Deutschland und der Libyen-Krieg: Wo geht’s lang?
Wie auch immer man die deutsche Position zum westlichen militärischen Eingreifen in Libyen bewerten mag: Sie schien mir bislang aufgrund der hier zu Lande geltenden politischen Voraussetzungen relativ folgerichtig.
Allerdings hörte ich gerade in einer Diskussionssendung des Deutschlandfunks den CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff. Der nicht nur die bekannte Position wiederholte (Sanktionen, gegebenenfalls eine Einfuhr-Sperre für libysches Öl), sondern auch sinngemäß sagte: Wir müssen die Gaddafi-Gegner unterstützen, wenn es sein muss auch mit Waffenlieferungen.
Vielleicht hab‘ ich ja nicht richtig hingehört. Aber Waffenlieferungen an welche Seite auch immer in diesem Bürgerkrieg wären doch ein direkter Verstoss gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats?
Nun gut. Schauen wir mal, ob die NATO heute zu irgendeinem Ergebnis kommt, und wenn ja, zu welchem.
A U.S. Air Force F-16 Fighting Falcon fighter aircraft from the 480th Fighter Squadron takes off from Spangdahlem Air Base, Germany, March 19, 2011, in support of Joint Task Force (JTF) Odyssey Dawn. (U.S. Air Force photo by Airman 1st Class Matthew B. Fredericks)
(Übrigens, die derzeitige Koalition der Willigen hat ja noch nicht mal einen gemeinsamen Namen für die Operation gegen Libyen gefunden. Die Amerikaner nennen sie Odyssey Dawn, die Briten Ellamy, die Franzosen Harmattan und die Kanadier MOBILE…)
Ich nehme an das sich die Türkei, und ich hoffe auch Deutschland und einige andere, sich gegen eine jegliche Übernahme des Konflikts durch die NATO aussprechen werden.
Die Amerikaner schmeisse ein Land kaputt und die NATO soll das dann wieder zusammensetzen? Klappt ja in Afghanistan auch ganz toll.
Das Sarkozy aus seinem 27% Umfragetief herauskommen möchte, Cameron von seinen Austeritätsprogrammen ablenken und Obama seine diversen Lobbies bedienen muss, hat nichts mit unserer Sicherheit zu tun. Es gilt wie im Irakkrieg, wer das Porzelan zerstört der bezahlt dann auch bitte dafür.
Die Chinesen und Russen lachen sich jetzt kaputt darüber wie der „Westen“ (was ist das eigentlich?) seine Resourcen und Energie für solche idiotischen Einsätze ohne jeden strategischen Mehrwert verschwendet.
Ich frage mich immer mehr, von welchem „Sachverstand“ wir regiert werden. Nach einiger Zeit in einem (Aussen-)Amt sollte man doch ein gewisses Feeling dafür haben, wie das, was man publikumswirksam aussagt, ankommt – oder irre ich ?
Wir Deutschen halten uns also aus dem Libyen Engagement heraus – vale. Dazu mag man stehen, wie man will. Dann müss(t)en aber zwangsläufig auch alle an diesem (oder für dieses) Engagement eingesetzten Kräfte abgezogen werden.
Wie bitte schön erklärt sich aber, dass weiterhin eine AWACS und drei Marineschiffe in der grossen Syrte Aufklärungsaufträge durchführen und Informationen sammeln, die hervorragend für Schläge gegen die libyschen Streitkräfte bzw. ausserordentlich gut für Embargomassnahmen genutzt weden können ?
Ist es dem amtierenden Aussenminister und der Kanzlerin eigentlich bewusst, dass wir bereits seit Wochen „tiefer drinstecken“, als beide es „verkaufen“ ?
Ich glaube unsere Politikerriege ist viel zu sehr im KleinKlein verhaftet, da fehlt die Zeit, staatsmännisches Gespür für die Tragweite von Verlautbarungen entwickeln zu können. Aber:
Ist der Ruf erst ruiniert, regiert es sich völlig ungeniert.
@b – das passt alles zu Ihrer Analyse und Bewertung
Positiv für die Luftwaffe, dass Briten und Italiener EF Tranche 2 ausgiebig „testen“ können. Die Luftwaffe wird von den Erfahrungsberichten profitieren, denke ich.
Das DLF-Interview mit Herrn Schockenhoff kann man hier nachlesen:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1408490/
Man fasst sich wirklich an den Kopf. Da will ein deutscher Außenpolitiker (von der Regierungspartei!) in einem afrikanischen Bürgerkrieg eine der Kriegsparteien mit Waffen beliefern.
Chickenhawk, das rechtliche mal beiseite, gibt es denn moralisch einen Unterschied, ob man die eine Partei nun mit Waffen beliefert oder aktiv mit Luftschlägen unterstützt?
Bei Luftschlägen weiß man wenigstens, was man zerstört … einmal gelieferte Waffen können lange Schaden verursachen.
Fällt nur mir diese ungewohnte Ruhe aus dem BMVg auf?
@ dallisfaction:
„Die Luftwaffe wird von den Erfahrungsberichten profitieren, denke ich.“
So sicher wie sonstige Erfahrungen von Verbündeten, die dann wieder jahrelang geprüft und verworfen werden, damit wir wieder zehn Jahre hinterherhinken bei der Feststellung dessen, was in genau diesen Berichten schon evident war.
@dallisfaction
Werden noch andere „BW-Gerätschaften“ „getestet“? Spanien verfügt doch bspw. über die gleichen Marschflugkörper wie wir. Es sind so verwirrend viele Länder an diesem Einsatz beteiligt, dass mir der Überblick über die eingesetzten Waffensysteme fehlt..
@chickenhawk
Das verlinkte Schockenhoff-Interview ist vom 11. März, auch damals schon recht eindeutig:
…und wir müssen natürlich die Aufständischen unterstützen. Wir müssen sie auch materiell unterstützen. Wir können nicht zuschauen, wie sie abgeschlachtet werden. Dazu gehört auch, dass wir ihnen Waffen geben, um sich zu verteidigen, das ist völlig klar.
Und diese Position hat er heute halt nur wiederholt…
Wer von den 28 NATO Ländern macht jetzt eigentlich in dem neuen Krieg mit?
US, CA, UK, F, DK, B, ES, I sind mir bekannt. Das sind also nur acht bisher – nicht mal eine einfache Mehrheit. Von den angeblich mitmachenden Arabern ist ja wohl keiner gekommen.
Wenn man die Einwohner der mit Enthaltung stimmenden USC Länder zusammenzählt und denen der Ja-Stimmer entgegensetzt wird man feststellen das die Mehrheit des Planeten gegen diesen Krieg ist.
Ich hoffe das Berlin das auch sieht und jetzt nicht den Fehler macht sich da doch noch reinziehen zu lassen.
Ist sowas nicht schon strafrechtlich relevant? So ein UN-Embargo ist doch eigentlich mal eine Hausnummer…
Schockenhoff ist nur ein weiteres Symptom einer sicherheitspolitischen Kultur, die naives Moralisieren an die Stelle die strategischen Denkens gesetzt hat. Er erinnert mich in seiner Naivität an die deutsche Sektion von Amnesty International, die vor einiger Zeit gefordert hat, das die Bundeswehr Festnahmen von Aufständischen durch die ANP in Afghanistan verhindern müsse, weil deren „Menschenrechte“ in afghanischer Haft nicht gewährleistet seien. Hätte jemand unserer politischen Führung erzählt, dass die „Stabilisierungserfolge“ der Bundeswehr in Nordafghanistan vor 2007 im Wesentlichen das Ergebnis von tadschikisch-usbekischen Massakern an Paschtunen 2001 und 2002 waren, würden diese Politiker auf Grundlage ihrer kindlichen Sicht der Welt vermutlich in ganz arge Gewissensnöte kommen. Zum Glück dachte man in der CDU noch anders, als Algerien und Ägypten in den 90ern militante Islamisten in großer Zahl „abschlachteten“, sonst sähe die Situation in Nordafrika heute vielleicht noch schlechter aus. Gadaffis „abschlachten“ von „Oppositionellen“ trug übrigens direkt über Jahre aktiv zur Entspannung der Bedrohungslage im Bereich militanter Islamismus in Europa dar.
@b:
„Wenn man die Einwohner der mit Enthaltung stimmenden USC Länder zusammenzählt und denen der Ja-Stimmer entgegensetzt wird man feststellen das die Mehrheit des Planeten gegen diesen Krieg ist. “
Ist das ernstgemeint?
@Benjamin:
Elf Laender sind nicht so verwirrend viele. Hier gibts eine Uebersicht ueber die grundlegenden Systeme, die bereitgestellt werden:
http://www.informationdissemination.net/2011/03/libya-first-real-world-test-of.html
So wahnsinnig divers ist das gar nicht. Bei Spanien ist der Einsatz von Taurus zwar denkbar, aber angesichts der Stueckkosten zumindest unwahrscheinlich, nachdem die Hochwertziele bereits von den USA und GB abgearbeitet wurden. Relevante Waffensysteme, die auch in deutschem Besitz sind, werden da m.E. nicht mehr „erprobt“, ausser natuerlich die gleichen Dinge, die bereits im Kosovo verwendet wurden.
@Orontes
Die deutsche Sektion von AI ist keineswegs naiv wenn sie fordert, Gefangene nicht dahin zu überstellen wo sie gefoltert werden. Ich wäre vielmehr ziemlich enttäuscht wenn eine Organisation, die sich dem Schutz der Menschenrechte verschrieben hat, etwas anderes fordern würde.
Übrigens würde ich mal überlegen, ob mit meinem Weltbild noch alles in Ordnung ist, wenn ich Menschenrechte in Anführungszeichen setze.
@b
Deutschland muss sich nicht mit in diesen Krieg ziehen lassen, Deutschland ist schon mit dabei !!!
Die deutschen Besatzungen der NATO AWACS fliegen doch nun schon seit etlichen Tagen um den libyschen Luftraum zu ueberwachen. Nur laeuft dieser Einsatz unter einem anderen Namen: Operation Active Endeavor (OAE), wofuer auch ein dementsprechendes Mandat besteht . Das hierbei das aktuelle Luftlagebild das die NATO AWACS erstellt ueber Daten-Link an aktive Teilnehmer der Operation Odysse Dawn weitergeleitet wird und somit andere aktive Kriegsteilnehmer unterstuetzt werden, wird dabei voellig verdraengt. !!! Ist ja alles nur OAE !!! Sowas nenne ich politische/militaerische Augenwischerei. Werden unsere Politiker unabsichtlich nicht vollstaendig ueber den aktuellen Einsatz deutscher Soldaten bei NATO AWACS unterrichtet, oder will man so eine aktive Teilnahme vertuschen ???
Danach fragt in Deutschland eigentlich keiner, man schliesst die Augen und laesst deutsche Soldaten weiterhin aktiv an dieser Mission Teilnehmen … und das 24/7.
@Chris: Was schlagen Sie denn dann vor? Dass die ANP ab sofort niemanden mehr festnehmen darf? Lesen Sie doch erst mal genau, was Orontes schrieb.
@ hotel echo
Wo ist denn die Schnittstelle zwischen Operation Odyssey Dawn und Operation Active Endeavour?
@para
Danke für den Link! Verwirrend finde ich die Lage aber schon in Bezug auf die Frage, welche Waffensysteme eingesetzt werden, die wir auch haben. Wer weiß schon aus dem Kopf, ob spanische Fregatten, dänische F-16 oder britische Eurofighter solche Waffensysteme mitführen? Ich jedenfalls nicht. :-)
Eigentlich schade. In einer EU, in der die Vernunft regiert, hätten diese Länder vermutlich alle relativ einheitliche Systeme. (Wenn ich Rafale und Typhoon nebeneinander sehe, kann ich mir nur an den Kopf fassen..)
@Nico
Nein, sondern darum, dass D Gefangene nicht an eine Institution/Nation/Organisation ausliefert, die foltert. Wenn AI dies von einer zivilisierten Nation verlangt, die überdies die UN-Antifolterkonvention unterzeichnet hat, dann ist das nicht naiv, sondern vollkommen verständlich. Ich denke auch den Leuten von AI ist klar, dass das ganze sehr viel schwerer wäre als die gängige Praxis (man müsste eigene Gefangenenlager betreiben, rechtsstaatliche Verfahren, afghanische Souveränität untergraben usw.), was aber nicht heißt, dass sie es nicht fordern sollen.
Da gibt es eigentlich keine Schnittstelle. Deshalb duerften deutsche Besatzungen die an OAE teilnehmen diesen Auftrag gar nicht durchfuehren da sie aktiv die Operation Odyssey Dawn unterstuetzen. Dafuer gibt es aber kein Mandat. Man darf diese beiden Operationen eigentlich nicht ueberschneiden, was aber eindeutig getan wird. Nur unsere Politiker werden in dem Glauben gelassen, dass das alles seine Richtigkeit hat, oder sie werden ueberhaupt nicht informiert was da unten passiert.
Es ist eindeutig von einer Beteiligung der NATO zu sprechen, auch mit deutschen Besatzungsmitgliedern, die unter dem Deckmantel OAE weiterverkauft wird.
Man muss das Kind nur richtig taufen, dann sind alle frohen Mutes und erfreuen sich des Lebens.
@Chris: Es besteht ein Unterschied zwischen „keine Gefangenen ausliefern“ (Zitat Sie) und „Festnahmen von Aufständischen durch die ANP in Afghanistan verhindern“ (Zitat Orontes).
Den sehen Sie auch, oder?
Zu der Foltergeschichte empfehle ich mal nachzulesen wie das in Kanada debatiert wurde, aber das führt uns immer weiter von Libyen weg:
http://en.wikipedia.org/wiki/Canadian_Afghan_detainee_issue
@ hotel echo
„Da gibt es eigentlich keine Schnittstelle.“
Bedeutet dies das AWACS das AFRICOM in Stuttgart mit Daten beliefert und oder die Fighter im Einsatzgebiet im direkten Kontakt mit AWACS stehen?
@Chris
„Übrigens würde ich mal überlegen, ob mit meinem Weltbild noch alles in Ordnung ist, wenn ich Menschenrechte in Anführungszeichen setze.“
Man lernt eben dazu. Die Welt funktioniert nicht immer so, wie die Bundeszentrale für Politische Bildung, Frau Käßmann oder Amnesty International sie darstellen. Letztere Organisation ist übrigens in erster Linie ein Konzern, der sich durch Spenden finanziert, und dementsprechend wenig Skrupel bei seinen Kampagnen zeigt, solange es linksliberalen Spendern gefällt. http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/afghanistan/article7017810.ece
„Ich denke auch den Leuten von AI ist klar, dass das ganze sehr viel schwerer wäre als die gängige Praxis (man müsste eigene Gefangenenlager betreiben, rechtsstaatliche Verfahren, afghanische Souveränität untergraben usw.), was aber nicht heißt, dass sie es nicht fordern sollen.“
Amnesty International fordert eben nicht Sonderlager für Gefangene und Behandlung nach dem zuständigen humanitären Völkerrecht (Kriegsgefangenen stehen keine „rechtsstaatlichen Verfahren“ zu, weil sie nach dem VöRe keine Straftäter sind). Wo es diese Lager und entsprechende Behandlung gibt, werden diese von AI ebenso skandalisiert. Diese Leute verdienen ihr Geld eben nicht mit realistischen Vorschlägen, sondern mit der Ausnutzung des latenten Selbsthasses westlicher Gesellschaften, die bei jeglicher Bekämpfung von Feinden ein schlechtes Gewissen haben.
Vom SWR hat es einen interessanten Artikel, wie lange die EU braucht um Konten von Diktatoren zu sperren:
Im Fall von Ben Ali dauerte es nach seinem Rücktritt über drei Wochen, bis die Sperren am 7.2.2011 in Kraft traten. Bei Gaddafi vergingen etwa zwei Wochen nach Beginn der Aufstände, bis erste Kontensperren am 1.3.2011 wirksam wurden. Bei Mubarak wurden Kontensperren vor etwa fünf Wochen angekündigt, aber bis heute nicht vollzogen.“
Gerade mit dem Ausschöpfen nicht-militärischer Maßnahmen scheint man es (mal wieder) nicht wirklich ernst zu meinen…
@para Ist das ernstgemeint?
Ja das ist ernstgemeint.
Das verdeutlich das das ständige Gerede von der „internationalen Gemeinschaft“ die irgendetwas beschließt und dann Krieg führt reine Propaganda ist.
@hotel echo Deutschland muss sich nicht mit in diesen Krieg ziehen lassen, Deutschland ist schon mit dabei !!!
Ich hoffe nicht, habe aber trotzdem meinen Bundestagsabgeordneten angetickt und ihn gebeten da mal sehr genau nachzufragen – Parlamentsvorbehalt und so …
@sebastian
die daten gehen nach Neapel, in die maritime Operationszentrale. Wohin sie dann weiter verteilt werden kann ich nicht sagen.
Es wird nicht direkt mit fightern gesprochen, aber das erstellte Luftlagebild wird ueber Datenlink an Schiffe weitergegeben, die es wiederum an die fighter weitergeben koennen. Aktiv gesprochen wird soweit ich weiss nur mit Maritime Patrol Aircraft.
@Chris | 21. März 2011 – 14:49
Zitat: „@Orontes
…
Übrigens würde ich mal überlegen, ob mit meinem Weltbild noch alles in Ordnung ist, wenn ich Menschenrechte in Anführungszeichen setze“
Vermutlich, weil die Menschenrechte in anderen Kulturkreisen, gemäß dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, auch teilweise anders definiert werden, als wir (unsere Politiker, westliche „Menschenrechtsorganisationen“) dies tun. Ich kann mich übrigens nicht daran erinnern, dass ich jemals an einer Abstimmung über Menschenrechte und Werte teilnehmen durfte. Es gibt da offenkundig bereits unterschiedliche Sichtweisen zwischen den USA und Europa. Darum gehören die Menschenrechte auch in Anführungszeichen.
@orontes
Sie verrennen sich da in etwas. Krieg ist kein Ponyhof,
aber es geht hier nicht um weltfremdes Gutmenschentum, sondern um die Einhaltung von Mindestbedingungen, die allen Soldaten nützen. Die Überstellung von Gefangenen aus deutschem Gewahrsam an eine andere Macht (z.B. AFG), die die Genfer Konventionen nicht achtet, wäre ein Kriegsverbrechen. Dies ist den beteiligten Personen durchaus bewußt. Deshalb ist in den einschlägigen Abkommen auch eine entsprechende Zusicherung der ordnungsgemäßen Behandlung überstellter Gefangener aufgenommen.
In der Anfangszeit gab es diese m.W. jedoch noch nicht.
Auf Nachfrage erklärte ein Rechtsberater mir den Ausweg wie folgt: „deutsche Soldaten machen keine Gefangene, da ist immer ein US Amerikaner dabei, der die Person gefangennimmt.“
Deshalb mussten die verantwortlich Beteiligten auch die Kenntniss über die „Geheimgefängnisse“ und die dort angewendeten Methoden leugnen.
Bei soviel Kreativität im Umgang mit den elementarsten Gebräuchen des Krieges kann ich jeden verstehen der nicht in diesen Einsatz geht.
@JeffCostello
„..hier nicht um weltfremdes Gutmenschentum, sondern um die Einhaltung von Mindestbedingungen, die allen Soldaten nützen. “
Deutschen Soldaten nützt die Einhaltung nichts, da der Feind humanitäres Völkerrecht nicht anerkennt. Aber natürlich sind alle rechtlichen Auflagen davon unabhängig vollumfänglich einzuhalten. Alles andere wäre ja Rechtsbruch. Menschenrechte feindlicher Kämpfer sind durch deutsche Kräfte in Afghanistan genauso streng zu respektieren wie deutsche Abgasnormen oder Vorschriften zur Mülltrennung.
Was Überstellungen/Festnahmen etc. von deutscher Seite angeht, gibt es daher belastbare rechtliche Lösungen, die allen formalen Kritierien voll genügen, weshalb die Kritik durch AI haltlos ist. Man könnte sogar völkerrechtliche Legitimationen für noch viel weitergehendes Vorgehen finden, wenn man denn wollte.
Die Durchsetzung der Flugverbotszone über Libyen hat nach Angaben der US-Streitkräfte nicht zum Ziel, die Truppen der libyschen Regierung „komplett zu vernichten“ oder den Rebellen bei ihren Gefechten zu helfen. Es würden nur militärische Anlagen ins Visier genommen und jene, die das internationale Mandat aktiv bekämpfen würden. Auch Gaddafi selbst sei nicht Ziel der Angriffe. Ja was denn dann bitte, ein paar Bomben ohne Ziel. Herje, das wird ja immer schlimmer. Die Politiker werden immer unglaubwürdiger. Bomben ohne Ziel. Selten sowas dämliches gesehen.
„Alliierte schließen gezielte Angriffe auf Gaddafi aus“ http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,752331,00.html
Die Begründung lautet, dass der UN-Beschluss das nicht zulässt. Kann mir jemand rationelle Gründe nennen, warum man diesen Mann nicht auf die Liste setzt?
So könnte man doch endlich mal den Verursacher drankriegen. Aktuell baden wieder Soldaten den Mist aus, den Politiker verzapfen…
Diese Land ist mittlerweile an Peinlichkeiten nicht mehr zu überbieten. Der Westerwelle ist der schlimmste Außenminister den wir jemals hatten und dieses Larifari-Wischiwaschi-wir haben Angst vor Entscheidungen blamiert uns bis auf die Knochen! Warum sind wir noch in der NATO? Wir machen doch nix außer uns vor Verantwortung zu drücken….und das auch noch im UN-Sicherheitsrat….amateurhaft
@ Ceeee
Meine Vermutungen:
– Wann will keinen Patzer wie bei Osama bin Laden erlauben. Das Umbringen von Gaddafi zum Ziel zu erklären, und es dann nicht zu erreichen, wäre als Zeichen der Schwäche auslegbar. Und ohne Bodentruppen stehen die Chancen da wohl bis auf weiteres auch nicht allzu gut. (Woher will man denn wissen, wo sich Gaddafi aufhält, und ihn dann auch noch schnell erwischen? Von menschlichen Schutzschilden ganz abgesehen…)
– Es ist gut vorstellbar, dass man die anderen Diktatoren in der Region nicht nervös machen will. Letztlich legt man ja auch Wert auf die Zustimmung oder gar Beteiligung der Arabischen Liga zum Einsatz.
– Viele Länder (insbesondere die USA) sind nur halbherzig dabei. Da will man sich glaub die Hintertür offen halten, „nur“ die Flugverbotszone durchzusetzen. Das ist ja schon jetzt praktisch erreicht, da kann man noch jederzeit den Missionserfolg erklären und abziehen. Insbesondere interessant wenn der Bürgerkrieg sich hinziehen sollte. (Die Kosten für eine Flugverbotszone nur im nördlichen Drittel Libyens werden auf 30-100 Mio. $ die Woche geschätzt.)
Erklärt man erstmal den Regime-Wechsel offiziell zum Ziel des Militäreinsatzes, dann ist jeder vorzeitige Abzug eine militärische Niederlage.
Es gäbe natürlich auch eine Alternative. Nun da die Koalition mit der Lufthoheit organisierte gepanzerte Verbände Gaddafis aufhält und seine bisherige Offensive lahmgelegt hat, ist für ihn guter Rat teuer.
WENN die Bundesregierung aber darauf setzt, dass die Rebellen sich letztendlich nicht gegen ihn behaupten können, würde es Sinn machen, nun den Diktator zu unterstützen und später als einziges Land in Europa mit ihm exklusiv Rohstofflieferungen zu vereinbaren.
Gaddafi nach seinem Vorgehen unmittelbar mit Waffen zu beliefern würde natürlich einen zu großen diplomatischen Fallout mit sich bringen, als dass dieses Vorgehen noch verhältnismäßig wäre. Aber wie immer wieder deutlich wurde, bangt doch auch Bouteflika im Nachbarland Algerien um seine Zukunft.
Würde man Bouteflika’s Truppen eine größere Menge modernster Handfeuerwaffen liefern mit dem augenzwinkernden Hinweis, dass es der Stabilität seiner Herrschaft am meisten nutzt wenn er die Hälfte davon über die Grenze Gaddafis Getreuen zukommen lässt, damit die sich um aufständische Brandherde kümmern können….
Das wäre doch praktikabel und würde für alle Seiten Sinn machen :-)
J.R.
„Warum sind wir noch in der NATO? Wir machen doch nix außer uns vor Verantwortung zu drücken…“
Wieviele V -Faelle gabs noch mal?
Benjamin:
„Eigentlich schade. In einer EU, in der die Vernunft regiert, hätten diese Länder vermutlich alle relativ einheitliche Systeme.“
Es gibt einen NATO-Standard, der diese Systeme kompatibel macht. Auch daran denken, dass viele dieser Muster schon flogen, als es bestenfalls die EG, aber keine EU und schon gar keine EDA gab.
Ueber den Sinn und Unsinn von transnationalen Beschaffungsprojekten kann man allerdings auch ganze Doktorarbeiten schreiben. Alles nicht so einfach. ;-)
@ J.R.
danke für die Antwort. Wie erwartet, nur politisch zu begründen. Der Einsatz scheitert (bisher) an seiner kozeptlosigkeit und das Fehlen strategischer Ziele. Doof nur, dass wegen des unbeherzten Vorgehens wieder unnötig viele Menschen sterben.
@ Ceeee
Naja, hätte er weitergehende Ziele, dann würde er wahrscheinlich an seiner militärischen Unzulänglichkeit scheitern.
Frankreich hatte im Algerienkrieg 400.000 Soldaten im Land, über gut 7 Jahre, mit 25.000 französischen Toten und 150.000 getöteten Algeriern.
Die Interventionsmächte tun so als sei Libyen ein „Krieg light“, der sich irgendwie aus der Luft lösen liesse. Wirklich begründet wird diese Annahme nicht.
@ para
Nichts für Ungut, aber die zitierte Passage ist von Krimhild. :)
Joschka Fischer dazu …… „…..habe die Bundesregierung den deutschen Anspruch [ständiger Sitz] endgültig in die Tonne getreten“, schrieb Fischer in einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“. Der Ex-Minister sprach von einem „skandalösen Fehler“.
Pardon, mein Fehler. ;-)
@Antje | 22. März 2011 – 12:24
Zitat: „Joschka Fischer dazu …… “…..habe die Bundesregierung den deutschen Anspruch [ständiger Sitz] endgültig in die Tonne getreten”, schrieb Fischer in einem Beitrag für die “Süddeutsche Zeitung”. Der Ex-Minister sprach von einem “skandalösen Fehler”.“
Solch einen Quatsch kann auch nur der grüne Oberlehrer und Kriegstreiber Fischer sagen. Dann müßten diesen auch Indien und Brasilien in die Tonne getreten haben, denn auch diese Staaten haben sich der Stimme Enthalten und erheben einen Anspruch auf einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat. Ich glaube eher, dass wir in dieser Richtung einen Schritt näher gekommen sind, denn die absolute Mehrheit der Mitgliedsstaaten lehnt diesen Kriegseinsatz ab. Da will das Küken klüger als die Henne sein.
Seit Fischer auf der U.S. Lohnliste steht ist der nur noch peinlich.
Wert die Tote-Baum-Version der heutigen FAZ hat, sollte sich das Essay von Reinhard Merkel, Rechtsphilosoph Uni Hamburg, auf Seite 31/33 antun. Er legt ziemlich einleuchtend dar das das Handeln Gaddafis gegen eine bewaffnete Rebellion in diesem Falle durchaus legal ist, aber der Beschluss des UNSC wie auch der Krieg gegen Libyen das Völkerrecht bricht.
Als Nation die im 30-jährigen-Krieg ein Drittel der Bevölkerung verloren hat steht es Deutschland gut an das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten das der westfälische Frieden begründet hat ernstzunehmen.
Den Artikel hat’s auch online: Völkerrecht contra Bürgerkrieg – Die Militärintervention gegen Gaddafi ist illegitim.
Die Kernaussage, wie von b angerissen, ist in etwa: In Libyen findet kein Völkermord statt. Sondern schlicht Bürgerkrieg, und die Aufständischen sind da auch nur eine Konfliktpartei. Auf deren Seite in den Bürgerkrieg einzugreifen ist praktisch ein Angriff auf den libyschen Staat und untergräbt das zwischenstaatliche Gewaltverbot. Als Ergebnis wird die Welt unsicherer.
Oder knapper: „Responsibility to Protect“ ist hier nicht gegeben. Der Wunsch Diktatur durch Demokratie zu ersetzen ist kein legitimer Grund gegen ein Land Krieg zu führen.
Arte meldet: Algerien fordert nun auch die sofortige Einstellung der Militäraktion der „Koalition der Willigen“.
Der internationale Widerstand gegen die einseitige Unterstützung der Rebellen, die nicht mandatiert ist, nimmt zu. Besondere Kritik wird an der fehlenden Durchsetzung des Waffenstillstandes gegenüber den angreifenden Aufständischen und an möglichen Waffenlieferungen an diese geübt. Der „Westen“ wird damit unzulässig zur Kriegspartei. Gut das Deutschland seine Soldaten nicht in dieses französische Abenteuer schickt.
Das Schema, nach dem die „Koalition der Willigen“ einseitig zugunsten einer Partei im Bürgerkrieg eingreifen, was @b, @J.R. und Professor Merkel in der FAZ beschreibt, was unterscheidet dieses Schema der Intervention eigentlich von dem ISAF-Einsatz ?
Durch UN-Mandat wird jedem Land das Recht eingeräumt, alle für notwendig erachteten Mittel zu ergreifen, um der legitimen Zentralregierung von AFG, hier die Regierung Karzai, die Staatsführung eines Zentralstaates zu ermöglichen.
Für mich ist dies das gleiche Schema und müsste dann ebenfalls nach Völkerrecht illegitim sein, oder ?
@ Georg
Als das ISAF-Mandat beschlossen wurde hatte Afghanistan keine Regierung.
Weder formel (die Taliban waren international nur von glaub drei Ländern anerkannt, und waren auch nicht in der UN vertreten) noch praktisch (aus weiten Teilen des Landes waren die Taliban vertrieben oder waren erstmal untergetaucht).
Hier konnte man also tatsächlich von einem Stabilisierungseinsatz zum Stützen einer neu eingesetzten Regierung sprechen.
Sie werden wohl zustimmen, dass das auf die derzeitige Situation in Libyen nicht zutrifft.
Vermutlich wäre Ihre Frage eher gewesen, was unterscheidet Operation Enduring Freedom Afghanistan von Operation Odyssey Dawn?
Und da wären die Unterschiede wohl:
– Die Taliban-Regierung war kein international nicht anerkannt
– Die USA machten Selbstverteidigung nach Artikel 51 der UN-Charta geltend, auch wenn der Fall nie vor den Sicherheitsrat kam
– Die USA machten keinen Hehl aus ihrem Ziel: Regimewechsel
Wie gewichtig die Punkte sind, da gehen die Meinungen wohl auseinander.
@ J.R.
In einigen Punkten sehe ich das anders.
OEF mit dem Ziel, die Talibanregierung als Beschützer der El-Kaida Terroristen zu stürzen, kann ich gut nachvollziehen. Dies war ja auch im Wesentlichen Ende 2001 erledigt. Die Operation OEF hätte beendet werden können.
Die ISAF-Resolution wurde vom Sicherheitsrat im Nov. 2001 verabschiedet und in Deutschland im Dez. 2001 vor dem Bundestag im ISAF-Mandat beschlossen.
Zu diesem Zeitpunkt war die Taliban-Regierung in AFG gerade noch im Amt, bzw. gerade gestürzt. Im Verlauf des ISAF-Einsatzes, insbesondere nach 2005/2006 wo der ISAF-Einsatz von der Hauptstadt Kabul auf ganz AFG ausgedehnt worden ist, wurde der ISAF-Einsatz zur Stützung einer Konfliktpartei im innerafghanischen Bürgerkrieg genutzt. Die Gegner sind ja nicht nur die Taliban, sondern auch die anderen oppositionellen bewaffneten Gruppen. Mit den hauptsächlich von den USA, GB und Canada geführten OEF-Einsatz im Süden und Osten des Landes war parallel zu ISAF immer ein Kriegseinsatz vorhanden.
Nun wurden beide Einsätze durch Personalmaßnahmen der Amerikaner faktisch verschmolzen. Alle Kampfhandlungen der Nato-Truppen in AFG dienen dazu die Regierung Karzai und damit eine Zentralregierung an der Macht zu halten.
Wir sind damit Partei im innerafghanischen Bürgerkrieg geworden !
@J.R. | 22. März 2011 – 21:27
Ein kleiner Hinweis.
Völkerrechtlich als international (zwischennational) anerkannt, gilt ein Staat bereits, wenn er von nur einem international anerkannten Staat anerkannt ist. Beispiel Nordzypern. So das russische Außenministerium vor Monaten. Eine fehlende Mitgliedschaft in der UNO ist freiwillig und ändert am völkerrechtlich gleichberechtigten Status eines Staates garnichts.
Völkerrechtlich anerkannt werden ausschließlich Staaten und keine Regierungen dieser. So die Antwort der schweizer Außenministerin vor wenigen Tagen, als sie gefragt wurde, ob die Schweiz die Aufständischen in Bengasi, wie Frankreich, anerkennen würde.
@J.R. | 22. März 2011 – 21:27
Das Recht auf Selbstverteidigung laut UN-Charta greift nur bei einem Angriff durch einen Staat. Dies war keineswegs gegeben. Weder Afghanistan, noch ein anderer Staat hatte damals die USA angegriffen, obwohl schon seitens einer Terrororganisation ein Angriff erfolgte. Selbst wenn man das Recht auf Selbstverteidigung stark dehnen bzw. verbiegen würde, dann wäre bestenfalls ein Krieg gegen Saudiarabien gerechtfertigt gewesen, von wo die Terroristen kamen. Oder gegen Deutschland, wo sie Ihren Anschlag planten.
Weiterhin greift das Recht auf Selbstverteidigung nur solange bis sich der UN-Sicherheitsrat mit der Angelegenheit befasst und eigene Maßnahmen ergreift. Darum wurde eine Befassung seitens des UN-Sicherheitsrates damals von den USA verzögert, bis vollendete Tatsachen geschaffen waren.