Debatte übers Großgerät – jetzt ernsthaft?

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch wenn heute hier eigentlich schon genug los war, eines muss ich noch schnell abarbeiten: Nachdem die Süddeutsche Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) am (heutigen) Donnerstag von Anzeichen dafür geschrieben hat, dass die Spar-Ausstattung der Bundeswehr mit Großgerät verändert werden könnte, ein paar Hinweise:

Aus dem SZ-Artikel:

Im Verteidigungsministerium wird überlegt, die Bundeswehr mit mehr Panzern auszustatten, als derzeit offiziell vorgesehen ist. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll unter anderem geprüft werden, ob die Truppe mehr Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 behalten könnte, als durch die Bundeswehrreform festgelegt. (…)
Im Verteidigungsausschuss berichtete Generalinspekteur Volker Wieker am Mittwoch laut Teilnehmern sinngemäß, er solle prüfen, was die Materiallage und das Verfügbarkeitsmanagement für die Nato-Verpflichtungen bedeuteten.

Die Leser von Augen geradeaus! wird das so nicht wirklich überraschen. Hinweise auf eine Kursänderung, mit der die Truppe – vor allem das Heer – nicht mehr nur 70 bis 80 Prozent des Geräts bekommt (das auch im so genannten Dynamischen Verfügbarkeitsmanagement quer durch Deutschland geschaukelt wird), gibt es schon seit einiger Zeit. Und es gibt, das ist offensichtlich in Vergessenheit geraten, seit dem Oktober vergangenen Jahres eine sehr klare Forderung vom Koalitionspartner SPD:

Der in der Zielstruktur definierte Materialbedarf für die Streitkräfte muss wieder zu 100 Prozent befüllt werden: Die Anordnung de Maizières, die Befüllung auf 70 bis 80 Prozent abzusenken, hat zu dem Mangel an einsatzfähigem Material geführt und muss – wo noch möglich – zurückgenommen werden. Das gilt auch für die Abgabe von bereits finanziertem, einsatzfähigem Material.

Einigen internationalen Reaktionen nach scheint die Information, dass die Bundeswehr nur etwa drei Viertel des benötigten Geräts besitzt, bei manchen Verbündeten auf Verblüffung zu stoßen. Spätestens seit gestern wissen sie davon, weil die Kollegin Sabine Siebold von der Nachrichtenagentur Reuters ihre Geschichte auch im englischsprachigen Dienst unterbrachte und dabei Ministeriumssprecher Jens Flosdorff mit einer klaren Aussage zitierte:

Germany is considering buying more tanks in the light of the Ukraine crisis and Europe’s deteriorating relations with Russia, after years of drastic cuts left the military operating with just 75 percent of the heavy equipment it needs. (…)
„Land defence and defence of our alliance has always been an important duty for the German military and over the last year this has only gained in importance,“ said Jens Flossdorf, a spokesman for German Defence Minister Ursula von der Leyen.
„NATO has set new goals on flexibility and rapid reaction time. That is why we are examining what appropriate modernisations and revisions we can make to boost existing structures,“ he added.

 

Dann schauen wir mal, was dabei rauskommt.

Im Dezember 2011 hatte ich mir übrigens die Gründe für die Einführung des Dynamischen Verfügbarkeitsmanagements mal erläutern lassen. Und die Begründung war damals zwar auch, aber nicht allein die finanzielle Situation der Bundeswehr:

Im Grunde verlegt sich das Heer damit auf ein Prinzip wie beim CarSharing oder bei Mietwagensystemen: Es geht nicht darum, das Material zu besitzen und es, wie beim Privatmann mit seinem Personenwagen, einen Großteil der Zeit ineffizient auf dem Parkplatz stehen zu haben. Sondern darum, das Gerät nutzen zu können, wenn es gebraucht wird.
Für den einzelnen Bataillonskommandeur ist das zwar formal ein Abschied von der Kontrolle über seinen Bestand an Schützenpanzern. Aber, sagt einer, der schon vor langer Zeit mal Bataillonskommandeur war: Auch früher hatte der Kommandeur nicht alle 53 Marder, die ihm zustanden, auch tatsächlich zur Verfügung. Sondern regelmäßig die Hälfte, und fürs Manöver maximal 75 Prozent. Schon wegen der Betriebskosten.

Das Problem scheint nur zu sein: Das funktioniert einfach nicht so, wie es sich mal jemand ausgedacht hat.

(Dieser Eintrag musste jetzt sein, weil mich etliche per Mail fragten, ob ich denn die Geschichte in der Süddeutschen überhaupt mitbekommen hätte…)

(Archivfoto Krauss-Maffei Wegmann)