US-Aufmarsch (auch) in Deutschland: Jetzt merken’s auch die Deutschen

Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und eines drastisch gewandelten Verhältnisses zu Russland verstärken die US-Streitkräfte ihre Aktivitäten in Europa – und so langsam wird das auch den Deutschen, Öffentlichkeit wie Politik, bewusst. Aus einer dpa-Meldung:

Als Reaktion auf den Ukraine-Konflikt und die Spannungen mit Russland verlegen die USA einem Zeitungsbericht zufolge zusätzliche Panzer auch nach Deutschland. Von 800 Ketten- und Radfahrzeugen, die nach Europa gebracht werden, solle ein Teil im bayerischen Grafenwöhr unweit der früheren innerdeutschen Grenze stationiert werden, berichtet der «Münchner Merkur» (Freitag). Die Zeitung beruft sich auf ein Schreiben von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU).

Na ja, man kann natürlich warten, bis es ein Schreiben an einen Bundestagsvizepräsidenten und bayrischen Politiker gibt, der damit dann im Sinne der Eigen-PR an die Medien geht. Man kann natürlich auch nachlesen, was kommandierende Generale der US-Truppen in Europa in Interviews erzählen. Zum Beispiel schon vor Wochen hier mit den Stars&Stripes und hier mit Augen geradeaus! (Grafenwöhr wird da etwa bei Minute 4:00 genannt). Vielleicht sickert das ja doch noch in die deutschen Mainstream-Medien ein.

Ehe noch weitere Details über solche Politiker-Äußerungen äh, durchsickern: Es gibt auch zusätzliche Erdkampfflugzeuge und Hubschrauber der US-Streitkräfte in Deutschland. Nur als Hinweis.

Nachtrag 13. März, auch angesichts der Kommentarlage: Es sind deutlich weniger US-Soldaten und Material als noch vor paar Jahren, es sind rotierende Einheiten, vor allem aber: Die Masse geht ins Baltikum und nach Polen. In Deutschland, vor allem Grafenwöhr/Hohenfels, werden zusätzliche Einheiten & Panzer vor allem für multinationale Übungen bereitgestellt.

Das haben auch die Kollegen vom Münchner Merkur, die ja mit ihrem geleakten Brief an einen CSU-Politiker die Grundlage dieser Meldung waren, nicht so ganz verstanden. In deren Online-Meldung (Link aus bekannten Gründen nicht) schreiben die unter anderem:

Laut der Abmachungen im „2 plus 4-Vertrag“, in dem die ehemaligen Besatzungsmächte die deutsche Wiedervereinigung regelten, ist der Nato eine Verlegung von schwerem militärischen Gerät an die neue bundesdeutsche Ostgrenze untersagt. Panzer dürfen infolgedessen nur entlang der alten innerdeutschen Grenze stationiert werden.

Tja…  Die Panzer werden natürlich nicht entlang der alten innerdeutschen Grenze stationiert, dafür wären es auch viel zu wenige. Und genau so wenig verhindert nur der 2+4-Vertrag, dass sie an der neuen bundesdeutschen Ostgrenze stationiert werden – wer hat eigentlich die Idee, Panzer an der deutsch-polnischen Grenze aufzufahren, also innerhalb des NATO-Gebiets? Hier wird so viel aus Unkenntnis oder politisch motiviert durcheinandergeworfen, dass es die Sau graust. Man kann ja durchaus argumentieren, dass man aus politischen Gründen die verstärkte Präsenz und Übungstätigkeit von NATO-Truppen innerhalb des NATO-Gebiets für falsch hält. Aber was da durcheinandergewürfelt wird…

Nachtrag 2: Übrigens findet sich das, was der CSU-Abgeordnete Singhammer als Erkenntnis aus einem Brief der Verteidigungsministerin verbreitet, bereits in einer Bundestagsdrucksache vom Februar (BT-Drs. 18/4140, Frage Nr. 29 vom Grünen-Abgeordneten Tobias Lindner):

Der Bundesregierung sind die geplanten Veränderungen in der dauerhaften Stationierung der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika, die der als Anlage beigefügten Übersicht entnommen werden können, bekannt. Diese Informationen wurden auch seitens der Vereinigten Staaten von Amerika am 8. Januar 2015 veröffentlicht. (…)
Daneben wurde die Bundesregierung über den vorübergehenden Aufenthalt von amerikanischen Streitkräften in Deutschland im Zuge der Operation ATLANTIC RESOLVE informiert. Dieser umfasst zwölft Luftfahrzeuge vom Typ A-10 mit Stationierungsort Spangdahlem sowie Fahrzeuge und Großgerät in der Größe eines brigadeäquivalenten Gefechtsverbandes, die vorübergehend in Mannheim in den Coleman Barracks stationiert werden. Insgesamt wird es sich dabei um ca. 800 Ketten- und Radfahrzeuge handeln.
Der gegenüber der Bundesregierung dargelegte Grund der Vereinigten Staaten von Amerika für diese Maßnahmen ist, die Bereitschaft zu unterstreichen, einen Beitrag für die transatlantische Solidarität und Sicherheit Europas zu leisten. Dies ist im Zusammenhang mit dem beim NATO-Gipfel von Wales im September 2014 beschlossenen Plan für eine erhöhte Einsatzbereitschaft der Allianz – NATO Readiness Action Plan – zu sehen.

(Foto: U.S. Army Soldiers from the 2nd Battalion, 5th Cavalry Regiment (1/1 Cavalry Division) offload tanks at the Parsberg, Germany railhead, May 6, 2014. The armored vehicles are part of the European Activity Set, a battalion-sized set of equipment pre-positioned on the Grafenwoehr Training Area to outfit and support U.S. Army forces rotating to Europe for training and contingency missions in support of the U.S. European Command. – U.S. Army photo by Spc. Mychal Chelette)