Karfreitagsgefecht vor fünf Jahren: Der Wendepunkt für die Truppe?
Vor genau fünf Jahren, am 2. April 2010, fielen in dem Dorf Isa Khel bei Kundus nach stundenlangen heftigen Feuergefechten drei deutsche Soldaten: Hauptfeldwebel Nils Bruns, 35, Stabsgefreiter Robert Hartert, 25, Hauptgefreiter Martin Augustyniak, 28. Mehrere ihrer Kameraden wurden bei diesem Karfreitagsgefecht schwer verwundet, haben es aber zum Teil wieder zurück in den aktiven Dienst geschafft. Zwei wurden sogar, trotz ihrer Verwundung, später Berufssoldaten.
Eine kurze Zusammenfassung, die ich für die Chronologie Zehn Jahre Kundus geschrieben hatte:
Der Kampf zur Vertreibung der Aufständischen aus Char Darreh kulminiert für die Bundeswehr am Karfreitag 2010. In der Ortschaft Isa Khel geraten deutsche Soldaten in einen Hinterhalt; es folgt ein stundenlanges Gefecht. Mehr als 25.000 Schuss geben die Deutschen während dieses Gefechts ab. In dem Schusswechsel fallen Hauptfeldwebel Nils Bruns, Stabsgefreiter Robert Hartert und Hauptgefreiter Martin Kadir Augustyniak. Mehrere Soldaten werden teils schwer verwundet.
Für die Aufständischen ist das Karfreitagsgefecht ein Propagandaerfolg – nicht nur wegen der deutschen Gefallenen. Die Bundeswehr muss einen angesprengten und fahrunfähigen Dingo zurücklassen. Zwar hatten die Soldaten ihn zuvor noch gesprengt, damit kein wichtiges Material in die Hand des Gegners fällt. Doch die Aufständischen posieren für die internationale Presse vor dem brennenden Fahrzeug. Das Bild läuft weltweit.
Monate später gelingt es der Bundeswehr, bei weiteren Gefechten in Char Darrah die Aufständischen zurückzudrängen – und die Reste des gesprengten Dingo zu bergen. (Siehe Foto oben; über die Gefechte berichtet der ehemalige Fallschirmjäger Johannes Clair in seinem Buch Vier Tage im November.) Im Gegensatz zu dem Erfolgsbild der Aufständischen vor dem brennenden Fahrzeug bleibt dieses Bild jedoch lange Zeit unter Verschluss.
Das Gefecht nur wenige Kilometer von Kundus und dem deutschen Feldlager dort entfernt wird seitdem in der Truppe immer wieder debattiert – nicht nur wegen der Gefallenen, sondern auch, weil es das vermutlich härteste Gefecht der Bundeswehr seit ihrem Bestehen war. Wie die taktische Lage sich abzeichnete, ob eine Panzerhaubitze in Kundus (die es damals noch nicht gab) oder eigene bewaffnete Drohnen die Lage geändert hätten.
Ich kann nicht beurteilen, ob das letztendlich alles schon intern aufgearbeitet wurde und wie die lessons learned aussehen. Ich weiß nur, dass das Karfreitagsgefecht für die Truppe ein größerer Wendepunkt war als für die deutsche Öffentlichkeit. Denn die sah und sieht vor allem im Luftangriff bei Kundus am 4. September 2009 den Punkt, an dem klar wurde, dass die Bundeswehr am Hindukusch nicht zum Brunnenbohren unterwegs war – mit allen Konsequenzen, die nach wie vor sehr unterschiedlich beurteilt werden.
Es ist wichtig, sich an dieses Gefecht und an die Gefallenen zu erinnern (und gerne sammele ich Berichte zu dem Ereignis selbst in den Kommentaren – mein eigenes Archiv ist an der Stelle äußerst lückenhaft, weil mein früheres Focus-Blog zu der Zeit bereits abgeschaltet war). Vielleicht ist aber heute nicht der Tag, über fehlende lessons learned zu diskutieren oder die Frage, ob die jetzt zugegebenen Probleme mit dem G36 an jenem Tag eine Rolle gespielt haben.
Bundeswehr-Berichte zum Karfreitagsgefecht, fünf Jahre danach hier und hier.
Nach längerer Zeit hatte ich mal Gelegenheit, diesen Kanal einen Abend mir anzusehen.
Ich fand die Beträge am 01.04.2015 für die gesamte Sendezeit informativ.
Das Karfreitagsgefecht, vor nun gut fünf Jahren im Dorf Isa Khel bei Kundus, wird in dem Bericht, den ich verfolgen konnte, nicht hervorgehoben.
Wer sich die Zeit nehmen will; hier der Weg zum öffentlich rechtlichen zdfinfo
http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag/video/2368428/Abrechnung-mit-Afghanistan
@T.W.:
„Ich kann nicht beurteilen, ob das letztendlich alles schon intern aufgearbeitet wurde und wie die lessons learned aussehen.“
Eine umfassende Auswertung gibt es meines Wissens nicht, da dies zu viele Fehler der höheren Führung offenbart hätte. Entsprechende Versuche an der Basis wurden daher abgeblockt.
Der Gipfel der „Fehlerkultur“ der Bundeswehr.
@ memoria
es fehtl aber offensichtlich auch an interesse bei institutionen die ex officio eine solche untersuchung durchführen könnten ohne durch befehlskette daran gehindert werden zu können.
Wehrbeautragter/Initiative durch Verteidigungsausschuss/ auch der Bundeswehrverband könnte m.E. mehr leisten als Verdi in Flecktarn.
immer wieder faszinierend wie intensiv sich der apparat mit eher periphären themen beschäftigen kann (sozialleistungen/genderquoten/kita) die evaluation der primärfähigkeit und des daseinszwecks „anwendung phyischer gewalt zwecks willensdurchsetzung“ aber unterlässt
(@ T.W. darf ich mir eigentlich begründete hoffnungen machen fürderhin aus der vorzensur entlassen zu werden ;-) ?)
Die Ereignisse vom Karfreitag 2010 haben mit Sicherheit viel Aufsehen erregt und werden auch in Zukunft wahrscheinlich als bekanntestes Einzelgefecht der Bundeswehr in Afghanistan in Erinnerung bleiben.
Für die Bundeswehr an sich,als „lessons learned“, scheint sich aus meiner Sicht leider wenig geändert zu haben.Das mag auch damit zutun haben,dass man auch auf deutscher Seite dazu Fehler eingestehen müsste. Denn diese scheint es zweifelsohne gegeben zu haben.Ich persönlich war am diesem Gefecht nicht beteiligt,gleich als Feststellung.Jedoch lässt sich durch Gefechtsberichte (z.B. das Buch Feindkontakt),aber für mich persönlich vor allem durch Gespräche mit direkt beteiligten,und auch bloße Zahlen (25.000 Schuss,deutsche Kräfte in der zweiten Phase) solch ein Rückschluss ziehen.
Das ist auch nicht wirklich verwunderlich und soll erst recht keine Verurteilung sein.Die Kameraden hatten bereits vorher Gefechte erlebt,sind aber zumindest zum Teil von den Ereignissen überrascht worden.
Eine genaue,ehrliche Analyse der Ereignisse wäre für die zukünftige Ausbildung innerhalb der Bundeswehr durchaus wünschenswert.Viele Kameraden die dort oder zu anderer Zeit an Gefechten teilgenommen haben,haben die Bundeswehr mittlerweile wieder verlassen.
Ich möchte nochmal ausdrücklich darauf hinweisen das ich damit nicht die beteiligten Kameraden kritisieren will.Es wurden an diesem Tag bestimmt mehr als genug hervorragende Leistungen erbracht.Aber man muss (sollte) bei dieser Anzahl an Verlusten auch Rückschlüsse ziehen.Dieses ist nach meinem persönlichen Empfinden nicht geschehen.
Zum Abschluss gilt mein Mitgefühl den Angehörigen der Gefallenen und den beteiligten Soldaten allgemein.
Meines Wissens nach gab es keine offizielle Auswertung des Gefechts auf höherer Führungs- und Verantwortungsebene. Über das warum möchte ich nicht spekulieren.
Aber ich weiß (ich diente sowohl in der besagten Kompanie als auch dem Bataillon), das es in der „Schlammzone“, also konkret in Seedorf, neben der Trauerarbeit auch auf diversen Führungsebenen Auswertungen gab.
Und es ist so, das durch Teile des damals direkt beteiligten FüPers im Anschluss durchaus sehr selbstkritisch Bilanz gezogen wurde und auch entsprechende Schlüsse für die Ausbildung gezogen wurden. Weiterhin wurde auch Wert darauf gelegt, das da Keiner der Landser oder Unterführer in einen vermeintlichen „Heldenstatus“ abhebt und die erkannten Ausbildungsmängel dezidiert angegangen werden.
Aber das alles ersetzt aber leider nicht die sicherlich auch nötige und potentiell gewinnbringende Aufarbeitung auf der Ebene PRT, RC N und EinsFüKdo. Leider!
Bei allem Respekt das dieser Tag der Trauer gehört, habe ich eine Verständnis Frage. 25000 Schuss – ein Soldat hat 60_100 Schuss am Mann, wie ist diese hohe Zahl zu erklären? Nachschub gab es ja glaube ich nicht.
Wenn ich mir die Verluste dieses Tages vor Augen führe und dann daran denke, dass als markanteste Konsequenz daraus der Spruch :“Treue um Treue“ verboten wurde, überkommt mich eine große Bitterkeit.
Aber das ist dann wohl das logische Ergebnis, wenn einem Großteil der Bevölkerung politisch korrekte Traditionspflege wichtiger ist als tote Soldaten.
Hat das Gefecht noch einen anderen Namen? Ich suche nach einer „Draufsicht“, also Beschreibung des Ablaufes, des Umfelds und Vorgehens, im Internet, werde aber nicht wirklich glücklich. Ich finde nur einige allgemeine Faktensammlungen (wie der Text von TW) oder Schilderungen aus Sicht der beteiligten Soldaten. Hat jemand einen Link? Danke.
@ Rico:
Such mal bei YouTube unter „Der Krieg bleibt“ (Es müssten 4 Teile sein) Das ist eine Doku mit vielen Originalaufnahmen, ansonsten der Afghanistan Blog „Anschlag am Karfreitag – Erlebnissbericht eines Soldaten“
Da sind die groben Abläufe geschildert.
Es gab zumindest zeitweise Lessons-Identified-Dokumente in der Bundeswehr (ich weiss nicht mehr genau von welcher Dienststelle), die durchaus hilfreich waren, aber kaum an die verteilt wurden, die damit taktisch etwas hätten anfangen können. Die Dokumente enthielten Beobachtungen aus dem Einsatz und praktische Folgerungen, ungefähr im Stil des leider zensierten „Einsatznah ausbilden“.
@Hutzel: Dem Großteil der Bevölkerung ist die Traditionspflege in der BW völlig egal. Solange die Truppe nicht in SS-Verehrung versumpft, interessiert sich außerhalb kleiner obsessiver linker Zirkel keine Sau dafür.
Was die Bevölkerung viel eher ärgert, ist, wenn eine schweineteure Truppe mit Besenstielen statt Kanonen ins Manöver fährt und man aus der Presse erfährt, daß es zugunsten utopischer Weltverbesserungsideen keine funktionierende Landesverteidigung mehr gibt. Abgesehen davon, daß die Weltverbesserungsutopien auch alle im im Desaster enden.
@Max lbl
Es gab (gibt?) die Schriften „Aus dem Einsatz lernen“ vom Dezernat Einsatzauswertung Heer im damaligen Heeresführungskommando. Ich habe hier noch ein Exemplar aus 2012 liegen, das ich mal in der OSH bekommen habe. Seitdem habe ich allerdings keines mehr gesehen (kann aber auch an meiner derzeitigen Dienststelle liegen, die Schriften sind halt weniger akademisch ;) )
Ob die derzeit noch weiter herausgegeben weren entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich finde dieses Heft eigentlich ganz gut gemacht. Kurze konkrete Lagebeispiele mit Auswertung und auch Verweise auf internationale Lessons learned (in meinem Heft USA/UK) sowie Hinweise auf entsprechende Intranet-Inhalte.
@Ungedienter
Ein Infanterist in Afghanistan hatte zum damaligen Zeitpunkt ungefähr 6 bis 8 Magazine für das G36 dabei. Macht bei 30 Patronen pro Magazin also irgendwas zwischen 180 und 240 Patronen pro Soldat.
Das sind wie gesagt nur grobe Werte,aber auf jeden Fall deutlich mehr als 60-100 Patronen.
Zitat des damaligen Kompaniechefs aus dem bereits genannten „Feindkontakt“ :
„Die Kompanie war abgekämpft,nahezu 90% der mitgeführten Munition waren verschossen..“
@Ungedienter
Soweit ich weiß hatten die Soldaten die draußen unterwegs waren zwischen 240 und 300 Schuß dabei.
@califax:
Naja gut. Ich will jetzt hier keine Grundsatzdiskussion über Politik und Gesellschaft vom Zaun brechen. Ich war jedenfalls erfreut als die Nachricht über die Beschaffung von Kampfdrohnen kam. Hätten die Jungs damals einen bewaffneten Vogel über sich gehabt, wäre die Sache vielleicht besser ausgegangen.
Vielleicht ist man ja doch noch in der Lage vernünftige Entscheidungen ohne ideologische Scheuklappen zu treffen. Ein kleiner Lichtblick war es zumindest.
Ein bitterer Tag! Damals vor fünf Jahren – heute immer noch. Ich verneige mich vor diesen Kameraden!
Treue um Treue!
Auf das euer Opfer nie vergessen wird in einem Krieg ohne Gewinner ohne Sinn und ohne Akzeptanz. Von den eigenen Verbündeten Kräften im Stich gelassen von der Gesellschaft verraten denn kaum einen interessiert es was man als Soldat aufgibt um der Gesellschaft etwas zurückzugeben.
@Fox11
So richtig verstehe ich nicht, was Sie mit von den eigene Verbündeten Kräften im Stich gelassen sagen wollen. Es ist zumindest missverständlich.
@Hutzel:
Politik ohne Ideologie wird es niemals und irgendwo geben. Aber was nicht nur hier sondern in vielen anderen politischen Diskussionen auch nicht verstanden wird: Die breite Masse der Bevölkerung ist mit der repräsentativen Demokratie genau deshalb einverstanden, weil es die Alltagsweisheit aus dem Beruf auf die Politik überträgt – Arbeitsteilung funktioniert, wenn man Leute erstmal in Ruhe ihr Ding machen läßt und sie feuert, sofern es auf Dauer nicht klappt.
Soldaten machen ihr eigenes Ding mit Tradition und Blut und Ehre und Waffen. Wenn das klappt, interessiert sich keine Sau dafür.
Wenn es trotz Milliardenkosten nicht klappt, wird man aufmerksam und möchte, daß der Laden seine Probleme behebt.
Da werden Soldaten genauso behandelt wie Regierungen.
Die ideologischen Utopien der Politik mit Pazifismus, Interventionismus, Isolationismus, EUropismus, Nationalismus, Ökologismus, Blahfuselismus sind den Leuten völlig wurscht. Kein normaler Mensch hat Zeit und Energie sich damit zu befassen.
Man wählt schlimmstenfalls Leute, damit die den Sauladen in Ordnung halten, meistens aber nur jemanden, der hoffentlich schlimmeres verhindert.
Das hat nichts mit Volksverblödung oder Desinteresse zu tun sondern mit Arbeitsteilung. Man kann einfach nicht für alles auf der Welt ein Experte sein. Man muß irgendwem das Vertrauen und ein Mandat geben.
Seit meiner Zeit beim Bund und bis heute ist mir unerklärlich, warum eine derart massive Fähigkeitslücke im Bereich von Kampfhubschraubern besteht.
Im Artikel wird die „Show of Force“ von Kampfflugzeugen beschrieben, welche nicht in das Gefecht eingreifen konnten. Schön und gut, aber ein einziger Tiger in der französischen Version – von einem Apache Block III wage ich gar nicht mal zu träumen – hätte das Gefecht beendet.
Es ist einfach nur traurig.
Ein Expertenteam unter Federführung einer wehrtechnischen Dienststelle im Emsland hat den Vorfall untersucht. Hieß mal abgekürzt ETAV. Im Geheimarchiv des Ministeriums liegt sicher ein entsprechender Abschlussbericht. Hoffentlich ausgewertet.
@Hutzel
…..und genau das wäre nicht der Fall gewesen.
Wurde mit einem Angriff gerechnet?
Wenn ja, warum waren keine Hubschrauber für CAS in der Nähe?
Wenn nei, wäre auch die Drohne nicht bewaffnet gewesen?
War eine ISR Drohne über dem Gefecht?
Welches Flugprofil hat sie gehabt?
Welches Flugprofil wird für CAS benötigt?
Wie weit waren die Talib von unseren Truppen entfernt?
Welchen Gefahrenbereich hätten die Wirkmittel der Drohne gehabt?
Warum stellte der Bundestag keine Kampfflugzeuge für CAS ab?
Hätte er bew Drohnen freigegeben?
@elbarnderos und Alf, danke für die Antwort. Die von mir genannten Zahlen stammten aus einem Artikel der Zeit. Trotzdem bleibt eine Lücke, oder ist die restliche Munition als Verbrauch der Waffen der Fahrzeuge anzusehen?
Die Bundeswehr hat selbst zum 5. Jahrestag berichtet und erinnert. Siehe zB:
[Die jeweiligen Links sind oben schon im Eintrag, oder? außerdem verlinken Sie nur auf die Bw-Startseite, das bringt uns auch nicht weiter. Wg. der komplizierten Bw-Links außerdem dieser Hinweis. T.W.]
1. Schön fand ich, daß selbst die Bildzeitung an die deutschen Opfer des Karfreitagsgefechs erinnert hat.
2. Was den Ablauf des Gefechts angeht, ist auffällig, das kaum was im Internet dazu zu finden ist und die Darstellung scheint mir widersprüchlich. Zum einen wird gesagt, es habe Artillerie gefehlt, anderseits waren F 16 im Einsatz, die die Taliban aber nur überfliegen konnten und nicht bomben konnten angeblich um nicht auch die deutschen Soldaten zu gefährden. Dies scheint mir ein Widerspruch zu sein, weil wenn es Ziele für die Artillerie gegeben hätte, dann hätte es eigentlich auch Bombenziele für die F 16 geben müssen. Da stellt sich für mich die Frage, ob die F 16 nur aus Angst vor einem zweiten Kundus-Zwischenfall nicht eingreifen durften?
3. Die Kampfhubschrauber waren wohl mit der Deckung der Evakuierung verwundter deutscher Soldaten beschäftigt. Deshalb stellt sich hier für mich die Frage, ob hier nicht die A 10 das optimale Flugzeug gewesen wäre, um die Talibankämpfer zu bekämpfen mit der Revolverkanone, die zu Nahe an den BW-Soldaten waren um Bomben abwerfen zu können?
4. Ich vermute, daß es keine offizielle Aufarbeitung des Gefechts gibt, weil die deutsche Politik dann eingestehen müsste, die deutschen Soldaten mit unzureichender Bewaffnung in den AFG-Einsatz geschickt zu haben. Denn wenn die deutschen Soldaten 25.000 Schuß abgegeben haben, dann denke ich, daß den deutschen Soldaten nicht nur Panzerhaubitzen gefehlt haben, sondern auch Marder Schützenpanzer oder Leopard Kampfpanzer hilfreich gewesen wären zur Feuerunterstützung und vermute mal, daß es auch an Granatwerfern und Mörsern gefehlt hat oder zu wenige vor Ort waren?
Weiß denn jemand hier, was die Soldaten für Waffen, außer G 36 und dem Dingo dabei hatten?
5. Die Luna Drohne war ja wohl im Einsatz dabei, aber keine Kampfdrohen waren vor Ort.
Ich musste vor ein paar Tagen bereits an den heutigen Tag und das Gefecht denken.
Leider konnte auch ich bis heute keine Informationen zum genauen Verlauf oder eine Analyse finden. Für mich ist das schlimmste an dem ganzen Gefecht, dass unsere Soldaten 10 Stunden (gem. ZDF Quelle) um ihr Leben gekämpft haben und gefallen sind ohne das sie Unterstützung erhalten haben. Keine schweren Waffen, keine Schützenpanzer, kein CAS, nichts. Das ist für mich bis heute unerklärlich und macht mich fassungslos. Wie kann so etwas sein? Hier muss doch die übergeordnete Führung auf breiter Ebene versagt haben oder sehe ich das falsch?
Das man als Reaktion darauf „Treue um Treue“ verbietet, passt zu dem Bild das ich von der inneren Führung gewonnen habe.
@AlphaBravo0815:
Gute Fragen, die sich wohl nicht wenige stellen
Wenn man sich obigen Bundeswehr Bericht genauer anschaut, dann merkt man, dass dieser die Textbausteine des GI von der damaligen Pressekonferenz wiedergibt.
Das sagt ja schon einiges zur Aufarbeitung.
Nach meinem Eindruck sind die Informationen höchst wiedersprüchlich und dienen letztlich nur als cover-up, um Führungsversagen auf den Ebenen oberhalb der Kp zu überdecken.
Wenn man keine Angst hat, kann man ja das ZMSBw beauftragen die Vorgeschichte, den Verlauf und die Nachbereitung zu erforschen.
Die Kampfbeladung der Soldaten beträgt 6-10 Magazine, d.h. Magazine in der Waffe und in der Trageausstattung. Im Sturmgepäck und auf den Fahrzeugen werden i.d.R. noch mehr aufmunitionierte Magazine und verpackte Munition mitgeführt.
Zum Thema Lessons Learned – die hat man doch gezogen: NSAK mit Schwerpunkt auf der Nahdistanz, in der im bebauten Gelände Afghanistans bekanntlicherweise alle Gefechte stattfinden, faktische Auflösung der Artillerietruppe und fehlender Ersatz für die Mörser, weil Feuerunterstützung wird jetzt Interagency-Joint&Combined geleistet, eine Infanterie, die zwar hochgeschützt, aber nicht durchsetzungsstark ist, eine Aufklärungstruppe, die nur spähen, aber nicht kämpfen kann usw.
…
Hört sich so an, dass eine Institution wie das „Office of Inspector General“ (OIG) nach amerikanischen Vorbild wünschenswert wäre. Der OIG gibt nach erfolgter Untersuchung (vor Ort und nicht am grünen Tisch) in der Regel einen klassifizierten und einen öffentlich zugänglichen Bericht heraus. Der öffentliche ist dabei eine „geschwärzte“ Version und nicht eine „speziell geschönte“ Edition. Habe kurz mal auf der dodig.mil Seite geschaut und unter anderem auch einen Lessons Learned Report bei „Special Plans and Operations“ vom 31.3.2015 gefunden, der da heisst „Equipping and Training Iraq and Afghan Security Forces – Summary of Lessons Learned“. Mit Bezug auf Operation Inherent Resolve. Also ziemlich zeitnah. Natürlich kann es manchmal zu einer Instrumentalisierung kommen, wie beim Benghazi Report bzgl. Hillary Clinton. Allerdings hat dieses Schriftstück und der Untersuchungsausschuss auch für den beschleunigten Aufbau, von zivilen und militärischen Strukturen zu erweiterten Evakuierungsmassmahmen von U.S. Staatsangehörigten, geführt.
Zur verschossenen Munition.Die 25000 Patronen stammen aus welcher Quelle?Ich weiß es nicht,spielt auch nicht die Rolle,es wird eine sehr große Menge gewesen sein.
Zum Ablauf des Gefechtes,den eingesetzten Waffen/Truppen und allgemein kann ich nur das Buch „Feindkontakt – Gefechtsberichte aus Afghanistan“ empfehlen.
Dort wird auch ersichtlich das sehr wohl SPz Marder von Anfang an am Gefecht beteiligt waren.Genauso Scharfschützen und zumindest auch eine Granatmaschinenwaffe von der Höhe 432.
Das ganze war ja auch keine geplante Offensive,sondern ein relativ normaler Tag.Suche nach IEDs.Gab es davor oft und danach auch immer wieder. PzH 2000 als Option ist natürlich Sinnvoll.Haben ist besser als brauchen,zumindest das scheint ein politische Entscheidung gewesen zu sein.Wobei man auch fragen sollte wie sehr denn auch militärische Führer sich dafür eingesetzt haben oder halt auch nicht.
Luftnahunterstützung wurde angefordert und traf auch über dem Gebiet ein (2xF16 später 2xF15). Bomben konnten aufgrund der Nähe zu eigenen Truppen und der Zivilbevölkerung nicht eingesetzt werden.Diese Aussage stammt nicht von mir sondern dem eingesetzten Kompaniechef.
Aus eigener Erfahrung kann ich Apache Kampfhubschrauber als wirkungsvolles Mittel zum Unterbrechen von Gefechten nennen.Solange die über dem Kampfgebiet kreisen hat sich der Gegner jedenfalls oft ruhiger Verhalten.Diese standen aber zum damaligen Zeitpunkt glaube ich noch nicht zur Verfügung.
Das Verhalten der amerikanischen Blackhawk Helikopter zur Aufnahme der Gefallenen und Verwundeten wird überall als Vorbildlich bewertet.Von „im Stich gelassen“ kann da keine Rede sein.
Gedenken an die gefallenen Kameraden.
Respekt für die kämpfenden Kameraden vor Ort.
Verachtung für die Etappe.
@2ct.: Ja. Wenn der IG ermittelt wirds übel. Er geht übrigens auch anonymen Hinweisen nach. Einige glauben der Wehrbeauftragte wäre so einflussreich. Wer 1x mit dem IG zu tun hatte, der denkt anders.
@elbranderos:
„Wobei man auch fragen sollte wie sehr denn auch militärische Führer sich dafür eingesetzt haben oder halt auch nicht.“
Genau deswegen will man es ja – gerade in der militärischen Führung – gar nicht so genau wissen.
Denn es war in den Jahren 2007-2010 eben nicht so, dass die Spitzenmilitärs die Treiber waren und die gern als Bremser angesehenen Abgeordneten die Bremser waren.
Ganz im Gegenteil:
Verschiedene Vorschläge von Abgeordneten und des Wehrbeauftragten (ROE, Ausbildung, Ausrüstung, etc) wurden von den Spitzenmilitärs mit teilweise abwegigen „Begründungen“ abgebügelt, weil die Spitze des BMVg (und wohl auch das Kanzleramt) es so wollte.
Diese Haltung zog sich bis auf die Kommandeure vor Ort durch (die ja mittlerweile alle Karriere gemacht haben).
Aber Herr Schneiderhan reist ja nun als Präsident der Stauffenberg-Stiftung durch das Land und erklärt Schulklassen wie wichtig Zivilcourage ist.
Karfreitag 2010 war ein schwarzer Tag für die betroffenen Kräfte und für uns alle. Ich verneige mich vor den Gefallenen, aber auch allen anderen Soldaten, die an diesem Tag tapfer gekämpft haben.
Der Beitrag ist für mich Anlaß, mich mal wieder zu Wort zu melden: Es ist mir unverständlich, warum meist nur die Gefechte oder Anschläge, bei denen es für uns nicht gut ausgegangen ist als „Wendepunkte“ genannt oder in Chroniken aufgezählt werden. Warum wird nicht Gefechten, aus denen wir eindeutig als Sieger hervorgegangen sind – und aus denen ebensoviel gelernt wurde – der gleiche Stellenwert beigemessen.
Schon in den Kommentaren zum Beitrag „Bundeswehr-Geschichtsschreibung“ vom 02.10.2013 hier im Blog bemerkt „Der Fuchs“ am 03.10.2013, dass das Gefecht vom 04.06.2009 bei Kunduz (genaugenommen in Char Darah und dort bei Basoz und Sujani) in der Chronologie fehlt.
Genauso fehlt dieses Gefecht in der sonst sehr akribischen Chronologie 10 Jahre Kunduz vom 06.10.2013 hier im Blog. Da sind für 2009 ebenfalls leider nur die negativen Ereignisse aufgeführt. 29.04., 23.06., 04.09. .
Natürlich ist jede Wahrnehmung subjektiv und es finden sich sicher Gründe und subjektive Einschätzungen, warum diese oder jenes Gefecht einen Wendepunkt dargestellt haben könnte.
Für mich ist aber das Gefecht vom 04.06.2009 ein wesentlicher Meilenstein in der Entwicklung des Einsatzes in und bei Kunduz. Deutsche Kräfte waren in mehrstündigem Gefecht siegreich, es gab hohe Verluste beim Feind und zumindest keinen eigene Verluste an Gefallenen oder Verwundeten. Spätere psychische Verwundungen waren allerdings zu beklagen. Und es hatte sicherlich großen Einfluß auf das weitere Vorgehen vieler Folgekontingente in Kunduz, die Kampfweise, die Ausrüstung usw.
Das Gefecht ist gut dokumentiert, entsprechende Artikel waren auch hier schon verlinkt. Immerhin zwei Ehrenkreuze für Tapferkeit wurden an die damals dort kämpfenden Hauptfelwebel D.Seibert und J.Hecht verliehen, von weiteren Auszeichnungen ganz zu schweigen.
Mit gleichem Recht mag man aber auch die Gefechte in Shahabuddin oder Operation Halmazaq als Wendepunkte bezeichnen.
Der Exkurs mag jetzt etwas OT geklungen haben, aber es ist nötig, mal drauf zu verweisen, dass wir – zumindest die Truppenteile und Soldaten die dort waren – aber auch diejenigen, die diesen Einsatz z.Bsp. im EinsFüKdoBw zu führen hatten, sehr wohl aus den Gefechten gelernt haben. Die hier nun schon genannten „Aus dem Einsatz lernen“ sind nur ein Aspekt davon.
Zurück zum eigentlichen Gefecht vom Karfreitag: ich bedauere, dass immer wieder gesagt wird, dieses Gefecht sei nicht dokumentiert. Genauso wie zum Gefecht vom 04.06.2009 gibt es mindestens einen Beitrag eines beteiligten Kompaniechefs in einer der infanteristischen Fachzeitschriften dazu. Und der Beitrag „Isa Khel – Karfreitag 2010“ aus „Feindkontakt“ beschreibt doch nicht nur das Gefecht, sondern auch wenigstens in Teilen wann, warum und wie die Entscheidungen auf den einzelnen Ebenen gefallen sind. Die genannten ZDF Dokumentationen runden das Bild sehr gut ab.
Natürlich kann man fragen warum Entscheidungen so getroffen wurden, wie sie getroffen wurden. Aber dabei sollte nicht vergessen werden, dass taktische Führer in der Ungewissheit der jeweiligen Lage entscheiden müssen und eben nicht über all jene Informationen verfügen, die der Leser Jahre später vielleicht kennt oder zu kennen glaubt.
Der Ton der Kommentare ist mir da bisweilen zu kritisch und zu besserwisserisch gehalten.
Zum Thema schwere Waffen und CAS. Die verschiedenen Vermutungen hier sind fehl am Platze. Hptm S. schreibt in „Feindkontakt“ doch eindeutig: „Bomben konnten nicht eingesetzt werden. Eine Gefährung eigener Soldaten war bei den äußerst geringen Entfernungen zum Feind nicht auszuschließen“. Die Frage, ob Feuer der nicht vorhandenen Artillerie, oder auch Mörserfeuer möglich gewesen wäre erübrigt sich doch damit. Aus Sicht des militärischen Führers, der in der konkreten Situation die konkrete Entscheidung zu treffen hatte, natürlich nicht.
Schützenpanzer waren vor Ort, so ist es in den Berichten und in „Feindkontakt“ beschrieben und in der ZDF Doku auch zu sehen. Dies übrigens eine Lehre aus den Gefechten im Juni 2009, als sie noch nicht und aus den Gefechten im August und September 2009 als sie eingesetzt wurden.
Auch der Zug, der über die SPz verfügte wurde angegriffen. Aus den mehrfach erwähnten Berichten geht hervor, dass der Feind an mehreren Stellen angriff und mehrere Züge im Kampf standen. Der Feind in Kunduz war nicht dumm – und er hatte auch dazugelernt.
Gefechte haben die Eigenschaft, dass man im Nachhinein durchaus beurteilen kann, wann welche Entscheidung zweckmäßig gewesen wäre. Aber wer möchte denn heute aus der Rückschau urteilen? Haben wir nicht gelernt, dass in der jeweiligen Situation entschieden werden muss? Und es ist schwer in der sich entwicklenden Lage Entscheidungen zu treffen.
Ich jedenfalls maße mir nicht über die damals getroffenen Entscheidungen zu urteilen oder sie gar zu kritisieren. Der eine oder andere Leser mag sich erinnern, was der QRF Kommandeur in ähnlicher Lage am 05.06.2009 in Kunduz zum Thema gesagt hat.
@QRF3-Kommandeur
(ich nehme einfach mal an, dass Sie diesen Nick zu Recht gewählt haben…)
Sie haben sicherlich Recht mit der Einschätzung, dass die negativen Ereignisse ein stärkeres Gewicht in der (öffentlichen) Wahrnehmung haben. Das hängt allerdings aus meiner Außensicht auch damit zusammen, dass es über diese negativen Vorkommnisse eine recht ausführliche Information von Seiten der Bundeswehr gab. Die anderen Ereignisse, die Sie oben aufzählen, wurden weit weniger detailliert kommuniziert, wenn überhaupt.
Das wäre dann aus meiner Sicht eine Frage an BMVg und Bw-Führung, warum das so ist/war. Es gab ja ganze Operationen, die erst nachträglich durch Medien-Meldungen bekannt wurden, weil ein Beteiligter einem Journalisten davon erzählt hat. Von offizieller Seite gab es dazu nichts – oder erst nach den ersten Berichten in Medien. Wer den Eiertanz wg. Harekate Yolo II mitbekommen hat, weiß was ich meine.
Was bedeutet eigentlich CAS?
Hier die Schilderungen der obigen Gefechte – durch den Kdr QRF 3:
https://bw2.link/FsC3R
Ansonsten vielen Dank für den Kommentar – wie stets mit klaren Worten.
@Memoria
Danke für den Link. Das ganze erschien in if 2/2011 – wie lange nach den Ereignissen? Zwei Jahre, eineinhalb?
Ich bin ziemlich sicher, dass ich als Journalist Infos 2009 vielleicht bekommen habe, aber bestimmt nicht in dieser Detailtiefe. (Jetzt könnte ich versuchen, aus den Tiefen des bundeswehr.de-Archivs die damaligen Meldungen rauszusuchen – aber sorry, bisschen Feiertag ist auch…)
@ScenS: CAS = Close Air Support
Unterstützung der Infanterie durch Luftangriffe. Das „Close“ bedingt durch die Nähe zu den eigenen oder wie damals verbündeten Kräften
@T.Wiegold:
Ich gebe Ihnen ja uneingeschränkt Recht, dass das BMVg insbesondere unter BM Jung alles möglichst undramatisch darstellen wollte. Mir fiel da auch Harekate Yolo II ein.
Ich habe den Aufsatz nur verlinkt, da dort recht genau der Ablauf geschildert wird.
Wie bereits weiter oben beschrieben: wenn die Bundeswehr eine lernende Organisation wäre, dann hätte das ZMSBw bereits entsprechende Arbeiten (gerade auch mit operativem und taktischem Schwerpunkt) veröffentlicht.
Noch ein allgemeiner Gedanke zu den Wendepunkten.
Wenn man sich die Intensität im gleichen Zeitraum im RC-S anschaut, dann bemerkt man, dass derlei Wendepunkte in den Jahren 2009/2010 dort der Regelfall waren (auch abzulesen an den Gefallenenlisten: fast jeden Tag ein britischer Gefallener). Besonders anschaulich – über alle Ebenen hinweg – gibt dies das Buch „Dead Men Risen: The Welsh Guards in Afghanistan“ (2011) wieder.
Wenn die Quetta-Shura erkannt hätte, wie kritisch die politische Lage in Deutschland ist, dann wäre durch eine Beibehaltung bzw. Steigerung der Intensität der Gefechte im RC-N eine Abzugsdebatte in Deutschland entstanden (vergleichbar zu Kanada).
Nach dem Karfreitag und den Verlusten an der Dutch Bridge war (durch die Verluste) eine sehr starke politische Verunsicherung zu erkennen.
Zum Glück kam es anders.
Kannst Du das etwas genauer erläutern?
Warum gab es keine Berichte von erfolgreichen oder früheren Gefechte Herr Wiegold?
Das könnte zum Beispiel daran gelegen haben, dass die eigene PRT Führung ihre Public Affairs Officer nicht mit lassen wollten, sobald es „knallen“ könnte.
Denn im Gegensatz zu den Einsatzkameratrupps, schreibt das Pressefachpersonal danach einen Bericht zu Veröffentlichung. Und über Tod und Verwundung oder töten und getötet werden wollte man bis 2010 doch gar nicht berichten.
Erinnern Sie sich doch bitte einmal an die ersten Kampfszenen aus dem Jahr 2009? Sie stammen von Handyaufnahmen von im Raum Kunduz eingesetzten OMLT Trupps mit ihren Afghanischen Partnern (weit angereist übrigens aus Feyzabad). Diese Bilder fanden ihren Weg zu Ulli Gack und dann in einen Bericht für das ZDF.
Danach startete die „Hexenjagd“, wer der die Bilder weitergegeben hatte…
Wir wollen doch mal nicht so tun, als ob unter BM Jung die Öffentlichkeit auch nur irgendwas erfahren sollte, was nicht ins Bild der Brunnenbohrer und Schulenbauer passte.
Zitat aus dem oben verlinkten Bundeswehrbericht:
„…hat sich diese Hartnäckigkeit ausgezahlt und nicht nur das Überleben aller dort kämpfenden Soldaten, sondern auch den Erfolg, ja den Sieg, über den dort angreifenden Feind ermöglicht“.
Da spricht doch tatsächlich mal jemand von „Sieg“? Meines Wissens das einzige Mal, dass im Zusammenhang mit den Einsätzen in Afghanistanz dieses Wort verwendet wurde. Schon klar, dass damit nur ein taktischer Erfolg gemeint war, denn über den (fehlenden) Sinn des Ganzen ist man sich ja wohl weitgehend einig.
Ansonsten wurde in allen Berichten das Bild einer überraschten bis hilflosen Truppe mit mangelhafter Ausrüstung vermittelt, die von bösen Einheimischen aus unerklärlichen Gründen beschossen wurde, und darob in PTBS o.ä. verfiel. Soweit zu dem, was hier im Zivilisten-Land so ankam.
Offenbar gab es zu allen anderen Verkrampfungen also auch die Weigerung, die (taktischen) Erfolge als solche zu erkennen und zu publizieren. Banaler Gedanke dazu: wenn ich mich unter allen Umständen weigere, mich als „Sieger“ zu sehen – dann bleibt mir doch wohl zwangsläufig nur die Rolle des Verlierers. Oder?
@ QRF3-Kommandeur
Auch wenn es im deutschen etwas pathetisch klingt. Danke für Ihren Dienst!
Das Perzeptionsproblem bezüglich erfolreicher Offensivoperationen deutscher Kräfte ist weniger durch den Adressaten als durch die desaströs unsouveräne, von neurotischer Furcht geprägte Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr geprägt.
Wer unwillig bzw. unfähig ist soldatische Leistungen der eigenen Truppe selbstbewusst und offensiv zu kommunizieren (Zugang für Presse zu Kommandeuren und Truppe nach erfolgreicher operation / proaktive Pressebriefings / deutliche Aufwertung des Auszeichnungszeremoniells statt Hinterzimmerverleihung mit Ikea Charme usw.) muss sich doch nicht wundern das der mediale Akzent stattdessen auf den Ereignissen liegt die für die Heimatfront greifbarer weil weniger abstrakt sind. Bspw. 3 Gefallene Soldaten mit Angehörigen, Namen, Gesicht usw.
Das hat eine ganz andere Präsenz als das Zerschlagen anonymer Talibgruppierungen die für die Öffentlichkeit kaum fassbar sind.
Genau hier müsste die Öffentlichkeitsarbeit einer psychisch stabilen Institution ansetzen und das Narrativ (cent ins buzzword schwein) aktiv in richtung positiver Eigenleistungen steuern.
Das Unterlasssen dieser Maßnahmen ist nicht nur kontraproduktiv für den Einsatzerfolg (Heimatfront) sondern eine Entsolidarisierung mit der eigenen Truppe der man permanent die gebührende Anerkennung für Erfüllung ihres Daseinszwecks (Anwendung physischer Gewalt) versagt.
——————————-
Bezüglich der Unmöglichkeit von CAS während des Kargreitags.
1. Bei einem zehnstündigen Gefecht; Ist ab einem gewissen Zeitpunkt nicht von einer reduzierten CIVCAS Wahrscheinlichkeit auszugehen weil Zivilisten das gefechtsfeld verlassen haben?
2. müsste nicht irgendwann der zeitpunkt eintreten an dem hypothetischer kollateralschäden zur abwendung konkreter weiterer eigenverluste in kauf genommen werden müssen?
3. der ausschluss con CAS wegen einer „danger close“ situation bezog sich ja wohl auf die f 16 payload (gbu-38?). kleiner dimensionierte wirkmittel wären vermutlich durchaus eine option gewesen. Anders formuliert. Wie viele Verluste hätten durch Reaper-Orbit mit Hellfire ca. 2 Studen nach gefechtsbeginn vermieden werden können und was heißt das für die aktuelle „Drohnen-Diskussion“
Abschließend noch mal Danke für Ihren Beitrag aus der Praxis.
@ QRF3-Kommandeur
addendum:
4. Sind die Gefechtserfahrungen aus ISAF (sowohl positiv als auch negativ) ihrer Meinung nach mit der gebotenen Intensität audgewertet (auf allen ebenen) und etwaige Erkenntnisse in Ausbildung und Prozesse implementiert worden.
@QRF3-Kommandeur:
Nachdem ich nun den Bericht lesen konnte und damit auch ihren Namen via Google einem Bild zuordnen kann: Sie waren damals (2009) öfters in der JOC, um nach dem Rechten zu sehen. Stimmts?
:o)
Danke für den Bericht!
@wacaffe | 03. April 2015 – 16:40:
Genau das frage ich mich auch.
Einsatzauswertung ist ja kein „finger-pointing“ auf Truppenführer die im gegebenen Rahmen (Informationen, Konzeption, Struktur, Ausbildung, Ausrüstung, etc) so oder so gehandelt haben, sondern soll ja vorallem die Rahmenbedingungen hinterfragen.
Leider wird das in der Bw allzuoft anders gesehen (Null-Fehlerkultur).
Nicht umsonst hatten der große Generalstab, das Truppenamt und das OKH eine sehr angesehene kriegsgeschichtliche Abteilung.
Der Einsatz in Afghanistan war und ist wichtig. Ein Sieg über die Taliban und im Sinne von einer Befriedung des Landes war von Anfang an eher unwahrscheinlich. Ehre und Gedenken an die gefallenen Bundeswehr Soldaten bzw. Kameraden eine Pflicht aus Überzeugung geboren und nicht aus peinlicher Berührung. Es ist die verdammte Aufgabe der Politik für eine Akzeptanz und einen Rückhalt in der Bevölkerung zu sorgen. Eine Kommunikation mit Inhalt. Mit Verweis dabei auf unsere britischen Verbündeten. Schließlich ist Afghanistan im britischen Bewußtsein nach wie vor tief mit der Schlacht von Gandamak 1842 verwurzelt. Weswegen die Briten auch der Sowjetunion 1979 „good luck“ gewünscht hatten. »Die hören sollen, sie hören nicht mehr, Vernichtet ist das ganze Heer, Mit dreizehntausend der Zug begann, Einer kam heim aus Afghanistan.« Theodor Fontane; 1859.
@ J.König 02.04. 18:00 Uhr
Ich habe mir den Beitrag auf zdfinfo „Abrechnung mit Afghanistan“ in voller Länge angeschaut.
Danach kommt der Westen und insbesondere die Amerikaner nicht gut dabei weg. Die Amerikaner waren lt. diesen Film kriegslüstern und wollten Rache für die Anschläge vom 11.09.2001. Dies ist soweit verständlich, aber mit den Taleban haben sie sich die Falschen ausgesucht. Genausogut hätte man Saudi Arabien angreifen können, denn alle 19 Attentäter und Osama bin Laden waren Saudis.
In dem praktischen Kriegsverlauf von jetzt gut 13 Jahren wurden lt. ZDF mehrere Gesprächsmöglichkeiten mit den Taliban um den Krieg zu beenden nicht genutzt und ab 2007 / 2008 vor dem „Surge“ mit Truppenerhöhung auf 145.000 Nato-Soldaten war es keine Aufstandsbekämpfung von Seperatisten mehr, sondern de facto ein Volksaufstand zumindestens in allen paschtunischen Siedlungsgebieten. Unter dem Oberbefehl von Gen McChrystal kam es dann zu den nächtlichen „Raids“ mit hunderten von Hausdurchsuchungen und hunderten Tote „aus Versehen“. Viele tausend Afghanen wurden in Bagram eingesperrt und mit fragwürdigen Methoden zum Reden gebracht. Dies war und ist kein Einsatz um ein Land aufzubauen, sondern ein Krieg um Rache zu üben. Ansonsten hätte man es machen müssen wie der Oberstarzt a.D. Erös.
Was mich persönlich am meisten ärgert, war die amerikanische Reaktion auf die Bombardierung der Tanklaster in Kunduz am 04.09.2009. Die Armee, die ungezählte Hochzeitsgesellschaften aufgrund von falschen Geheimdienstinformationen bombardiert hatten, regt sich auf wenn die Deutschen aus Mangel an anderen Möglichkeiten den Feind auf diese Art und Weise bekämpft, auch wenn es dabei zu großen Kollateralschäden kam.
Nebenbei gefragt, die Kämpfer von Isa Khel, waren dies auswärtige, zugezogene Kämpfer oder schlicht und einfach die Bewohner des Dorfes und der umgebenden Dörfer ?
@wacaffe
Reaper ist keine Plattform für CAS nach zwei Stunden.
Die Waffe wäre Kampfhubschrauber gewesen und wer damit rechnet, dass es zu Gefechten kommt, muss CAS mit BK in Bereitschaft halten.
Reaper ist gut für Ziele mit feststehenden Koordinaten (gezielte Tötung) ohne Truppen in Nahkontakt und für ISR.
Den Truppen Kampfhubschrauber/ CAS mit BK (ggf auch PA200) zu verweigern war ein Verbrechen.