Airbus erklärt vorsorglich alle Tiger-Kampfhubschrauber für unsicher (Nachtrag)
Nach dem Absturz eines Tiger-Kampfhubschraubers der Bundeswehr in Mali am 26. Juli hat die Herstellerfirma Airbus Helicopters eine Sicherheitswarnung an alle Nutzernationen dieses Helikoptertyps herausgegeben, die am (heutigen) Donnerstag noch einmal ergänzt wurde. Darin werden vorsorglich alle Varianten des Hubschraubers, der von den Streitkräften Frankreichs, Spaniens und Australiens genutzt wird, für unsicher erklärt.
Das Unternehmen sei zwar nicht an der Untersuchung des Unglücks beteiligt und habe keine Informationen, die über die bekanntgewordenen ersten Untersuchungsergebnisse der Bundeswehr hinausgingen, erklärte Airbus Helicopters in der Tiger Safety Warning TSW_AHT_2017_002, die Augen geradeaus! vorliegt. Dennoch:
Despite the missing information and considering a sudden failure, Airbus Helicopters declares an UNSAFE condition for all Tiger versions. AH can neither identify the part, the failure of which would lead to the accident, nor the origin of the failure (design, manufacturing, maintenance). Consequently, AH is not in the position to propose a protective measure.
Der General Flugsicherheit der Bundeswehr hatte am vergangenen Dienstag erste Erkenntnisse mitgeteilt, die aber weiterhin keinen Aufschluss über die Unglücksursache geben. Diese Erkenntnisse waren auch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages mitgeteilt worden. Allerdings nennt der Bundeswehr-Bericht ein Detail, das im Schreiben an die Abgeordneten fehlt: Was dort so beschrieben wird, das das Luftfahrzeug überraschend radikal die Nase senkte, hat der General Flugsicherheit drastischer formuliert: Als das Luftfahrzeug überraschend die Nase um 90 Grad senkte und einen steilen Sinkflug begann – also faktisch senkrecht nach unten. Dass alle Rotorblätter von der Maschine getrennt wurden, sei eine Folge dieses rasanten Sinkfluges gewesen.
Von den vier Nutzer-Nationen des Tigers hält nach Informationen von Augen geradeaus! bislang nur Spanien alle Maschinen generell am Boden. Die Tiger in Frankreich und Australien verzichten zwar vorerst auf Routineflüge, starten jedoch zu Trainingsflügen, die für den Erhalt von Fähigkeiten oder zur Vorbereitung auf einen Einsatz nötig sind. Deutschland lässt alle Hubschrauber dieses Typs im Grundsatz nicht starten, lässt aber bei Gefahr für Leib und Leben zum Beispiel in einer Kampfsituation in Mali den Einsatz zu.
Nachtrag aus der Bundespressekonferenz am 11. August: Ich habe den stellvertretenden Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Boris Nannt, gefragt, warum das Unternehmen nicht direkt an der Untersuchung beteiligt ist:
Transkript des Audios:
Frage : Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium zum „Tiger“-Crash in Mali. Airbus hat gestern eine Sicherheitswarnung für den „Tiger“ ausgegeben und alle „Tiger“-Versionen für „condition unsafe“ erklärt. Dabei ließ Airbus auch wissen – beziehungsweise das ist Teil der Sicherheitswarnung -, dass Airbus an den Untersuchungen nicht beteiligt ist. Warum ist das so?
Nannt: Es geht uns darum, alles zu tun, um die Ursachen für diesen schrecklichen Unglücksfall aufzuklären. Im Falle des Kampfhubschraubers „Tiger“ hat die Industrie bereits ihre Unterstützung angeboten. Natürlich werden wir diese auch in Anspruch nehmen. Ich weiß, dass Airbus bereits in den vergangenen Tagen Erkenntnisse zu technischen Sachverhalten übermittelt hat. Die werden auch in die Untersuchung mit einbezogen. Wenn wir Fragen haben, treten wir natürlich an Airbus heran. Ich weiß, dass der General Flugsicherheit bereits im Kontakt und auch im Dialog mit Airbus steht, um alles zu tun, um das Unglück aufzuklären. Mein Sachstand ist, dass man im Dialog ist. Wir führen die Untersuchungen federführend; das ist unsere Zuständigkeit. Wir werden Airbus bei Bedarf, wie gesagt, über die Industrie mit einbeziehen.
Zusatzfrage : Nur damit ich das richtig verstehe: Warum ist nicht ein Vertreter der Herstellerfirma Teil der Untersuchungsgruppe, des Untersuchungsteams oder wie auch immer man das nennt?
Nannt: Das ist grundsätzlich vom Prozess her nicht vorgesehen. Wir sind derjenige, der dort in der Verantwortung steht. Aber natürlich holen wir uns die Erkenntnisse von Airbus oder auch von anderen Industrieunternehmen, wenn es irgendwelche Vorfälle gibt, um alles zu tun, um das aufzuklären.
(Archivbild: Eine französische Patrouille, aus der Luft überwacht von einem Tiger-Kampfhubschrauber, im Oktober im Norden Malis – Französisches Verteidigungsministerium)
Und was macht Deutschland wenn die Besatzungen ihre Berechtigungen verlieren, weil sie ihre Stunden und Checkflüge nicht reinbekommenverlieren und dann Gefahr für Leib und Leben besteht? Wird geflogen oder nicht?
@all
Und zack, sind wieder div. Spekulationen am Start. Leute, so lange es keine belastbaren Infos gibt, hatte Airbus praktisch keine andere Wahl, als diese vorsorgliche Sicherheitswarnung herauszugeben. Das sagt noch gar nichts über eine mögliche Ursache.
(Und bei aller Vorsicht der Hinweis an diejenigen, die jetzt der Firma alle Verantwortung zuweisen wollen: Bei fliegenden Systemen gibt es mehr Beteiligte als den Hersteller.)
Ich bitte um Verständnis, dass ich beim Umgang mit Spekulationen in den Kommentaren lieber auf der vorsichtigen Seite irre.
Wird der abgestürzte Tiger eigentlich ersetzt? Oder sind in Gao jetzt nur noch 3 Tiger stationiert?
Hmm, da ich keine Ahnung von den entsprechenden Prozeduren habe muss ich mal ganz laienhaft fragen: Wieso wird denn der Hersteller in die Untersuchung nicht miteinbezogen?
Weil der Hersteller eigene Interessen vertritt. Damit die Unabhängigkeit der Untersuchung gewährleistet ist wird dieser nur zur technischen Unterstützung herangezogen.
Die Frage ist, warum Airbus erst mal „vorsorglich“ drei Wochen lang abgewartet hat bevor man sich zur „vorsorglichen“ Warnung entschloss. Eigentlich hätte die Warnung ja sofort kommen müssen – und zwar weltweit, auch für Frankreich, Spanien. Und für Australien – wo die 2008 gekauften Tiger wegen technischer Unzuverlässigkeit (laut Verteidigungsminister) ersetzt werden sollen – durch einen anderen Hersteller.
Hinter dem Zögern von Airbus steckt vermutlich eine juristische Abwägung: Es könnte ja auch ein unbemerkter Abschuss gewesen sein – und kein rein technisches Versagen. Jetzt bekommt man kalte Füße und möchte nicht noch einen Absturz riskieren.
Der juristische Kurswechsel spricht eher dafür, dass bei der Unfalluntersuchung jetzt vielleicht doch einen möglichen Hinweis auf rein technisches Versagen festgestellt wurde. Es sind ja Airbus-Techniker als Berater beteiligt, und die geben ihre Kenntnisse sicherlich an Airbus weiter. Die Flugschreiber müssten ja längst ausgewertet sein, falls deren Stoß- und Feuerabsicherung gehalten hat.
Nu wird es langsam seltsam. Der Hersteller ist an der Unfalluntersuchung nicht beteiligt, erklärt aber alle Tiger für generell „unsafe“ ? Der Betreiber arbeitet schon am Unerklärbarkeits-Mem und Spekulantionen, die auf die Hersteller/Nutzer-Schnittstelle zielen werden nicht „zugelassen“. Da tobt wohl schon der Haftungskrieg im Hintergrund ?
Schließlich sind zwei Menschen ums Leben gekommen, denen man – nach allem was man bisher weiß – wohl kein Versagen vorwerfen kann – oder ist das auch „Spekulation“ ?
Das wird so langsam kafkaesk, insbesondere unter dem Aspekt, dass der „unsafe“ Tiger in Mali, der Leib und Leben von 2 erfahrenen Piloten im Transitflug gekostet hat „nur noch“ geflogen und eingesetzt werden darf wenn es um Leib und Leben geht ?
Kein Wunder, dass AH dieses Statement abgibt. Im Klartext: da der Bund so intransparent mit diesem Unfall und der Urachenklärung umgeht, bleibt mir als Hersteller gar nichts anderes übrig als die(se) Art der Nutzung seitens der Betreiber für UNSAFE zu erklären. Damit ist das Dilemma für den GenFlusi quasi „perfekt“.
@T.W.: kein Problem …
Bleibt aber noch die Frage über, wer im Falle einer weiteren Nutzung des Flugmusters im Falle eines Falles haftbar gemacht wird.
Die Entscheidung starten oder nicht hängt dann von der Risikoabschätzung (Leben in Gefahr ja oder nein) ab und ist nur sehr begrenzt revisionssicher … Bin ich hier mit meinen Bedenken alleine?
Damit werden in dem vorliegenden Bericht die Umstände bestätigt, die wir im anderen Thread aus den vorliegenden Infos gefolgert haben.
1. Kein Sinkflug sondern ein Absturz, wie die Animation in den Heute-Nachrichten auch gezeigt hat und die Flughöhe und Absturzzeit vermuten lassen und
2. Die Zerlegung der Rotorblätter waren eine Folge der Überbeanspruchung während des Absturzes kein Primärversagen.
Damit konzentriert sich die Untersuchung darauf, was das plötzliche Abkippen in den Sturzflug aus der Horizontalfluglage verursacht hat. Da Airbus als Hersteller offensichtlich keine Ahnung hat über die event. Unfallursache, hat sie die vorsorgliche Warnung mit dem Grounding ALLER Tiger-Hubschrauber herausgegeben. Damit liegt der schwarze Peter jetzt bei jeder Nation, die den Hubschrauber trotzdem einsetzt.
Ich hoffe, dass bei der Unfalluntersuchung auch die Flugdatenschreiberauswertung der 2. Begleitmaschine herangezogen wird und hoffentlich gibt es bei der Flugschreiberaufzeichnung auch einen Sensor, der die Temperatur im Electronic Compartment, bzw die Temperatur in den Electronikeinheiten des Flight Control System aufzeichnet.
Dass ein großer Flugzeughersteller (und nicht eine Luftsicherheitsbehörde) eine derartige Warnung ohne konkrete Anhaltspunkte (zumindest intern) herausgibt, nach einem einzelnen Unfall eine Flugzeugflotte weltweit am Boden zu lassen, ist keinesfalls normal.
Das überrascht mich jetzt doch sehr dass der Hersteller nicht an der Untersuchung teil hat.
Im Ettal 2013 waren Airbus Mitarbeiter vor Ort und haben sich die Absturzstelle und das Wrack angesehen. Inwiefern die dann auch noch nach der eigentlichen Bergung beteiligt waren, kann ich nicht sagen, aber lange hat es nicht gedauert bis die vor Ort waren.
Unabhängig davon, ist es denn nicht eher die Regel daß sich Ursachen für Abstürze mit technischen Versagen nicht endgültig und eineindeutig klären lassen? Letztendlich kann ja niemand Entwarnung geben, solange eine Ursache nicht eindeutig geklärt ist – und damit diese „unsafe“ Meldung nicht aufheben.
Als jemand der 10 Jahre Unfaelle auf Ursachenermittlung untersucht hat, und auch oft die Expertise oder Zuarbeit von Herstellerfirmen in Anspruch nehmen MUSSTE weil persoenlich keine spezifischen Anlagekenntnisse vorlagen bzw weil der Rest der Bw auch keine genaueren Kenntnisse hatte: Wenn der Hersteller zur ‚technischen Unterstutzung‘ herangezogen wird, muss man ihm saemtliche Ermittlungsergebnisse mitteilen. Sonst gibt es falsche Informationen#. Demnach ist AH ebenfalls in die Untersuchung involviert.
# Vergleichbar: Wenn Sie einen Arzt um Rat befragen aber ihm nicht die volle Wahrheit des vorliegenden Falles schildern. Dann gibt es keine oder falsche Diagnose….
An dem Vorgehen von AHT ist nichts seltsam:
Die eine Seite ist die Unfalluntersuchung durch GenFluSi, die andere das Risikomanagement des Herstellers und der Luftfahrtbehörde (da ist AHT direkt involviert).
Die TSW (als Hinweis auf ein besonders sicherheitsrelevantes Ereignis) mit einer Warmung UNSAFE bedeutet zunächst einmal, dass das Risiko (auf Grund der Todesfälle und Zerstörung des Hubschraubers vermutlich) Catastrophic in Kombination mit der nicht einschätzbaren Eintrittswahscheinlichkeit auf Grund der unbekannten Ursache zu einem nicht vertretbaren Risiko für einen weiteren Betrieb des Tigers führt.
@Georg: Da der Tiger wohl nicht Fly-by-Wire ist, sollten Temperaturen in irgendwelchen Flight Control Boxes recht irrelevant sein, da man diese Anlagen doch wohl alle schnell abwählen kann und somit wieder hands on fliegt.
Aus der genannten Flughöhe sollte, ohne Vorliegen eines technischen Defektes, genügend Zeit sein, auch bei der wohl eingenommenen Fluglage, die FCS abzuwählen und „manuell“ weiter zu fliegen.
Oder verhält sich das beim Tiger anders? Ist der nicht steuerbar ohne digitale Unterstützung?
Interessierter | 11. August 2017 – 10:35
„Dass ein großer Flugzeughersteller (und nicht eine Luftsicherheitsbehörde) eine derartige Warnung ohne konkrete Anhaltspunkte (zumindest intern) herausgibt, nach einem einzelnen Unfall eine Flugzeugflotte weltweit am Boden zu lassen, ist keinesfalls normal.“
Konkreter Anhaltspunkt ist, daß man einfach (noch) nicht weiss, wie und warum der Tiger abgeschmiert ist. Wer außer AHD sollte eine soclhe Warnung herausgeben, die für alle Nutzer gleichermaßen gilt? Es handelt sich ja mitnchten um zivile Flugzeuge.
Wie haben eigentlich die anderen Tigernutzer reagiert nach dem Vorkommnis? Auch vrsichtshalber groundet oder weiter geflogen?
[Zur letzten Frage empfehle ich, den Text oben ganz zu lesen. T.W.]
Derartige Warnungen sind durchaus normal. Ich wiederum bin erstaunt, dass sie so spät kommt. In der Regel wird eine derartige Warnung weltweit innerhalb von Minuten durch Betreiber zur Kenntnis genommen und mit internen Maßnahmen gewürdigt.
@ TomTom
Der Tiger hat keine Fly by Wire Steuerung, trotzdem eine Flugsteuerung mit Dämpfung und Autopilot. Die Dämpfung bleibt normalerweile immer eingeschaltet, auch wenn der Autopilot abgewählt ist. Sie soll die Steuerung bei Windböen usw. erleichtern. Ähnliches gilt für die Trimmung in den drei Achsen. Die Dämpfungs- und die Trimmungsbefehle werden elektrisch oder hydraulisch auf die Stellservos übertragen. Wenn es hier zu einer Fehlfunktion gekommen ist oder wenn die Stellservos selbst die Steuerbefehle nicht mehr angenommen oder falsch umgesetzt haben, dann hatten die Piloten keinen Einflussmöglichkeiten mehr auf die Steuerung des Hubschraubers und die Katastrophe war nicht mehr abwendbar. Die Dämpfungsbefehle werden natürlich von einer Elektronikeinheit berechnet, die als interne Referenz z.B eine Kreiselplattform benutzen.
Die ganzen Erläuterungen sollen nur dokumentieren, dass verschiedene Elektronikkomponenten immer bei der Steuerung des Hubschraubers beteiligt sind, auch wenn der Autopilot oder der Flight Director nicht aktiviert sind.
@MikeMolto
Als Insider beschreiben Sie ein Dilemma, für das es auch eine Lösung gibt, die in anderen Branchen selbstverständlich ist: Z.B. bei Autounfällen läuft man ja auch nicht gleich zum (interessengeleiteten) Hersteller, um einen technischen Sachverhalt zu klären. Hierfür gibt es öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, diese Institution wurde eigens dafür geschaffen, Gerichte, Behörden, Staatsanwälte etc. neutral und kompetent zu unterstützen. Warum vom GenFluSi keine solchen Sachverständigen eingeschaltet werden? Vielleicht sind die ja ZU neutral, die Bw ist doch als Nutzer/Betreiber selbst Partei in einer solchen Untersuchung.
@Jeff
Mir erschließt sich nicht wie durch eine abgelaufene Berechtigung Gefahr für Leib und Leben besteht?
Die Ursache muss jetzt eingegrenzt und für weitere Flüge ausgeschlossen werden. Lieber abgelaufene Berechtigungen als noch so ein Unglück. Selbst wenn das am Ende bedeutet, dass der Einsatz mangels berechtigtem und befähigtem Personal eben nicht mehr bestückt werden kann
@win
„Hierfür gibt es öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, diese Institution wurde eigens dafür geschaffen, Gerichte, Behörden, Staatsanwälte etc. neutral und kompetent zu unterstützen.“
Die gibt es die nicht auch in diesem Fall?
„Warum vom GenFluSi keine solchen Sachverständigen eingeschaltet werden? “
Ist das nicht so?
Evtl hat GenFlusi eine andere Aufgabe als die Staatsanwaltschaft und die BFU.
Zudem kommt, dass der Unfall nicht im Hoheitsgebiet der BRD geschah, macht evtl auch einen kleinen Unterschied.
@ win | 11. August 2017 – 18:41
Auch als ‚Sachverstaendiger ‚ – und ich bin (war) ein solcher – sind technische Sachverhalte oft nur mit Hilfe des Herstellers und zusaetzlischer Experten zu klaeren. ZB wenn es um EMV-Probleme oder elektronische Regelkreislaeufe oder komplizierte Druckverlaeufe in Kreislaeufen oder Probleme in Systemen zur Unterdrueckung von Schadfeuer-Ausbreitung oder……gibt.
WT (Wehrtechnisches) Material hat oft eine Komplexitaet von der ein KFZ- oder Bausachverstaendiger nur (in Albtraeumen) traeumen mag…
@win | 11. August 2017 – 18:41
„…die Bw ist doch als Nutzer/Betreiber selbst Partei in einer solchen Untersuchung.“
Das sehe ich überhaupt nicht so! Solange kein Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt ist die Bundeswehr nicht „Partei“, sondern zuständige Dienststelle.
Aus gutem Grund hat die Bw in den meisten Feldern Eigenvollzugskompetenzen. Zum einen müssen wir uns aus fachliche Gründen (militärischer Sachverstand) und zum anderen auch aus sachlichen Gründen (Geschäftsbereich einer obersten Bundesbehörde mit Verfassungsauftrag) selbst kontrollieren.
Wenn der Bundestag politische „Bauschmerzen“ hat, kann er zusätzlich einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Wenn es um Straftaten geht, können die Staatsanwaltschaften (ggf. zusätzlich) ermitteln.
Aber wenn beides nicht der Fall ist, dann gehört ein solcher Vorgang in die Hände der Zuständigen und das ist die Bundeswehr.
Na ja. Wenn eine Lufthansa-Maschine abstürzt, untersucht das auch nicht die Lufthansa (obwohl deren Experten beteiligt sind), sondern die zuständige Behörde.
Bei der Bundeswehr ist das nicht zu trennen, dafür mag es Gründe geben – aber das mit militärischem Sachverstand zu begründen? Genauso kann die Lufthansa argumentieren, dass ihre Leute mehr technischen Sachverstand haben als die Untersuchungsstelle für Flugunfälle.
Also, immer so zu tun, als hätte das Militär die Weisheit gepachtet, bringt uns hier auch nicht weiter. Und die scheinbaren sachlichen Gründe, meine Güte. Dieses obrigkeitsstaatliche Denken…
@ T.Wiegold | 11. August 2017 – 21:11
Hatten Sie einen schlechten Tag? Ihr Rundumschlag scheint mir nicht gerechtfertigt.
@Georg: Mir war nicht bewusst, dass beim Tiger die elektronische Unterstützung nicht komplett abzuwählen oder wenigstens zu übersteuern ist.
Das scheint aber der Weg bei so ziemlich allem neuen Rüstungsgerät zu sein, das birgt natürlich gewisse Risiken, ganz ab vom aktuellen Unfall. Hier beteilige ich mich ausdrücklich nicht an irgendwelchen Spekulationen zu den Unfallursachen.
„Wenn eine Lufthansa-Maschine abstürzt, untersucht das auch nicht die Lufthansa (obwohl deren Experten beteiligt sind), sondern die zuständige Behörde.“
Im Falle des Tiger-Absturzes ist die Abteilung General Flugsicherheit in der Bundeswehr des Luftfahrtamts der Bundeswehr die zuständige Behörde.
Fachlich unabhängig und an Weisungen ebensowenig gebunden wie die BFU.
@Chrissy (&Koffer)
Schon klar. Aber die Aussage Zum einen müssen wir uns aus fachliche Gründen (militärischer Sachverstand) und zum anderen auch aus sachlichen Gründen (Geschäftsbereich einer obersten Bundesbehörde mit Verfassungsauftrag) selbst kontrollieren. widerspricht genau dem, oder?
Ich will das jetzt nicht eskalieren, aber so zu tun, als sei nur das Militär sakrosankt und niemandem außer sich selbst verantwortlich, scheint mir ein bisschen kurz gegriffen. Und ja, ich bin auf diesen OT eingestiegen, wäre aber dankbar, wenn der jetzt nicht alles hier dominieren würde.
@T.Wiegold | 11. August 2017 – 21:11 u. 11. August 2017 – 21:58
„Ich will das jetzt nicht eskalieren, aber so zu tun, als sei nur das Militär sakrosankt und niemandem außer sich selbst verantwortlich,“
Ich denke Sie haben da etwas in meine Worte hineininterpretiert, was ich weder gemeint, noch geschrieben habe.
Sakrosankt impliziert, dass eine Übertretung der Grenze gegen ein religiöses (oder seltener gesellschafttliches) Tabu verstößt.
Im vorliegenden Fall geht es mir aber gar nicht um ein (gar nicht vorhandenes) Tabu. Das Militär (bzw. die Bundeswehr, denn in den von mir angesprochenen Frage der gesetzlichen Eigenkompetenz sind auch sehr häufig Teile der Wehrverwaltung mit einbezogen oder sogar primär zuständig) ist schlicht und einfach gesetzlich begründet die zuständigen Dienststelle der Exekutive.
Und wenn es nicht politische Gründe (Bundestag) oder strafrechtliche Gründe (Justiz) gibt, dann ist die Bundeswehr eben nicht „Partei“, sondern schlicht und einfach zuständig. So als wäre es in diesem Fall nicht die Bundeswehr, sondern eine extra zu diesem Zweck auf neuer (!) gesetzlicher Grundlage zu schaffende und Sonderbehörde.
„Na ja. Wenn eine Lufthansa-Maschine abstürzt, untersucht das auch nicht die Lufthansa (obwohl deren Experten beteiligt sind), sondern die zuständige Behörde.“
Eben. Das meine ich ja. Es ist in diesem Fall nicht so, dass die Lufthansa sich selbst untersucht, sondern die zuständige Behörde einen Fall einer ANDEREN Dienststelle (allerdings im gleichen Geschäftsbereich).
Es untersucht sich hier ja nicht der Pilot oder der Kommandeur oder der Kontingentführer selbst, sondern eben der General Flugsicherheit als die ANDERE, für exakt solche Fälle zuständige Behörde.
„aber das mit militärischem Sachverstand zu begründen?“
Wie will denn eine externe Dienststelle, bei all den Besonderheiten des militärischen Flugbetriebs und vor allem unter Einsatzbedingungen oder gar in einem Krieg das notwendige Fachwissen ansammeln um hier selbst ausreichend Sachverstand aufzubauen?
„Genauso kann die Lufthansa argumentieren, dass ihre Leute mehr technischen Sachverstand haben als die Untersuchungsstelle für Flugunfälle.“
Ja, aber die Lufthansa ist ja nicht die einzige zivile Fluglinie. Es gibt also sehr wohl einen „breiten“ Markt.
Bei der Bundeswehr sind es im Vergleich nur sehr wenige Lfz und daher auch nur sehr Vorfälle und zudem ja auch nur „ein einziger Anbieter“.
„Und die scheinbaren sachlichen Gründe, meine Güte. Dieses obrigkeitsstaatliche Denken…“
In Bezug auf die sachlichen Gründe, ist es natürlich so, dass man rein theoretisch (nach Gesetzesänderung!) auch eine eigene Dienststelle schaffen könnte. Dann gäbe es diese sachlichen Gründe nicht mehr.
Aber das Problem ist hier natürlich (neben der (allerdings schwachen) Problematik der verfassungsrechtlichen Zuständigkeit) eine Ressourcenfrage!
Warum sollten wir eine eigene Dienststelle schaffen bzw. eine bereits bestehende so aufbohren, dass sie mit den zahlreichen Problemstellungen des militärischen Flugbetriebs zurecht kommt (neben Sachkompetenz seien hier mal ganz praktische Gründe wie Geheimschutz, die Zusammenarbeit mit andere Streitkräften und die notwendige, technische Ausstattung genannt)?
Da käme mir nur ein einziges Argument in den Sinn: Mißtrauen. Also die Angst, „dass das Militär alles vertuscht“. Hierfür habe ich allerdings keinerlei Anhaltspunkte in den letzten Jahrzehnten sehen können. Zudem wurden ja auch entsprechende, weisungsunabhängige Verfahren geschaffen und der an den Untersuchungen beteiligte Personenkreis ist so breit zusammen gestellt, dass vermutlich eine Vertuschung auch sehr bald rauskommen würde.
Und schließlich: wenn es um die Angst vor Vertuschung geht, dann habe ich ja bereits mehrfach auf die beiden bereits bestehenden und hierfür zuständigen NICHT der Bw angehörenden Institutionen hingewiesen –> den DEU BT und die Staatsanwaltschaften.
„Und ja, ich bin auf diesen OT eingestiegen, wäre aber dankbar, wenn der jetzt nicht alles hier dominieren würde.“
Aus meiner Sicht muss es das nicht (mehr ;) ).
Sie haben mich falsch verstanden (oder vielleicht habe ich mich auch unklar ausgedrückt, oder beides). Ich habe das jetzt ausführlich klar gestellt. Das sollte es doch gewesen sein, oder? ;)
@Zimdarsen
@MikeMolto
Es gibt Sachverständige für viele Belange der Luftfahrt. Als Beispiele mal in die Suchmaschine eingeben:
– Luftfahrtsachverständiger
– Sachverständiger Flugunfall
– Sachverständiger Flugtriebwerke
Mir ist nicht bekannt, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger vom GenFluSi beauftragt wurde und ich lasse mich da gerne belehren.
Der Einwand von @MikeMolto war doch, dass bei der Ursachenermittlung von Flugunfällen die Hersteller einbezogen werden MUSSTEN, weil nur dort das erforderlich Knowhow verfügbar war. Sachverständige gibt es, um solche Interessenskonflikte zu vermeiden. Ob die von @Zimdarsen angeführten oder andere Hinderungsgründe bestehen, können nur die potentiellen Auftraggeber entscheiden.
Sorry, Herr Wiegold, aber hier haben Sie schlichtweg keine Ahnung. Die Bundeswehr handelt hier auf Grundlage ihrer Befugnisse nach LuftVG. Zu den sachlichen Gründen hat Koffer bereits alles ausgeführt. Und gerade dadurch, dass GenFlSichhBw keine Strafverfolgung betreibt, kann er besser aufklären. Und warum bitte sollte das Militär irgendein Interesse haben, keine Aufklärung zu betreiben? Damit noch mehr der wenigen Fluggeräte abstürzen und mehr Kameraden sterben?!? Ich habe einiges vom Sea-Lynx-Heckausleger-Drama hautnah erlebt, und beim Thema Flugsicherheit wird in der Bw hoch professionell gearbeitet!
Na, war ja nur eine Frage der Zeit, bis mir jemand erklärt, ich hätte keine Ahnung. Weil ja genau nach Gesetz gehandelt wird.
Eine Bitte: Hier wird nicht mehr über irgendwas gejammert, wovon sich Soldaten beeinträchtigt fühlen, wenn dabei nach Gesetz gehandelt wird.
Und jetzt lassen wir diesen OT.
Es scheint sich immer weiter abzuzeichnen, dass der Ausfall bzw. ein Fehler in der AFCS-Anlage („Automatic Flight Control System“, also der „Autopilot“) den Absturz verursacht haben könnte….
Wenn dem so wäre, hätte ein integraler Bestandteil des Gesamtsystems (wiederholt) versagt, allerdings gab es in den anderen bekannten Fällen keinen Absturz…..
Ich bin auf das Ergebnis gespannt…..
„…..Im Bericht des australischen Rechnungshofes (ANAO) finden sich, Stand April 2016, auch fünf Hinweise auf Tiger-Sicherheitsmängel, darunter Verfälschungen von Navigations-Datenbanken und dem Versagen des GPS-Navigationssystems im Flug…..“
(WELT)
Mit wem haben die BW-Zulasser/Prüfer in Sachen Soderzulassung (Temperaturgrenze) Mali denn bitte zusammengearbeitet ? Mit AH ? Mit der ANAO ? Risikobetrachtung „Versagen des GPS-Navigationssystems im Flug im thermischen Grenzbereich“ und/oder „Verfälschungen von Navigations-Datenbanken“ und Flug entlang des Nullmeridian ? Ist denn die ACAO-Sicherheitsmängelliste überhaupt auch mit Blick auf die deutschen Tiger von der BW validiert worden ? Oder betrachtet man den Bericht des australischen Rechnungshofes auch als „Spekulation“ weil die ACAO ja keine „militärische“ Kompetenz besitzt – schon gar keine „teutsche“ ?
Werden vom GenFlusi denn überhaupt solche Fragen im Zuge der Untersuchung gestellt ? Dem Hersteller unterstellt man „eigene Interessen“ und schließt ihn aus von der Untersuchung. Was aber ist das Interesse des Bundes ?
Bitterböse Fragen – zugegeben – die müssen aber gestellt und beantwortet werden, das ist man imho zumindest den todlich verunglückten Kameraden und den Hinterbliebenen schuldig
Was letztendlich auch immer als Primärereignis für den Übergang in den unkontrollierten Sinkflug als Erklärung heranzuziehen ist;- spätestens ab dem Moment des Abscherens der Rotorblätter war letztendlich jeder Versuch der Besatzung, wieder eine Kontrolle über den Tiger zu erlangen, zum Scheitern verurteilt.
Was eigentlich doch zwangsläufig auch zu der Frage führen müßte, zu welchem konkreten Zeitpunkt die „Rotorblätter“ begannen abzuscheren?
Daraus folgt aber doch auch zwangsläufig die Frage, wie eigentlich die Belastungsgrenze für die Rotorblätter des Tigers definiert war, und wie die Einhaltung dieser Belastungsgrenze im Lebenszyklus und unter den Einsatzbedingungen in Mali geprüft wurde!?
Insbesondere vor dem Hintergrund der klimatischen Bedingungen in Mali, und möglicher Konsequenzen für die Festigkeit der verbauten Komponenten der Rotorblätter!?- Und das CFK bei Wärme und Feuchtigkeitsaufnahme mit Veränderungen in den Eigenschaften u.a. zur Festigkeit reagiert, ist ja inzwischen nicht unbekannt.
@ T.Wiegold | 11. August 2017 – 23:06
@ klabautermann | 12. August 2017 – 8:27
1+
„Dem Hersteller unterstellt man „eigene Interessen“ und schließt ihn aus von der Untersuchung.“
Sicherlich unterstellt niemand hier niemandem etwas.
Aber schauen Sie einmal in die allgemein üblichen Befangenheitsregeln, wie sie für Gerichte und Gutachter grundsätzlich gelten.
Bereits die MÖGLICHKEIT, nicht etwa Wissen und Wollen, des Vorliegens eigener Interessen begründen die Vermutung, daß eine Befangenheit NICHT AUSGESCHLOSSEN werden kann.
Und damit ist eine Person oder Institution schon von Gesetzes wegen mit dem Verdacht einer möglichen (!) Befangenheit belastet und scheidet aus solchen Ämtern aus.
Grundsätzlich unterscheidet, es wurde schon angedeutet, eine militärische Untersuchung von einer zivilen, daß Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen können, schauen Sie einmal in den § 96 StPO, wo der Zusammenhang beispielhaft dargestellt wrid.
re: klabautermann
Nachdem die australischen „Tiger“ inzwischen 2.000 Flugstunden erreicht haben, dürfte es sicherlich auch dort einen verwertbaren Fundus an Wissen geben!- Und da sich in der australischen Armee offensichtlich zu dem Thema „Sicherheit bei Drehflüglern“ eine besonders hohe Sensibilität entwickelt hat, dürfte auch zum Thema möglicher Sicherheitsmängel bei diesem Fluggerät ein „Know-How Fundus“ bestehen!
Was übrigens zu der Frage führt, wie die australische Armee mit (möglicherweise) erkannten Sicherheitsmängeln beim „Tiger“ umgegangen ist und welche Modifikationen u.U. Einzug gehalten haben?- Was natürlich auch die Frage nach sich zieht, ob diese (möglichen) Modifikationen auch in dem deutschen Fluggerät stante pede Einzug gehalten haben!?
Völlig richtig stellt @klabautermann hier einige Fragen an die Verantwortlichen. Auch die Nachfrage von Thomas Wiegold bei der BPK lässt tief blicken. Nachdem die Industrie, der Hersteller bei sonstigen Vorkommnissen (siehe Flugunfall NH-90 in Termez) voll umfänglich eingebunden wurde, beruft sich hier der Sprecher des BMVg auf die Eigenständigkeit der Bundeswehr und des General FluSi. Im Grundsatz zwar richtig, in der Praxis mangels eigener Expertise jedoch nicht durchhaltbar.
Es stellt sich die Frage, warum es in diesem Fall anders gehandhabt wird? Der Hersteller reagiert darauf mit einer „Tiger-Unsafe-Warnung“, gibt also den „Schwarzen Peter“, falls jetzt nochmals etwas passiert an die Nutzer-Organisationen weiter.
Ich denke bei der Beantwortung dieser Frage kommt es jetzt darauf an, wie es zu der zulässigen Einsatztemperaturerhöhung auf 43,xx Grad im Mai diesen Jahres gekommen ist. War dies das Ergebnis einer messtechnisch ermittelten Risikoabschätzung für den Einsatzbereich der Elektronikkomponenten des Tigers ? War diese Temperaturerweiterung vom Hersteller abgesegnet ? Oder war diese Temperaturerhöhung eine vom politischen Interesse geleitete Abschätzung der Einsatzmöglichkeiten des Hubschraubers, der usrpünglich mal für kalte europäische Winter mit konstruiert wurde ?
@Audio 001
“ Und das CFK bei Wärme und Feuchtigkeitsaufnahme mit Veränderungen in den Eigenschaften u.a. zur Festigkeit reagiert, ist ja inzwischen nicht unbekannt.“
Da sind sie auf der völlig richtigen Spur !
Ein Rotorblatt welches sehr weit von der Einschlagstelle entfernt gefunden wurde hatte 70% oder mehr des hinteren Torsionskasten verloren. Ein solcher plötzlicher Verlust am Auftriebskörper könnte die plötzliche 90 Grad Neigung erklären. Dann wäre die Frage zu klären warum die Struktur nachließ … siehe Zitat von @ Audio001 !!!
Es bleibt spannend ob sich das so herleiten lassen wird durch die Untersucher, aber es wäre ein plausibler Ansatz …
Und das passt ja dann auch gut dazu:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/angela-merkel-cougar-helikopter-der-bundesregierung-nicht-einsatzbereit-a-1162473.html#ref=rss
Sicherheitswarnung der europäischen Flugagentur EASA : Nach jedem Flug, jeder ZWISCHENLANDUNG eine Stunde Pause, dann check durch Fachpersonal.
Die feine Grenze zwischen Betrachtung der technischen Gegebenheiten und Spekulation ist zwar sehr fein, ich bitte aber dennoch darum, die zu beachten…
@audio001
Wenn ein Luftfahrzeug , das sich im Autopilot Horizontalflug mit 135 kts bewegt, „überraschend die Nase um 90 Grad“ senkt, dann treten (negative) Beschleunigungskräfte auf Mensch und Material auf, die man wohl nur annähernd berechnen kann – der TIGER mag ja wohl über diese Agilität verfügen im „Kampfflug“, aber aus dieser Geschwindigkeit heraus und offenbar spontan und unkontrolliert ? Das wage ich doch zu bezweifeln. Die ganze Rotorblattbelastungsdiskussion ist also imho „müßig“. Entscheidend ist doch die Frage, wie es zu diesem radikalen nosedip im Autopilotmodus kommen konnte. Oder sind im Autopiloten auch solche „Kampfmanöver“ programmiert ? Das würde mich dann allerdings ein wenig verwundern.
Und so bin ja wohl nicht nur ich der Auffassung, dass hier ein katastrophaler Nav-/Steuerungs-Systemcrash der wohl plausubelste Erklärungsansatz ist und damit auch entsprechend hoch bei der Untersuchung berücksichtigt werden sollte. Dazu müßte man aber intensiv mit AH zusammen arbeiten, und genau an dieser Stelle verstehe ich die Aussage von Herrn Nannt: „Das ist grundsätzlich vom Prozess her nicht vorgesehen.“ nun ganz und gar nicht. Wenn das nicht vorgesehen ist, dann stimmt wohl eher etwas nicht an den GenFlusi-Prozessen, woraus man natürlich auch sich fragen könnte, ob wohl etwa auch die Zulassungs-und Prüfprozesse für TIGER in Mali nicht ganz koscher ist/war ?
Ich persönlich stelle mir halt die Frage ob das risk of catastrophic system failure für den TIGER in Mali überhaupt wissenschaftlich/technisch fundiert berechnet wurde und falls ja, welchen risk-level die Zulasser noch als vertretbar betrachtet haben. Ja, ganz böse Frage – ich weiß.
Der Tiger ist ein software-driven-system, im thermischen Belastungsgrenzbereich muß man also davon ausgehen, dass vor der Mechanik und der Hydraulik das Steuer-und Regelsystem hard-/software-seitig versagt. Jeder Sicherheitsingenieur, der seit der Einführung softwaregesteuerter Halbleiter-Steuer-und Regeltechnik sein Diplom erworben hat, weiß das.
re: klabautermann
Ich zweifele nicht an dem vorliegen eines Primärereignisses für den (nicht beabsichtigten) „nose dive“.- Die Frage die sich jedoch zwangsläufig stellen muss ist, ob dieses Primärereignis auch der Grund für den Absturz war,- oder ob letztendlich das Abscheren der Rotorblätter (eben weil der Flugzustand dann nicht mehr zu kontrollieren war) der eigentliche Grund für den Absturz war?
Und damit verbunden die Frage, ob zum Zeitpunkt des Abscherens der Rotorblätter, tatsächlich der Belastungsgrenzwert (schon) erreicht war?- Unabhängig von der zurecht aufgebrachten Frage, worauf der Belastungsgrenzwert (als Vorgabe) beim „Tiger“ eigentlich fußte?
Mithin verbunden auch mit der Fragestellung, ob sich der Belastungsgrenzwert aus der Materialeigenschaft und dem Konstrukt der Rotors ergab, oder das Material und der Rotor den Vorgaben des Belastungsgrenzwertes folgte?
Anders ausgedrückt: Wer jetzt nicht Fragen stellt, wird mit Sicherheit auch nur Antworten auf die Fragen bekommen die nicht gestellt wurden!- Und das die voraussichtlichen Antworten eine kritische Würdigung der Frage nach der „Ausnahmegenehmigung für den Einsatz in Mali“ nicht betreffen werden, davon bin ich überzeugt …
Moin, bei Flugunfalluntersuchungen wird GenFlusi zunächst auf Expertise innerhalb der Bw zurückgreifen. Bei Hubschraubern ist es das SysZ DrehFl H in Donauwörth. Das klärt dann evtl auch Fragen zur Einbindung der Industrie (Stichwort Kooperation).
Mfg
E. Current
@ für mich als Laie wieder sehr interessante Fragestellungen samt Erläuterungen. Gutes Zeichen, wenn sich die WELT heute zweimal auf augengeradeaus in einem Artikel zum Absturz beruft. Hoffentlich lesen Mitglieder des Parlamentes hier mit und stellen die entsprechenden Fragen.
@audio001 | 12. August 2017 – 12:31
Ich kannte einmal (persönlich) einen Admiral, der dann als „Retired“ bei zwei Katastrophen zum nationalen Oberermittler berufen wurde. Beide Abschlußberichte sind in den USA Legende unter Systemanalytikern, denn „HAL“ Harold W. Gehman, Jr. hat nicht locker gelassen und hat jenseits der etablierten Untersuchungsverfahren/Protokolle jedes Puzzle-Teil umgedreht und hinterfragt. In Sachen Columbia-Absturz war dann der Null-Fehler ein Simulationsprogramm, das die NASA außerhalb seiner wissenschaftlich-mathematischen Zulässigkeit zur Beurteilung des Schadensbildes der Columbia eingesetzt hatte – der Landevorgang der Columbia hätte nie eingeleitet werden dürfen.
Ihre Fragen sind durchaus berechtigt, allerdings ist – mit Blick auf den Weiterbetrieb der TIGER-Flotte – ja wohl imho auch die Dringlichkeit der Fragestellungen nicht ganz von der Hand zu weisen.
Ein kleines Detail noch: eine der Informationen zum Absturz war ja, dass die Besatzung offenbar kein Mayday abgesetzt hat. Auch hier stelle ich mir nicht die Frage nach einem technischen Problem, sondern frage mich ob die Besatzung überhaupt noch bei Bewußtsein war nachdem sie mit 135 kts innerhalb einer Sekunde auf die andere in eine 90 Grad Kurve mit negativer Beschleunigung geflogen „wurde“. Der TIGER hat ja wohl kaum ein Formel 1 Cockpit. Sie sehen also, dass auch hier jenseits der Rotorblätter neben dem System Factor auch der Human Factor eine Rolle im Katalog der erkenntnisleitenden Fragen zur Klärung des Absturzvorganges spielt.
Es sollte sowas von klar sein, dass Airbus nur eine beratende/zuarbeitende Funktion haben kann, aber innerhalb der Untersuchung keine eigenen Entscheidungen treffen darf.
Wer ist denn der Hersteller und Programmierer der Flugsteuerung?
Evtl hat AH das größte Interesse von allen die wahren Ursachen zu ergründen.
@ klabautermann | 12. August 2017 – 13:37 et all
Wenn man mal das „Columbia Accident Investigation Board“ betrachtet, dann ergibt sich einem, wie viele externe (non-NASA) Experten aus der Branche der Admiral berufen hatte.
Ein weiterer Beweis fuer die Tatsache, dass die Mitwirkung der Hersteller und Betreiber bei komplizierten Havarien unerlaesslich ist.
@MikeMolto
Zustimmung, aber, wie man an @Eddy Current | 12. August 2017 – 13:04 ablesen kann haben wir leider keinerlei echte Fehler- und Auswertekultur…….aber im juriistisch-behördlichen administrieren von „Vermögensschäden“ sind wir Spitze – das klingt natürlich zynisch, ist aber imho die traurige Wahrheit. Da sind uns die USA kulturell haushoch überlegen.