Rüstungsexportbericht(e) für 2016 und erste vier Monate 2017 veröffentlicht
#EnDirect du #1RTir livraison! Premier régiment de l‘@armeedeterre à recevoir les #HK416F 👊 #LesTurcos de #7BB „le Premier toujours premier“ pic.twitter.com/zmkCegs2Pz
— Armée de Terre (@armeedeterre) 13. Juni 2017
Das Bundeskabinett hat am (heutigen) Mittwoch die Rüstungsexportberichte für 2016 und für die ersten vier Monate 2017 zur Kenntnis genommen. So kurz vor einer Bundestagswahl sind die Daten natürlich sehr empfänglich für sehr kontroverse Einschätzungen (die Bundesregierung spricht von einer Fortsetzung ihrer restriktiven Rüstungsexportpolitik; die Grünen-Opposition beklagt: Schwarz-Rot toppt so sogar noch die hemmungslose Rüstungsexportpolitik von Schwarz-Gelb).
Deshalb zum einen nur der Hinweis, wo die beiden Dokumente zu finden sind: Der Rüstungsexportbericht 2016 hier; und der Zwischenbericht Januar bis April 2017 hier (der übliche Halbjahreszeitraum wurde verkürzt, damit eine Debatte im Bundestag noch vor der Sommerpause und damit vor der Wahl möglich wird).
Zum anderen Hinweise zu zwei Punkten: Die immer sehr umstrittenen Kleinwaffenexporte, also Gewehre und ähnliches, werden wohl auch in den nächsten Jahren nicht zuletzt dadurch bestimmt werden, dass Frankreich seine Standardwaffe für die Streitkräfte durch das deutsche Sturmgewehr HK416F von Heckler&Koch ersetzt.
Und: In der Tat interessant sind die Waffenlieferungen an Länder wie Saudi-Arabien und Katar, gerade in der derzeitigen Lage am Golf. So wurden für Katar laut Bericht im vergangenen Jahr folgende Ausfuhren von Kriegswaffen an die Vereinten Nationen gemeldet: 33 Kampfpanzer Leopard 2, in der modernsten Version, und 19 Panzerhaubitzen 2000. Und das ist nur ein Teil des 2013 abgeschlossenen Geschäfts.
Da muss ich dann später noch mal nachliefern, was die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums vor der Bundespressekonferenz zu der Nachfrage eines Reuters-Kollegen konkret gesagt hat: Eine Rücknahme einer erteilten Exportgenehmigung sei zwar möglich, wenn sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ändern, wie zum Beispiel die gestoppte Lieferung eines Gefechtsübungsszentrums an Russland nach den verhängten Sanktionen. Sonst aber wohl nicht. Das ist ja vor allem angesichts der gespannten Lage am Golf, des Krieges im Jemen und der Frontstellung anderer arabischer Länder gegen Katar auch für die Zukunft von Bedeutung.
Zu den Zahlen aus der Zusammenfassung des Wirtschaftsministeriums:
Im Jahr 2016 wurden Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von rd. 6,85 Mrd. € (2015: rd. 7,86 Mrd. €) erteilt. Ein Anteil von 46,4% (2015: 41%) entfiel auf Genehmigungen für Lieferungen in EU-/NATO- und NATO- gleichgestellte Länder, mit denen die Bundesregierung eine besonders enge sicherheitspolitische Partnerschaft verbindet.
Für Drittländer wurden 2016 Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von rd. 3,67 Mrd. € erteilt. Der Wert wird maßgeblich von Genehmigungen für einzelne Ausfuhrvorhaben mit einem hohen Auftragswert bestimmt, wie beispielsweise eine Fregatte für die algerische Marine oder ein U-Boot für die ägyptische Marine.
In den ersten vier Monaten des Jahres 2017 wurden Einzelgenehmigungen in Höhe von insgesamt rd. 2,42 Mrd. € (im Vergleichszeitraum Januar bis April 2016: rd. 3,30 Mrd. €) erteilt. Davon gingen Genehmigungen im Wert von rd. 1,10 Mrd. € (im Vergleichszeitraum 2016: rd. 1,38 Mrd. €) und damit 45,7% an EU-/NATO- und NATO-gleichgestellte Länder.
Für Drittländer wurden im genannten Berichtszeitraum Ausfuhrgenehmigungen in Höhe von rd. 1,31 Mrd. € (im Vergleichszeitraum 2016: rd. 1,91 Mrd. €) erteilt. Maßgeblich beeinflusst wird der Genehmigungswert auch hier durch ein einzelnes Exportvorhaben mit sehr hohem Wert: die Auslieferung einer weiteren Fregatte nach Algerien.
Aus dem Vorgängerfaden rübergezogen, da erst frisch gepostet.
@KeLaBe, ich hoffe in Ihrem Sinn. Sonst: käme nicht wieder vor!
Gruß, KPK
KeLaBe | 14. Juni 2017 – 13:59
Was ist kritikwürdig an der Entscheidungsbefugnis des Bundessicherheitsrates? (BSR)
Der BSR ist ein Ausschuss des Bundeskabinetts. Da üblicherweise Koalitionsregierungen am Kabinettstisch zusammen sitzen, die als solche Mehrheit der Wahlteilnehmer repräsentieren, ist dem Anspruch der Demokratie Genüge getan.
Seine Sitzungen, die von dem/der Bundeskanzler(in) geleitet werden, sind geheim.
Der BSR koordiniert die Entscheidungen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Bundesregierung soweit die Genehmigung von Rüstungsexporten betroffen ist.
Er kann abschließend entscheiden, sofern nicht nach GG oder einem Bundesgesetz ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich ist.
Ständige Mitglieder des BSR sind neben dem
– Bundeskanzler und dem
– Chef des Bundeskanzleramts seit 1998 die
– Bundesminister des Äußeren, der
– Finanzen, des Inneren, der Justiz, der
– Verteidigung, der Bundesminister für
– Wirtschaft und Arbeit sowie der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Er tagt nicht öffentlich, seine Entscheidungen werden aber – ohne Begründung – im Anschluss veröffentlicht.
Das Hin und Her deutscher Rüstungsexporte unterliegt dem Dilemma nicht vorhandener, stringenter strategischer Interessendefinition und deren konsequenter Verfolgung in Verantwortung einer ökonomischen Weltmacht in europäischer Mittellage.
Die Binse, dass Rüstungsexport auch Interessenvertretung umfasst, kann allerhöchstens im BSR ausgesprochen werden.
Solange der Gesellschaft dies nicht offen unter Herausstellung der deutschen Gesamtverantwortung an den Mann/die Frau gebracht wird, ändert sich an halbherzigen Entscheidungen eines „sowohl-als-auch“ zulasten unserer Reputation und der Arbeitsfähigkeit der Rüstungsindustrie nichts.
KeLaBe | 14. Juni 2017 – 13:59
@ KPK
Es ist einiges kritikwürdig am BSR i.Z.m. Rüstungsexporten. Ich nenne mal aus dem Stehgreif nur 2 Punkte:
– Nicht nur die Tagungen, sondern auch die Tagesordnung ist geheim. Zwar werden Entscheidungen mit einem gewissen Zeitverzug veröffentlicht, aber im Vorfeld unterbliebt damit eine öffentliche Diskussion zu diesen sicherheitspolitisch doch recht bedeutsamen Fragen. Geheimhaltung mag i.S. unserer Sicherheitsinteressen oft mehr als berechtigt sein. Ob das bei Rüstungslieferungen immer so der Fall ist, darf man bezweifeln.
– Die FF innerhalb der BReg für Waffen-/Rüstungsausfuhren liegt beim BMWi. Macht das Sinn? Eher nicht, wenn man diese Frage als außen- und sicherheitspolitisch relevant betrachtet. Es ist zumindest das falsche Signal. Sicherheitspolitische, und nicht wirtschaftspolitische Argumente sollten hier eigentlich die primäre Rolle spielen.
Übrigens befasst sich der BSR keineswegs mit allen Waffenexporten. Nur ab einer bestimmten Größe. Alles darunter (wie z.B. auch Kleinwaffenausfuhren) werden de facto im BMWi entschieden. Bewertung siehe oben.
Eine kleine, aber interessante Beobachtung aus der Lektüre:
Der Bericht für 2016 weist eine Brokering-Genehmigung für Haubitzenmunition aus Südafrika nach Katar aus. MaW.: Rheinmetall Denel liefert rd. 3300 Stück Munition für die PzH 2000 im Wert von 10,4 Mio. Im letzten Jahr wurde das reichweitengesteigerte Geschoss M2005VLAP in Südafrika mit einer PzH2000 für einen Exportkunden zertifiziert. Dies war wohl Katar.
@ T.W. – Nur eine pingelige Anmerkung die nicht veröffentlicht werden muss: Der erste Link im Text, der auf „ruestungsexportbericht-2016.pdf“ verbunden ist, sollte textlich auch den Bericht von 2016 ankündigen, nicht wie jetzt des Jahres 2017. Danke.
Danke, ist korrigiert.