Bundesregierung billigt nächsten Schritt für europäische Verteidigungskooperation

Fürs Archiv und zum späteren Nachlesen: Bei der voraussichtlich letzten Kabinettsitzung der noch amtierenden Bundesregierung am (heutigen) Mittwoch wurde auch ein weiterer Schritt in Richtung einer europäischen Verteidigungsunion getan. Die Ministerrunde billigte einen Bericht von Außenminister Sigmar Gabriel und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit Eckpunkten zur deutschen Beteiligung an der so genannten Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit der EU in der Verteidigungspolitik. Unter anderem der Startschuss dafür, dass Entscheidungen über das weitere Vorgehen in der gemeinsamen Sicherheitspolitik der EU auch mit entsprechender Mehrheit gefasst werden können und nicht mehr einstimmig sein müssen.

Regierungssprecher Steffen Seibert erläuterte das so:

Deutschland hat ein erhebliches Interesse an der Stärkung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union. Mit diesem Ziel im Blick hat die Bundesregierung heute die vom Außenminister und von der Verteidigungsministerin vorgelegten Eckpunkte zur Teilnahme der Bundesrepublik Deutschland an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit beschlossen. Diese Ständige Strukturierte Zusammenarbeit – manche werden auch den auf europäischer Ebene inzwischen üblichen englischen Begriff „Permanent Structured Cooperation“, PESCO, gehört haben – bietet einer Gruppe von Staaten die Möglichkeit, bei der Entwicklung und Bereitstellung von Fähigkeiten für militärische Missionen und Operationen im europäischen Rahmen gemeinsam voranzugehen.

Das ist die Aktivierung eines Instruments, das im Vertrag über die Europäische Union bereits angelegt ist und nun, wie gesagt, ins Leben gerufen wird. Alle teilnehmenden Mitgliedstaaten gehen dabei Verpflichtungen ein. Im Wesentlichen sind folgende fünf Punkte zu nennen: Es geht um Verteidigungsausgaben, es geht um Kooperation bei der Entwicklung von Fähigkeiten, es geht um die Verbesserung der Fähigkeit, multilaterale Verbände zu verlegen, es geht um das Schließen von Fähigkeitslücken, und es geht um die Nutzung der Europäischen Verteidigungsagentur für große Beschaffungsvorhaben.

Deutschland hat gemeinsam mit Frankreich, Italien und Spanien und unterstützt von vielen anderen Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund der europäischen sicherheitspolitischen Entwicklungen der letzten Jahre stark auf diesen Schritt hingearbeitet. Unser Ziel ist dabei auch mehr Sicherheit für die Bürger. Dazu braucht die Europäische Union eigenständige Krisenmanagementfähigkeiten. Die Mittel, die die Staaten für Sicherheit und Verteidigung zur Verfügung stellen, können effizienter ausgegeben werden, wenn die Staaten bei Entwicklung, bei Beschaffung, beim Einsatz von militärischer Ausrüstung zusammenarbeiten.

Wenn die EU als Partner im Verteidigungsbereich gestärkt wird, dann kommt das auch der Nato zugute, die natürlich für die Nato-Mitglieder das Fundament unserer kollektiven Verteidigung bleibt. Die EU wird zu einem relevanten Partner für die Nato. Insofern ist das ein wichtiger Schritt.

Zum Verfahren: Es braucht jetzt zwei Schritte, um diese Strukturierte Ständige Zusammenarbeit zu starten. Zunächst müssen die interessierten Mitgliedstaaten gegenüber dem Rat und der Hohen Vertreterin der Union, Frau Mogherini, ihre Absicht, daran teilzunehmen, anzeigen. Diese gemeinsame Notifizierung soll so bald wie möglich erfolgen. Anschließend ist ein Ratsbeschluss notwendig, um in die PESCO, in diese Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, einzusteigen. Dafür reicht eine qualifizierte Mehrheit.

Zumindest förmlich oder informell hat bereits mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie teilnehmen. Noch kein Mitgliedstaat hat sich bisher ausdrücklich gegen diese Ständige Strukturierte Zusammenarbeit ausgesprochen. Mit dem heutigen Kabinettsbeschluss signalisiert Deutschland, dass wir uns an dieser Zusammenarbeit beteiligen wollen.

Ein Statement der Verteidigungsministerin dazu gibt es hier.

Was die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit eigentlich ist, hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hier erläutert. Eine Erklärung von PESCO aus dem Verteidigungsministerium hier.

Der Beschluss des Europäischen Rates für Sicherheit und Verteidigung vom 22. Juni dieses Jahres hier zum Nachlesen (Ziffer 8).

Und der Vollständigkeit halber die vom Kabinett beschlossenen Eckpunkte im Wortlaut:

(Nachtrag: Da sie inzwischen als offizielles Regierungsdokument von der Bundesregierung an den Bundestag übermittelt wurden, hier in einer etwas besser lesbaren Form:
20171015_PESCO_BuRe_Bundestag)

(Archivbild: Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron beim Europäischen Rat am 23. Juni 2017 – Foto EU)