. das Verteidigen der „gesellschaftlichen Identität“. Aber auch das ist nur eine Außenstehenden-Meinung.)
Dass es immer noch einen „Mangel“ an bloggenden Afghanen gibt ist nicht gerade neu. Dass weder die Medien noch die internationalen Blogger genug Interesse/Kontakte haben um einfach mal ein ein paar afghanische Stimmen einzuholen ist schon etwas traurig.
Gerade aus deutscher Sicht ist Mazar-i Sharif wohl die am meisten „erschlossene“ Stadt Afghanistans, mit einigen Tausend Deutschen die über die Jahre bereits dort waren und eigentlich die Möglichkeit gehabt hätten Kontakte zu knüpfen. Dass sich das so wenig in der Berichterstattung niederschlägt ist schon etwas schade.
@ J.R.
stimmt soweit… genau da sitze ich gerade und wir brauchen nicht unbedingt „bloggende“ Afghanen, denn auch diese würden nicht ohne Agenda bloggen und man müßte es in einen Kontext setzen…
@jetflyer
„Also wieder einmal werden Christentum und Islam benutzt….“
Hinter der Formulierung von den „benutzten“ Religionen verbirgt sich m.E. die Annnahme, dass es jeweils eine „wahre“ Version dieser Religion gäbe, die, von folkloristischen Details abgesehen, mit FDGO und Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte identisch sei. Daraus folgt dann, dass nur eine „winzige Minderheit“ von Extremisten im Fall weltanschaulicher Konflikt das eigentliche Problem sei, nach deren Beseitigung Demokratie und Menschenrechte Einzug halten würden. Diese Sicht der Welt scheitert zwar überall, wo man außerhalb Europas auf ihrer Grundlage handelt (gerade scheitert sie in Libyen), scheint aber selbst eine Form von Religion zu sein und ist daher gegen Fakten immun.
@J.R.
„Man mag sich nur mal vorstellen, was dabei herauskäme wenn im Ausland versucht würde “die Deutschen” anhand der 1.Mai-Krawallen oder den Ausschreitungen von Rostock-Steglitz zu charakterisieren.“
Die Situation in AFG ist eine andere. Die Mehrheit v.a. der Nichtpaschtunen lehnt zwar die paschtunischen Taliban und deren extremere Maßnahmen ab, teilt aber große Teile islamistischer Weltanschauung. Auch in Nordafghanistan ist es praktisch Konsens (wer anders denkt tut gut daran, sich nicht offen zu äußern), dass der Westen sich gegen den Islam verschworen habe, oder dass z.B. Afghanen, die zum Christentum konvertieren, zu töten sind. Diese Frage hat z.B. vor nicht langer Zeit Massenproteste hervorgerufen. Mit den 1. Mai-Demos in Deutschland ist das nicht zu vergleichen. Überhaupt funktionieren Vergleiche zwischen Deutschland (wo mit einigen Einschränkungen alle Standpunkte in öffentlichen Diskussionen vertreten werden können und von einer alphabetisierten Bevölkerung und relativ freien Medien diskutiert werden) und Afghanistan in dieser Hinsicht wenig hilfreich.
Hier ein Beitrag des Deutschlandfunks über die Positionen, die sich im „demokratischen“ Afghanistan mit Mehrheitsunterstützung durchsetzen:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/einewelt/941766/
Ich kann gerne Dutzende Beispiele aus eigener Erfahrung für diese Entwicklungen nennen, wenn Bedarf besteht.
„Es fehlen die afghanische Stimmen, welche die Vorfälle in einen Kontext setzten könnten.“
Die „afghanischen Stimmen“ haben erfahrungsgemäß oft das Problem, dass sie ihre eigene Gesellschaft nicht vor Fremden kritisieren wollen und daher in der Regel nur gesichtswahrende Beschönigungen der Lage in der Öffentlichkeit äußern. Was „afghanische Stimmen“ tatsächlich denken, lässt sich nur mit großem Aufwand und unter Zuhilfenahme von Methoden ermitteln, die den Medien i.d.R. nicht zur Verfügung stehen.
P.S. Wenn man die Demonstrationen in AFG anlässlich der Koranverbrennung mit Vorfällen in DEU vergleichen will, dann sind Anti-Atomkraft-Demos vielleicht angemessen. Beides wird in der jeweiligen Bevölkerung von einem breiten moralischen Konsens getragen. Ungewöhnlich waren beim Vorfall in Mazar nur die Enthauptungen, wobei es hier vielleicht auch einen Vergleich zu DEU gibt: In der Anti-Atomkraft-Bewegung wird Militanz zwar nur von einer Minderheit aktiv durchgeführt, die Masse akzeptiert sie aber als irgendwie verständliche (Über-)Reaktion und betrachtet die Kraftwerke im Vergleich zu Militanz als das größere Problem. So ähnlich verhält es sich mit der Reaktion der Afghanen auf die Enthauptungen.
@ Orontes
Die Religionen (egal welche) sind gar nicht schlecht… es ist das, was einzelne daraus machen.
Für mich ist hier die Situation ganz klar… etwas mehr als 10 Särge (seit ich hier bin) sind an mir vorbei gezogen. Und keiner darin hatte eine religiöse Auseinandersetzung….
Es lässt sich im Wohnzimmer immer sehr leicht diskutieren und philosophieren, was ja auch gut ist und sein muss… aber spätestens dann wenn man von der Realität eingeholt wird, dann trifft man auf den wahren Wahnsinn der Religionen…..
@jetflyer
„etwas mehr als 10 Särge (seit ich hier bin) sind an mir vorbei gezogen. Und keiner darin hatte eine religiöse Auseinandersetzung….“
Ob der Gegner, der für die Särge verantwortlich ist, die Auseinandersetzung ebenfalls für nicht-religiös hält?
Übrigens folgt auch der deutsche Einsatz einer quasi-religiösen Weltanschauung, nämlich der Annahme, dass Menschenrechte und Demokratie universell seien.
P.S. Ja, ich weiß, die Masse der Kämpfer der Aufständischen scheint nicht primär weltanschaulich motiviert zu sein. Diesen Faktor aber auszublenden scheint mir gerade in Afghanistan doch zu weit zu gehen. Was z.B. die jüngsten Unruhen angeht, so dürfte es schwer sein, andere Faktoren zu deren Erklärung zu finden. Insbesondere die Schlußfolgerung von einem christlichen Pastor in den USA auf die Zielauswahl VN ist ohne bestimmte weltanschauliche Annahmen gar nicht zu erklären.
„Die Religionen (egal welche) sind gar nicht schlecht… es ist das, was einzelne daraus machen.“
Ich halte diesen Satz für ein typisches Vorurteil, welches man in der Regel von säkularen Westlern hört, die sich nicht sonderlich mit einer Religion identifizieren. Von überzeugten Anhänger einer Religion hört man diesen Satz, der impliziert dass letztlich alle Religionen im Kern gleich seien, eher selten. Würde man dies glauben, würde man sich ja auch nicht mit einer bestimmten Religion so identifizieren.
Wenn Sie ein praktisches Experiment wagen wollen, können Sie die oben genannte Aussage (alle Religionen sind gleich, und der Islam ist weder besser noch schlechter als andere, z.B. das Judentum oder polytheistische Religionen) ja mal ein paar Afghanen erklären und die Reaktion beobachten. Ich behaupte, dass die Reaktion Sie rasch von bestimmten kulturellen Unterschieden zwischen Deutschland und Afghanistan überzeugen wird.
@ Orontes
„Ob der Gegner, der für die Särge verantwortlich ist, die Auseinandersetzung ebenfalls für nicht-religiös hält?“
Ich kann ja mal fragen…..
Ansonsten möchte ich diese Diskussion nicht vertiefen, da sie für mich gerade ins Leere führt und sich die Frage für die oben beschriebenen getöteten Menschen nicht mehr stellt.
@jetflyer
„Ansonsten möchte ich diese Diskussion nicht vertiefen, da sie für mich gerade ins Leere führt …“
Leider wollte auch unsere Regierung diese Diskussion nicht führen, weshalb die Bundeswehr nun seit fast zehn Jahren in einem Endlos-Einsatz steht, dessen Ziele von Beginn an unrealistisch waren. Wäre diese Diskussion nicht unterblieben, hätte man sich ISAF zum Gewinn Deutschlands vielleicht ebenso sparen können wie die laufende Libyen-Intervention, die auf den gleichen Fehlannahmen über die angebliche Universalität von Demokratie und Menschenrechten und auf der Annahme, dass es letztlich keine relevanten Unterschiede zwischen Kulturen gibt, beruht.
Was die gefallenen Kameraden angeht, so glaube ich, dass diese es nicht verdient haben, für welche Position auch immer instrumentalisiert zu werden.
@J.R.: Meinen Sie Rostock-Lichtenhagen? ;-)
@Orontes | 04. April 2011 – 13:12
„Hinter der Formulierung von den “benutzten” Religionen verbirgt sich m.E. die Annnahme, dass es jeweils eine “wahre” Version dieser Religion gäbe, die, von folkloristischen Details abgesehen, mit FDGO und Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte identisch sei. Daraus folgt dann, dass nur eine “winzige Minderheit” von Extremisten im Fall weltanschaulicher Konflikt das eigentliche Problem sei, nach deren Beseitigung Demokratie und Menschenrechte Einzug halten würden. Diese Sicht der Welt scheitert zwar überall, wo man außerhalb Europas auf ihrer Grundlage handelt (gerade scheitert sie in Libyen), scheint aber selbst eine Form von Religion zu sein und ist daher gegen Fakten immun.“
Selten eine so zutreffende Formulierung dieses Problems gelesen. Ich spiele mit dem Gedanken, sie mir einzurahmen.
@ Orontes
Ja… stimmt, „hätte“. Vielleicht hätten wir dann jetzt andere „hätte“…
es ist nicht sehr schwer Entscheidungen der Vergangenheit zu analysieren und mit besseren Alternativen zu kommen. Und wer hat in seinem Leben schon immer nur die richtigen Entscheidungen getroffen??
Es ist recht einfach. Wir sind jetzt in AFG, müssen uns mit der aktuellen Situation auseinandersetzen und die Zukunft gestalten. Dazu gibt es einen Rahmen in dem wir uns bewegen können (und müssen!!).
Einfach packen und nach Hause gehen wäre uns allen persönlich am liebsten, aber das ist eben nicht machbar/vertretbar.