Hubschrauber-Deal: Eigentlich wie erwartet

Das Verteidigungsministerium und Airbus Helicopters, meldet Spiegel Online am (heutigen) Mittwochabend, haben sich auf die Endfassung des German (oder Global) Deal, die Vereinbarung über die Beschaffung von NH90-Transporthubschraubern, NH90-Marinehubschraubern und Tiger-Kampfhubschraubern geeinigt. Inhaltlich scheint es wenig überraschend nach dem, was hier in den vergangenen Wochen und Monaten in Einträgen und Kommentaren zu lesen war. Die Kernaussagen des Berichts:

Die hohen Kosten der Anschaffung wenigstens beim Transporthubschrauber NH 90 sollen zwischen mehreren Ländern aufgeteilt werden. So sollen 22 Helikopter bestellt werden. Sie sollen zwar in Deutschland stationiert sein, jedoch gemeinsam mit mehreren Partnerländern betrieben werden.(…)
Laut dem internen Papier soll nun auch endgültig der umstrittene Marine-Hubschrauber MH 90 Sea Lion bestellt werden. (…)
Vom Kampfhubschrauber Tiger bestellt das Verteidigungsministerium nun wieder elf Flieger mehr, allerdings verzichtet das Haus dafür auf ein Ersatzteilpaket.

Die Verteilung der Kosten für den NH90 in der Transportversion auf mehrere Verbündete war ja erklärtes Ziel des Schreibens von Generalinspekteur Volker Wieker an Partnernationen

(ich weiß allerdings leider nicht, wie bislang die konkreten Antworten und Zusagen auf diesen Vorschlag aussehen). Und auch die übrigen Punkte – Sea Lion kommt, elf Tiger zum Ausschlachten, weil das billiger ist als Ersatzteile zu kaufen – waren schon absehbar. Zur Erinnerung noch mal das, was die Wirtschaftsprüfer von KPMG und anderen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Herbst aufgeschrieben hatten:

Heutiger Projektgegenstand und Umfang beinhalten die Lieferung von 122 NH 90 TTH [Taktischer Transporthubschrauber] auf Basis der bestehenden Verträge für das Heer. Bis Ende August 2014 sind 35 NH 90 TTH in den drei verschiedenen Vorserienmodellen IOC (8 Stück), IOC+ (8 Stück) und FOC mit Einschränkungen (18 Stück) seit 2006 ausgeliefert. Die ersten Serienmodelle mit Full Operational Capability (“FOC”) sollen Ende 2016 ausgeliefert werden. Die Vorserienmodelle sollen in den kommenden Jahren zur Erlangung der FOC einen sogenannten Retrofit erhalten. Die ausgelieferten NH 90 TTH sind in der Ausbildung, in der Verwendung für das Heer und in der aufgerüsteten Variante FwdAirMedEvac als Rettungs- und Begleithubschrauber in Afghanistan im Einsatz.
Aktuell wird die Stückzahlreduzierung auf 82 NH 90 TTH (+ 20 optional) verbunden mit der Anschaffung von 18 NH 90 NTH “Sea Lion” vorbereitet. Dieses Vorhaben ist im so genannten German Deal vom 15. März 2013, der auch den Unterstützungshubschrauber Tiger mit einbezieht, dokumentiert. Der Haushaltsausschuss nahm die Vorgehensweise im Juni 2013 billigend zur Kenntnis, die rechtsverbindliche Umsetzung setzt voraus, dass das Parlament der für das 4. Quartal 2014 vorgesehenen 25-Millionen-Euro-Vorlage zustimmt.

Interessant übrigens: Wenn man sich das vom Spiegel-Kollegen Gordon Repinski berichtete Ergebnis anschaut, scheinen weder die Korrosionsprobleme des NH90 in der Marineversion bei den Niederländern (und teilweise auch bei den Franzosen) noch die letztendlich ungeklärte Triebwerksexplosion mit Spätfolgen über Usbekistan eine Rolle gespielt  zu haben. Vielleicht sind solche Details bei großen Industrieprojekten einfach unter dem Radar?

Nachtrag 27. November: Vom BMVg gibt es, wie schon aufgefallen ist, einen recht generischen Erklärungstext dazu. Und vom SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold gibt es eine Mitteilung, die mich bei den Zahlen allerdings noch ein bisschen mehr verwirrt (23 Tiger als Ersatzteillager?). Zur Dokumentation im Wortlaut:

Schlechter Deal ist nicht mehr ganz so schlecht
Rainer Arnold, Verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion:
In Verhandlungen der Koalitionsfraktionen mit dem Verteidigungsministerium zur Beschaffung weiterer Hubschrauber für die Bundeswehr konnte gestern Abend eine Einigung erzielt werden. Die Querelen um den hoch umstrittenen „German Deal“, ein schlechter Deal der Vorgängerregierung mit der Industrie, können jetzt nach über einem Jahr Stillstand zu Ende gebracht werden. Zuletzt hatte der Bundesrechnungshof den Deal, 45 Hubschrauber weniger abzunehmen, bei fast gleichbleibenden Kosten, kritisiert.
„Die SPD-Fraktion hat am 26. November dem Ergebnis der Verhandlungen des Ministeriums mit der Industrie zum sogenannten ‚German Deal‘, der immer noch ein schlechter Deal ist, zugestimmt. Der Grund für unsere Zustimmung ist, dass wir unsere Forderung, die Zahl der Hubschrauber weniger als ursprünglich geplant abzusenken, durchsetzen konnten.
Wir wollen, dass die Bundeswehr in den Bereichen, in denen in unseren Bündnissen Mangel herrscht, Schwerpunkte bildet. Das gilt insbesondere für die in allen Einsätzen dringend benötigten Hubschrauber. Die Sozialdemokraten im Verteidigungsausschuss haben erreicht, dass eine Option für 22 weitere Hubschrauber realisiert wird. Diese Hubschrauber sollen zusammen mit unseren europäischen Partnern als militärische Rettungshubschrauber (MedEvac) betrieben werden. Damit lassen sich nicht nur Synergien schaffen, sondern auch ein deutliches Zeichen in Richtung Europäisierung der Streitkräfte setzen.
In dem Gesamtvolumen von 122 Transporthubschraubern NH 90 enthalten sind auch 18 Hubschrauber in der Version Sea Lion für die Marine. Damit wird die längst absehbare Fähigkeitslücke in der Marine endlich geschlossen.
Darüber hinaus sieht der Vertrag vor, dass insgesamt 68 Hubschrauber UH-Tiger beschafft werden. Davon werden allerdings nur 45 betrieben, der Rest dient als Ersatzteillager.
Wir haben mit dazu beigetragen, den Entscheidungsstau im Verteidigungsministerium abzubauen. Wenn die Details des Vertrages dem Parlament vorliegen, werden wie sie genau prüfen und darüber in den Ausschüssen befinden.“