Neuer Anlauf für die Marinedrohne: Ausschreibung für eine Überbrückungslösung (Nachtrag)

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In die lange aufgeschobene Beschaffung einer (Aufklärungs)Drohne für die Deutsche Marine, zunächst für die Korvetten, kommt Bewegung. Am vergangenen Freitag veröffentlichte das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) die Ausschreibung für ein solches unbemanntes System – allerdings zunächst nur als Übergangslösung. Eine solche Überbrückungslösung war bereits seit dem Januar vergangenen Jahres im Gespräch.

Aus dem Ausschreibungstext:

Vordringliches Marine-Unmanned Aircraft System für Korvetten der Klasse 130 (VorMUAS)
(…)
Ziel dieses Auftrags ist die Beschaffung eines maritimen taktischen unbemannten Drehflügler-Luftfahrzeugsystems zur bildgebenden Aufklärung. Das System muss auf Korvetten der Klasse K130 eingerüstet werden können, auf deren Schiffdeck bei bis 20 kn Wind und Sea State 3 landen und automatisch starten, mindestens fünf Stunden Flugzeit aufweisen, ausschließlich den Kraftstoff Kerosin (F-44) nutzen, eine Nutzlastkapazität von mindestens 13 kg für einen EO/IR-Sensor besitzen und über eine Bodenkontrollstation zur Fernführung verfügen. Das System hat eine Prüfung auf Nichtverlassen des Vorgesehenen Einsatzgebiets zu bestehen.

(…)
Gesamtmenge bzw. -umfang:
Ein maritimes taktisches unbemanntes Drehflügler-Luftfahrzeugsystem.
(…)
Schlusstermin für den Eingang der Angebote oder Teilnahmeanträge
7.8.2017 – 14:00

Das VorMUAS ist langfristig Teil von AImEG (Aufklärung und Identifizierung im maritimen Einsatzgebiet), allerdings erst mal eine sehr knappe Lösung: Das eine jetzt ausgeschriebene System umfasst zwei Fluggeräte und die dafür nötige Steuerungseinheit. Damit will die Deutsche Marine, so die Argumentation, erst mal Erfahrungen mit dem Einsatz von Drohnen auf ihren Schiffen (ja, ich weiß, die Korvette ist ein Boot) und der erforderlichen Anpassung sammeln. Die für die Überbrückungslösung zu treffende Entscheidung, darauf legen die Rüster im Ministerium wert, ist keine Vorentscheidung für die künftige Marinedrohne, von der in einem ersten Schritt drei Systeme mit je zwei Fluggeräten beschafft werden sollen.

Das ganze Vorhaben der Drohnen für die Korvette, die ja als Teil des Gesamtsystems schon vor etlichen Jahren eingeplant waren, zieht sich also weiter hin. Interessant ist an der obigen Ausschreibung vor allem, dass nun gefordert wird, dass diese Drohnen ausschließlich den Kraftstoff Kerosin (F-44) nutzen. Dabei hatte die deutsche Firma Diehl, die den Camcopter S-100 des österreichischen Herstellers Schiebel (Foto oben) in Deutschland vermarktet, extra auch eine Version mit Dieselmotor im Programm – weil das auch zwischendurch mal gefordert wurde. Diehl dürfte, so ist zu hören, bei der aktuellen Ausschreibung mit ins Rennen gehen.

Der Schiebel-Camcopter war übrigens bei der Marine schon mal nah an der Beschaffung, wurde dann aber, wie es hieß, 2013 wegen Zulassungsproblemen gestoppt. Der damalige Inspekteur der Marine wiederum hatte erklärt, der Treibstoff sei ein Teil des Problems: Es geht darum, mit welchem Brennstoff eine Drohne an Bord betrieben werden kann, welche Charakteristika sie hat, wie ich sie starten und landen kann. Das ist ja an Bord alles komplizierter als an Land.

Tja, und wenn wir noch weiter zurückblicken, erinnert sich der eine oder andere, dass das Projekt Marinedrohne deshalb ins Stocken kam, weil auf einmal Überlegungen aufkamen, das senkrecht startende unbemannte System auch beim Heer zu verwenden und andere Anforderungen mit in die Überlegungen einflossen… Geschichte. Genauso wie übrigens der Einsatz der Schiebel-Drohnen für die OSZE-Beobachtermission in der Ukraine, wo sie seit ein paar Jahren im Einsatz sind. Aber das sind ja gemietete Fluggeräte mit zivilem Bedienpersonal.

(Danke für den Leserhinweis in den Kommentaren auf die Ausschreibung!)

Nachtrag, Dank eines weiteren Leserhinweises: Die französische Marine untersucht derzeit die Integration der Camcopter auf ihre Hubschrauberträger der Mistral-Klasse, wie das Unternehmen mitteilte (deshalb auch die lobende Wortwahl):

Schiebel’s CAMCOPTER S-100 Unmanned Air System (UAS) once again convinced with its outstanding maritime capability when successfully completing qualification flights for the French Navy from 29 May to 3 June 2017.
The flight trials were performed from the deck of the Bâtiment de Projection et de Commandement (BPC) Dixmude, the newest of the French Navy’s three Mistral class amphibious assault ships. The French fleet is currently undergoing a modernization process within which Schiebel participates in flight trials in order to confirm the Ship Helicopter Operating Limits (SHOL) and to qualify the CAMCOPTER® S-100’s integration onto the BPC.

(Symbolbild: Camcopter S-100 – Schiebel-Pressefoto via APA-OTS)