Aufnahmerituale in Pfullendorf: Entlassungen von Soldaten bestätigt

Fürs Protokoll: Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in letzter Instanz die Entlassung von Soldaten bestätigt, die an entwürdigenden Aufnahmeritualen im Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf beteiligt waren. Dabei ging es nicht um Umstände bei der Sanitätsausbildung, die im vergangenen Jahr Schlagzeilen gemacht hatten, sondern um Rituale unter Mannschaftssoldaten aus der Stammbesatzung des Ausbildungszentrums.

Bereits das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte im Juli vergangenen Jahres die Entlassung der zwei Zeitsoldaten und zwei Freiwillig Wehrdienst Leistenden in erster Instanz für rechtens erklärt. Nachdem zunächst alle vier in die Berufung gingen, zog einer von ihnen diese Berufung zurück. Der Verwaltungsgerichtshof entschied abschließend über die Klagen der übrigen drei Soldaten und erklärte ihre Entlassung für rechtmäßig. Wie schon vor dem Verwaltungsgericht spielt dabei die ausschlaggebende Rolle, dass mit diesen Ritualen der militärische Zusammenhalt gefährdet werden könnte.

Aus der Mitteilung des Gerichts in Mannheim:

Zur Begründung führt der 4. Senat des VGH in seinen Beschlüssen aus, Folterrituale seien objektiv geeignet, den militärischen Zusammenhalt im Sinne eines gegenseitigen Vertrauens und der Bereitschaft, füreinander einzustehen, zu gefährden. Selbstgeschaffene bundeswehrinterne Aufnahmerituale trügen die generelle Gefahr des Ausartens in sich. Auch wenn sie mit harmlosen Inhalten begännen, bestünden Missbrauchsmöglichkeiten zu Lasten Einzelner, indem Soldaten einem Gruppenzwang unterworfen und letztlich durch Misshandlung, Demütigung bzw. entwürdigender Behandlung in ihren Grundrechten verletzt würden. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht dargelegt, dass die Behandlung des „Täuflings“ und des „Gefangenen“ äußerlich an Folterszenen erinnere, die darauf gerichtet seien, die Opfer nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit und körperlichen Unversehrtheit zu beeinträchtigen, sondern sie gerade auch in ihrer Ehre und Würde zu verletzen. Ob diese Rituale im Einverständnis aller Beteiligten durchgeführt worden seien und auch alle Beteiligten diese Behandlung als Spaß angesehen hätten, sei rechtlich unerheblich. Denn jeder „Spaß“ ende dort, wo er die Würde, die Ehre und/oder die körperliche Unversehrtheit eines Kameraden verletze. Die Beteiligung an „Folterritualen“ erweise sich daher, selbst wenn sie im allseitigen Einverständnis zwischen den Beteiligten als eine scherzhafte Form des Umgangs miteinander angesehen würden, schon wegen der Beeinträchtigung der Grundrechtssphäre des Betroffenen als schwerwiegendes Fehlverhalten. Solche kameradschaftswidrigen Handlungsweisen beträfen den militärischen Kernbereich, da sie den militärischen Zusammenhalt gefährden könnten.
Die Beschlüsse vom 8. Februar 2018 (4 S 2200/17, 4 S 2201/17) und vom 9. Februar 2018 ( 4 S 2144/17) sind unanfechtbar.