Österreich will Eurofighter aus Kostengründen ausmustern (Zusammenfassung)

Als erste Nutzernation des Kampfjets Eurofighter will Österreich seine Flugzeuge dieses Typs vorzeitig ausmustern. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil begründete das am (heutigen) Freitag in Wien mit den hohen Kosten der Maschinen für das österreichische Bundesheer, die zudem nicht alle Anforderungen für die Luftüberwachung erfüllten. An die Stelle der 15 Eurofighter und der ebenfalls noch genutzten veralteten Abfangjäger vom Typ Saab 105 OE soll bereits ab 2020 eine neue Flotte mit einem einheitlichen Jagdflugzeug treten.

Österreich nutzt den Eurofighter in der ersten Version, der Tranche 1. Allerdings wurden die im vergangenen Jahrzehnt über den Airbus-Vorgänger EADS beschafften Maschinen aus Kostengründen nicht so ausgestattet wie diese Version in anderen Nationen. Die deutsche Luftwaffe setzt ihre Flugzeuge der Tranche 1 zum Beispiel für die NATO-Luftraumüberwachung über dem Baltikum ein. Für Österreich würde eine entsprechende Nachrüstung und der weitere Betrieb der Flugzeuge in den nächsten 30 Jahren rund fünf Milliarden Euro kosten, argumentierte Doskozil.

Der Entscheidung war ein Bericht einer Sonderkommission „Aktive Luftraumüberwachung“ vorausgegangen, der die Umstellung auf eine Ein-Typen-Flotte mit 15 einsitzigen und drei zweisitzigen Maschinen aus Kostengründen empfohlen hatte. Der Chef der österreichischen Luftstreitkräfte, Brigadier Karl Gruber, hatte darin auch eine Umstellung auf eine reine Eurofighter-Flotte als Option genannt, die allerdings ein Kostenrisiko darstelle:

Wir haben Gespräche sowohl mit Airbus als auch mit alternativen Anbietern und mit Regierungen geführt und in der Folge 19 denkbare Varianten der Luftraumüberwachung Österreichs sowohl nach militärischen als auch nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bewertet. Das Ergebnis: Die sicherheitsrelevanten und betriebswirtschaftlichen Vorgaben werden entweder durch die Beschaffung einer leistungsfähigen alternativen Abfangjägerflotte unter Ausphasung der bestehenden Eurofighter-Flotte oder aber durch die entsprechende Nachrüstung der 15 Eurofighter Typhoon der Tranche 1 und die Beschaffung von 3 gebrauchten Eurofighter Typhoon Doppelsitzern realisiert. Der Weiterbetrieb der bestehenden österreichischen Eurofighter-Flotte ist jedoch mit einem derzeit schwer abschätzbaren Kostenrisiko verbunden.

Die Kostendetails spezifierte das Ministerium in einem gesonderten Frage-Antwort-Katalog:

Die 15 derzeit in Österreich eingesetzten Eurofighter sind aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und ihres spezifischen Nachrüstungsbedarfs im Betrieb sehr kostenintensive Abfangjäger. Ab Erreichen des Vollbetriebs (1050 bis 1200 Flugstunden p.a.) von 2010 bis zum Jahr 2016 stiegen die jährlichen systemspezifischen Betriebskosten von EUR 30 Millionen auf über EUR 70 Millionen und werden 2017 bei ca. EUR 80 Millionen liegen. Es ist damit zu rechnen, dass die Betriebskosten in den nächsten Jahren auf mehr als EUR 100 Millionen per anno steigen. Durch die notwendige Nach- und Aufrüstung der Eurofighter der Tranche 1 sind weitere Kostensteigerungen zu erwarten, die derzeit noch nicht abschätzbar sind.

Offen blieb zunächst, was die österreichischen Streitkräfte bei einer Umstellung auf einen anderen Flugzeugtyp mit den 15 vorhandenen Eurofightern anfangen. Ein Verkauf wäre vermutlich nur in Zusammenarbeit mit Airbus möglich – gegen das Unternehmen hatte die Regierung in Wien allerdings im Februar Strafanzeige erstattet: Das Unternehmen bzw. seine Tochterfirmen hätten Österreich beim Verkauf der Kampfjets über den wahren Kaufpreis und über die Fähigkeiten der Maschinen getäuscht.

Die Beschaffung der Abfangjäger war in Österreich ein umstrittenes Thema, das bis heute kontrovers diskutiert wird.

Airbus  wollte die Entscheidung Österreichs auf Anfrage von Augen geradeaus! nicht kommentieren. Ein Unternehmenssprecher wies lediglich darauf hin, dass der Eurofighter in allen anderen Nutzerländern ohne Probleme Dienst tut. In verschiedenen Varianten sind laut Airbus derzeit 493 Maschinen des ursprügnlich von Deutschland, Großbritannien, Spanien und Italien entwickelten Kampfjets in fünf europäischen und drei außereuropäischen Nationen im Einsatz.

Ergänzung: Die Kollegen von doppeladler.com haben das noch viel kenntnisreicher, detaillierter und näher am Geschehen aufgeschrieben. (Danke für den Leserhinweis)

(Archivbild August 2016: Ein Eurofighter beim Start von der österreichischen Basis Zeltweg – Bundesheer/Harald Minnich)