Soldaten ohne Kriegswaffen?

Das ist eine etwas irritierende Meldung: Wenn die Kollegen vom Spiegel Recht haben, wird es künftig eine neue Kategorie von Soldaten geben. Nämlich die, die gar keine Soldaten sind:

Im Verteidigungsministerium gibt es nach Informationen des SPIEGEL konkrete Überlegungen, das bestehende Sicherheitsüberprüfungsgesetz durch einen Zusatz zu erweitern: Alle Soldaten, die eine Ausbildung an Kriegswaffen erhalten, würden umfangreich auf Verbindungen zu islamistischen Organisationen oder zum links- oder rechtsextremen Milieu überprüft.

(Hervorhebung von mir, T.W.)

Nun war ich bislang immer der Meinung, dass ein wesentliches Kennzeichen eines Soldaten ist, dass er an Kriegswaffen ausgebildet ist und sie auch einsetzen kann.Oder im Umkehrschluss: Wer nicht an der Kriegswaffe ausgebildet ist, ist kein Soldat. Denn Soldaten, so zum Beispiel die Definition von Wikipedia, sind bewaffnete Angehörige der Streitkräfte eines Landes. Und bewaffnet sind sie mit Kriegswaffen wie der oben abgebildeten Maschinenpistole MP7, die in der Kriegswaffenliste des Kriegswaffenkontrollgesetzes aufgelistet sind. Na ja, Maschinenpistolen sind dann keine Kriegswaffen, wenn sie als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind. Vielleicht finden sich noch welche davon bei der Bundeswehr.

Aber vielleicht werden auch einfach nur künftig alle Soldaten auf Verbindungen zu Islamismus und Extremismus überprüft?

Nachtrag: Da das Thema hier auf doch große Begeisterung stößt (die Debatte war ja schon am vergangenen Wochenende aufgekommen), hier dazu die Fragen der Journalistenin in der Bundespressekonferenz am vergangenen Montag, 9. März,  und die Antworten des stellvertretenden BMVg-SprechersOberst Ingo Gerhartz sowie der Innenministeriums-Sprecherin Pamela Müller-Niese:

FRAGE: Herr Gerhartz, zum Interview des Chefs des Militärischen Abschirmdienstes, der von der Gefahr spricht, dass Islamisten in die Bundeswehr eintreten, um sich dort ausbilden zu lassen und anschließend in den Kampf zu ziehen die Bundeswehr als Terrorcamp missbrauchen, hat er das genannt. Wie bewerten Sie diese Gefahr? Was wird falls Sie das überhaupt für nötig halten dagegen getan? Was halten Sie von der Forderung oder dem Wunsch, der dann vom MAD angeschlossen wurde, Bewerber für die Bundeswehr schon vor ihrem Eintritt überprüfen zu können, ob sie vielleicht Islamisten sind und lieber nicht in die Bundeswehr gehen sollten?

GERHARTZ: Ich möchte weil ich das hier für ganz passend halte mit den letzten Sätzen in diesem Interview von Herrn Gramm, dem Präsidenten unseres Militärischen Abschirmdienstes, beginnen, der hier sagt: Farbe bekennen aber bitte nicht grell malen. Damit meint er natürlich insbesondere die Transparenz, also dass der Militärische Abschirmdienst zum Thema Extremismusabwehr mehr offenlegt Anzahl der Fälle etc. , als das vielleicht in der Vergangenheit der Fall war. Ich möchte dieses „nicht grell malen“ aber auch in den Zusammenhang setzen. Es kursiert jetzt ja die Zahl er nennt sie auch im Interview von 20 Fällen ehemaliger Bundeswehrsoldaten, die sich nachweislich dem Kampf für IS angeschlossen haben. Das möchte ich jetzt einfach einmal in ein Verhältnis setzen, in eine Relation setzen: Wir haben im Jahr ca. 25.000 bis 30.000 Zeit- und Berufssoldaten, die die Bundeswehr wieder verlassen das ist eben so in einer Armee mit einem sehr hohen Anteil von Zeitsoldaten. Wenn Sie das über eine Spanne von drei, vier, fünf Jahren sehe, dann liegen Sie bei weit über 100.000 Soldatinnen und Soldaten, die die Bundeswehr auch wieder verlassen haben. Insofern müssen Sie die 20 angesprochenen Fälle natürlich auch in Relation zu dieser Zahl sehen. Das meine ich damit, wenn ich sage: Das darf man jetzt nicht zu grell malen und übertreiben. Dennoch ist jeder einzelne Fall natürlich einer zu viel. Da müssen wir uns fragen: Hätte man das nicht auch schon in der aktiven Dienstzeit erkennen müssen? Das müssen wir natürlich entsprechend ernst nehmen. Wir haben hier aber ein engmaschiges Netz innerhalb der Dienstzeit.

Der zweite Punkt, den Sie auch angesprochenen haben, den der Präsident hier aufmacht das Interview ist ja durchaus in der einen oder anderen Berichterstattung aufgenommen wurden , ist die Überprüfung vor einer Einstellung. Auch hier muss ich sagen: Das muss man relativieren. Es ist ja nicht so, dass Max Mustermann zu uns kommt, die Einstellungstests besteht und dann am nächsten Tag durch das Kasernentor marschiert und seine Ausbildung bei der Bundeswehr beginnt. Es ist ja schon auch so, dass uns bei allen Mannschaftssoldaten selbst bei den freiwillig Wehrdienstleistenden das polizeiliche Führungszeugnis vorliegt, und ab der Unteroffizierslaufbahn findet die sogenannte uneingeschränkte Verfassungsüberprüfung statt. Das heißt also, es gibt schon einige Mechanismen, um Bewerber auch vor der Einstellung zu überprüfen. Darüber, ob man in Zukunft darüber hinauszugehen hat die Frage macht der Präsident ja auf , wird man reden müssen; darüber wird man auch mit den anderen zuständigen Ressorts reden müssen. Insbesondere möchte ich aber die Anzahl der 20 genannten Fälle ins Verhältnis setzen mit der Zahl der Leute, die uns verlassen.

Aufgenommen werden natürlich besonders die im Interview genannten Fälle, die sich dem Islamischen Staat angeschlossen haben; für uns geht es aber auch ganz entscheidend darum, auf ein 360-Grad-Radar zu schauen. Wir schauen also natürlich in alle Richtungen Rechtsextremismus, Linksextremismus , und unsere Abwehr schaut natürlich innerhalb eines 360-Grad-Radars.

ZUSATZFRAGE: Dass der MAD sozusagen regelhaft jeden Bewerber überprüft, ob er verfassungstreu ist, bevor er eingestellt wird, halten Sie also jedenfalls höre ich das heraus für eine nicht so gute Idee, oder wie stehen Sie dazu?

GERHARTZ: Das habe ich damit nicht gesagt. Man muss zum einen schauen, was rechtlich möglich ist, und man muss vor allen Dingen schauen, was sinnvoll und auch in der Praxis handhabbar ist. Für die verschiedenen Laufbahnen haben wir teilweise Bewerberzahlen von zehn zu eins; da kann man nicht im Vorfeld alle Bewerber überprüfen, das geht allein in der Praxis gar nicht. Es war mir aber auch wichtig, das Beispiel des berühmten Max Mustermann zu bringen; denn es ist ja nicht so, dass jemand bei uns anfangen würde, ohne dass irgendeine Überprüfung stattgefunden hat.

FRAGE: Herr Gerhartz, Herr Gramm hat in dem Interview von einer Art Basisüberprüfung geredet. Gibt es im BMVg Klarheit, was er damit gemeint haben könnte?

GERHARTZ: Vielleicht habe ich mich noch nicht deutlich genug ausgedrückt: Eine Basisüberprüfung sodass jemand nicht unüberprüft zu uns kommt , findet ja durchaus statt, eben durch polizeiliches Führungszeugnis etc. Der Frage, inwieweit das noch auszuweiten ist durch das, was er als Basisüberprüfung anspricht , wird man sich stellen müssen und wird das durchdiskutieren. Er versteht das über diese Überprüfung, die wir ohnehin schon vornehmen, hinausgehend. Aber was genau damit gemeint ist, wird man jetzt sehen.

ZUSATZFRAGE: Das wäre genau meine Frage: Was der Präsident des MAD sich da vorstellt, ist auch im eigenen Haus noch nicht ganz klar?

GERHARTZ: Wir stehen natürlich in regelmäßigem Kontakt mit dem Präsidenten des MAD, das ist ganz klar. Wir stehen aber gerade erst am Anfang der Diskussion über die Frage, was man da noch mehr machen könnte. Über diese Frage werden wir uns natürlich auch mit ihm entsprechend austauschen.

FRAGE: Eine Anschlussfrage an das Innenministerium: Herr Gramm hat gesagt, es sei vorstellbar, dass das Risiko, dass die Bundeswehr als Ausbildungscamp für gewaltbereite Islamisten missbraucht werden kann, auch mit Blick auf die Polizei existieren könnte. Gibt es da ähnliche Bestrebungen oder möglicherweise einen ähnlichen Radar, wie es gerade vom Verteidigungsministerium hieß? Denn auch da hat man ja die Möglichkeit, mit Waffen umzugehen.

DR. MÜLLER-NIESE: Ich kann hier nur für die Polizei in unserem Geschäftsbereich sprechen, ich weiß nicht, wie es in den Ländern geregelt ist. Für die Bundespolizei gilt, dass bereits im Auswahlverfahren eine umfassende polizeiliche Auskunft eingeholt wird. Das ist etwas mehr als ein polizeiliches Führungszeugnis.