Im Wortlaut: von der Leyen und Assads Truppen (mit Nachtrag)

Weil die (politische) Debatte schon begonnen hat, schnell die Dokumentation: Was hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eigentlich gesagt zu einer möglichen Zusammenarbeit mit syrischen Truppen im Kampf gegen ISIS?

Der Wortlaut des Interviews von Thomas Walde mit der Ministerin im ZDF am (gestrigen) Sonntagabend:

Frage: Wie ist Ihre politische Strategie? Was soll nach den Bomben kommen?

Antwort: Die politische Strategie hat schon begonnen…, nämlich der gesamte Prozess von Wien für Syrien, wo alle Nationen, die dort an dem Konflikt beteiligt sind, an einem Tisch sitzen, sogar Saudi-Arabien und der Iran. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag, um gemeinsam festzulegen, wie wir den IS bekämpfen wollen, aber vor allem auch wen wir schützen wollen. Und die zweite politische Strategie im Irak ist seit vielen Monaten erfolgreich, nämlich die Stabilisierung der Zentralregierung. Hier ist Deutschland maßgeblich auch wieder in der Stabilisierung der rückeroberten Gebiete, zum Beispiel Tikrit, beteiligt.

Frage:… Wenn in dieser Woche der französische Außenminister anregt, man könne… als Bodentruppen die Assad-Truppen möglicherweise verwenden, ist so etwas eigentlich mit Ihnen dann abgesprochen, oder ist das Verwirrung unter Verbündeten?

Antwort: In diesem Wiener Prozess ist klugerweise, weil so viele widerstreitende Meinungen da sind, ein gemeinsamer Fahrplan entwickelt worden, wie man die einzelnen Probleme besprechen will. Und man hat zurecht gesagt, wir wollen eine Übergansphase, weg von Assad, aber die Staatlichkeit in Syrien erhalten. Deshalb ist es richtig, über die syrischen Truppen zu sprechen, wenn klar ist, wenn diese Übergangsphase in Kürze begonnen hat, was mit Assad geschieht. Dann muss das neu bewertet werden.

Frage: Das heißt, was die Franzosen da gesagt haben, ist auch Ihre Position?

Antwort: Die Franzosen haben ja zweierlei gesagt. Mein Position ist, es wird keine Zukunft mit Assad geben. Das ist klar. Deshalb ist die Übergangsphase so wichtig. Aber es gibt Teile der Truppen in Syrien, die man sehr wohl – wie in dem Beispiel Irak, wo ja erfolgreich die Ausbildung der lokalen Truppen stattgefunden hat – hier auch nehmen kann.

Frage: Bleibt doch aber als Befund…, dass es keine gemeinsame politische Strategie gibt. Kann man dann deutsche Truppen guten Gewissens dorthin schicken?

Antwort:… Wir sind ja nicht ganz neu in diesem Konflikt dabei, sondern wir sind ja im Nordirak seit mehr als einem Jahr. Der Einsatz ist erfolgreich. Die Peschmerga haben Gebiete zurückgewonnen. Es zeigt sich in diesen Tagen ja auch, sie haben Sindschar wiedererobert, die Massengräber, die sie dort entdecken, zeigen ja eben auch, dass der IS gestoppt werden muss.

Frage:… Müsste nicht eigentlich das zuerst kommen, dass man… erst eine gemeinsame Strategie verabschiedet und dann Truppen in den Kampf schickt…?

Antwort: Aber es ist doch gut, dass der parallele politische Prozess mit aller Kraft jetzt und mit großen Schritten voran auch getrieben wird. Denn der IS lässt sich nicht einfach durch Worte stoppen. Ich finde es absolut richtig, dass man dieses Massakrieren der Bevölkerung, das ja nachweislich stattgefunden hat und nach wie vor stattfindet, nicht einfach anschauen kann und sagen kann, daneben machen wir nur einen politischen Prozess. Ich möchte einen Punkt nochmal sagen: es sind auch die Gipfelbeschlüsse von Antalya, die Finanzquellen des IS austrocknen, zum Beispiel, unendlich wichtig.

Frage:… Wie groß ist die Gefahr, dass da keine gemeinsame Strategie bei rumkommt und die Truppen dann aber schon im Kampf stehen?

Antwort: Nach den bitteren Erfahrungen der letzten Jahre ist eben allgemein die Erkenntnis gewachsen, dass keiner alleine das Problem drehen kann, sondern dass… wir nur gemeinsam eine Lösung finden. Und so schlimm es ist: in dem Schrecklichen ist das das Gute.

Nachtrag: In ihrer Rede bei einem Festakt zum 60-jährigen Bestehen der Bundeswehr in Hannover hat von der Leyen am Montagnachmittag ihre Aussage zu den syrischen Truppen, nun, präzisiert. Aus dem vom Verteidigungsministerium veröffentlichten Redetext:

Damit dass klar ist: Eine Zukunft mit Assad wird es nicht geben. Und eine Zusammenarbeit mit Truppen unter Assads Kommando wird es auch nicht geben. Für die Tatsache, dass er seine Bevölkerung mit Fassbomben und Giftgas wird er sich eines Tages verantworten müssen.

(Muss vermutlich heißen: Für die Tatsache, dass er seine Bevölkerung mit Fassbomben und Giftgas angreift, wird er sich eines Tages verantworten müssen.)