Sturm ums Gewehr G36: Die Wochenend-Übersicht

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Seit dem vergangenen Freitagabend (17. April) liegt der von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Auftrag gegebene neue Bericht zu den Problemen mit dem Sturmgewehr G36 vor – wenn auch erstmal nur als Verschlusssache für die Bundestagsabgeordneten. Für alle Leserinnen und Leser, die das Wochenende vernünftigerweise nicht mit Computer oder Smartphone verbracht haben, hier eine kurze Übersicht über die seitdem aufgelaufenen Informationen:

• Das Bundeswehr-Standardgewehr G36 ist nur bedingt einsatztauglich und sollte schnellstmöglich durch ein neues Modell ersetzt werden. Eine Neubeschaffung werde jedoch Jahre dauern, so dass die Truppe noch auf längere Zeit mit dem G36 ausgerüstet bleiben muss. Zu dieser Einschätzung kommen Experten aus den Streitkräften.

Der Bericht zum G36: Nur eingeschränkt einsatztauglich, aber ohne Alternative

• Der Mehrheitseigentümer der Herstellerfirma Heckler&Koch, Andreas Heeschen, hat den Schlussfolgerungen in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) vehement widersprochen:

Es kann einfach nicht sein, dass nun nach zwanzig Jahren entdeckt wird: Das Gewehr taugt nichts. (…) Was wir herstellen, ist zu hundert Prozent einsatzfähig.

• Heeschen wies zugleich einen Bericht des Spiegels zurück, dass interne Dokumente des ehemaligen Bundesamts für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) den Verdacht nahelegten, dass BWB-Beamte und Mitarbeiter von Heckler&Koch bei der Qualitätskontrolle des Problemgewehrs G36 über Jahre Vorschriften missachtet haben.

• Am Sonntag veröffentlichte Heckler&Koch seine inzwischen fünfte Pressemitteilung zum G36 seit Ende März. Auf die grundsätzliche Aussage in dem BMVg-Bericht ging das Unternehmen darin nicht ein, warf aber erneut Mitarbeitern der Wehrtechnischen Dienststelle 91 der Bundeswehr vor, das G36 falsch untersucht zu haben. Zudem sei fehlerhafte Munition die Ursache für mögliche Probleme.

Sonntags-Reaktion von Heckler&Koch: Es ist nicht der Kunststoff

• Nach einer Übersicht der Deutschen Presse-Agentur haben mehrere Nutzerstaaten des G36 außerhalb Deutschlands keine Probleme mit dem Sturmgewehr – auch nicht die kurdischen Peshmerga-Kämpfer, die 8.000 dieser Waffen erhalten haben. (Bei den Spaniern, deren Streitkräfte ebenfalls das G36 nutzen, hat dpa offensichtlich nicht gefragt. Aber ich hatte bereits vor einer Woche Kontakt mit dem Fachkollegen Esteban Villarejo von der spanischen Zeitung ABC aufgenommen: Auch in Madrid war nichts von Problemen bekannt.)

• In den nächsten Tagen dürfte das Thema G36 für eine politische Debatte gut sein, die die Opposition schon mal für die nächste Verteidigungsausschuss-Sitzung angekündigt hat:

(Foto: Lettischer Soldat des Baltic Bataillon mit G36 – Foto: NATO/Miks Uzans)