Streit um deutschen Einsatz in Incirlik: Die nächste Runde?

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Der Streit um die Besuchsrechte deutscher Parlamentarier bei Bundeswehrsoldaten auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik droht in die nächste Runde zu gehen. Nachdem die Türkei nach längerem Geplänkel mit Bundesregierung und Bundestag einer Delegation von Abgeordneten eine solche Reise erlaubt hatte und die Parlamentarier Anfang Oktober die Basis besuchten, wird nun dem Abgeordneten Jan van Aken von der Linkspartei der Besuch offensichtlich verwehrt.

Die Details hat die Welt (Link aus bekannten Gründen nicht):

Die türkische Regierung blockiert erneut den Besuch eines Bundestagsabgeordneten auf dem Nato-Stützpunkt Incirlik. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ informierte Jan van Aken, der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, das Auswärtige Amt bereits am 12. Oktober über sein Vorhaben.
Das Amt leitete die Information an die türkischen Behörden weiter, erhielt aber bislang keine Antwort.

(…)
Außerdem sei ein Dienstreiseantrag van Akens von Bundestagspräsident Norbert Lammert abgelehnt worden.

(Ein Bericht darüber ist von van Aken via Twitter weiter verbreitet worden, das nehme ich als Bestätigung.)

Das bietet wieder genügend Zündstoff für einen Streit – mit weitreichenden Auswirkungen. Denn nach der Freigabe des Besuchs im Oktober hatte die Bundesregierung die Verlängerung (und Ausweitung) des deutschen Mandats für den Einsatz der Luftwaffe gegen die ISIS-Terrormilizen von Incirlik aus auf den Weg gebracht. Doch die Abstimmung darüber steht im Bundestag noch aus.

Van Aken will natürlich vor der Abstimmung in die Türkei reisen und lehnt deshalb laut Welt eine Verschiebung seines Besuchs ins kommende Jahr, wie von Bundestagspräsident Norbert Lammer vorgeschlagen, kategorisch ab: Wenn vor der Mandatsverlängerung etwas dringend ist, dann ja wohl zu schauen, wie es dort in Incirlik aussieht.

Und auch wenn es in diesem Fall die Linkspartei betrifft, mit der die Türkei offensichtlich ein besonderes Problem hat (die Beteiligung des Linkspartei-Verteidigungspolitikers Alexander Neu an der Delegationsreise Anfang Oktober war wohl auch erst nach einigen Auseinandersetzungen möglich): Es dürfte auch die Parlamentarier anderer Fraktionen nicht glücklich stimmen, dass die Türkei an einer restriktiven Politik gegenüber deutschen Politikern festhält. Die Frage bleibt, ob die vor drei Wochen erlaubte Reise eine Ausnahme war – oder doch, wie von der deutschen Politik angenommen, eine grundsätzliche Genehmigung, dass Abgeordnete die Soldaten besuchen dürfen, die sie in einen Einsatz geschickt haben.

(Der Irrtum, dass es sich bei Incirlik um einen NATO-Flugplatz handele, hält sich leider hartnäckig – es ist eine Basis der Türkei und der USA, nicht der Allianz. Bei der Basis Konya, die für die AWACS-Flugzeuge genutzt wird, sieht das etwas anders aus.)

Nachtrag: Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich, hat sich via Twitter zu Wort gemeldet und eine Erklärung dafür, warum der Bundestagspräsident eine Verschiebung von van Akens Reise ins kommende Jahr möchte. Das klingt eher so, als habe Lammerts Entscheidung eben keine politischen Gründe:

… und die Antwort von Jan van Aken:

 

(Archivbild Februar 2016: Die Wartungscrew überprüft den Druckspeicher für die Öffnung des Kabinendaches und der Bremsen beim Kampfjet Tornado vor dem Start des Einsatzaufklärungsflugs auf der Air Base Incirlik im Rahmen der Mission Counter Daesh – Foto Bundeswehr)