Ein neuer Anlauf für den effizienten ‚Staatskonzern Bundeswehr‘

Die Bundeswehr, so der Originalton aus dem Verteidigungsministerium, muss unternehmerische Erfahrung nutzen und wirtschaftliche Ziele verfolgen. Die Zukunft heißt: Schnelle Innovation nutzen, Beschaffungszeiten anpassen, auf den neuesten Stand kommen und da bleiben, lautet die Forderung, mit der die Truppe aus ihren Dauerproblemen vor allem bei der Beschaffung von neuem Gerät und neuer Ausrüstung herauskommen will.

Wer glaubt, diese Zitate stammten von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen oder ihrer Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder, liegt kräftig daneben. Die Orientierung der Bundeswehr auf effizientes, wirtschaftliches Handeln diktierte mir der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping bei einem Interview im Juni 2001 in den Block. So schrecklich viel scheint sich in den fast 14 Jahren seither nicht geändert zu haben: Im Bendlerblock ist in diesen Tagen vom Aufbau eines Kennzahlensystems für den Ausrüstungsstand, die Fähigkeiten und die Einsatzbereitschaft der Truppe die Rede. Von Checklisten für Projekte, aus denen die jeweils aktuellen Zeitlinien, der Finanzbedarf, aber auch Veränderungen in den Anforderungen an neues Gerät beschrieben werden sollen. Von einer Veränderung einer gewachsenen (Un)Kultur, bei der Probleme auf jeder Hierarchiestufe ein bisschen geglättet wurden, bis an der Spitze nur Positiv-Meldungen ankamen.

Die Modernisierung des Staatskonzerns Bundeswehr, das haben sich von der Leyen und, wo es um die Rüstung geht, ihre Staatssekretärin Suder auf die Fahne geschrieben. Und offensichtlich recht schnell festgestellt, dass – ähnlich wie bei der Truppe selbst – auch in den Behörden, den Ämtern, zwar im Zuge des Umbaus der vergangenen Jahre viele neue Organisationskästchen gemalt wurden. Die aber oft genug gar nicht mit Personal gefüllt sind: Projekte laufen schleppend, weil entweder zu wenig Leute sich drum kümmern oder diejenigen mit Kenntnissen inzwischen auf einen anderen Dienstposten versetzt wurden.

Eine Aufgabe der Rüstungsstaatssekretärin ist deshalb, neben dem Aufbau des von der Ministerin gewünschten Kennzahlensystems für die Auskunft auf Knopfdruck, der rasche Personalaufwuchs für die Stellen, die die effiziente Truppe organisieren sollen. Zunächst soll die Personalstärke in den – teilweise neuen – Ämtern auf immerhin 90 Prozent gebracht werden. Und auch externe Expertise wird zeitlich begrenzt eingekauft: Für die Abnahme des neuen Transportflugzeugs A400M, bei dem die Bundeswehr auf möglichst rasche Lieferung weiterer Flugzeuge hofft, sollen kurzfristig Experten aus der Wirtschaft angeheuert werden. 15 fachlich qualifizierte Firmen-Mitarbeiter in der Realisierungs und Nutzungsphase des Projekts A400M sucht das Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung (BAAINBw) unter anderem für Unterstützung bei der Abnahme der deutschen A400M, IT-Sicherheit und Konzepte zur Weiterentwicklung der Materialbewirtschaftung  bis zur Erstellung von Handbüchern und Anweisungen.

Die frühere McKinsey-Managerin Suder hat zudem ein paar Tricks aus ihrer alten Tätigkeit eingeführt. So können sich inzwischen Projektleiter bei Problemen direkt an die Staatssekretärin wenden – eine Konsequenz aus dem EuroHawk-Debakel, bei dem Informationen über Entscheidungen oder Warnungen des Projektmanagements entweder gar nicht oder erst sehr viel später an der Spitze des Ministeriums ankamen. Und an die Stelle der bislang üblichen Projektberichte mit ihrer über Jahrzehnte gewachsenen kryptischen, Ministeriums-internen Fachsprache sollen neue Berichtsformen mit den beliebten Ampelfarben Rot, Gelb und Grün treten – ohne das Potential für übergeordnete Stellen, die Beurteilung zum Beispiel eines Projektleiters von Gelb auf Grün zu korrigieren. (Nun könnte man darauf hinweisen, dass auch damals, unter Scharping, neue Ansätze aus der Welt der Unternehmensberater versucht wurden. Zum Beispiel mit einer so genannten Balanced Scorecard. Aber das wäre vielleicht nicht fair.)

Wie sich der neue Schwung, den die Rüstungssstaatsekretärin in den ganzen Beschaffungsapparat einbringen will, praktisch auswirkt – das ist vielleicht nach dem 12. März klar. An dem Tag kommt in Koblenz das Rüstungsboard zusammen, wo alle für diese Projekte Verantwortlichen mit der Ministerin und der Staatssekretärin die großen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr durchgehen wollen. Im Februar vergangenen Jahres, bei der letzten Sitzung dieses Rüstungsboards, verweigerte von der Leyen die Abnahme aller Statusberichte, die ihr die Beamten zu den Projekten vorlegten. Und feuerte den zuständigen Staatssekretär Stéphane Beemelmans und Rüstungsdirektor Detlef Selhausen.

Nachtrag: Auf der Bundeswehr-Webseite gibt’s auch was dazu.

(Foto: A400M am Produktionsort Sevilla)