Attraktiv auf YouTube
Aus dem Attraktivitätsprogramm für die Bundeswehr, das Verteidigungs-Staatssekretär Rüdiger Wolf bereits Anfang Januar unterzeichnet hat (erstaunlich, dass es erst jetzt in den Medien hochkam), darf sich jeder was aussuchen: Die Aufregung um eine mögliche Einstellung von Inländern ohne deutschen Pass in die Streitkräfte oder das Familienprogramm der Truppe.
Ich suche mir aus: Die Bundeswehr will ihre Maßnahmen zur Werbung und Image-Bildung verstärken – nicht zuletzt in sozialen Netzwerken im Internet:
Maßnahme 3
Basierend auf dem derzeit hohen gesellschaftlichen Grundvertrauen in die
Bundeswehr ist das Informations- und Dialogangebot der Bundeswehr in
Massenmedien, der Gesellschaft und sozialen Netzwerken mit dem Ziel deutlich
stärkerer Kenntnis, Sinn- und Wertvermittlung sowie Imagebildung und –
steigerung zu intensivieren. Hierzu sollte u.a. das (kostenintensive) Medium
Fernsehen stärker als bisher genutzt werden. Inhaltlich sind hierbei insbesondere im
ersten Schritt Ziele, Normen und Werte der Bundeswehr sowie der Sinn
soldatischen Dienens und die Möglichkeiten, dieses auch in der heutigen Zeit mit
individuellen Werten zu vereinbaren, in den Mittelpunkt zu stellen. Im zweiten
Schritt ist die Umsetzung der identifizierten attraktivitätssteigernden Maßnahmen
intern / extern zu kommunizieren. Ein entsprechendes Kommunikationskonzept
befindet sich aktuell in Erarbeitung.Maßnahme 4
Analog des in der Wirtschaft praktizierten Ansatzes eines „Employer Branding“ ist
auch für die Bundeswehr eine entsprechende ganzheitliche Organisations- und
Arbeitgebermarke mit visueller Identität zu entwickeln und zielgerichtet zu
kommunizieren.
und
Maßnahme 31
Das Internet (z.B. YouTube) ist gezielt zur Kommunikation in die Zielgruppen
sowohl der Informationsarbeit als auch der personalwerblichen Kommunikation so
einzusetzen, dass einerseits durch knappe, wissensvermittelnde Bewegtbildbeiträge
(sog. Erklärstücke) Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr allgemeinverständlich
deutlich werden und andererseits allgemeines Interesse am Dienst in den
Streitkräften geweckt wird.
Die Beiträge werden in Eigenproduktion realisiert. Der Bedarf liegt bei ca. 500
Eigenproduktionen pro Jahr. Dazu ist entsprechendes Fachpersonal (sowohl
technisch als auch redaktionell) in ausreichender Zahl und die notwendige und
sachgerechte Infrastruktur vorzuhalten.
Allerdings bin ich mir noch nicht sicher, ob Verteidigungsministerium und Bundeswehr verstanden haben, dass social networks bis hin zu YouTube kein Einweg-Kanal sind. Und Nutzer-Kommentare, einschließlich der raschen Reaktion darauf, zu dieser Kommunikation dazu gehören. Wir werden sehen.
Aber seien wir mal ehrlich: Alle diese Punkte sind nicht wirklich das, was für Soldaten oder künftige Soldaten die Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr ausmacht. Da geht es um ganz andere Dinge, die natürlich mitunter recht kleinteilig sind und deshalb in der Berichterstattung nicht so sexy klingen. Eine willkürliche Auswahl:
Maßnahme 51:
Es ist zu untersuchen, wie eine gleichmäßigere Belastung aller Soldatinnen und
Soldaten der Bundeswehr durch die Auslandseinsätze der Bundeswehr erreicht
werden kann, um die individuelle Belastungen zu reduzieren und darüber eine
höhere Berufszufriedenheit zu erreichen.Maßnahme 60:
Die Erhöhung der Erschwerniszulage für Minentaucher (über 50 % personelle
Unterdeckung) ist im Sinne der bereits im Haus abgestimmten Ressortforderung
durchzusetzen.Maßnahme 61:
Eine Stellenzulage für Luftfahrzeugführer für unbemannte Großluftfahrzeuge
(RPA5) ist einzuführen.Maßnahme 62
Eine angemessene finanzielle Abgeltung für ärztliche Sonderdienste von
Sanitätsoffzieren in Bundeswehrkrankenhäusern ist zu schaffen.Maßnahme 63
Zugunsten des BMVg ist eine Verordnungsermächtigung in das
Bundesbesoldungsgesetz aufzunehmen, um auf kurzfristig auftretende
Personallageänderungen durch Vergabe von Prämien zur Personalgewinnung und
zur Personalbindung rasch reagieren zu können.Maßnahme 68
Es ist zu prüfen, ob bei Aussetzung der Verpflichtung zur Ableistung des
Grundwehrdienstes vorhandene, nicht mehr für Grundwehrdienstleistende
benötigte Unterkünfte Pendlern zur Verfügung gestellt werden können.
Bei der Bedarfsermittlung für Pendlerunterkünfte sind aufgrund der künftig weiter
steigenden Anforderungen an die Mobilität der Zivilbeschäftigten auch
Unterbringungsmöglichkeiten für Zivilpersonal zu berücksichtigen.
Bis zur Bereitstellung von Unterbringungsmöglichkeiten für Pendler sind
Mietbeihilfen für „Nicht Trennungsgeld Berechtigte Pendler“ zu gewähren.
Entsprechende Rechtsgrundlagen müssen geschaffen werden.Maßnahme 69
Das Wahlrecht zwischen der Zusage der Umzugskostenvergütung und dem
dauerhaften Bezug von Trennungsgeld ist gesetzlich zu verankern. Damit wird der
Dienstherr die Lebenswirklichkeit abbilden und – insbesondere mit Blick auf den
Übergang in eine neue Struktur – versetzungsbedingte finanzielle Belastungen
mildern und die Pendlerproblematik entschärfen.Maßnahme 70
Die Wohnungsfürsorge ist zu optimieren, um umzugswillige
Bundeswehrangehörige besser bei der Suche nach einer familiengerechten
Wohnung und Pendler bei der Suche nach einer adäquaten Unterkunft unterstützen
zu können.Maßnahme 82
Zur Sicherstellung der Auftragserfüllung und dem Erhalt bzw. zur
Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft der Soldatinnen und Soldaten und der
zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine bedarfsgerechte und qualitativ
hochwertige abwechslungsreiche Verpflegung – auch als Motivationsfaktor – im
Einsatz und im Grundbetrieb weiterhin bereitzustellen. Die Notwendigkeit der
Schaffung einer Rechtsgrundlage ist zu prüfen.
Lieber Herr Schulz,
sagen Sie ihm Ihre Kritik doch direkt auf seinem Blog… und nicht um die Ecke bei mir ;-)
(Ansonsten danke für die Blumen)
@ Orontes
Ich seh die Aufgaben der Medien jetzt nicht darin pro-irgendwas zu sein. ;)
Klar, den Bauch gepinselt zu bekommen ist toll. Und wenn man sich das Echo zur Kerner-Show anschaut, dann scheint genau sowas von einigen auch gewünscht zu werden.
Und ja, es geht nicht immer fair zu. Der Umgang mit dem Kunduz-Luftschlag ist da durchaus ein Beispiel – aber rauher als in den Artikeln zu den Todesfällen bei der Loveparade ging es da auch nicht zu. Nur wurde der Loveparade-Vorfall minutiös aufgearbeitet wurde, inklusive der vorbereitenden Sitzungen und der Ortswahl. Beim Kunduz-Luftschlag kräht kein Hahn danach, wie die Bundeswehr mal eben ein paar Dutzend Zivilisten übersehen konnte.
Persönlich bin ich ja der Meinung, dass die Bundeswehr – gerade was den Afghanistan-Einsatz angeht – ja ziemliches „Glück“ hat. Die meisten Reporter reisen mit ISAF-Tours oder sind gleich embedded, entsprechend weichgespült, soldatennah und oft auch unkritisch ist in der Regel die Berichterstattung. (Als Ausnahmen würden mir da vor allem Susanne Koelbl und womöglich Can Merey in den Sinn kommen. Die kritische Distanz Herrn Wiegolds zu den Bundeswehr-Meldungen sollte man hier aber auch erwähnen. ;) )
Dass da nicht immer Artikel bei rauskommen, die dem Selbstbild der Soldaten entsprechen – kann sein. Aber es wird auch nicht der Finger in die zahlreichen Wunden gelegt.
Zum Vergleich könnte man hier das dauerkritische aber nicht ahnungslose Blog registan.net anführen – das aber trotzdem von Einsatzsoldaten gelesen und kommentiert wird.
Um jetzt nochmal den Schwenk zum eigentlichen Thema zu nehmen: Dass die Nachwuchswerbung die Einsatzrealität wiederspiegeln sollte sind sich hier glaub alle einig. Aber dazu gehört „Krieg ist ein Abenteuer“ eben genausowenig wie „Soldat ist ein Beruf wie jeder andere“.
Nur reicht es schlicht nicht aus, in den Werbebroschüren dann mal Klartext zu reden, wenn überhaupt. Eine ehrliche Berichterstattung über die Einsatzrealität muss schon viel füher stattfinden. Und dazu gehören auch so unbequeme Themen wie das Ausmass der notwendigen Härte oder die Belastungen der Soldaten im Einsatz. Und nicht zuletzt eine kritische Auseinandersetzung damit, was die Bundeswehr als ganzes und der Soldat im Einzelnen überhaupt leisten kann, leisten soll.
All das findet nicht statt, und mit die größte Diskursbremse ist die Bundeswehr selbst. Dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn Vorfälle wie auf der Gorch Fock solche Wellen schlagen können.
Noch ein kurzer Abstecher zu Coin:
Einen netten Bericht zum Aufeinanderprallen von Militärs und Zivilisten in den COIN-Kursen hat es auf Afghan Quest: Students.
Und dort hat es auch einen Artikel zum Thema „Welchen Soldatentypus braucht COIN“: Quote for the day. Und wenn man sich das Einstiegszitat von 1961anschaut, dann ist das Thema nicht so neu wie man bei der Bundeswehr gerne tut. Womit man dann sogar das Thema Militärhistorie und Bundeswehr gestreift wäre… ;)
@J.R.
„Ich seh die Aufgaben der Medien jetzt nicht darin pro-irgendwas zu sein.“
So meinte ich es nicht. Mir persönliche wäre es am liebsten, wenn Medien Vorfälle einfach nur melden würden, ggf. ergänzt um Kontextinformationen (abweichende Darstellungen, Glaubwürdigkeit der Quelle etc.), und Meinungen jeglicher Art auf klar gekennzeichnete Kommentare beschränkten. Ansonsten bin ich hier vollkommen Ihrer Ansicht.
Zum Thema COIN: Sehr interessanter Bericht vom CTC-A, vielen Dank. Meine Eindrücke dort waren sehr ähnlich. Vielleicht am Rande interessant: Mein Versuch, ein sich am Lehrplan und des Erfahrungen des CTC-A-Kurses orientierendes Seminar an einer dafür eigentlich prädestinierten zivilen Universität in Deutschland anzubieten scheiterte daran, dass die Universität bzw. ein Gremium akademischer Experten meinte, das Thema sei nicht relevant.
Liegt es vielleicht auch daran, dass diese Uni aus ideologischen Gründen „militärische“ Forschung im weitesten Sinne im Sinne der Zivilklausel ablehnt ?
@mietsch
Es wäre ja nicht um Forschung gegangen, sondern um Lehre, und die entsprechende Uni behauptet von sich, eines der führenden sicherheitspolitischen Lehrangebote zu betreiben. Den Studenten wird zudem versprochen, dass die Studiengänge sich u.a. durch Praxisbezug hervortun. Aber das nur am Rande. Soweit ich weiss, besteht das CTC-A nicht in der alten Form weiter, aber in den letzten Jahren konnte man dort sehr gut erleben, wie einige Nationen im Einsatz praxisorientiert und auf hohem Niveau dazulernen. Deutschland ist sowohl zivil als auch militärisch m.E. Lichtjahre davon entfernt, was diverse persönliche Erlebnisse mit zivilen „Experten“ in Deutschland auf verschiedenen Gebieten mir immer wieder bestätigten. Immerhin versucht die Bundeswehr mittlerweile, Erfahrungen systematisch auszuwerten und gewonnenes Wissen zugänglich zu machen.
@ CTC-A
Mein letzter Stand ist, dass die Coin Academy mehr oder weniger von der Nato Training Mission – Afghanistan geschluckt wurde.
Ob sich dabei strukturell allzuviel geändert hat weiss ich nicht (war ja nie Afghanistan), aber es sieht fast nicht danach aus. Zumindest scheint es immer noch gemischte Kurse zu geben: District Stability Framework’s multinational class work toward solutions, vom 01.02. 2011.
@J.R.
Das letzte, was ich hörte, war dass es künftig stärker auf die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte ausgerichtet werden soll.
Wenn es den „Counterinsurgency Leaders‘ Course“ noch geben sollte: Deutsche Soldaten und Zivilisten, die in Afghanistan eingesetzt sind, konnten zumindest letztes Jahr noch teilnehmen, und der Kurs ist m.E. absolut empfehlenswert.
Ich möchte mal ein paar Aussagen von Hr. Orontes zusammenfassen und dann kommentieren.
Zitat aus Beitrag vom 16.02.
Stimmt ! Fasst alle kleinen Kampfgemeinschaften funktionieren nach den 3 Faktoren Ehre, Kameradschaft und Disziplin. Reguläre Armeen genauso wie die Taliban, die Rote Armee Fraktion, der Vietcong oder die Kindersoldatenhorden in Afrika.
Nach meiner Schlussfolgerung kommt es darauf an, für welche Werte man die Kampfkraft einer bewaffneten Organisation einsetzt. Ansonsten kann man Soldaten eines demokratischen Staates gleich Söldner setzen.
Was folgern Sie daraus ?
Aus ihren Beitrag von heute um 07:55 Uhr hieß es:
An welchen Werten sollen sich unsere Soldaten denn ansonsten orientieren, als an den Werten unserer Verfassung, unseres Staates, unserer Gesellschaft ?
Vielleicht doch Blut, Schweiß und Tränen ? Womit wir auf der Traditionslinie der Wehrmacht wären.
Besser fängt man wohl mit unseren demokratischen Werten an, die Verteidigungswürdigkeit des Staates an sich, der hohe Standard den unsere Verfassung für den Bürger darstellt. Auch die vitalen Interessen unserer Gesellschaft müssten ehrlich kommuniziert werden.
Gleichzeitig muss man dann aber auch so ehrlich sein, den AFG-Einsatz in der jetzigen Form als Fehler zu bezeichnen und ihn schnellstmöglich beenden.
Kleines Bonmot am Rande. FüS soll sich deshalb so lange geweigert haben den Einsatz in AFG als Krieg zu bezeichnen, weil den Generalstabsoffizieren klar war, dass man einen Krieg gegen Aufständische nicht gewinnen kann. Verstärkend kommt sicherlich hinzu, dass keine Bedrohung für die heimische Bevölkerung durch die Taliban (nicht den islamistischen Terror, sondern die Bürgerkriegspartei in AFG) wahrnehmbar darstellbar war. Vermutlich auch gar nicht vorhanden ist.
Also für welche Ziele soll eine Bundeswehr die notwendigen soldatischen Werte Ehre, Kameradschaft und Disziplin einsetzen ? Oder plädieren Sie dafür, dass die Bundeswehr im Einsatz sich selbst bereits de fakto als eine Söldnertruppe wahrnimmt ?
@Georg
„Nach meiner Schlussfolgerung kommt es darauf an, für welche Werte man die Kampfkraft einer bewaffneten Organisation einsetzt. Ansonsten kann man Soldaten eines demokratischen Staates gleich Söldner setzen. .. Besser fängt man wohl mit unseren demokratischen Werten an, die Verteidigungswürdigkeit des Staates an sich, der hohe Standard den unsere Verfassung für den Bürger darstellt.“
Ich erkenne ja ihre gute Absicht. Aber geben „demokratische Werte“ wirklich eine so sichere und moralisch überlegene Orientierung?
Wer steht wertemäßig auf festerem Boden? Der Paschtune, der sein Volk und seine Heimat zu verteidigen meint, oder der ISAF-Soldat, der „demokratische Werte“ verteidigt, in dem er die korrupte Gegenpartei der Paschtunen in einem ethnischen Bürgerkrieg unterstützt? Stand die Bundeswehr im Kosovo auf dem Boden „demokratischer Werte“, als sie die ethnische Säuberung des Gebietes von Serben defacto sicherte und der albanischen Mafia an die Macht verhalf? Oder im Kongo, als „demokratische Werte“ identisch waren mit französischen Wirtschaftsinteressen, verkörpert in der Person Kabilas? Hoffentlich motivieren sich im Einsatz nicht zu viele deutsche Soldaten durch den Glauben an „demokratische Werte“, denn die Enttäuschung wäre groß.
Ich halte diese ganze Wertediskussion für pure Heuchelei und wende mich mit Grauen ab, wenn Politiker von „Werten“ sprechen, die wir irgendwo zu verteidigen hätten. Ich habe dennoch an den genannten Einsätzen freiwillig teilgenommen und dort (zumindest dem Dienstzeugnis nach) meine Pflicht erfüllt. Möglicherweise gibt es Einsätze, die nicht „demokratischen Werten“ dienen, aber durch nationale Interessen legitimiert sind. Letzteres würde ich respektieren, weil es unserer Gesellschaft dient und wenigstens ehrlich wäre.
Ich stelle in Frage, dass es „demokratische Werte“ überhaupt gibt. Werte definiert man allgemein als Eigenschaften und Bedingungen, die zur Erreichung eines bestimmten Zieles erforderlich sind. Es müsste also die Frage nach dem Ziel gestellt werden. Bei jedem, der einen Eid geleistet hat, sollte dies die „Verteidigung des Rechts und der Freiheit des deutschen Volkes“ sein. Die Werte des Soldaten sind somit die Eigenschaften, die ihm ermöglichen, dem deutschen Volk optimal zu dienen. Welche „demokratischen Eigenschaften“ fallen ihnen dabei ein? Ist Tapferkeit „demokratisch“, oder ist es der Gehorsam?
@ Orontes
Die von Ihnen aufgezeigte Argumentationslinie kann ich wesentlich leichter nachvollziehen, als die in den vorherigen Beiträgen genannten.
Die aufgezählten Einsätze zeigen ja das Dilemma der auswärtigen Einsätze der Bw auf. Füher nannte man sie wenigstens noch „out of area“ Einsätze um Ausnahme von dem Hauptzweck der deutschen Streitkräfte aufzuzeigen.
Die Absicht eines Staates seine Armee einzusetzen, ist sicherlich interessensgeleitet, darf aber seinen Werten, seiner Verfassung, seiner gesellschaftlich moralischen Grundlagen nicht widersprechen. Hier sehe ich leider große Defizite bei den Amerikanern (Stichwort Irakkrieg und manch anderer Feldzug).
Also besser man definiert nationale Interessen, die man durchsetzen will. Wenn man dies jetzt mit dem Eid des Bw-Soldaten vergleicht, dann wird es schwierig.
Er ist natürlich bekannt, ich möchte ihn trotzdem zitieren.
„Ich schwöre der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“
Den zweiten Teil können wir als Begründung für die Auslandseinsätze der Bw oftmals ausschließen, bleibt also die Pflicht der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen. Diese Grundpflicht gilt auch für jeden Beamten, galt auch für den beamteten Lokführer und für den ehemaligen Postboten.
Wenn wir jetzt die von Ihnen zitierten Auslandseinsätze anschauen, haben diese Einsatzbegründungen nur mit dem treuen Dienen und nichts mit der Verteidigung des deutschen Volkes zu tun.
Gibt es überhaupt „demokratische Werte“ ? Natürlich gibt es die. Es sind im Prinzip die ersten 20 Artikel unseres Grundgesetztes. Nur diese Werte sind für uns Deutsche nicht in AFG gefährdet. Jetzt schließt sich der Kreis. Wenn unsere demokratische Werte nicht in AFG, nicht im Kongo, schon eher durch den Völkermord in den ehemaligen jugoslawischen Bundesstaaten, gefährdet sind bzw. waren, dann hätten min. 2 der 3 Einsätze nicht stattfinden dürfen. Wenn wir jedoch nur aus bündnissolidarischen Aspekten bei solchen Einsätzen mitmachen, dann kommt es zu diesen leeren Begründungen für die Einsätze. Dann ist es bis zu einer Söldnermentalität nicht mehr weit. Dann wird Tapferkeit, Gehorsam und Ehre zweckentfremdet, bzw. nur noch benutzt. Die Tugenden werden dann nicht mehr zur Verteidigung der Freiheit, des Rechtes und der Sicherheit der eigenen Bürger eingesetzt, sondern zur Erreichung von sonstigen außenpolitischen Interessen. Im Extremfall sind die sonstigen Interessen nur der ständige Sitz im UN-Sicherheitsrat.
Also demokratische Werte lassen sich nur über unser Grundgesetz zum Nutzen unserer eigenen Bevölkerung definieren.
Lieber Herr Schulz,
was genau finden Sie daran erstaunlich, dass ich mich als Reserveoffizier und Kommunikationsberater dazu aufschwinge, Ratschläge zu erteilen? Zumal ich wiederholt durch das BMVg auch darum gebeten wurde.
Das mit dem Langweilerblog trifft mich natürlich, dieses Urteil aber an der Frequenz festzumachen, finde ich bei einem Hobbyprojekt – erstaunlich.
Filme klaue ich nicht, sondern bette sie ein. Das ist eine Funktion in YouTube, die der Urheber der Filme aktivieren kann.
Ihrem Lob an Herrn Wiegold schließe ich mich vollumfänglich an.
@Georg
Ich respektiere Ihre Position, teile aber nicht Ihr Vertrauen in die Moralität von Staaten:
„Die Absicht eines Staates seine Armee einzusetzen, ist sicherlich interessensgeleitet, darf aber seinen Werten, seiner Verfassung, seiner gesellschaftlich moralischen Grundlagen nicht widersprechen.“
Im Zweifelsfall hat die Interessenwahrnehmung von Staaten jeden anderen Wert neutralisiert, zumindest bei den Staaten, die überlebt haben. Die USA wären mit „demokratischen Werten“ nie mehr geworden als ein Verbund von Kleinstaaten an der Ostküste des Kontinents, und die Sowjets hätten ohne die brutale Industrialisierung unter Stalin den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt.
Besonders aufschlussreich waren für mich bzgl. der Wertediskussion die Lehren, welche die Israelis aus der Geschichte der europäischen Juden gezogen haben. Ein Israeli brachte es mit den Worten auf den Punkt, dass Staat sich leider manchmal zwischen der Sympathie europäischer Moralisten und dem Überleben im feindseligen Umfeld des Nahen Ostens entscheiden müsse, aber nicht beides haben könne.
Werte, deren Praktizierung das Überleben einer Gesellschaft in Frage stellen, halte ich vor diesem Hintergrund für wertlos. Glücklicherweise wird unser Überleben als Deutsche momentan nicht militärisch bedroht, weshalb wir uns eine idealistische Wertediskussion leisten können. In Zeiten der Bedrohung klärte sich auch in Demokratien wie den USA oder Großbritannien die Wertefrage rasch, und „demokratische Werte“ schlossen dann die Vernichtung ganzer Städte selbstverständlich mit ein.
Ich erinnere zudem daran, dass auch die Bundesrepublik und die Bundeswehr bis in die 80er Jahre angesichts der existentiellen Bedrohung aus dem Osten die Vernichtung von Millionen Zivilisten im Ostblock mit vorbereitet hat. Sie müssten diese Zeit ja als Freiwilliger mitgemacht haben. Auch hier hingen die praktizierten Werte offenbar nicht von universellen Maßstäben ab, sondern waren situationsgebunden auf das Überleben der eigenen Gemeinschaft ausgerichtet.
Um es nochmals zuzuspitzen: Sie haben offenbar freiwillig in einer Bundeswehr gedient, deren Luftwaffe und Artillerie mit allen ihren „demokratischen Werten“ bis Ende der 80er Jahre im Kriegsfall in Osteuropa auf nuklearem Wege Dinge angerichtet hätten, gegen die sich die „Verbrechen der Wehrmacht“, von der Sie sich so entschieden distanzieren, beinahe harmlos ausgenommen hätten. Das ist kein Vorwurf an Sie oder die Politik der Vergangenheit, denn die Strategie der nuklearen Abschreckung hat Deutschland ja offenbar trotz allem genutzt. Wie aber begründen Sie angesichts der real existierenden Amoral von Politik und Streitkräften auch in der heilen Welt der 80er Ihre scharfe Trennung zwischen „demokratischen Werten“, die angeblich Westdeutschland und die Bundeswehr früher kennzeichneten, und der Position, dass diese Werte bloße Rhetorik sind, die sich im Ernstfall rasch in Nichts auflöst?
Naja, als Werte bezeichnet man allgemein eher jene ideellen Konzepte, aus denen sich (idealerweise) die Ziele und damit die Handlungen ableiten. ;)
Und da haben sie an „demokratischen Werten“ einige, etwa Würde, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Sicherheit.
Inwiefern diese tatsächlich die Politik bestimmen ist ein anderes Kapitel, auch wenn ich ihre Resignation da noch nicht ganz teile.
Nur ohne Ideale läßt sich schlicht kein Staat zu machen. Eine Kleptokratie ohne Zusammenhalt ist nicht stabil – das wird uns ja derzeit immer wieder vorgeführt, ob in Afghanistan oder Ägypten.
Und bevor das jetzt zu sermonartig wird:
Der große Irrglaube ist hier in meinen Augen, dass man Außen- und Innenpolitik irgendwie voneinander entkoppeln könnte. Nach Außen soll der Staat als Tyrann auftreten, im Innern aber als Solidargemeischaft? Das funktioniert nicht. Man braucht sich ja nur anschauen, wie die Billiglohnwelle derzeit mit voller Wucht nach Europa zurückschlägt und Sklaverei in Europa und Amerika wieder auf dem Vormarsch ist.
Den ganzen innerstaatlichen Rechtsstaat leisten wir uns ja nicht, weil wir Europäer ja so tolle erleuchtete Menschen seien. Sondern weil er den innerstaatlichen Frieden sichert. Er ist auch keine abgehobene Schwurbelphantasie, sondern schlicht das Ergebnis von hunderten von Jahren an blutigem Ausprobieren.
Zu glauben, man könnte außenpolitisch den Frieden sichern, ohne auf vergleichbare Strukturen zurückzugreifen, ist schlicht naiv.
Und damit wäre man dann wieder bei der Kluft zwischen Anspruch und Anforderung auf der einen Seite, und der Wirklichkeit auf der anderen. ;)
Das wäre für mich eben ein weiterer Grund nicht Soldat zu werden: Das fehlende Vertrauen, dass das Töten von Menschen eben wirklich eine „werteorientiertere“ Weltordnung zum Ziel hat, und auch nur im unbedingt nötigen Maße eingefordert wird.
Gerade Afghanistan zeigt ja allzu anschaulich, wie da die Bundesregierungen da – obwohl die Mission gerechtfertigt und moralisch richtig ist – wegen fehlendem Willen bisher auf allen Ebenen versagt haben.
Und es wirft eben auch die Frage auf: Kann es eine vertrauensvoll-werteorientierte Bundeswehr ohne ein glaubwürdiges ordnungspolitisches Konzept und glaubwürdige nicht-militärische Akteure überhaupt geben?
Das ist glaub so ein wenig der Punkt, um den wir hier alle herumtänzeln. (Und ich hab da nicht den Eindruck, dass die Meinungen da allzuweit auseinandergehen… ;) )
@J.R.
„Und da haben sie an “demokratischen Werten” einige, etwa Würde, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Sicherheit.“
Die Taliban beanspruchen exakt die gleichen „demokratischen“ Werte für sich und meinen dies durchaus ernst, und auch Nazis und Kommunisten oder die BRD der 80er und die DDR beriefen sich gleichermaßen darauf. Alle hatten sie z.T. gute Gründe dafür zu behaupten, dass die jeweils andere Seite ihre Würde, Vorstellung von Gerechtigkeit oder Sicherheit in Frage stelle und daher (natürlich nur als „letztes Mittel“) in einem gerechten Krieg zu konfrontieren sei.
„Und es wirft eben auch die Frage auf: Kann es eine vertrauensvoll-werteorientierte Bundeswehr ohne ein glaubwürdiges ordnungspolitisches Konzept und glaubwürdige nicht-militärische Akteure überhaupt geben?“
Mich würde Ihre Antwort (vielleicht etwas ausführlicher als ja oder nein) interessieren. Was verstehen Sie unter einem „glaubwürdigen ordnungspolitischen Konzept“, und wer könnte ein „glaubwürdiger nicht-militärischer Akteur“ sein, bzw. was macht ihn aus?
Im Zweifelsfall hat die Interessenwahrnehmung von Staaten jeden anderen Wert neutralisiert, zumindest bei den Staaten, die überlebt haben.
An der Stelle sollte man dann aber auch anmerken, dass da zu die Interessenwahrnehmung gehört, dass Krieg schadet und mit das schlimmste ist, was einem Staat passieren kann. ;)
Oder um es auf den Punkt zu bringen: Nicht anzugreifen ist nicht so schlimm wie angegriffen zu werden.
Eben deswegen hat man in Europa doch seit 60 Jahren Systeme zum Vermeiden von Interessens-Kriegen:
– Erst die Atomare Abschreckung, gemäß dem Motto „es gibt keine Interessens-Kriege, sondern nur Vernichtungskriege: Damit sind Interessens-Kriege nicht mehr in eurem Interesse“
– Und dann die KSZE nach dem Motto „alle Parteien sind zu schwach einen Interessenskrieg zu durchzuziehen, und hier sind die Kontrollinstanzen damit das auch so bleibt“.
Ob die gewählten Mittel moralisch oder geeignet waren darf gerade bei der Atomaren Abschreckung bezweifelt werden. Trotzdem wurde eine moralische Zielsetzung verfolgt (Kriegsvermeidung).
Herr Stoltenow,
diskutieren wir in diesen Tagen nicht über Aufrichtigkeit? Ein alter militärischer Ausbildungsgrundsatz heißt: vormachen – nachmachen. Wer kritisert sollte der Community auch zeigen, was er unter einem besseren Produkt versteht! Da hilft keine Einstellung eines französichen Videos mit geringer User Resonanz.
Liefern Sie beispielhaft bessere Videos und liefern Sie einen Blog, dessen Startseite nicht wochenlang gleich bleibt. Denn das gehört zu den neuen Medien dazu: Abwechslung.
Da schlägt Sie die Bundeswehr bei „YouTube“ und auf „bundeswehr.de“ um Längen – übrigens auch in den Kommentaren und Abonnenten.
Ihr Blog ist nicht mehr auf meiner Favoritenliste.
@ Orontes
Eben weil alle nur Menschen sind gibt es ja eine so große gemeinsame Basis. ;)
Ohne jetzt zu sehr zu sehr in Richtung Menschenrechte, Minderheitenschutz, Responsibility to Protect abschweifen zu wollen: Eben deswegen ist es doch auch möglich, auf militärische Gewalt zu verzichten und die Konflikte politisch auszutragen. Zivilisation halt.
Die UN ist ja nicht nur aus heheren moralischen Zielen entstanden, sondern auch weil ganz pragmatisch die Möglichkeit zum politischen Dialog und gemeinsamen Handeln benötigt wurde.
Nachdem jetzt keine Block-Kriege mehr drohen läßt man diese Institution ziemlich vor sich hingammeln (wie die OSZE ja auch) – auch weil man meint sie nicht mehr nötig zu haben. Ob das wirklich schlau ist angesichts der sich abzeichnenden Rohstoff-Spannungen darf bezweifelt werden. Wirklich friedlich lösen liessen sich diese nur, indem man den Rohstoffzugang so regelt, dass alle damit leben können. Wenn es hingegen wirklich dumm läuft wird man sich erstmal wieder aus „nationalstaatlichem Interesse“ die Schädel einschlagen, bis man dann doch wieder aus erster Hand feststellt, dass es so nicht weitergehen kann und man sich doch wieder an den runden Tisch setzt. Warum also nicht gleich so?
Und das ist eben das, was ich mit „glaubwürdig“ meinte: Dass die Werte, der Aufbau der entsprechenden Mechanik und die Handhabung der Mechanik grob übereinstimmen. Das war etwa bei der KSZE als gegenseitigem sicherheitspolitischen Mittel der Fall. Beim IWF, der auch von den Industriestaaten benutzt wird um sehr einseitige Vorstellungen durchzudrücken, ist es hingegen nur bedingt.
Bevor es jetzt zu sehr ins Ordnungspolitische abdriftet (wo Sicherheitspolitik ja eigentlich hingehört): Das läßt sich ja auch auf den militärischen Bereich übertragen. Das einfachste solcher Systeme ist ja die Lehre vom Gerechten Krieg, nach dem nur Verteidigungskriege eingeschränkt legitim seien. Die hat immerhin schon rund 1500 Jahre auf dem Buckel – was aber eben auch zeigt, dass ein System immer nur so gut ist wie seine Kontrollinstanzen. ;)
Letztlich – und das recht unabhängig von ideologischen Überlegungen – läuft so ein System kollektiver Sicherheit darauf hinaus, dass man sich auf gemeinsame Spielregeln einigt und Regelbrüche gemeinsam sanktioniert. Die simpelste ist: Wer andere Staaten angreift kriegt eins auf den Deckel. (Nennen wir das jetzt einfach mal „die erste Stufe“). Hier gehts doch schon mit der Glaubwürdigkeitskrise los: Die Regel gilt nicht für alle gleich (welcher westliche Staat zöge schon zur Verteidigung eines afrikanischen Lands in den Krieg?), und die Kontrollinstanz Sicherheitsrat ist dazu noch parteiisch.
Nicht zuletzt deshalb war der US-Angriff auf den Irak so ein enormer Schuss in den Ofen.
Da braucht man mit der zweiten Stufe – dem Vermeiden von Chaosstaaten, die in das internationale Gefüge nicht einbindbar sind – eigentlich gar nicht anfangen. Warum das aber trotzdem notwendig ist sieht man ja derzeit an Somalia und dem Libanon. Und im Falle Afghanistans hat man es eben sehr deutlich am elften September gesehen.
Letztlich, und das ist dann vielleicht die dritte Stufe, hat man auch kein Interesse an Staaten, die sich gegen die ihre Bevölkerung richten. Das ist praktisch instabil und moralisch nicht vertretbar (und damit wieder mit einem Glaubwürdigkeitsverlust verbunden).
Das wäre so der grobe Überblick. Und dazu braucht es die Institutionen, die dergleichen „glaubwürdig“ umsetzen können. Eben Institutionen, denen man vertraut, dass sie wirklich versuchen diese Ziele zu erreichen, und denen man ausreichend zutraut diese auch erreichen zu können.
In Deutschland kann ich nicht zuletzt deshalb unbewaffnet auf die Strasse, weil es eine unparteiische Polizei gibt, die mich ohne Rücksicht auf meinen Reichtum oder Verbindungen zuverlässig schützt bzw. Straftäter zuverlässig sanktioniert. Die deutsche Polizei ist „glaubwürdig“. Und es ermöglicht mehr Sicherheit und Wohlstand, als wenn ich an jeder Strassenecke die örtliche Miliz/Bande schmieren müsste – von dem sich daraus ergebenden Nebenerscheinungen wie Machtmissbrauch und Bandenkriegen ganz abgesehen.
Das Modell läßt sich auch auf die globale Poltik übertragen. Aber sagen sie heutzutage mal laut „Weltpolizei“, und schauen sie sich an wie bei all den ganzen selbsternannten „Pragmatikern“ oder „Realisten“ der allergische Ausschlag bis zur Atemnot anfängt. ;)
Um jetzt nochmal kurz den Schwenk zu den „glaubwürdigen“ nicht-militärischen Akteuren zu nehmen, kurz am Beispiel des Afghanistan-Einsatzes. Der Afghanistan-Einsatz war nicht in dem Sinne „glaubwürdig“, dass es da ein international abgestimmter Sanktionsmechanismus gegriffen hätte. Letztlich handelt es sich „nur“ um eine international als legitim anerkannte Stafaktion der USA mit der internationalen Übereinkunft, dass ein Interesse am Schaffen eines stabilen afghanischen Staat besteht. Einzelfalllösung statt Konzept, aber „glaubwürdig“.
Kritisch wurde es eben bei der Umsetzung, nicht zuletzt seitens Deutschlands. Zum einen liess der Umfang der bereitgestellten Mittel nicht wirklich erkennen dass man die Aufgabe ernstmeinte (100 Mio. Jahr für zivilen Aufbau), zum anderen fehlten schlicht die Strukturen/Ansätze um die sich gestellte Aufgabe wirklich erfüllen zu können – es gab und gibt eben keine „Einsatzkräfte für zivilen Strukturaufbau“, weder für Polizei, noch für Rechtssprechung, noch für Verwaltung.
Letztlich ein Zeichen für fehlenden Willen; dafür dass man die Aufgabe an sich nicht besonders wichtig nimmt. Dann aber trotzdem Militär hinzuschicken ist verantwortungslos.
Wenn man so Politik macht wird man letztlich nur Kämpfer finden, die sich mit einem solchen „Söldnerdasein“ abgefunden haben, die die Frage nach Sinn und Zweck nicht mehr stellen. Eine werteverachtende Außenpolitik sorgt letztlich auch für eine werteverachtende Bundeswehr.
Soweit ist es glaub noch nicht – auch wenn ich das als Außenstehender schlecht beurteilen kann. Zumindest gibt es noch solche Soldaten, die den Afghanistaneinsatz in der Sache für richtig halten, und gemeinhin scheint man was „die Politker“ angeht eher von „Unfähigkeit“ denn „Zynismus“ ausgehen.
Ob das so bleiben wird ist in meinen Augen offen. Ob Deutschland mit einer rückgratlosen Söldnertruppe wirklich sicherer ist als ohne Streitkräfte ist debattierbar.
Lieber Herr Schulz,
ich verstehe nicht, in wiefern ich im Rahmen meines in der Freizeit betriebenen Blogs unaufrichtig bin, und warte gespannt auf eine entsprechende Erläuterung.
Ebenso interessiert mich, wie Sie die Unterschiede bei Zeit, Budget und personeller Ausstattung bei Ihrem Vergleich zwischen dem YouTube-Auftritt der Bundeswehr und dem Webangebot von bundeswehr.de mit meinem Blog bewerten, das ich, wie gesagt, allein und in meiner Freizeit betreibe.
@J.R.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Wir sind jetzt bei grundlegenden Fragen angelangt, über die Philosophen, Historiker und andere seit ca. 3.000 Jahren streiten, und die im Kommentarbereich eines Blogs wohl auch nicht gelöst werden.
Ich versuche, nochmal auf den Punkt zu kommen:
Clausewitz sagte dazu mal sinngemäß, dass der Krieg stets mit dem Akt der Verteidigung beginne, da der Angreifer es vorziehe, nicht auf Widerstand zu stoßen. Die Frage, warum nicht jeder Konflikt friedlich gelöst wird, ist somit gleichbedeutend mit der Frage, warum manche Konfliktparteien Grenzen bei Konzessionen ziehen, die sie einzugehen bereit sind. Krieg ist nie das „letzte Mittel“, wie es das Konzept des gerechten Krieges fordert, denn es gibt immer noch eine weitere Konzession, bevor man Gewalt anwendet. Solange es Menschen und Gemeinschaften gibt, denen bestimmte Dinge so wichtig sind, dass sie sie nicht aufgeben wollen (in diesem Diskussionsbereich wurden dazu auch „demokratische Werte“ in fernen Weltregionen gezählt), solange wird es gewaltsame Konflikte geben.
Krieg bereitet zudem vielen Menschen (vor allem jungen Männern) Vergnügen oder bietet ihnen Selbstverwirklichung. Wer lebendig und gesund zurückkehrt, berichtet z.T. noch ein halbes Jahrhundert mit einer Mischung von Grauen und Begeisterung von den prägenden Erlebnissen des Krieges. John Keegan, Martin van Creveld und Gunnar Heinsohn haben interessante Bücher darüber verfasst, wie sehr Krieg und organisierte Gewalt Teil menschlicher Natur sind. Man kann dem Menschen nun einmal nicht das Menschsein aberziehen. Wenn es gelängt, die Triebe des Menschen so zu kanalisieren, dass die dem möglichst rationalen Willen eines Staates dienen anstatt nur persönlicher Befriedigung, wäre doch schon viel erreicht.