Zur Dokumentation: Luna & Ebola, Bundespressekonferenz 17. Oktober

Fürs Archiv, zum Nachlesen und damit alle auf dem gleichen Stand sind: Die Aussagen in der Bundespressekonferenz am (heutigen) Freitag zu den Themen Drohnen-Einsatz in der Ukraine und Ebola-Bekämpfung (der gesamten Bundesregierung).
(Hinweis: zum Thema Ebola habe ich außerdem eine Abschrift einer Pressekonferenz im Pentagon im Ebola-Thread der vergangenen Nacht nachgetragen.)

Es sprechen: Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz, der Sprecher des Verteidigungsministeriums Jens Flosdorff, Außenamtssprecher Martin Schäfer und die Sprecherin des Gesundheitsministeriums, Katja Angeli.

Luna/Drohneneinsatz für die OSZE in der Ost-Ukraine

Frage: Herr Flosdorff, was können Sie uns zu Drohnen sagen, die – so berichtet es heute die „Bild“-Zeitung – bei minus 19 Grad nicht fliegen können? Was können Sie uns zweitens zu Alternativszenarien zur Verwendung der Drohnen vom Typ LUNA sagen?

Flosdorff: Vielen Dank für die Frage. Es gibt ja Meldungen, und diese würde ich einmal dazu zählen, die vielleicht eher dem durchaus nachvollziehbaren journalistischen Interesse geschuldet sind, die Worte „Bundeswehr“ und „Pannen“ immer möglichst in einem Zusammenhang zu erwähnen. Aber hier geht es um die Tatsache, dass der Betrieb der Aufklärungsdrohne LUNA wetterbedingten Einschränkungen unterliegt. Das ist keine Panne, das ist Physik! Es ist wie bei allen anderen Luftfahrzeugen auch, ob sie zivil oder militärisch sind, bemannt oder unbemannt: Sie können immer bei bestimmten Wetterbedingungen eingesetzt werden und bei anderen nicht. Das ist allen Beteiligten auch bekannt. Vergleichbaren Einschränkungen unterliegen auch die Drohnen, die unsere Partner dort einsetzen würden, und im Übrigen auch die, die sich die OSZE selbst beschafft, um sie zur Luftüberwachung in der Ostukraine einzusetzen.

Dazu, dass man sagt, das sei grundsätzlich nicht möglich: Das stimmt auch nicht, sondern wie bei allen anderen Flugbewegungen auch ist jeden Tag zu entscheiden, ob ein Einsatz möglich ist oder nicht. Zum Hintergrund: Seit dem Beginn des Betriebs der LUNA-Drohne im Jahr 2001 hat es mehr als 5.000 Flüge in Mazedonien, in Afghanistan und im Kosovo gegeben, im Sommer wie im Winter. Die Bundeswehr hat breite Erfahrung damit.

Zusatzfrage : Herr Flosdorff, Herr Schäfer, heißt das, die Bundesregierung hält an dem Plan fest, diese LUNA-Drohnen, wenn sie denn angefordert werden, auch dort einzusetzen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass dies möglich ist?

Schäfer: Ja, jedenfalls hängt das Angebot nicht vom Wetter ab. Wir – der Außenminister und, glaube ich, auch andere Vertreter der Bundesregierung – haben mit dem Generalsekretär der OSZE über das deutsche Angebot gesprochen. Dabei hat sich das bestätigt, was wir vorher schon geahnt – um nicht zu sagen, gewusst – haben, nämlich dass das deutsche Angebot einschließlich der Schutzkomponente bei der OSZE auf Schwierigkeiten stößt. Es gibt noch keine definitive Antwort. Die könnte der Generalsekretär der OSZE auch nicht geben, sondern das wäre dann eine Sache, die zunächst im OSZE-Rat oder vom OSZE-Vorsitz zu besprechen wäre. Wir warten weiterhin auf eine Reaktion der OSZE. Das Angebot, wie es jetzt gemacht wurde, besteht natürlich weiter.

Frage: Herr Schäfer, es geht ja um den bewaffneten Schutz der Drohnen. Muss dieser bewaffnete Schutz Ihrer Ansicht nach unbedingt von der Bundeswehr geleistet werden, oder können das zum Beispiel auch die ukrainischen Streitkräfte übernehmen?

Schäfer: Ich glaube, das ist eine Frage, die Sie vielleicht eher an das Verteidigungsministerium als an mich richten sollten. Bisher ist das Angebot jedenfalls so, wie es ist. Das bedeutet, dass es da einen Schutz vonseiten deutscher Sicherheitskräfte geben soll.

Im Übrigen würde ich schon noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass alles, was wir hier besprechen, selbstverständlich unter dem Vorbehalt ist, dass das, was derzeit am Rande des ASEM-Gipfels zu diesem Thema besprochen wird, uns genauso wenig bekannt ist wie Ihnen. Womöglich laufen dort gerade, während wir miteinander sprechen, Gespräche oder stehen Gespräche unmittelbar bevor. Nur unter dieser Kautel können unsere Antworten hier jetzt erfolgen.

Zusatzfrage: Wäre es generell eine Option, das technische Personal der Drohnen nicht von deutschen Militärangehörigen, sondern von Angehörigen einer anderen Streitkraft beschützen zu lassen?

Schäfer: Ich glaube, es ist im Interesse aller, dass das, was in Minsk vereinbart worden ist, auch umgesetzt werden kann, einschließlich der Überwachungskomponenten, die in den Aufgabenbereich der OSZE fallen. Das ist ja die Ratio hinter dem deutschen und auch dem französischen Vorschlag, dort Hilfe zu leisten.

Ich glaube, es bringt relativ wenig, wenn wir hier jetzt öffentlich herumtheoretisieren. Es macht schon Sinn, dass wir zunächst einmal diejenigen, auf die es ankommt, unser Angebot prüfen lassen. Das ist nun einmal die OSZE in Wien und vielleicht auch der OSZE-Vorsitz in der Schweiz oder Wien. Wenn es eine Antwort der OSZE gibt, werden wir uns über diese Antwort beugen und schauen, ob sich Möglichkeiten ergeben, das umzusetzen.

Frage: Noch einmal zur Aufklärung, weil Sie sagten, das Angebot hänge nicht vom Wetter ab: Der Einsatz der Drohnen hängt ja doch vom Wetter ab. Sind die physikalischen Beschränkungen, denen diese Drohnen unterliegen, im Grunde ein Ausschlusskriterium, oder sagt man „In der Regel ist es in der Ukraine gar nicht so kalt, dass wir dort dauerhaft technische Probleme bekommen“, oder sagt man „Es ist uns egal, wir bieten das an, und ob das Wetter gut genug ist, muss die OSZE entscheiden“? In welchem Korridor bewegen wir uns da?

Flosdorff: Es ist so, dass grundsätzlich auch im Winter der Betrieb einer solchen Drohne möglich ist. Man muss eben jeden Tag schauen, wie die Wetterbedingungen sind – und hier reden wir ausdrücklich nicht nur über Temperaturen, zum Beispiel spielt für die Sensorik auch die Luftfeuchtigkeit eine Rolle. Wir haben damit inzwischen in 5.000 Flügen bei allen möglichen Temperaturen in allen Klimabedingungen Erfahrungen gesammelt; von daher hängt es davon nicht ab.

Schäfer: Ich will vielleicht noch einen anderen Aspekt anfügen, weil ich – ich denke, gemeinsam mit Herrn Flosdorff – der Meinung bin, dass die Fragen zu den technischen Spezifikationen jetzt nicht wirklich die entscheidenden Fragen sind. Wichtig ist – und ich denke, das ist eine ganz wichtige Voraussetzung für einen Einsatz von technischen Überwachungsgeräten aus Deutschland, aus Frankreich oder die sonstwie von der OSZE beschafft wurden -, dass alle Beteiligten, die die Minsker Vereinbarung unterzeichnet haben – das ist ausdrücklich die russische Föderation, die russische Regierung, das ist die ukrainische Regierung und das sind die verschiedenen Gruppierungen von Separatisten -, bereit sind, sich darauf einzulassen.

Wenn, wie bereits jetzt hier und da in den internationalen, deutschen, ukrainischen oder russischen Medien zu lesen ist, eine dieser Parteien sagt „Egal, was da jetzt ist, egal, was wir am 5. und am 19. September in Minsk unterzeichnet haben: Wenn dort so ein Ding fliegt, dann holen wir das gleich runter, ist doch klar“, dann macht das wenig Sinn. Wir wollen ja helfen und wir wollen Unterstützung dafür leisten, dass das, was diese Parteien vereinbart haben, auch umgesetzt werden kann.

Wenn es keine Bereitschaft dazu geben sollte – vielleicht ist das derzeit ja auch Gegenstand der Gespräche in Mailand -, dann kann man sich denken, was das Schicksal unseres Vorschlags ist. Wir wollen helfen, wir wollen unterstützen, aber wir können das letztlich nicht gegen den Willen der Unterzeichnerparteien von Minsk tun; denn dann würde es keinen Sinn machen.

Ebola

SRSin Wirtz: Dann noch ein Wort zum Thema Ebola: Die Situation in Liberia, Guinea und Sierra Leone – Sie werden das verfolgt haben – ist nach wie vor sehr besorgniserregend. Gestern hat die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, den Senegal offiziell für „Ebola-frei“ erklärt, was natürlich erfreulich ist, aber nichts daran ändert, dass die Bekämpfung von Ebola nach wie vor ein vorrangiges Ziel der Bundesregierung ist. Die Bundesregierung stellt daher noch einmal 84,7 Millionen Euro für die Bekämpfung der Ebola-Epidemie bereit. Damit erhöht sich der deutsche Beitrag auf knapp über 100 Millionen Euro. Diese Mittel sollen zum einen eigene Maßnahmen der Bundesregierung unterstützen, werden aber auch in Beiträge für NGOs und andere internationale Organisationen einfließen. Langfristig wird es erforderlich sein, die Gesundheitssysteme der betroffenen Länder und Regionen wieder aufzubauen und zu stärken, und das wird auch ein Schwerpunkt der deutschen Entwicklungspolitik in den nächsten Jahren sein.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Bundeskanzlerin im gemeinsamen Kampf gegen Ebola die internationale Gemeinschaft gefordert sieht. Ich möchte noch einmal auf die Regierungserklärung zum ASEM-Gipfel von gestern verweisen, in der sie sagte: „Ebola ist in der globalisierten Welt nur mit einer deutlich engeren internationalen Zusammenarbeit und mit deutlich effektiveren Strukturen einzudämmen“. So viel zum Thema Ebola.

Angeli: Zuerst einmal möchte ich an das anschließen, was Frau Wirtz gerade gesagt hat, da in der „Bild“-Zeitung heute der Eindruck erweckt wird, die rund 85 Millionen Euro für die Bekämpfung von Ebola würden aus dem Haushalt des BMG bereitgestellt werden. Das ist natürlich nicht der Fall. Wie Frau Wirtz gerade präzisiert hat, sind die Mittel, die der Haushaltsausschuss gestern bereitgestellt hat, vielmehr Mittel der Bundesregierung, die zu einem großen Teil über die Etats „Humanitäre Hilfe“ und „Entwicklungshilfe“ bereitgestellt werden. Zu einem kleinen Teil fließen Mittel natürlich auch in Projekte im Haushalt des BMG, zum Beispiel die klinischen Studien zur Entwicklung eines Impfstoffes.

Ich möchte anlässlich einzelner Berichte in Medien noch auf eine andere Sache eingehen, nämlich die Behandlungskapazitäten für Ebola-Infizierte in Deutschland: Die Zahl von 47 Betten, die uns die Bundesländer gemeldet haben, ist die Zahl der insgesamt verfügbaren Betten, die im Bedarfsfall sehr schnell einsatzfähig sind. Dass diese Betten im Bedarfsfall immer anlassbezogen betriebsbereit gemacht werden, ist schon angesichts der hohen Hygienevorschriften ein Gebot der Sorgfalt. Anhand des Beispiels Leipzig kann ich Ihnen sagen: Das Bett des Patienten, der leider nicht erfolgreich behandelt werden konnte, muss natürlich sehr sorgfältig desinfiziert werden und unter Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen wieder betriebsbereit gemacht werden. Es leuchtet jedem ein, dass dieses Bett in dieser Phase dann nicht zur Verfügung steht, sondern eben erst dann, wenn es unter Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen wieder betriebsbereit gemacht worden ist. Das ist auch der Grund dafür, dass die Zahl der verfügbaren Betten je nach Belastungssituation variieren kann.

Um Ihnen einen Vergleich zu geben: In den USA mit ihren 316 Millionen Einwohnern gibt es vier Behandlungszentren mit insgesamt 19 Betten. In Deutschland mit seinen rund 80 Millionen Einwohnern verfügen wir über sieben Behandlungszentren mit 47 Betten. Das heißt, dass wir im internationalen Vergleich nicht nur, was den Sicherheitsstandard dieser Betten angeht, sondern auch, was die Vorhaltekapazitäten angeht, sehr gut aufgestellt sind. Diese sieben Behandlungszentren arbeiten nach höchsten medizinischen Standards. Das Personal ist mit Schutzanzügen ausgestattet, die einen Überdruck haben. Es wird regelmäßig geschult und trainiert. Die Stationen selbst sind auf hoch ansteckende Krankheiten spezialisiert, die auch über die Luft übertragen werden können; das ist ja bei Ebola nicht der Fall. Das heißt, das sind sehr hohe Standards.

Gleichzeitig möchte ich noch einmal betonen: Wo immer Nachbesserungen im bestehenden System nötig sind, müssen sie natürlich auch erfolgen. Deshalb ist es gut, dass diese Debatte jetzt öffentlich geführt wird. Das erzeugt den nötigen Druck dafür, das dann auch vorzunehmen.

Frage: Ich habe eine Frage zu den Mitteln. Die Uno-Organisation OCHA hat ja um knapp 1 Milliarde Dollar gebeten. Davon sind bisher insgesamt 100 Millionen Dollar zusammengekommen. Zählt Deutschland diese 100 Millionen jetzt zu dem gesamten Geld, das man der Uno geben wird, oder wird man diesem OCHA-Fonds noch zusätzliches Geld zukommen lassen?

SRSin Wirtz: Herr Schäfer würde zu den Einzelheiten Stellung nehmen.

Schäfer: Ich bin nicht sicher, ob Sie das richtig beschrieben haben. Meine Kenntnisse sind jedenfalls ein wenig anders. Es gibt einen vom Generalsekretär der Vereinten Nationen eingerichteten Treuhandfonds, in den die Mitgliedstaaten einzuzahlen gebeten wurden. Dieser Treuhandfonds soll dazu dienen, Maßnahmen der Vereinten Nationen und der internationalen Gemeinschaft zur Bekämpfung von Ebola zu finanzieren. Es ist in der Tat beabsichtigt, einen beachtlichen Teil der Mittel, über die Frau Wirtz gerade gesprochen hat und die ja zum Teil auch an das Auswärtige Amt gehen, den Vereinten Nationen über diesen Treuhandfonds zur Verfügung zu stellen.

Zusatzfrage : Können Sie schon absehen, wie viel von Deutschland für diesen Treuhandfonds zusammenkommen wird?

Schäfer: Ich möchte das noch nicht so ganz präzise sagen, aber ich gehe einmal davon aus, dass es ein hoher einstelliger Millionen-Euro-Betrag sein wird.