Offizier als angeblicher Flüchtling: Soldat fiel schon im Studium auf

Im Fall des Bundeswehr-Oberleutnants, der sich als syrischer Flüchtling ausgab und möglicherweise einen rechtsextremistisch motivierten Anschlag plante, setzen neue Erkenntnisse die Bundeswehr unter Druck. Der 28-jährige soll bereits während seines Studiums an der französischen Militäruniversität Saint-Cyr Anfang 2014 eine Masterarbeit abgeliefert haben, die von den Professoren als extremistisch und nicht mit der Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung vereinbar eingestuft wurde, berichtete Spiegel Online am (heutigen) Samstag. Folgen hatte das nicht.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums nahm zu den inhaltlichen Details nicht Stellung, bestätigte aber, dass das Ministerium am (gestrigen) Freitagabend von entsprechenden Vorwürfen erfahren und unverzüglich die zuständigen Gremien des Bundestages informiert habe. Am Samstag habe das Ministerium den Text des Entwurfs der Masterarbeit erhalten und an den Militärischen Abschirmdienst (MAD) weitergegeben.

Laut Spiegel Online war der Vorfall, zu dem es keine Einträge in den Akten geben soll, durch die Meldung eines anderen Soldaten aufgefallen:

Er erinnerte sich, dass die französischen Professoren im Offizierslehrgang von Franco A. 2014 dessen Master-Arbeit als extremistisch und unvereinbar mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eingestuft hatten. (…)
Nach den bisherigen Ermittlungen war Franco A. an der Elite-Universität aufgefallen, da er in seiner Master-Arbeit „Politischer Wandel und Subversionsstrategie“ Anfang 2014 stramm völkische und teilweise rechtsextreme Meinungen wiederholte und sich nicht von entsprechenden Denkern oder Philosophen distanzierte. Wörtlich beschrieb ein Professor die Arbeit mit dem Urteil, sie sei nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar.

Ministeriumssprecher Jens Flosdorff hatte noch am Freitag betont, der Offizier sei während seiner achtjährigen Dienstzeit bei der Bundeswehr nicht auffällig gewesen, auch die übliche Sicherheitsüberprüfung habe keine besonderen Erkenntnisse gebracht.

Nach dem Bericht von Spiegel Online soll sich der Soldat angesichts der Reaktion der französischen, aber auch eines deutschen Professors von seinem Text mit der Aussage distanziert haben, er habe die Arbeit unter Zeitdruck geschrieben. Von den Lehrkräften wurde der Vorfall danach weder gemeldet noch weiter verfolgt.

Mit diesen Details weitet sich der bizarre Vorgang noch ein wenig mehr aus: Die These, dass ein einzelner Soldat mit extremistischer Gesinnung seine Haltung gegenüber anderen verborgen habe und er deshalb nicht zuvor auffiel, ist damit zumindest zum Teil entkräftet. Für die Bundeswehr, aber auch für das Verteidigungsministerium wird die Klärung des Vorgangs und auch die ohnehin angesetzte Durchleuchtung seines Umfelds damit um so dringender.

Nachtrag: Ein Tweet einer Berliner Politikerin der Linkspartei legt nahe, dass bei dem festgenommenen Oberleutnant eine Liste mit potenziellen Anschlagszielen gefunden wurde – und dass die Polizei die Betroffenen gewarnt hat:

(Archivbild: Abschlussfeier an der französischen Militärakademie Saint-Cyr – Foto defense.gouv.fr)