Parteiübergreifender Konsens: Mehr als 163.000 Soldaten?
Die Diskussion über die künftige Bundeswehrgröße und -struktur ist ja ein richtig heißes Eisen, auch wenn die die Wehrpflicht inzwischen wohl in allen Parteien als abgehakt gelten dürfte. Abschließende Ergebnisse vor allem über den Umfang sind allerdings vor November kaum zu erwarten.
Deshalb an dieser Stelle nur der Hinweis auf zweierlei:
Erstens den SPD-Bundesparteitag am kommenden Sonntag in Berlin, dem auch ein Antrag des Landesverbandes Rheinland-Pfalz mit dem Titel Wehrpflicht und Zivildienst – Mutige Neuregelung statt lauem Kompromiss vorliegt. Damit wollen die Sozialdemokraten ihr Konzept der freiwilligen Wehrpflicht bestätigen: Nur wenn sich nicht genügend Freiwillige für den Wehr- und Zivildienst melden, können junge Menschen zum Dienst verpflichtet werden (ich hab‘ da ja Zweifel, ob das verfassungsrechtlich Bestand hätte).
Bald noch mehr als jetzt schon Archivbild: Wehrpflichtige rücken in die Julius-Leber-Kaserne in Berlin ein. (Foto Sean Gallup/Getty Images via picapp)
Außerdem heißt es im rheinland-pfälzischen Originalantrag unter Verweis auf die Verteidigungspolitiker der Bundestagsfraktion, dass 175.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 25.000 freiwillig Wehrdienstleistende benötigt werden, um die Aufgaben der Bundeswehr in multinationaler Einbindung und bei verändertem Einsatzspektrum wahrnehmen zu können. Derzeit ist mir nicht klar, ob die Antragskommission diese Zahl auch in ihren Empfehlungen aufnimmt – und sich die SPD tatsächlich auf eine Truppenstärke von insgesamt 200.000 Soldatinnen und Soldaten festlegt, also deutlich mehr als die bislang von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) öffentlich favorisierte Zahl von 163.500…
Zweitens gibt es noch eine Stimme aus Rheinland-Pfalz, einem Land, dass ja von Truppenreduzierungen und darauf folgenden Standortschließungen heftig betroffen wäre. Nämlich die Stimme von Julia Klöckner, CDU-Spitzenkandidatin, die bei der Landtagswahl im kommenden Frühjahr den SPD-Regierungschef Kurt Beck ablösen möchte. Die sprach nach einem Treffen mit dem Verteidigungsminister in Mainz von 180.000 bis 190.000 Soldaten – und wird dann von der FAZ (der Artikel ist offensichtlich nicht online) mit dem Satz zitiert: Je mehr Soldaten die Bundeswehr hat, desto mehr Standorte bleiben erhalten.
Stimmt ja schon. Sollte allerdings nicht die Grundlage der Bundeswehrplanung sein. Aber könnte sich als allgemeiner Konsens in allen Parteien durchsetzen…
(Ich gehe am Sonntag zum SPD-Parteitag und schaue mir die Diskussion mal an. Da für die weiteren Anträge, zu denen die Themen Afghanistan und Wehrpflicht gehören, gerade mal 15 Minuten am Schluss vorgesehen sind, bin ich ein wenig skeptisch, ob es überhaupt eine Diskussion gibt.)
Guttenberg Plan von 163.000 war von Anfang an eine Verhandlungsposition und keine Endposition. Wie hier auch schon öfters sehr sachlich umrissen wurde wäre mit diesen Zahlen die Strukturen schon schwer angespannt.
Man kann nur hoffen, dass es nicht zu drastisch wird.
Vielleicht kann man von den Wehrdienstleistenden ja in Zukunft mehr für Auslandseinsätze gewinnen, was eventuell den Druck abfedern würde.
Ich halte die fast konservative RP-SPD-Position für gut.
Ich habe gerade was für Nostalgiker gefunden! Ich kann nicht widerstehen und muss das kurz mal einfügen :)
http://www.youtube.com/watch?v=6m293hZ23fw&feature=related&fmt=18
http://www.youtube.com/watch?v=nA4O8RRbRtg&feature=related&fmt=18
http://www.youtube.com/watch?v=7ShG0dZlGB8&feature=related&fmt=18
http://www.youtube.com/watch?v=e9s-wrn5Few&feature=related&fmt=18
http://www.youtube.com/watch?v=ogco3Hoe-Rc&feature=related&fmt=18
@ Niklas
Der Obergefreite Höger gibt seine ersten spannenden Pressetexte nach Braunschweig durch, per Telefon. Wunderbare Zeitmaschine!
Das mit der Zusatzkarte Gerät und der Erklärung der Inst hat ja rückblickend schon Loriot-Qualität.
„Nur wenn sich nicht genügend Freiwillige für den Wehr- und Zivildienst melden, können junge Menschen zum Dienst verpflichtet werden (ich hab’ da ja Zweifel, ob das verfassungsrechtlich Bestand hätte).“
Da man bei diesem Thema offensichtlich um Konsens bemüht ist, glaube ich das notfalls mal schnell das GG geändert wird. Hatten wir ja schon öfters, bei anderen Themen. Dann hat es Bestand. Es wurde ja angeblich schon über 70 mal geändert.
Der Filmbeitrag ist echt ganz große Klasse!
In der Retrospektive wirkt der Film unglaublich – so viel Geld für eine Übung einer Brigade… ob das heute auch noch möglich wäre?
Eigentlich sollten Brigade immer geschlossen üben…
@Crass Spektakel:
Verhandlungsposition sicherlich – nur ist es nicht schlau, mit einer Minimalforderung in Verhandlungen einzusteigen. Wenn man ein Auto verkaufen will, sagt man zum potentiellen Käufer ja nun auch nicht „Also, 5000 Euro sind das Minimum, aber wenn sie mehr bezahlen wollen, halte ich sie nicht auf…“
163000 Soldaten sind ja nur eine mögliche Option !
Wenn man zu dem vom Minister favorisierten Modell mit 156000 Zeit- und Berufssoldaten noch die Größe des zukünftigen Verteidigungsministerium, die Anzahl der Dienstposten für die Sportfördergruppen, die verschiedenen Musikkorps und die Flugbereitschaft BMVg hinzurechnet kommt man irgendwo auf halber Strecke zwischen 156000 und 175000 Zeit- und Berufssoldaten an.
Jeder Beschluss lebt vom Kompromiss !