BGH entscheidet am 1. Juni über Urheberrechtsschutz für BMVg-Papiere
Ein Termin zum Vormerken: Der Bundesgerichtshof (BGH) wird voraussichtlich am 1. Juni sein Urteil verkünden, ob die Veröffentlichung von Papieren des Verteidigungsministeriums unter Berufung auf das Urheberrecht verboten werden darf. Am (heutigen) Donnerstag gab es dazu eine erste Verhandlung vor dem Gericht in Karlsruhe, die taz* war dabei:
Der Vorsitzende BGH-Richter Wolfgang Büscher ließ erkennen, weitgehend die Sicht der Bundesregierung zu teilen. „Auch das Interesse des Urhebers an der Geheimhaltung seines Werks ist geschützt“, sagte er in der Verhandlung. Das Zitatrecht passe nicht, denn es erfordere „eine Verbindung mit eigenen Gedanken“. Offen ist wohl noch, ob hier eine spezielle Abwägung mit der Pressefreiheit erforderlich ist.
Der Hintergrund des seit Jahren anhaltenden Rechtsstreits steht hier. Kurz gefasst: Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) hatte im Faksimile etliche der so genannten Unterrichtungen des Parlaments veröffentlicht, in denen das Verteidigungsministerium wöchentlich den Bundestag über die Lage in den Einsatzgebieten der Bundeswehr informiert. Dagegen klagte, noch unter dem damaligen Minister Thomas de Maizière, das Wehrressort – aber nicht wegen Verletzung der Geheimhaltung, sondern wegen Urheberrechtsverletzung. Damit wird das ein Grundsatzurteil, das für die Berichterstattung über die Bundeswehr von Bedeutung sein dürfte.
(* Deutsche Verlagswebseiten werden hier in der Regel nicht verlinkt; in diesem Fall scheint eine Ausnahme gerechtfertigt.)
@Koffer
Das Crowdsourcing von großen Datenbeständen ist eine Möglichkeit diese journalistisch zu erschließen. Es spielt keine Rolle, ob das von einem öffentlich-rechtlichen Sender oder einem Presseorgan vorgenommen wird, das wirtschaftlich orientiert ist.
Mit den Veröffentlichungen wurden letztlich auch Zeugen für einzelne Vorfälle gesucht. Darüber aufzuklären, wie gegenüber dem Parlament ein Auslandseinsatz verbal deeskaliert ist ein berechtigtes journalistisches Ansinnen.
Wenn diese Informationen den größten Anteil der Entscheidungsfindung der Parlamentarier ausmachen, dann ist das die Bankrott-Erklärung an die Prinzipien „Parlamentsarmee“. Und wenn Soldaten hier implizit argumentieren, Parlamentarier und Zivilisten hätten ohnehin keine Ahnung und müssten keine Details wissen, dann geht auch das Konzept „Staatsbürger in Uniform“ vor die Hunde.
@Daniel Lücking | 11. Februar 2017 – 13:13
„Das Crowdsourcing von großen Datenbeständen ist eine Möglichkeit diese journalistisch zu erschließen.“
Naja, ob Crowdsourcing wirklich zu (Qualitäts)-Journalismus führt, da habe ich meine Zweifel.
„Es spielt keine Rolle, ob das von einem öffentlich-rechtlichen Sender oder einem Presseorgan vorgenommen wird, das wirtschaftlich orientiert ist.“
Naja, wenn es um Urheberrecht geht, dann sind zwei Faktoren relevant: 1. geistiges Eigentum und damit verbunden auch 2. Wirtschaftlichkeitsüberlegungen.
Wie gesagt, ich halte den Ansatz der BReg für „kreativ“, also rechtsphilosophisch, bzw. rechtstheoretisch nicht für schwierig, aber wenn nichts anderes greift um die berechtigten Interessen der Exekutive zu schützen, kann man ja auch versuchen kreativ zu sein ;)
„Mit den Veröffentlichungen wurden letztlich auch Zeugen für einzelne Vorfälle gesucht.“
Aha?! Ist das so?
„Wenn diese Informationen den größten Anteil der Entscheidungsfindung der Parlamentarier ausmachen, dann ist das die Bankrott-Erklärung an die Prinzipien „Parlamentsarmee“.“
Naja, den Vorwurf müssen Sie den Parlamentariern machen, nicht der Exekutive. Wer sich schlau machen will und seine Aufgaben als Verteidigungs-, Sicherheits- oder Außenpolitiker ernst nimmt, der wird sich auch schlau machen können.
„Und wenn Soldaten hier implizit argumentieren, Parlamentarier und Zivilisten hätten ohnehin keine Ahnung und müssten keine Details wissen,“
Genau das Gegenteil wird hier argumentiert. Die meisten Soldaten die hier kommentieren fordern mehr Sachkompetenz bei politischen Entscheiden ein! Aber damit ist nicht gemeint, dass diese sich in den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der Exekutive im Rahmen eine „Micromanagement“ einmischen sollen.
Es gibt unterschiedliche Zuständigkeiten und die Bewertung von einzelnen Tagesberichten gehört nicht zu den Aufgaben des Parlaments.
Außnahmen sind natürlich konkrete Vorfälle/Tage von parlamentarischem Interesse, aber für so etwas gibt es dann ja die geeigneten Mittel der des Parlaments um an diese Informationen zu kommen (Anfragen und (Untersuchungs-)Ausschussarbeit seien hier beispielhaft genannt).
„dann geht auch das Konzept „Staatsbürger in Uniform“ vor die Hunde.“
Sorry, aber A hat mit B gar nichts zu tun. Das Konzept „Staatsbürger in Uniform“ bezieht sich nicht auf die Politiker und ihre (vorhandene oder manchmal auch nicht vorhandenen Fachkompetenz), sondern auf das Recht von Soldaten auch politisch aktiv sein zu dürfen.
Wenn es einem wirtschaftlich orientierten Unternehmen in einem solchen Fall ausschließlich um die Aufklärung geht, dann können die Unterlagen ja auf einer gecleanten Seite, ohne jegliche Verlinkung auf Zweitseiten bzw. Platzierung von Werbeblöcken durchgeführt werden. Dann hat die Öffentlichkeit uneingeschränkten Zugang und eine wirtschaftlich orientierte Presse könnte Kapital nur daraus schlagen indem es den „Informationsberg“ nach einem Goldkörnchen durchwühlt.
Wer in einem solchen Fall dann was brisantes findet, hat Arbeit geleistet und kann dafür auch Geld kassieren.
Alles andere ist Scheinheiligkeit, einen Papierberg auf der eigenen Seite zu veröffentlichen, Werbegelder zu kassieren, die „Crowd“ die Fehler suchen lassen (die Arbeit erledigen) und dann am Ende auch noch finanziell vom Veröffentlichen des Gefundenen zu profitieren.
@Daniel Lücking
Sie sollten einmal über den Unterschied zwischen Zivilcourage in Uniform und Ziviler Ungehorsam in Uniform nachdenken, das Erstere ist imho absolut legitim und sogar (überlebens)notwendig für einen Soldaten, das Zweite ist insbesondere im Einsatz (überlebens)gefährdend. Wenn ich also auf ihrer Webseite unter „The Afganistann Papres“ lese: „Ziviler Ungehorsam muss sein! “ dann beschleicht mich das dumpfe Gefühl, dass sie hier Agitation betreiben, die genau das zum Ziel hat, was sie der Bundeswehr unterstellen, nämlich die Zersetzung der Konzepte Staatsbürger in Uniform iVm der Inneren Führung indem sie ganz öffentlich die Soldaten im Einsatz zu Zivilem Ungehorsam „ermuntern“. Solche „fürsorglichen“ Kameraden wie Sie braucht kein Soldat im Einsatz.
@ klabautermann | 11. Februar 2017 – 14:15
BZ!
@Klabautermann
Sie beziehen „ziviler Ungehorsam“ auf die Inhalte und wollen das offenbar in einen soldatenrechtsrelevanten Bereich interpretieren.
Mein Blick auf die Leaks ist aber – wie im Ankündigungstext enthalten – „zivil“, denn
1. Die Dokumente sind in der Welt – und nicht wieder zurückzuholen,
2. Die Inhalte sind nach über 5 Jahren längst nicht mehr als Gefährdung zu sehen, und
3. Urheberrecht wird mit fadenscheiniger Begründung zweckentfremdet.
Mein „ziviler Ungehorsam“ richtet sich gegen die Mittel, mit denen das BMVg versucht eine öffentliche Diskussion zu unterbinden. Es ist fast schon böswillig, mir das als Aufruf zum Geheimnisverrat auszulegen.
Und ich bleibe weiterhin dabei: wenn Hierarchie genutzt wird, um Mißstände zu vertuschen oder Desinformation (egal ob Parlamentarier oder Öffentlichkeit) zu betreiben, dann muss jeder Soldat selbst entscheiden, wie das mit dem Prinzip „Staatsbürger in Uniform“ vereinbar ist.
@Daniel Lücking | 11. Februar 2017 – 14:45
„Und ich bleibe weiterhin dabei: wenn Hierarchie genutzt wird, um Mißstände zu vertuschen oder Desinformation (egal ob Parlamentarier oder Öffentlichkeit) zu betreiben“
Und wo ist das geschehen?
@Daniel Lücking
Ihre Unterstellungen und Behauptungen werden durch Wiederholung weder „besser“ noch überzeugender – also sparen Sie sich die Mühe. Das Konzept „Staatsbürger in Uniform“ ist durch die „Innere Führung“ im Konzept /grund)gesetzlich „Soldat“ konkretisiert – und das schließt afaik in keinem Fall einen „zivilen Ungehorsam“ ein.