Von der Leyen beißt in Ankara auf Granit (2. Neufassung)

Verteidigungsministerin in Incirlik

Bei ihrem Besuch in der Türkei ist es Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen offensichtlich nicht gelungen, das Verbot für den Besuch deutscher Abgeordneter bei deutschen Soldaten auf der türkischen Airbase Incirlik aus der Welt zu schaffen. Nach dem Treffen der Ministerin mit ihrem türkischen Kollegen Fikrit Isik in der türkischen Hauptstadt Ankara veröffentlichte das Berliner Verteidigungsministerium am Freitagabend eine Mitteilung, in der von einem erfolgreichen Gespräch nicht wirklich die Rede ist. Das Fazit der Ministerin ist ernüchternd: Ich werde in der Bundesregierung und im Bundestag vom Besuch berichten. Gemeinsam werden wir sehen, welche weiteren Schritte unternommen können, um zu einer guten Lösung mit der Türkei zu kommen.

Zuvor hatte von der Leyen die deutschen Soldaten besucht, die von Incirlik aus Einsätze im Kampf gegen die ISIS-Terrormilizen fliegen.

Die Mitteilung des deutschen Verteidigungsministeriums im Wortlaut:

Die Bundesverteidigungsministerin ist heute Nachmittag zu einem etwa einstündigen Gespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen Fikrit Isik zusammengetroffen. Nach dem Treffen in Ankara, das in guter Atmosphäre stattfand, äußert sich Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen wie folgt:
„Ich habe heute meinem Amtskollegen nochmals meine aufrichtige Anteilnahme über die schrecklichen Terroranschläge von Istanbul ausgesprochen. Wir müssen gemeinsam gegen diesen Terror vorgehen. Wir stehen an der Seite der Türkei.
Ich habe auch dargelegt, dass es ein starkes Signal des Deutschen Bundestages war, deutsche Soldaten nach Incirlik zu senden, zuvor schon nach Karamanmaras, um gemeinsam gegen die Terrormiliz Islamischer Staat vorzugehen und um die Türkei zu schützen. Unsere gemeinsame Sicherheit ist ein hohes Gut, für dass die Bundesregierung und der Bundestag einstehen. Ich habe dargelegt, dass es wichtig ist, dass die zuständigen Abgeordneten Zugang zur Truppe – auch wieder in der Türkei haben‎.
Mein Gesprächspartner hat sich zu unser militärischen Zusammenarbeit gegen den Terror sowie in der NATO bekannt. Wir haben vereinbart, sowohl über die vielen gemeinsamen Interessen, als auch über schwierige Themen im Gespräch zu bleiben. Die nächste Gelegenheit dazu wird am Rande des NATO-Gipfels in der kommenden Woche sein.
Ich werde in der Bundesregierung und im Bundestag vom Besuch berichten. Gemeinsam werden wir sehen, welche weiteren Schritte unternommen können, um zu einer guten Lösung mit der Türkei zu kommen.“

Das ist echter Diplomatensprech – von dem Gespräch in guter Atmosphäre  (eigentlich sagt das nur, dass man sich nicht an die Gurgel ging; noch nicht mal für die sonst übliche Floskel in freundschaftlicher Atmosphäre hat es gereicht) bis zur Schlussfolgerung gemeinsam werden wir sehen, welche weiteren Schritte unternommen werden können. Von einem Entgegenkommen oder gar Zugeständnissen Ankaras, sein Verbot des Politiker-Besuchs in Incirlik aufzuheben, kann wohl nicht die Rede sein.

Genau darüber allerdings hatte die Ministerin in Ankara sprechen wollen, wie Ministeriumssprecher Jens Flosdorff vor der Bundespressekonferenz zuvor angekündigt hatte:

BPK_Incirlik_01jul2016     

 

Nachdem die türkische Regierung dem Parlamentarischen Staatssekretär Ralf Brauksiepe zusammen mit deutschen Parlamentariern den Besuch in Incirlik verwehrt hatte, sollte die Reise von der Leyens das Problem lösen. Allerdings war absehbar, dass die Türkei in diesem Fall einen harten Kurs steuert –  im Zusammenhang mit der Armenien-Resolution des Bundestages eine politische Retourkutsche des NATO-Partners.

Unter den Abgeordneten auch der Koalition war schon vor Reise der Unmut über das türkische Verhalten deutlich geworden. „Sie [von der Leyen] muss mit der Botschaft zurückkommen, dass Bundestagsabgeordnete in Zukunft die Soldaten besuchen können“, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold der Nachrichtenagentur AFP. Er drohte zugleich damit, dass es für einen möglichen Einsatz von NATO-Luftüberwachungsflugzeuge im Kampf gegen ISIS von der Türkei aus dann auch keine Zustimmung im Bundestag geben könnte. Die Besatzung der AWACS-Maschinen wird zu etwa einem Drittel von der Bundeswehr gestellt.

Ein Hinweis auf ein aktuell veröffentlichtes Interview der Bundeswehrmedien mit dem deutschen Kontigentführer in Incirlik, Oberst Holger Radmann: „Wir arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen“

(Foto: Begrüßung von der Leyens in Incirlik am 1. Juli 2016 durch den deutschen Kontingentführer Oberst Holger Radmann sowie Vertreter der Türkei und der USA – Bundeswehr/Jürgen Sickmann)