Deutsche Kriegsschiffe bereit für Einsatz in EU-Aktion gegen Schleuser im Mittelmeer

Die Fregatte F216 SCHLESWIG-HOLSTEIN läuft in den Hafen von Djibouti ein. ©Bundeswehr/Piz EinFüKdo

Die beiden Schiffe der Deutschen Marine, die zur Seenotrettung von schiffbrüchigen Migranten und Flüchtlingen ins Mittelmeer geschickt wurden, liegen in diesen Tagen im Hafen von Augusta auf Sizilien. Das hat nicht nur damit zu tun, dass die Besatzungen der Fregatte Schleswig-Holstein und des Tenders Werra nach den Rettungsaktionen der vergangenen Tage (siehe unter anderem hier) eine Ruhepause verdient haben – sondern vor allem mit der neuen EU-Marinemission Eunavfor Med (European Naval Forces Mediterannean). Denn für diesen Einsatz brauchen beide Schiffe neue Kommunikationstechnik: Für eine EU-Mission müssen andere Verbindungsmöglichkeiten eingebaut werden als für die üblichen Einsätze im NATO-Rahmen.

Ziel dieser EU-Mission ist zunächst die Aufklärung – und spätere Unterbrechung – der Aktivitäten der Schleuser, die die Flüchtlinge übers Mittelmeer bringen, als europäische Antwort auf den Zustrom nach Europa. Seit dem 30. Juni 1500 Uhr sind die Schleswig-Holstein und die Werra Eunavfor Med unterstellt, und damit hat sich auch ihre Aufgabe gewandelt: Auch wenn die Seenotrettung im Portfolio bleibt – erster Auftrag wird nun die Aufklärungsmission.

Der Rat der EU-Außenminister hatte die Mission zur Zerschlagung der Schleusernetze im Mittelmeer bereits im Mai beschlossen:

Der Rat hat sich heute darauf geeinigt, eine EU-Militäroperation (EUNAVFOR MED) einzurichten, um das Geschäftsmodell der Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetze im Mittelmeer zu zerschlagen.  Dieser Beschluss, der eine Komponente der umfassenden Reaktion der EU auf die Herausforderung durch die Migration ist, wird es ermöglichen, die operative Planung der Marineoperation offiziell aufzunehmen.
Die EUNAVFOR MED wird in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen und im Einklang mit den Anforderungen des Völkerrechts durchgeführt.  Die Planung der Operation und die erste Phase der Beobachtung und Prüfung von Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetzen im südlichen zentralen Mittelmeer werden schnellstmöglich durchgeführt. In der zweiten und dritten Phase der Operation würden die an Bord befindlichen Gegenstände der Schleuser in Einklang mit dem Völkerrecht und in Partnerschaft mit den libyschen Behörden durchsucht, beschlagnahmt und zerstört.

Ob und wann die zweite und dritte Phase kommen wird, ist noch ziemlich offen. Aber die erste Phase der Militäroperation der Europäischen Union im südlichen zentralen Mittelmeer wurde formal am 22. Juni gestartet, und Deutschland hat dafür genau die Marineeinheiten gemeldet, die ursprünglich nur mit der Aufgabe Seenotrettung ins Mittelmeer entsandt wurden. Da wird es eine interessante Frage, ob der Hauptauftrag Aufklärung mit dem – nach dem Seerecht immer vorhandenen – Auftrag der Seenotrettung möglicherweise in Konflikt gerät, wie schon hier debattiert.

Die Schleswig-Holstein und die Werra haben auch die ganz praktische Herausforderung, gleich mit zwei Operationszentralen kommunizieren zu müssen: Dem Hauptquartier von Eunavfor Med in Rom, geleitet vom italienischen Konteradmiral Enrico Credendino. Und der Leitstelle des maritimen Rettungszentrums, ebenfalls mit Sitz in Rom. Die beide unterschiedliche Aufgaben haben – der eine Aufklärung, der andere Rettung.

Neben dem Hauptquartier des maritimen Einsatzes in der italienischen Hauptstadt gibt es auch ein Force Headquarters, ein taktisches Hauptquartier. Das ist auf dem italienischen Flugzeugträger Cavour eingeschifft und untersteht dem italienischen Flotillenadmiral Andrea Gueglio.

(Die Order of Battle, also die Zusammensetzung von Eunavfor Med, steht wohl noch nicht so ganz fest – bekannt ist bislang nur, dass sich Großbritannien mit dem Forschungsschiff HMS Enterprise und einem Hubschrauber beteiligt und damit vor allem seine Rettungskapazitäten, die das bislang eingesetzte Landungsschiff HMS Bulwark bot, deutlich reduziert hat. Geplant ist der Einsatz von Schiffen, Flugzeugen und auch Drohnen von insgesamt 14 Nationen.)

An Bord der Cavour sind auch deutsche Verbindungsoffiziere, ebenso im Hauptquartier in Rom. Der deutsche Verband wird von Kapitän zur See Thorsten Mathesius geführt, die Schleswig-Holstein kommandiert Fregattenkapitän Marc Metzger und die Werra Korvettenkapitän Stefan Klatt.

Das Einsatzgebiet von Eunavfor Med reicht von der italienischen Küste im Norden bis zur Küste Libyens im Süden, ausgenommen sind die libyischen Hoheitsgewässer. Im Westen reicht die Area of Operations bis Sardinien, im Westen Osten bis zur griechischen Insel Kreta – also ziemlich genau der Ausschnitt auf dieser Karte:

eunavfor-Med_augusta

Nachtrag: Die Rettung von Schiffbrüchtigen geht natürlich derweil weiter, auch wenn es hierzulande keine Schlagzeilen macht.

(Archivbild 2010:  Die Fregatte Schleswig-Holstein läuft im Rahmen der EU-Antipirateriemission Atalanta vor Somalia in den Hafen von Djibouti ein – Bundeswehr/Piz EinFüKdo; Karte: OpenStreetMap)