NATO-Generalsekretär: ‚Wir können aus weniger nicht mehr machen‘

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NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Deutschland aufgerufen, wie andere Staaten des Bündnisses seine Zusage einzuhalten, den Verteidigungshaushalt langfristig auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben. In Wales haben wir entschieden, die Einschnitte zu stoppen und die Ausgaben schrittweise zu erhöhen, um innerhalb eines Jahrzehntes das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen. Niemand erwartet, dass Deutschland das innerhalb eines Jahres tut, sagte Stoltenberg in einem Interview der Süddeutschen Zeitung (Montagausgabe). Wir erwarten, dass Deutschland die Kürzungen stoppt und stufenweise erhöht. Ich begrüße die Ankündigung, dass Deutschland nächstes Jahr damit beginnen will, seine Investitionen in die Verteidigung zu erhöhen.

Stoltenberg wandte sich gegen die von der Bundesregierung wiederholt vorgebrachte Argumentation, die deutschen Verteidigungsausgaben seien auch bei einem geringeren Anteil am Bruttoinlandsprodukt wegen ihrer  Effektivität anders zu bewerten. Das ist sicher wichtig, aber langfristig können wir aus weniger nicht mehr machen. Wir haben uns zu effizienteren Verteidigungsausgaben bekannt, aber eben auch zu höheren, betonte der NATO-Generalsekretär. Der frühere norwegische Finanzminister verwies darauf, dass er in den 1990-er Jahren die Kürzung des Verteidigungshaushalts in seinem Heimatland betrieben habe. Das sei aber eine andere Situation gewesen: Wenn die Spannungen abnehmen, ist es richtig, die Verteidigungsausgaben zu senken. Wenn sie wieder zunehmen, müssen wir aber in der Lage sein, sie wieder zu erhöhen. 

Der höchste zivile Repräsentant der Allianz wies in dem Interview die Einschätzung zurück, die NATO habe durch aggressives Verhalten Russland zurückgedrängt. Nach dem Ende des Kalten Krieges haben Deutschland und alle anderen Alliierten große Anstrengungen unternommen, um Russland einzubeziehen und eine strategische Partnerschaft zu begründen. … Wir haben uns wirklich um ein kooperatives Verhältnis zu Russland bemüht, aber das muss auf einem Minimum an Respekt fußen. Wenn du die Grenzen deines Nachbarn verletzt, geht das Vertrauen verloren, sagte Stoltenberg. Die Osterweiterung des Bündnisses sei zudem kein gegen Russland gerichteter Akt gewesen, sondern eine legitime demokratische Entscheidung der jeweiligen Länder. Es waren die Völker Polens, Litauens, Lettlands, und Estlands, die der Nato beitreten wollten, betonte der Generalsekretär.  Hätten wir sagen sollen: Das erlauben wir euch nicht, weil ihr euch in einer Region befindet, die Russland als Interessensphäre betrachten möchte?

(Foto: Stoltenberg nach der Übung Noble Jump der Very High Readiness Joint Task Force am 18. Juni in Zagan/Polen – NATO Photo)