Die Europa-Armee aus polnischer Sicht: Macht Deutschland es sich zu einfach?
Zu der lebhaften Debatte über das Thema Europa-Armee (in der es auf Augen geradeaus! schon hier und hier hoch herging) eine Stimme aus polnischer Sicht: Die Wissenschaftlerin Justyna Gotkowska vom Centre for Eastern Studies (OSW) in Warschau wirft dem großen Nachbarn Deutschland vor, sich seinen Umgang mit dieser Idee doch ein bisschen arg einfach zu machen. Verkürzt gesagt: Die Deutschen finden die Europa-Armee gut, weil sie hoffen, dass ihnen andere die Struktur der Streitkräfte bezahlen und die deutsche Industrie subventionieren, denken aber nicht an mögliche Einsätze solcher europäischen Streitkräfte.
So verstehe ich jedenfalls diesen Teil der Analyse:
The main problem with Germany’s ideas for enhancing military co-operation in Europe is that they are focused on the integration and creation of military structures rather than on using them operationally.
It seems that the overriding intention of the Framework Nations Concept is for Germany to maintain its own military structures and arms industry, and to reinforce its political position within the EU and NATO. It is still an open question as to when the structures integrated in this way – with the Bundeswehr as the core – would be used: in what kind of crises and conflicts, in which regions and to what extent. The most recent crises and conflicts in Europe’s neighbourhood have made it clear that the EU not only lacks a uniform policy but is even deeply divided over the use of military force. Germany has characteristically been attached to the primacy of diplomacy and has adopted a very sceptical and cautious stance on the use of armed forces as a foreign and security policy instrument. These issues have not been taken into account in the German discussions concerning the Framework Nations Concept and the ‘European army’.
Der ganze Text hier: Germany’s idea of a European army
(Gotkowska hat schon mehrfach recht deutliche Kritik an deutscher Verteidigungspolitik gerade im Zusammenhang mit Polen geübt, zum Beispiel hier: Prügel aus Polen)
(Foto: Der stellvertretende Inspekteur des Deutschen Heeres, Jörg Vollmer, im Februar 2015 bei der 34. polnischen Panzerbrigade, die mit Leopard2A5-Panzern ausgestattet ist – Poln. Verteidigungsministerium/
Die Kritik deckt sich in der Tat inhaltlich sehr mit dem, was hier auf AG geschrieben wurde:
– Die EU-Armee (lediglich) als Vehikel für finanzielle Einsparungen bei allen beteiligten Staaten;
– die EU-Armee als Mittel zur „staatlichen Integration“ bzw. zum Aufbau der „Vereinigten Staaten von Europa“;
– die EU-Armee als Konstrukt für eine europäische Machtstellung nach außen.
Schlaue Positionsblätter zur Idee, wie und wofür man eine EU-Armee einsetzen könnte, haben bisher weder CDU/SPD (Kiesewetter) noch Grüne (Lindner) vorgelegt, sondern sich stattdessen auf Absichtsbekundungen und Visionen beschränkt.
Damit wäre, unterstellt man dem Artikel eine gewisse Nähe zur Politik&Bevölkerung, der nächste Nachbar äußerst kritisch gegenüber deutschen Europa-(Wunsch-)Phantasien eingestellt.
Ein sehr deutliches und zutreffendes Fazit, wie ich finde.
/sarcasm Ggf. sollten Kiesewetter und Co. zunächst einmal über eine „europäische Doodle-Abfrage“ nachdenken, in der Interessenten für eine solche Armee gefunden werden, bevor sie andere mit ihren Papieren belästigen… /sarcasm off
Interessant dazu auch ein veröffentlichtes statement aus dem GBR House of Lords:
The UK remains firmly opposed to centralised EU command or control over military forces, which remains a Member State competence, and has successfully kept the EU focused on strengthening its co-operation with NATO which holds primacy in defence matters.
The Prime Minister made this clear at the December 2013 European Council where strengthened EU-NATO partnership was agreed to be one of the key deliverables. It will be raised again as a fundamental agenda item at the June 2015 European Council where EU Member States will look for ways to further enhance collaboration between the two institutions.
The Government’s views on this matter have been consistent and transparent and any attempt to form an ‚EU army‘ would be blocked by the UK. We will continue to emphasise our views to partners and will remain vigilant on the issue.
[Ich denke, ich habe hier oft genug darauf hingewiesen, dass pöbelnde Angriffe gegen andere hier nicht geduldet werden. Schon gar nicht, wenn sie hart an der Grenze des Justiziablen sind. Kommentar gelöscht. T.W.]
Ich verstehe nicht warum hier der wichtigste Pinkt außer acht gelassen wird! Verdammt nochmal als erstes bin ich deutscher, dann kommt hesse und dann ne ganze zeit erstmal nix und irgendwann mal europäer! Warum sollt ich als soldat mir für die interessen von frankreich mir den Arsch wegschießen lassen? So ein Bullshit!
Im Lichte unserer neuen sicherheitspolitischen Ambitionen, die auch immer das Militärische und den Haushalt berücksichtigen müssen, ist nicht nur aus polnischer Betrachtung der Verdacht haushalterischen Lastenausgleichs nicht per se von der Hand zu weisen, obwohl letztendlich nicht stichhaltig. Zusammenfassung von Ressourcen, auch solcher der Rüstungsindustrie, hat bestimmt finanzpolitische und ökonomische Vorteile.
Doch sind auch rein militärische Verbesserungen erwartbar? Um nur eine Frage aufzuwerfen, bis hin zu welcher taktischen Ebene sind Einh/Verb zu mischen (integrieren) und wie ist dann die sprachliche Kompetenz und die Frage der Umsetzung militärischer Philosophie beim Einsatz von Streitkräften zu beantworten. Wer nur einmal das Drama der Mischung unter Zugebene, leider sogar innerhalb von Besatzungen erlebt hat, sagt, nie wieder!
Als von uneingeschränkt strategischer Bedeutung erachte ich jedoch den im Zusammenhang mit deutschem Parlamentsvorbehalt stehenden Fragenkomplex! Denn, gesetzt der Fall, 27 Mitgliedsstaaten stimmen rasch zu, und der Bundestag muss noch debattieren, und dann? Sicher, bei langfristig absehbaren Einsätzen, wird Vieles im Vor-parlamentarischen Raum abgeklärt sein können.
Und bei kurzfristigen Einsätzen, absehbar mit Gefechten? Welcher Nachbar wartet, bis wir uns „berappelt“ haben, sosehr nicht wenige Partner den warmen Mantel der Rahmennation auch suchen werden.
Und schließlich, wer glaubt ernsthaft, dass z. B. in London vorbehaltlos der Unterstellung britischer Kräfte, bei den bekannten deutschen Einsatzvorbehalten und -umständen, zugestimmt werden würde, m. E. ein „never ever“!
Also, mein „Veto“ lege ich ein und empfehle sehr, bei nationalen Streitkräften zu bleiben. Sie haben sich bewährt. Das ist kein Argument gegen rüstungstechnische, taktische, operative und organisatorische Abstimmung wie z. B DEU-NLD.
Ich hatte es ja hier schon geschrieben: http://augengeradeaus.net/2015/03/stichwort-eu-armee-alle-jahre-wieder/#comment-185592
Zitat:“ Den offensichtlichsten Spill-Over können wir bereits seit Ende des Kalten Krieges anhand der deutschen Sicherheitspolitik betrachten. Die NATO und EU Mitglieder haben die Bereitstellung militärischer Fähigkeiten nicht in dem Ausmaß reduziert wie Deutschland. Die dabei oft bemühte Redewendung „Deutschland ist nur von Freunden umgeben“ wird dabei als Argument für die sog. Friedensdividende verwendet. Jedoch bringt diese Redewendung auch zum Ausdruck, dass man sich auf die Bereitstellung militärischer Fähigkeiten durch die Freunde verlässt und dadurch die eigenen Anstrengungen reduzieren konnte. Die Friedensdividende ist also in Wirklichkeit eine Dividende aus Trittbrettfahren auf Kosten der Freunde. Die erst kürzlich erfolgte scharfe Kritik aus Polen und den USA machen deutlich, dass man vom deutschen Gebaren allmählich die Nase voll hat.“
Zitat:“Spätestens wenn der tatsächliche Zustand der BW sich auf gemeinsamen Übungen nicht mehr beschönigen/vertuschen lässt, werden diese Freunde uns sehr deutlich zu verstehen geben was sie davon halten, wenn man sich auf ihre Kosten im System kollektiver Sicherheit ausruht. “
Zitat:“[…] ein Nullsummenspiel durch Trittbrettfahren ist nicht die Basis für langfristige Geschäftsbeziehungen. Verspieltes Vertrauen zerstört jede Geschäftsbeziehung nachhaltig.“
wir haben hier ja bereits unserer Skepsis gegenüber multinationalen Einheiten oder gar einer EU-Armee breiten Raum gewährt. Mich würde jetzt mal die konkreten Erfahrungen interessieren, die mit den bereits bestehenden multinationalen Einheiten gemacht wurden. So eine ehrliche Bestandsaufnahme wäre doch schon mal interessant.
Beispiel AWACS in Geilenkirchen: den Verband gibt es doch bereits seit den achtziger Jahren. Hier wurden im Zusammenhang mit dem von vdL propagierten MEDEVAC-Hubschrauberverband von den Fachleuten zahlreiche Probleme angeführt, die einem solchen Verband in der Praxis im Wege stehen würden. Daher frage ich mich: wie kann denn dann der AWACS-Verband seit Jahrzehnten funktionieren? OK, abgesehen natürlich von den Schwierigkeiten, welche die Deutschen schon mal machen…
Oben wurden die Probleme angesprochen, die beim „Durchmischen“ unterhalb der Zugebene entstehen. Sprachprobleme ist klar – aber woran hakt es dann weiter noch?
@f28 „Probleme, die beim Durchmischen unterhalb der Zugebene entstehen“:
Wer jemals in Operationen verbundener Kräfte erlebt hat, wie sich die Ereignisse in einem Gefecht über Stunden hinweg immer wieder überschlagen, für den reichen schon die Sprachprobleme aus, um eine Mischung unterhalb der DIVISION möglichst auszuschließen.
Ein großes Problem ist die mangelnde technische Interoperabilität auf unterer taktischer Ebene. Beispielsweise sind die Truppenfunkgeräte im VHF-Bereich nur im Minimalbereich (Handwahl klar) miteinander interoperabel. Ähnlich verhält es sich mit den meisten Führunginformationssystemen, so überhaupt vorhanden auf unterer taktischer Ebene.
Da wollen wir von der evtl vorhandenen Sprachbarrieren noch nicht mal reden.
@ f28 – Das lässt sich präzise beschreiben. Bei jeder Form der Zusammenarbeit können individuelle Rationalität und kollektive Rationalität auseinander fallen – z.B. Patei 1 hat Präferenz für Option A. Partei 2 hat Präferenz für Option B. Wenn das geschieht, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten damit umzugehen und daraus ergeben sich wiederum typische Probleme:
Punkt 1. Man arbeitet freiwillige zusammen (z.B. NATO) – Umsetzung individuelle Präferenz Partei 1 hat keinen Einfluss auf Umsetzung individuelle Präferenz Partei 2 – Problem: Gegenseitige Abhängigkeit eliminiert die freie Präferenzwahl –> somit Punkt 2.
Punkt 2. Man arbeitet „unfreiwillig“ (z.B. Entscheidung durch wohlwollenden Bürokrat, wohlwollender Diktator, Demokratie) zusammen – Umsetzung individuelle Präferenz Partei 1 hat immer einen Einfluss auf Umsetzung individuelle Präferenz Partei 2 –> Problem kollektiver Entscheidungen, Entscheidungsfindungskosten etc…
Deshalb sind EU-Armee (supranational), EU-Armee (USE) und nationale Kooperation, die hier ständig in einen Topf geworfen werden, völlig unterschiedliche Themengebiete.
Sind sich alle einig, weil individuelle Präferenzen = kollektive Präferenz, dann gibt es in jeder Form wenig Probleme. Daher Zusammenarbeit nach Punkt2 und Punkt 1 (mit gegenseitiger Abhängigkeit) nur dann, wenn man sich auf ein gemeinsamen Ziel einigen kann und sich sicher ist, dass sich die individuellen Präferenzen nicht verschieben. Zusammenarbeit mit stark abweichenden individuellen Präferenzen immer nur dann, wenn auf freiwilliger Basis und ohne gegenseitige Abhängigkeit.
@Bang50
Irgendwie erinnert das an eine Vorlesung in Hamburg bei PD Beckmann.
pi
Hat jemand aus der Runde Erfahrungen aus dem Einsatz bzw. Friedensbetrieb? Bspw Angehörige der DF-(Parade)Brigade?
Ich muss sagen, dass Argument „multinational geht nicht wegen Sprachbarriere“ finde ich doch arg fadenscheinig. Da fragt man sich schon, wie man es in AFG geschafft hat sich mit den Amerikanern zu verständigen und deren Unterstützung zukoordinieren? Es klingt immer so als, wenn die Sprachbarriere jegliche Zusammenarbeit von vornherein ausschließen würde. Eine deutsch-französische Brigade schafft es doch bestimmt auch zu kommunizieren?! Ebenso Luftwaffe und Marine, mit Papieren/Verfahren zum Teil auf Englisch oder auch die Teilnahme an multinationalen Verbänden oder Übungen (@NMWC oder @klabautermann hatten das im anderen Thread schon auf den Punkt gebracht)
Cheers
Flip
Problem multinationaler Durchmischung auf unterer taktischer Ebene:
Je technische anspruchsvoller und somit bei häufig gemeinsamer Ausb in NATO-Einr und weit ab vom „weißen-im-Auge-des-Feindes“, desto einfacher zu handhaben.
Auf Handgranatenwurfweite gibt es keine „Abstimmung“, suchen nach Vokabular, Rückfrage im Gefechtsstand, Automatismen laufen ab, weil man sich instinktiv versteht, oder man ist 2. Sieger.
Zusammenarbeit Pz / PzGren, Wechsel der Kampfweise, nichts haben wir mit anderen gemein und nur wir können es (Übrigens die Russen auch, obwohl das hier nicht hin passt)
Auftragstaktik vs. Befehslstaktik, d.h. Selbständigkeit des Unterführers, nur im deutschen Heer möglich.
Vielleicht an Bord oder im AWACS das Lied von Durchmischung singen, am Boden m.E. max Abstellung geschlossener Einh, alles Sonstige kostet Leben, übrigens das eigene. Alle materiellen Unterschiede kaum lösbar, nicht mal einheitliche Verpflegungsauffassungen. Es gibt nun mal unterschiedliche militärische Traditionen und Kulturen, lassen wir es dabei. Ein Sizilianer wird NIE wie ein Ostfriese denken, handeln, empfinden.
Klingt für mich nicht so, als wäre es nicht mittels Üben unlösbar. Ob nun die Art und Weise zu kämpfen auf deutsch, englisch oder Suaheli geübt wird macht doch keinen Unterschied, außer vielleicht man ist es bisher nicht gewohnt. Die Instinktive Handlung als solche wird antrainiert und das vollkommen unabhängig von Kultur etc.
Mir ist diese Blockadehaltung etwas zu viel Scheuklappenmentalität (no offense).
Ein Ostfriese wird übrigens auch nie wie ein Schwabe oder Franke denken, handeln und empfinden. Müssen wir jetzt in der Bundeswehr die Soldaten regional selektieren?
Ich bin davon überzeugt, dass bei gemeinsamen Dienst und Übung Sprachbarrieren keiner mehr sein werden und auch sich kulturelle unterschiede einander annähern.
Multinationale Kooperation muss doch auch nicht gleichbedeutend mit Durchmischung bis auf Gruppenebene sein. Hier wird wieder nur von ganz großen Extremen ausgegangen.
Cheers
Flip
@Flip:“Müssen wir jetzt in der Bundeswehr die Soldaten regional selektieren?“
Das war ja mal so und ist auch heute noch in Teilen so.
Gruppenkohäsoin durch landsmannschaftliche Verbundenheit schafft (neben anderen Faktoren) Kampfkraft.
S.a. „Kampfkraft“ Martin van Creveld.
P.S.: „Macht Platz Kameraden, die Deutschen wollen stürmen“ ;o)
Es beruhigt mich sehr, daß unser östlicher Nachbar noch alle Tassen im Schrank behalten hat und nicht wie hierzulande gleich den ganzen Schrank rausgeworfen hat. Mir wäre es noch viel lieber würden unsere Partner draußen noch direkter, noch deutlicher, noch klarer und würden unseren Worthülsenproduzenten ihre Traktate um die Ohren hauen daß es bis nach Berlin schallt.
Zusammengefaßt: Die deutschen Konzepte sind Versuche die eigene Verteidigungsindustrie am Leben zu halten, während man die eigene sicherheitspolitische Verantwortung an jemand anderen abzuschieben versucht. [SET sarcasm TO HARDCORE] Na, Herr Kiesewetter, klingeln die Ohren von dieser sicherheitspolitischen Ohrfeige noch? Das ist sicherheitspolitischer Realismus mit Bezug zur Realität, nicht irgendwelches substanzloses Gefasel von einer EU-Armee, die in der Realität nur deutsche Politiker davor bewahren soll sich mit diesem Thema beschäftigen zu müssen. [SET sarcasm TO NORMAL]
sehr geehrter herr wiegold.
etikette gilt in beide ricthungen.
wenn sie meinen einen post löschen zu müssen, was ihr gutes recht ist, dann machen sie es entweder komplett oder sie belassen den post samt ihrer Stilkritik, stehen.
so wie sie es jetzt machen qualifizieren sie einen kommentar ab ohne dem rest der leser die möglichkeit zu geben sich zum betreffendne post selbst eine meinung zu bilden.
zu den ergüssen des Herrn kiesewetter und deren realitätsbezug habe ich davon abgesehne auch hier schon schärferes als meinen beitag gesehen.
die intensiät der kritik orientiert sich eben immer ab betreffenden objekt. hahnebüchenen unsinn muss man auch entsprechend qualifizieren dürfen
[Ich habe mich wohl nicht deutlich ausgedrückt. Sie haben gezielt Personen beleidigt mit Ausdrücken am Rand des Justiziablen. Es geht nicht um Stilkritik und Etikette. Und Sie werden bitte mir überlassen, wie ich mit solchem Zeug umgehe. T.W.]
Wenn ich das so von den Polen lese, dann bin ich froh, dass dieser Nato-Partner zwischen uns und Putin liegt. Im Gegensatz zu Deutschland scheinen sich die Polen sowas wie sicherheitspolitische Kompetenz erhalten zu haben und werden verhindern, dass die „Kiesewetters“ Europas jemals Befehlsgewalt über polnische Soldaten bekommen.
Vernünftige deutsche Kommandeure lässt man hingegen gern im Rahmen multinationaler Kooperationen in die Befehls- Hierarchie, nachdem man sich davon überzeugt hat, dass die konkrete Person auch alle Tassen im Schrank hat. Subsidiäre föderale Strukturen führen so zu einer schlagkräftigen Streitmacht.
@Flip + @K.-P. Kaikowsky:
Wir haben wahrscheinlich alle schon selbst im Ausland erlebt, wie sich „Durchschnitts-Deutsche“ mit „Durchschnitts-Einheimischen“ radebrechend auf Englisch oder mit Händen und Füßen verständigen – viel Spaß mit dieser Kommunikation, wenn man unter Feuer liegt und Befehle geben/verstehen muß und man koordiniert handeln muß. Denn da läuft rein gar nichts instinktiv ab außer daß man die Froschperspektive einnimmt und sich die Ameisenperspektive wünscht ….
Und auch in Stäben tut man sich schwer. Mir ist ein Fall persönlich bekannt, in dem eine ganze italienische Brigade über viele Missionsmonate nur einen brauchbaren Englischsprecher für das internationale HQ aufbieten konnte – doch der Offizier hatte dann militärisch nichts drauf.
Fazit: Brigaden mit einheitlicher Muttersprache funktionieren unter Streß, alles andere funktioniert aus Sicht derjenigen, die es selbst erlebt haben, erwiesenermaßen schlecht oder gar nicht.
@flip
Wenn man schonmal die Freude eines Heeresstabsoffiziers erlebt hat, der feststellt, dass keine multinationalen im Briefing sind und er deswegen auf Deutsch seinen SitRep kundtun kann…
Klar kann man das ueben… Fakt ist aber, dass wir im kalten Krieg deutlich mehr multinational geuebt haben als heutzutage… der Wille dazu fehlt meistens ebenso wie die Moeglichkeiten…
@ O&A | 27. März 2015 – 21:18
Es ist doch ein altes Thema, was so ziemlich jeder ATV-Stab verinnerlicht haben sollte: Übung macht den Meister oder anders ausgedrückt: „Train as you fight!“.
Wenn die Jungs im Gefecht Englisch sprechen sollen, so müssen das im normalen Alltag auch tun, bis hin zur Essensbestellung in der Kantine.
Solange also die Dienstsprache der Bundeswehr im Alltag nicht Englisch ist, ist all dieses „im Kampf wird dann bis in den Zug multinational kooperiert …“ ein irreales Hirngespinst.
Und Sprache ist nur eine Dimension des „sich auf Anhieb verstehen“, auf das es im Gefecht ankommt.
@Flip
„…Daher nochmal die Frage an Sie: Was macht ihrer Meinung nach die Europaarmee der Kooperation der Streitkräfte überlegen und ist damit vorzuziehen“
Nun, militärisch reduzierte eine einheitliche Führungsstruktur das Risiko im Gefecht, dass verbände unterschiedliche Nationen unterschiedlichen Befehlen folgen. Dennoch liegt der Vorteil einer europäischen Armee nicht im militärischen, strategischen oder taktischen Bereich. Die Vorteile sind politischer und ökonomische Natur.
@FvS
Es heißt übrigens Deutsches Heer und nicht Amerikanisches / Englisches / Multinationales Heer.
Haben sich in NATO-Doktrinen und Vorschriften auch einmal deutsche Ansätze und deutsches Führungsverständnis niedergeschlagen? Warum werden die NATO-Vorschriften (oftmals) nicht übersetzt? In höheren Stäben kommt man vor lauter Boards und Meetings kaum mehr zum eigentlichen Geschäft – zum Krieg führen.
Zudem: es ist schon traurig, daß fachlich sehr gut qualifizierte UmP an der Hürde „Englisch“ scheitern.
Das verwundert mich ehrlich gesagt nicht. Es liegt sicherlich im Verantwortungsbereich eines jeden, sein Englisch zu pflegen, nur ist es auch nicht besonders leicht Soldaten auf die entsprechenden Lehrgänge zu bringen. Dieser dauert dann auch 3 Monate. In der Zwischenzeit laufen aber die normalen Aufgaben weiter bzw immens wichtige Vorhaben sind zu bearbeiten. Weiterhin ist das auch nicht der einzige Lehrgang der besucht werden muss. Mittlerweile muss bei einem Schwimmen immer ein Rettungsscheimmen dabei sein, dieser muss einen einsprechenden Lehrgang haben. Dieser dauert 2 Wochen usw.
War etwas Offtopic. Mea Culpa
Frage: Wie wird das Problem in der Fremdenlegion gelöst?
„Die Deutschen finden die Europa-Armee gut, weil sie hoffen, dass ihnen andere die Struktur der Streitkräfte bezahlen und die deutsche Industrie subventionieren, denken aber nicht an mögliche Einsätze solcher europäischen Streitkräfte.“
Man denkt schon an mögliche Einsätze, denn man möchte die politische Verantwortung möglichst weit von sich wegschieben. Soll das europäische Parlament sich die Hände schmutzig machen.
@Voodoo
„Schlaue Positionsblätter zur Idee, wie und wofür man eine EU-Armee einsetzen könnte, haben bisher weder CDU/SPD (Kiesewetter) noch Grüne (Lindner) vorgelegt, sondern sich stattdessen auf Absichtsbekundungen und Visionen beschränkt.“
Brauchen sie auch nicht, steht im Grundgesetz und EU-Vertrag.
Welche Armee in Europa ist denn in ihrer Breite der Fähigkeiten durchhaltefähig?
Die Frage ist wollen wir auch in der Zukunft fast nichts mehr können oder wenigstens ein wenig.
Da müssen in jedem Fall hohe Hürden genommen werden, doch das ist Aufgabe der Politik.
Ich hoffe nur, dass wir es freiwillig tun und nicht dazu gezwungen werden, egal wie lange es dauert :-)
@Thomas
gerne einige Erfahrungen aus der D/F-Brigade, die wichtigste zuerst
– wenn man Bi-National arbeiten will, geht fast alles fast immer…
Einsatz
Der letzte Einsatz als D/F-Brigade war 2004 in AFG, 2016 ist der nächste geschlossene Einsatz als D/F geplant.
In Mali waren/ sind zwar sowohl DEU als auch FRA Soldaten der Brigade eingesetzt, aber eben nur im nationalen Rahmen und eher „zufällig“ im gleichen Ausbildungsverband.
Grundbetrieb/ Übung
Schematisch die „Durchmischungs“verhältnise innerhalb der Brigade
Brigadestab ist in den Bereichen G2, G3, G4 und S6 binational gemischt, DEU und FRA Personal mit gleichen Aufgaben teilen sich ein Büro. S1/B1 und S8/B8 sind – notwendigerweise – rein national organisiert und arbeiten parallel. G5 (CIMIC) wird durch Spanien (1 O, 1 UmP) besetzt. Kdr/ stv.Kdr und CdS/ G3 wechseln alle zwei Jahre zwischen DEU und FRA.
D/F-VersBtl ist im Stab ähnlich wie der Brigadestab organisiert, 1./- gemischt, 2./3./4./- rein national
1. RI/ 3.RH rein FRA Verbände, werden bei Übungen regelmäßig durch DEU Art (JFST) und Pio unterstützt. Wann immer möglich werden auch Zg/ Kp der JgBtl 291/ 292 unterstellt.
JgBtl 291/ 292 rein DEU Verbände, Übungen analog zu 1.RI/ 3.RH
ArtBtl 295/ PzPiKp 550 rein DEU Verbände, Unterstützung für die vier Kampfverbände wie oben beschrieben
Problemfelder, kurz angerissen
Einsatzdauer/- häufigkeit
– DEU alle zwei Jahre, dann mit Masse
– FRA ständig irgendwo, aber nur Zg/Kp-Stärke
–
Technisch/ Logistisch
– fehlende Kompabilität FüInfoSysH – SIC-F und Büro-EDV (z.B. LoNo – IntraDef)
– fehlende logistische Kompabilität (Munition, Wechselladepaletten, etc.), unterschiedliche Log-Verfahren
Führungskultur/ Sprache
– Auftragstaktik vs. Befehlstaktik
– Sprachfähigkeiten verbesserungswürdig; Offz ca. 60 – 70 % sprechen/ verstehen die jeweils andere Sprache, Uffz ca. 40 – 50 %, Mannschaften ca. 20 -30%
– Besprechungen finden meistens zweisprachig statt oder – wenn’s Richtung Übung geht – auf englisch.
„Welche Armee in Europa ist denn in ihrer Breite der Fähigkeiten durchhaltefähig?“
Das ist eine Frage der Prioritäten/Bedrohungslage und daraus leitet sich auch kein Sinn für eine EU-Armee ab.
@ Klaus-Peter Kaikowsky
Stimme Ihnen zu. Wobei TSK-uebergreifende Rivalitäten ja auch die Kooperation mit den NLD in der Vergangenheit erheblich geschädigt haben.
@ Thomas
Ein Beispiel, welche Herausforderungen sich z.B. bei den Führungsmitteln (techn.) und im Bereich der Kampfunterstützung (TTPs etc.) ergeben, lässt sich anhand der IRF Brigade NRF gut ablesen.
Eine nicht kompatible Fm- und Führungsausstattung in einem multinationalen Verband, geschweige denn die erkennbaren Sprachschwierigkeiten (Englisch) auf deutscher Seite, wie Unterschiede in der Mentalität wirken sich in der Auftragserfüllung bemerkbar aus.
@xyz
„Das ist eine Frage der Prioritäten/Bedrohungslage“
Stimmt, und die muss doch im Moment jedes Land bestimmt haben.
Gerade weil sich die Bedrohungslage seit den letzten Jahren geändert hat, sind viele Streitkräfte nicht auf dies eingestellt.
„…. daraus leitet sich auch kein Sinn für eine EU-Armee ab.“
Stimmt, aber die Frage wie die Schlagkraft, Abschreckung und Verteidigungsfähigkeit.in Europa mit den zur Verfügung gestellten Mitteln und Personal hergestellt und erhalten werden kann.
Wenn nach Abstimmung der Fähigkeiten und Verfahren, in vielen Jahren eine EU Armee entstehen sollte, das ist das eine politische Frage und eher weniger eine militärische.
@ fast alle
Die vorherrschende Meinung in dieser Runde ist das eine EU-Armee Teufelszeug wäre. Die pro Argumente sind alle „dummes Zeug“. Interessant ist dabei, dass die bestehenden Probleme die Iroquoise (s.u.) sehr schön auf den Punkt gebracht hat von kaum jemanden bestritten werden. Auch in den Vorständen Beiträgen wird beschrieben was im Augenblick alles nicht funktioniert.
Die Frage ist also, wenn das bestehende nicht funktioniert wie sieht eure Lösung aus?
Iroquois | 25. März 2015 – 17:34
@ vom Stein: “Was genau verstehen Sie unter „sich von den USA emanzipieren“? Das klingt für mich recht antiamerikanisch und spalterisch. Europa und Nordamerika sollten ein vitales Interesse daran haben, in sicherheitspolitischen Fragen kooperativ zusammenzuarbeiten.”
Ich kann zwar nicht für M.Steffen sprechen und es ist (leider) auch gegenwärtig unrealistisch – weil wir u.a. eben in Friedenszeiten, wie Sie völlig richtig bemerken, eher Geld für Wohlfahrt, als für Sicherheit investieren, aber auch aufgrund des Aufrechterhaltens von 28 nationalen Armeen samt Ministerien und Wasserköpfen nebst subventionierten Industrien – aber ich halte die Emanzipation eines Staatenverbundes mit über 500 Millionen Einwohnern, einem BIP größer als der USA, mit 170 Mrd. Dollar Verteidigungsbudget und 1,5 Millionen Soldaten eigentlich für eine Selbstverständlichkeit und keinesfalls für anti-amerikanisch. Dass wir in selbstverschuldeter Unmündigkeit nicht selbst in Europa und der unmittelbare Umgebung für unsere Sicherheit sorgen können (Russland gibt ungefähr 85 Mrd. Dollar für Verteidigung aus), ist der eigentliche Skandal. Daher müssen wir den USA dankbar sein und umgekehrt akzeptieren, dass wer “free riding” betreibt, eben im Umkehrschluss nicht bestimmen kann, wohin der Zug fährt, den hauptsächlich ein anderer angeschafft hat, unterhält und betankt.
Wir werden keinesfalls von den USA unterdrückt, stimmen in vielen, aber nicht allen Belangen überein, werden aber eben auch nicht immer für voll genommen (B. Nuland: “Fuck the EU”) und sollten zumidnest theoretisch in der Lage sein, unsere Dinge in Europa selbst regeln zu können. Gerne mit den USA, aber notfalls(!!!) eben auch ohne sie, ohne uns von externen Autokraten spalten zu lassen. Aber zu diesem “notfals ohne” sind wir definitiv absehbar nicht in der Lage und damit automatisch abhhängig, gleich ob wir das gut oder schlecht finden. Auch ein sicherheitspolitisch”emanzipiertes” Europa
(wann auch immer das sein mag) sollte engste Beziehungen zu den USA und anderen nicht-europäischen NATO-Partnern halten und diese pflegen, aber eben sicherheits- und verteidigungspolitisch (vollständig) unabhängig, selbstständig und auf Augenhöhe sein und dazu gehört die Option “notfalls ohne” zu können.
Wer im Zuge der Ukraine-Krise und nach Libyen behauptet, wir wäre unabhängig in unseren äußeren und speziell sicherheitspolitischen Angelegenheiten oder auf Augenhöhe, der lebt genauso in einer Traumwelt, wie die, die sich schon in wenigen Jahren im gelobten Land der “Vereinigten Staaten von Europa” samt europäischer Armee sehen.
@M.Steffen
Bis auf das Disziplinarrecht und die Entsendung in Abenteuereinsätze sieht die Lösung folgender Maßen aus:
Schlagkraft und Abschreckungfähigkeit erhöhen.
Könnte man also vielleicht folgendes festhalten: Die Europa-Armee ist ein tolles und überaus wünschenswertes Projekt und jeder, dem der europäische Gedanke etwas bedeutet, bekommt vor Rührung feuchte Augen.
Man muss halt nur die Einschränkung im Auge behalten, dass diese Armee für alles, was auch nur entfernt mit einem bewaffneten Konflikt zu tun haben könnte, vermutlich ungeeignet ist.
„Man muss halt nur die Einschränkung im Auge behalten,… “
dass zu einer multinationalen Armee per Defintion mehr als 1 Nation gehören. Begeisterung bei Nation Nummero 1 (=D) reicht nicht, da müssten noch ein paar mehr mitspielen wollen. Ich warte bis heute vergebens auf Berichte über ähnliche Begeisterung bei unseren Nachbarn. Vielleicht sollte unser politisches Führungspersonal ein paar Gedanken daran verschwenden, wie ihre (vielleicht wirklich „gut“ gemeinten) Ideen jenseits der Grenzen so ankommen. Die Annahme könnte dort dann z.B. so aussehen:
„aha, die Deutschen beschaffen das Gerät (= Subvention der heimischen Industrie), und werden schon irgendeinen Weg finden, uns mit zur Kasse zu bitten. Wir dürfen dann das Personal dafür stellen (= Kanonenfutter). Aufgrund ihrer überwältigender Machtposition in der EU werden die Deutschen letztlich auch immer bestimmen, was mit Material + Personal passieren wird. Oder auch nicht passieren wird“
In Kurzform also: D fördert seine Industrie, die Nachbarn stellen das Fußvolk, und D führt das Kommando über dat Janze. Äußerst attraktive Perspektive, nicht war?
Wenn ich polnisch / niederländisch / dänischer Politiker wäre, würde ich ganz bestimmt sofort mitspielen wollen ;-)
@zimbarsen
„Schlagkraft und Abschreckungfähigkeit erhöhen.“
Wie denn? Einfach mehr Geld ausgeben?
„Man muss halt nur die Einschränkung im Auge behalten, dass diese Armee für alles, was auch nur entfernt mit einem bewaffneten Konflikt zu tun haben könnte, vermutlich ungeeignet ist“
Warum s
@chickenhawk:
Ich würde da unterscheiden:
A) Verteidigung
* Verteidigung gegen einen Angriff auf EU-Territorium, insbesondere gegen einen massiven Angriff, der auch mit nationalen Streitkräften nur gemeinsam abwehrbar wäre.
* Verteidigung gegen einen begrenzten Angriff auf EU-Territorium
B) out-of-area-Einsätze mit Zustimmung/Duldung aller Betroffenen
* Klassische Blauhelmeinsätze.
* Nothilfe
C) out-of-area-Einsätze ohne Zustimmung aller Betroffenen
* Friedenserzwingung
* Erzwingung von Machtwechseln (regime change)
* Partei ergreifen in Bürgerkriegen / innerstaatlichen Konflikten
* Beteiligung in zwischenstaatlichen Konflikten außerhalb der EU
Liegen die Bedenken bezüglich einer EU-Armee nicht im wesentlichen im Bereich C?
Gibt es Argumente, dass A mit EU-Armee wesentlich schlechter ginge als mit rein national organisierten Streitkräften?
Sorry vom Handy aus ist das alles schwierig mit copy Paste … Versehentlich auf senden gekommen… Also noch mal.
@chickenhawk
„Man muss halt nur die Einschränkung im Auge behalten, dass diese Armee für alles, was auch nur entfernt mit einem bewaffneten Konflikt zu tun haben könnte, vermutlich ungeeignet ist“
Warum sollte das so sein?
@ ein Leser
Gut gesagt!
Köstlich. Mir ist jetzt wirklich so richtig klar geworden warum man in DEU keine produktive sicherheitspolitische Diskussion zu Stande bekommt.
Schritt1: Ausgangspunkt ist immer eine große Vision.
Schritt2: Dann werden dieser Vision positive Eigenschaften zugeschrieben wie Zitat:“ Die Vorteile sind politischer und ökonomische Natur.“ Eine konkrete Begründung warum sich diese positiven Eigenschaften ergeben bleit man jedoch schuldig (ökonomische Vorteile) bzw. man bedient sich Aussagen die niemals falsifiziert werden können (politische Vorteile) und damit jede seriöse, fachliche Diskussion unmöglich machen.
Schritt3: Wenn gewisse positiven Eigenschaften systematisch angezweifelt werden http://augengeradeaus.net/2015/03/die-europa-armee-aus-polnischer-sicht-macht-deutschland-es-sich-zu-einfach/comment-page-1/#comment-187688, die Voraussetzungen sich ändern und die Diskussionsgrundlage schon lange nicht mehr gegeben ist http://augengeradeaus.net/2015/03/die-europa-armee-aus-polnischer-sicht-macht-deutschland-es-sich-zu-einfach/comment-page-1/#comment-187660, http://augengeradeaus.net/2015/03/die-europa-armee-aus-polnischer-sicht-macht-deutschland-es-sich-zu-einfach/ geht man darauf nicht ein, sondern widerholt das Spiel bei Schritt 1 bzw. versucht die Beweislast umzukehren und fordert dazu auf, die nicht falsifizierbaren Thesen zu widerlegen.
Diese Systematik torpediert jegliche stringente und produktive Weiterentwicklung von Konzepten. Wenn man dahinter einfach nur Dogmatik vermutet, dann braucht man nicht zu diskutieren. Vermutet man jedoch hinter diesen Kommentatoren eine bewusste Rationalität, so könnte man es auch als eine aus Russland geleitete Sabotage/Spaltung der momentanen NATO Bemühungen für eine kohärente Verteidigungsstrategie in Europa sehen.
Das ist jetzt übrigens auch eine Behauptung die sich durch die entsprechenden Kommentatoren nicht wiederlegen lässt und damit ein übles rhetorisches Mittel darstellt. Aber vielleicht tut es ja auch mal gut die eigene Medizin zu schmecken. Ah! Und wenn die Kommentatoren diesen Punkt abstreiten, dann behaupte ich es einfach noch einmal und freue mich über den großen Zeitaufwand welcher dann von der Gegenseite völlig unproduktiv erbracht werden muss.
@ M.Steffen:
Rekruten der Fremdenlegion erhalten während ihrer Grundausbildung auch Sprachunterricht. Dessen Inhalte sind allerdings – wenig überraschend – am dienstlichen Bedarf ausgerichtet und dementsprechend rudimentär. Ich bezweifle, dass das Vermittelte für eine lockere Unterhaltung im Mannschaftsheim genügt.
Da wäre ich wiederum nicht so sicher, denn das Erlernen der franz. Sprache wird mit gehörigem Druck verbunden; so wird z.B. jeder Befehl (zumindest in der Grundausbildung) nur einmal und nur auf Französisch gegeben – und zudem nicht wiederholt.
Sagen wir mal, die extrinsische Motivation zum Lernen ist extrem hoch…
Nehmen wir konkret die EU-(und NATO-)Staaten Estland, Lettland und Litauen. Ein russischer Angriff auf diese Länder wird sich genauso abspielen wie der Krieg gegen die Ukraine, es wird ein hybrider Krieg sein. In der deutschen Politik würden dann zunächst die Stimmen überwiegen, die »deeskalieren« wollen und eine »friedliche Lösung« anstreben. Bis dahin haben dann die von Russland inszenierten Volksabstimmungen über den Anschluss der Gebiete mit russischer Bevölkerungsmehrheit an die Russische Föderation längst stattgefunden und ein Ministerpräsident a. D. aus Deutschland wird fordern, die neuen Realitäten zu akzeptieren.
Das sind die einzigen Szenarien, für die eine Europa-Armee unter Umständen in Frage kommen. Aus deutscher Sicht aber mit vielen caveats und der ausdrücklichen Zusicherung, nur zum Zwecke der Selbstverteidigung von der Schusswaffe Gebrauch zu machen.
Muss man nicht erörtern. Deutsche Soldaten werden sich an so etwas nie beteiligen. Weder in der Uniform einer EU-Armee, noch in einer deutschen Uniform, weder heute, noch in 50 Jahren.
@ M.Steffen:
Thema Fremdenlegion: sowohl im Einsatz wie auch außerhalb habe ich ein paar Mannschafter-Legionäre kennengelernt. Mit deutlich mehr IQ und EQ, als man von vermeintlichen „Rambos“ erwarten würde – helle und sympathische Kerle. Französisch als Fremdsprache passabel zu lernen, das war kein Problem für sie. Sicher gibt es auch welche, die es schwerer haben mit Französisch. Uffz und Offz in der Legion müssen sehr gut Französisch sprechen können.
@Ein Leser und @ M.Steffen:
Sind/waren sie OR-x oder OF-x?
Moin,
wie schon angesprochen gibt es massive Probleme bereits auf technischer Ebene:
Wie soll in einem Verband bzgl. Beurteilungswesen, Disziplinarrecht, Beschwerdewesen, Beteiligungsrechten, Innerer Führung allgemein, mil. Sicherheit, insbesonders Sicherheitsüberprüfungen, Einsatzgrundsätzen, Ausbildungsplanung/durchführung, Material, SAP, Sanitätswesen, Verwaltungsgrundsätze (TG, Überstundenverordnungen, etc.), der Rechner (BWI?), Gefechtsstandswesen, um grob nach FGG geordnet nur einiges zu nennen inklusive entsprechender Ausbildungen effektiv verfahren werden?
Die operative und politische Ebene lasse ich außen vor.
Wenn man erst einmal das Mögliche, wie etwa eine wirkliche gemeinsame Beschaffung, gemeinsame Ausbildungszentren, wie etwa schon geschehen die Centres of Excellence, oder die Ausbildung der Niederländer an der Panzerhaubitze 2000, oder ein kompatibles Fernmelde/Gefechtsstandswesen, in Ansätzen erkennbar in Afghan Mission Network, etablieren bzw. ausbauen würde, wäre bei relativ wenig Aufwand schon viel gewonnen…
@chickenhawk, zu „Hybrider Krieg“:
Danke. Da habe ich das offensichtliche nicht gesehen. Aus baltischer oder aus polnischer Sicht sieht das natürlich ganz anders aus als aus meinem Blickwinkel.
Aus meiner Sicht macht es für die baltischen Staaten kaum einen Unterschied, ob z.B. die polnischen Streikräfte ihnen dann „robuster“ zu Hilfe eilen würden (und um diese Größenordnung geht es — USA und UK wären in eine EU-Armee kaum besonders stark eingebunden, würden also auczh kaum gehemmt, Frankreich hat Richtung Osten eine ähnliche Interessenlage wie Deutschland). Deutschland hingegen stünde mit EU-Armee unter stärkerem Druck sich zu engagieren als ohne. Es wäre für die baltischen Staaten auch einfacher, nichtbaltische Soldaten in Tripwire-Positionen zu bugsieren.
Generell würde Deutschland zwar nicht primär auf militärische Mittel setzen, stünde aber unter höherem Druck, mit nichtmilitärischen Mitteln Erfolge zu erzielen und würde dort höhere Kosten (z.B. wirtschaftlicher Natur) akzeptieren. Mithin würde auch das nichtmilitärische Abschreckungspotential erhöht. Das nichtmilitärische Abschreckungspotential ist für die baltischen Staaten wichtiger als das militärische.
Ich denke da jetzt „typisch deutsch“, oder? :-)
Ist jetzt auch keine besonders überraschende Erkenntnis – europäisierung der Außenpolitik wird eher von „doves“ als von „hawks“ betrieben; nicht, weil das die logische Konsequenz ist, sondern weil die politischen Lager nunmal so gespalten sind in Europa. Politiker, die gerne Militäreinsätze haben, weisen nunmal eine große Schnittmenge auf mit Politikern, die was gegen die EU haben.
Die „outlier“ wären da die gaullisten (gegen Nato, also EU als Nato-Ersatz) und eben post-kommunistische Politiker (Europa als Gegenpol zu Russland), und gerade letztere sind dann auch regelmäßig enttäuscht – haben aber auch eher wenig zu sagen in Europa.
Ich mach mal was was ich mir sonst mangels Kompetenz hier nicht traue: Brainstorming.
Eine einheitliche europäische Armee ist ungeeignet für „World Power Projection“ schlicht weil hier die Meinungen zu weit auseinandergehen. Solche Meinungsverschiedenheiten gibt es nicht bei der rein defensiven Verteidigung europäischer Grenzen. Eine einheitliche europäische Armee sollte ohne grössere Streitereien die territoriale Verteidigung der NATO verbessern, d.h. nicht als Expeditionsheer sondern als Nationalgarde. Für Expeditionen kann jede Nation bei Bedarf auf selbst zu schaffende und zu bezahlende getrennte Strukturen zurückgreifen.
Eine einheitliche europäische Armee muss über vertraglich festgelegte Kontinente und Zahlungen der Mitgliedsländer realisiert werden. Der notorische Schlendrian fällt dann wegen Many-Eyes-Prinzip schwerer, keine ausufernden Abeits-Beschaffungsmassnahmen für lokale Rüstungsindustrie, keine Besenstielbrigaden, keine Schönwetterarmee. Man stelle sich mal vor ein polnischer Offizier erhält die Berechtigung deutsche Streitkräfte öffentlich zu beurteilen…