Zur Dokumentation: Eurofighter & Ebola, Bundespressekonferenz 1. Oktober

Zur Dokumentation und später mal zum Nachschauen: In der Bundespressekonferenz am 1. Oktober waren sowohl die jüngsten Probleme mit dem Eurofighter Thema, als auch die deutsche Ebola-Hilfe, an der ja auch die Bundeswehr beteiligt ist – und die Frage einer Rettungskette für Infizierte. Hier deshalb zum Nachlesen und for future reference die Abschrift der entsprechenden Aussagen. Es äußern sich neben Regierungssprecher Steffen Seibert der stellvertretende BMVg-Sprecher Oberst Ingo Gerhartz, AA-Sprecher Martin Schäfer und Katja Angeli vom Bundesgesundheitsministerium.

Eurofighter, Ersatzteile, Haushalt:

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Gerhartz zum Thema Eurofighter. Dessen Lebensdauerwert ist von 3.000 auf 1.500 Flugstunden heruntergesetzt worden. Ich weiß nicht, wie viele Flugstunden so ein Flugzeug auf dem Tacho hat. Können Sie uns eine Größenordnung nennen, wie schwerwiegend dieses Problem ist? Steht unmittelbar bevor, dass einzelne Maschinen nicht mehr fliegen dürfen oder in welchen Zeitdimensionen hat man sich das vorzustellen?

Gerhartz: Lassen Sie mich kurz die Umstände erläutern, wie es zu dieser Lebensdauerverkürzung kam, die die Industrie ausgesprochen hat. Der Industriehersteller ist BAE Systems in England. Sie müssen wissen, dass beim Eurofighter die vier Nationen jeweils ein Bauteil übernehmen, das in der jeweiligen Nation hergestellt wird. Die Endmontage dieser verschiedenen vier Bauteile findet in England, Deutschland, Italien, Spanien und dann in der Nation statt, die der Endnutzer für das jeweilige Flugzeug ist.

Speziell der englische Hersteller hat festgestellt, dass er am Rumpf bei sogenannten Nieten Bohrungen vorgenommen hat, die nicht den „design criterias“ entsprechen, also den Bedingungen, die sich der Hersteller selbst auferlegt hat. Das ist ärgerlich; das gebe ich zu. Aber es ist berechtigt und auch sinnvoll, dass der Hersteller sagt: Ich will einfach weiter überprüfen, ob das überhaupt Konsequenzen hat. Es kann sein – es ist eine sehr komplexe Technik -, dass es hier vielleicht gar keine Konsequenzen hat, dass man diese Bohrungen so vorgenommen hat, wie man sie vorgenommen hat. Das gilt es eben jetzt zu überprüfen.

Der Hersteller hat selbst gesagt, dass er ein Testmodell auflegen wird, das Tag und Nacht mit diesen Bohrungen so getestet wird, um zu sehen, was sich daraus langfristig ergibt oder vielleicht ergibt sich daraus überhaupt gar kein Problem. Der Hersteller hat vorsichtshalber bei allen Luftfahrzeugen aller vier Nationen alle Tranchen betreffend – es gibt beim Eurofighter die Tranchen eins bis drei – gesagt, er kann nicht garantieren, dass hier keine Probleme für das vollständige Limit der Flugstunden auftreten würden, für die das Luftfahrzeug schon freigegeben war – das sind 3.000 Flugstunden – und hat dies auf 1.500 Flugstunden halbiert. Das ist so ähnlich, als wenn Sie ein Auto kaufen, eine Garantie über 100.000 Kilometer haben, der Hersteller einen Fehler feststellt, das so nicht mehr garantieren kann und dann vorsichtshalber sagt: Sie können eben nur noch 50.000 Kilometer damit fahren.

Für uns ist es wichtig – das ist das Entscheidende -, dass wir noch weit entfernt von dieser maximalen Flugstundengrenze liegen, wie es sie selbst durch die Halbierung gibt. Das heißt, vor 2016 – die letzten 2018 – würden wir nie an diese neue Obergrenze von 1.500 Flugstunden stoßen, sind jetzt aber in den Gesprächen über die NETMA, dieser internationalen Organisation, die mit der Industrie verhandelt, dass hier schnellstmöglich nach einer Lösung gesucht wird.

Zusatzfrage: Sie haben schon die Tranchen genannt. Wie viele stehen eigentlich noch aus? Es heißt, dass die Abnahme erst einmal gestoppt wurde. Hätte diese Abnahme unmittelbar bevorgestanden oder ist das sowieso nur ein eher theoretischer Schritt, weil möglicherweise der Hersteller gerade wieder nicht liefern kann?

Gerhartz: Die Abnahme ist nicht von der einzelnen Nation gestoppt worden – deswegen habe ich vorhin schon einmal die NETMA erwähnt -, sondern zunächst einmal von der Organisation, die diese Nationen als Vertragspartner gegenüber der Industrie vertritt, die dann wieder die verschiedenen Konsortien in der sogenannten Eurofighter GmbH zusammenführt. Jetzt finden Verhandlungen zwischen dieser NETMA, die uns quasi als Kunde vertritt, und der Eurofighter GmbH statt, wo es um die Frage der Gewährleistung geht, wenn wir wissentlich Flugzeuge mit einem Mangel in der Herstellung abnehmen, inwieweit die Industrie später, wenn etwas auftritt, eine Gewährleistung übernimmt oder nicht. Die NETMA hat vorgeschlagen, dass man zunächst erst einmal das verhandelt und sondiert und gegebenenfalls nach den Verhandlungen weitere Flugzeuge wieder abnehmen kann.

Frage : Herr Gerhartz, können Sie kurz sagen, wie sich das aktuell und konkret für die Bundeswehr auswirkt?

Gerhartz: Wenn die Industrie die Maschinen an diesen Punkt gebracht hätte, dass sie abnahmebereit gewesen wären, hätten wir dieses Jahr für die Streitkräfte noch sechs Luftfahrzeuge abgenommen. Ob wir dieses Jahr gar keine abnehmen werden oder ob wir vielleicht sogar alle sechs abnehmen können, muss sich in den nächsten Tagen entscheiden.

Frage : Wie viele sind es dann insgesamt?

Gerhartz: Die noch für Deutschland auszuliefern wären?

Zusatzfrage : Wie viele sind jetzt da und wie viele – –

Gerhartz: 108 Eurofighter sind der Bundeswehr ausgeliefert worden und insgesamt wären noch 32 Luftfahrzeuge auszuliefern.

Frage : Das heißt, Sie haben 108. Können Sie sagen, ob die voll einsatzfähig sind?

Gerhartz: Die Frage der Einsatzfähigkeit der Eurofighter-Flotte ist ja hier in den letzten Tagen oft diskutiert worden; Sie kennen die Zahlen. Wir können niemals in einer Flotte alle 108 Flugzeuge einsatzfähig haben. Das ist auch nicht die Zielrichtung, sondern Zielrichtung ist, immer so viele Flugzeuge einsatzbereit im normalen Friedensflugbetrieb zu haben, wie wir so schön dazu sagen, also in dem Flugbetrieb, in dem wir zu Hause und im Alltag unsere Besatzungen ausbilden. Ich denke, die Inspekteure haben im Verteidigungsausschuss ausreichend dargelegt: Für das, was wir im Moment kurzfristig für alle Aufgaben der Krisenreaktion und der Ausbildung unserer Besatzungen brauchen, haben wir ausreichend Eurofighter. Die von Ihnen gerade angesprochene Problematik in Bezug auf die Qualitätsmängel des englischen Herstellers betrifft zunächst weder unsere Einsatzbereitschaft noch den Ausbildungs- und Übungsflugbetrieb.

Frage: Wann haben Sie die Herstellerinformation bekommen? Lag dieser Zeitpunkt vor der Unterrichtung des Verteidigungsausschusses in der vergangenen Woche? Wenn er davor lag, wieso ist der Ausschuss über das Problem nicht informiert worden? Das gehört ja eigentlich zu der Thematik, mit der er sich ohnehin befasst hat.

Gerhartz: Wenn die Industrie Ihnen eine Problematik darstellt und schildert, ist es gut und richtig, sich erst einmal in Ruhe anzuschauen: Besteht denn überhaupt ein Problem? Haben wir ein Problem? Das ist im Eurofighter-Konsortium nicht von einer Minute auf die andere zu beantworten, sondern das ist ein längerer Prozess. Wir haben vier Nationen, wir haben verschiedene Industrien, die zusammengeführt in einer Organisation, in der gerade beschriebenen Eurofighter GmbH, zusammenarbeiten. Zunächst einmal war es wichtig zu sondieren „Was ist eigentlich das Problem?“, Sind wir überhaupt davon betroffen?“, um daraus dann die Schlüsse zu ziehen, was das für uns bedeutet. Ich denke, es war klug und richtig, gestern das Parlament zu informieren. Die Information ist erst nach Sondierung der Lage schriftlich an den Haushalts- und Verteidigungsausschuss gegangen, nachdem wir wussten, wie uns das Problem überhaupt betreffen wird.

Zusatzfrage: Wenn Sie die noch sechs offenen Eurofighter in diesem Jahr nicht abnehmen, würde das das Problem der nicht abfließenden Haushaltsmittel, das ja zuletzt aufgetreten ist, verschärfen?

Gerhartz: Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch nicht bewerten. Wir haben schon oft angekündigt, dass es auch in der Industrie, gerade im Eurofighter-Konsortium, wo es viele verschiedenste Verträge gibt, mit der Firma durchaus einen Ausgleich geben könnte, dass vielleicht andere Dinge bei der Eurofighter GmbH abgerufen werden – Teile, Anpassungen, weitere Systeme, Ersatzteile etc. -, die den Eurofighter als Ganzes betreffen, sodass ich jetzt zu Auswirkungen auf den Haushalt hier noch gar nichts sagen kann.

Frage : Herr Gerhartz, könnten Sie noch einmal etwas zum Wesen einer solchen Lebenszeitbegrenzung eines Luftfahrzeugs sagen? Ich nehme an, dass zum Beispiel die Transall auch einmal eine bestimmte Zahl von Flugstunden als Garantiedauer hatte, diese Lebenszeit aber wahrscheinlich einige Male bei diesen über 40 Jahre alten Flugzeugen verlängert worden ist. Wenn wir uns den Eurofighter ansehen, bedeutet das im Worst Case, dass die Dinger bei 1.500 Flugstunden stehenbleiben oder heißt das im Worst Case, dass wir nach 1.500 Flugstunden eine wie auch immer geartete Lebenszeitverlängerung dieser Luftfahrzeuge vornehmen müssen?

Gerhartz: Was das spezielle Problem angeht, kann man noch gar nicht sagen, ob es eine technische Realisierung geben könnte. Es könnte ja die Möglichkeit geben, dass diese Bohrungen auszutauschen und dann die Mängel beseitigt wären. Grundsätzlich muss man zu diesen Lebensdauerzyklen beim Eurofighter sagen: In dem Moment, wo man das System eingeführt hat, werden an verschiedenen Punkten des Systems Messungen vorgenommen, inwieweit das Luftfahrzeug an den verschiedensten Stellen belastet ist, um daraus dann wiederum eine Aussage zu treffen, wie lange, wie viele Stunden man dieses System nutzen kann. Dafür gibt es spezielle Kriterien. Letztlich ist es eine Frage der Flugsicherheit, um allen Kriterien zu entsprechen, dass dieses System absolut sicher ist. Hier ist man gerade von diesen 1.500 Stunden auf 3.000 Stunden hochgegangen. Ziel ist, noch darüber hinaus zu gehen, was den Lebenswertzyklus angeht. Aber durch diese besondere Problematik ist es zunächst einmal als Vorsichtsmaßnahme begrenzt worden.

Ich bin selbst Eurofighter geflogen. Dass es Qualitätsmängel bei dem Hersteller gibt, ist ärgerlich – das habe ich gesagt -, aber es ist gut und richtig, dass man zunächst erst einmal auf Sicherheit geht. Wir haben in Deutschland in zehn Jahren Eurofighter-Flugbetrieb fast 55.000 Flugstunden ohne einen einzigen Flugunfall gehabt, in dem wir ein Luftfahrzeug verloren haben. Ich denke einmal, das kann sich sehen lassen. Dass Sicherheit erst einmal vorgeht, ist, glaube ich, selbsterklärend.

Zusatzfrage : Sie nannten gerade die Zahl von 55.000 Flugstunden. Was ist denn das durchschnittlich pro Maschine und Jahr? Kann man das sagen?

Gerhartz: Das kann man auch nicht sagen, weil wir die Maschinen in verschiedenen Auslieferungszyklen bekommen haben. Wir haben Maschinen, die gegenüber anderen Maschinen jetzt schon etwas mehr Flugstunden haben. Klar, Sie können das einfach durch die 108 teilen. Aber das wird auf das einzelne Luftfahrzeug gerechnet so nicht funktionieren. Man kann es auch nicht mit der zivilen Fliegerei vergleichen. Wenn ein Airbus der Lufthansa einen Flug durchführt, sind auf dem System in der Regel durchschnittlich mehrere Stunden drauf und bei uns dauert der Flug durchschnittlich eine bis anderthalb Stunden, sodass Sie diese Flugstunden fast mit der Anzahl der Missionen gleichstellen können. Das heißt, die komplette Logistik dieses Luftfahrzeugs auch in allen Belangen der Sicherheit dorthin zu stellen, dass es diese Mission fliegen kann, bedeutet, dass Sie die 55.000 Stunden fast so betrachten können, dass das so ziemlich auch die Anzahl der Missionen ist.

Frage : Herr Gerhartz, wie ist es aus Ihrer Erfahrung mit anderen Flugobjekten? Wenn es zu solchen Mängeln kommt, wird so etwas mit den verbleibenden Tranchen oder Lieferstückzahlen verrechnet oder gibt es Regressforderungen, bekommen Sie Geld zurück, weil die Leistung nicht erfüllt wurde? Wie war das bisher? Welche Möglichkeiten werden sich beim Eurofighter eröffnen?

Gerhartz: Das ist eine berechtigte Frage. Es ist zu früh, sich darüber Gedanken zu machen, inwieweit wir Regress einfordern können, da ja die Industrie gerade mit Hochdruck an einer Lösung arbeitet, das Problem komplett aus der Welt zu schaffen beziehungsweise erst einmal den Nachweis zu liefern, was dieses Problem überhaupt bewirkt. Grundsätzlich ist es so – das sehen so ziemlich alle Verträge für die verschiedensten Systeme vor -, dass es, wenn es zu Minderleistungen mit der Industrie kommt, natürlich eine Art von Kompensation gibt. Aber bei dieser speziellen Problematik jetzt schon über den Punkt zu reden, wo denn hier Regress oder Kompensation sein könnte, ist noch viel zu früh. Es könnte sich durch den Nachweis eventuell herausstellen, dass dieses Problem eigentlich gar kein Problem ist.

Frage : Ich habe eine Frage zu dem grundsätzlichen Problem der Ersatzteilbeschaffung, das uns in den vergangenen Tagen beschäftigt hat. Wenn es um Engpässe in der Ersatzteillieferung geht, würde ich gerne wissen: Was ist im Laufe dieses Jahres oder in den vergangenen Wochen und Monaten möglicherweise schon bestellt oder angefordert worden? Wenn noch keine Bestellung an die Industrie herausgegangen ist, wo liegen diese Anforderungen? Bei Ihnen im Haus oder wie muss man sich diesen Vorgang vorstellen? Oder sind in diesem Jahr von den Ersatzteilen, die fehlen, tatsächlich weder welche aus den Teilstreitkräften angefordert worden noch vom Ministerium oder bei der Industrie bestellt worden?

Gerhartz: Sie meinen Ersatzteile allgemein und nicht speziell auf Eurofighter bezogen? – Zur grundsätzlichen Problematik Ersatzteile – ich denke, das ist hier in der letzten Regierungspressekonferenz am Montag ausgiebig besprochen worden -: 2010 war es verschiedenen Bedingungen geschuldet – wir hatten uns prioritär um den Einsatz in Afghanistan zu kümmern; es hat sich immer wieder gezeigt, dass wir für den Einsatz in Afghanistan hervorragendes Gerät haben -, dass es gerade bei den Luftfahrzeugen zu einem Stopp der Beschaffung von Ersatzteilen kam, um das haushalterisch aufzulösen. Wenn man sieht, dass Ersatzteile in der Regel einer Vorbestellung über mehrere Jahre bedürfen, um drei, vier Jahre später in der ausreichenden Anzahl, Qualität, Bauzustand – das ist sehr komplex – zur Verfügung zu stehen, wirkt sich das eben noch länger aus. In den Jahren danach – dieses Jahr ebenfalls nicht – haben wir die Ersatzteile so bestellt, wie wir sie brauchten. Aber wir leiden -das ist hier mehrfach angesprochen worden – durchaus noch unter diesem Einschnitt, den wir damals zu verzeichnen hatten.

Frage : Ich will genau an dieser Stelle nachhaken. Ich habe notiert: Ersatzteilproduktion gestoppt, um die Belastungen für den Afghanistan-Einsatz auszugleichen. Heißt das, das eine musste für das andere herhalten, um den Afghanistan-Einsatz überhaupt zu ermöglichen?

Noch weiter gefragt: Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr wird sozusagen mit dem Stopp von Ersatzteilen bezahlt?

Gerhartz: Wir hatten das vor einigen Tagen hier auch schon einmal besprochen. Es ist wesentlich komplexer. Der Afghanistan-Einsatz ist ein Beispiel dafür. Lassen Sie mich noch einmal ausholen, dass wir uns richtig ausdrücken:

Wir sind 2001 nach Afghanistan gegangen, ohne ein einziges geschütztes Fahrzeug gehabt zu haben. Als wir im Norden die Verantwortung übernommen haben, sah diese Lage noch nicht so viel besser aus. Wir sind dann nun einmal prioritär herangegangen – ich denke, das war gut und richtig -, dieses Material so zu verbessern, dass wir genau das haben, was wir dort im Einsatz gebraucht haben. Wenn Sie sich das heute, am Ende des ISAF-Kampfeinsatzes, anschauen, haben wir dort eine Fahrzeugpalette – Boxer, Dingo und wie sie alle heißen -, die wirklich herausragend ist, mit der wir dem Schutz unserer Soldaten gerecht werden. Das hat in den Jahren davor immer wieder dazu geführt, dass wir prioritär Finanzmittel bereitstellen mussten. Das heißt ja nicht, dass wir woanders reduziert haben und damit die Einsatzfähigkeit anderer Bereiche nicht mehr herzustellen war. Wir sind – das haben wir immer gesagt – durchaus auch in anderen Bereichen, gerade was die Krisenreaktion betrifft, voll einsatzfähig.

Frage : Noch einmal zu dem Punkt der fehlenden Ersatzteilbestellung aus 2010. Die Ersatzteile, die jetzt fehlen, hat man 2010 nicht bestellt, der Vorlauf ist eben drei, vier Jahre und deswegen sind sie dieses Jahr nicht da. Handelt es sich nur um diesen Zeitraum 2010 oder sind die Ersatzteile, von denen wir jetzt reden, die Ihnen jetzt fehlen, auch 2011 oder 2012 nicht oder nicht in ausreichendem Umfang bestellt worden und sind sie jetzt, 2014, bestellt worden?

Gerhartz: Die Frage der Ersatzteile und warum die Ersatzteile in der ausreichenden Zahl für alle Systeme in der Qualität, wie es sein müsste, nicht vorhanden sind, würde hier schon fast den Rahmen für ein Pressehintergrundgespräch darstellen und sprengt diese Regierungspressekonferenz.

Es ist nicht singulär und allein an diesem Jahr festzumachen. Lassen Sie mich das so verkürzen: Es hängt an vielen, vielen anderen Faktoren. Wesentlich ist natürlich auch der Faktor, dass die Industrie oft nicht in der Lage war, diese Ersatzteile in dem Bauzustand zu liefern, wie wir das brauchten.

Ebola

StS Seibert: Nun würde ich Ihnen gerne noch ein Letztes mitteilen. Das betrifft unsere Bemühungen im Kampf gegen Ebola. Der Bundesregierung ist die globale Dimension dieser Ebola-Krise sehr wohl bewusst. Sie arbeitet seit Monaten an der Eindämmung der Epidemie in Westafrika mit. Wir haben in der vergangenen Woche ja schon ausführlich über die verschiedenen Maßnahmen der Ressorts der Bundesregierung im Kampf gegen die Ebola-Epidemie gesprochen.

Am Donnerstag hat die Bundeswehr ein Vorauskommando in die Region entsandt, um die geplante Luftbrücke – auch darüber haben wir hier ja ausführlich gesprochen – vorzubereiten. Auch das Technische Hilfswerk hat inzwischen eine Erkundungsmission in die Region geschickt. Die Verteidigungsministerin und der Gesundheitsminister haben Aufrufe in Richtung der Ärzteschaft und des medizinischen Pflegepersonals gemacht. Sie haben ein sehr positives Echo bekommen. Es werden jetzt insgesamt mehr als 5.000 Rückmeldungen ausgewertet. Das Personal für die Arbeit in den Gesundheitsstationen, die aufgebaut werden sollen, wird rekrutiert und dann auch geschult. Darüber hinaus prüft die Bundesregierung aktuell noch weitere sowohl personelle als auch materielle Unterstützungsmaßnahmen. Um dabei nochmals Fortschritte zu erreichen, werden sich heute Nachmittag erneut die zuständigen Staatssekretäre im Auswärtigen Amt treffen. Wir stimmen uns bei all dem natürlich ab, nicht nur mit den verschiedenen Organisationen hier in Deutschland, sondern auch international, nämlich über die Weltgesundheitsorganisation und die anderen Organisationen.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen mitteilen, dass der ehemalige Afrika-Beauftragte des Auswärtigen Amtes und ehemalige Leiter des Krisenreaktionszentrums des Auswärtigen Amtes, der derzeitige Botschafter in Caracas, Walter Lindner, der neue Ebola-Beauftragte der Bundesregierung werden wird. Er wird also die Koordination unserer Anstrengungen im Kampf gegen Ebola übernehmen. Er hat als Leiter des Krisenreaktionszentrums im AA breite Erfahrung mit den Notwendigkeiten gesammelt, viele Organisationen und auch viele internationale Partner unter einen Hut zu bringen. Seine Ernennung, so sind wir überzeugt, wird dazu beitragen, dass Deutschlands unterschiedliche Bemühungen, die wir unternehmen – von der wissenschaftlichen Hilfe bis hin zur medizinischen Hilfe und zur humanitären Hilfe -, in den Ländern, die die Hilfe brauchen, auch ihre maximale Wirkung entfalten können.

Frage : Zu Ebola: Ist Herr Lindner schon da, oder ist er noch in Caracas? Ab wann wird dieser Stab besetzt?

Schäfer: Herr Lindner ist noch in Caracas. Er wird jetzt unverzüglich nach Berlin kommen. Aus Caracas kann man das schlecht machen.

Frage : Warum sah sich die Bundesregierung jetzt veranlasst, einen Ebola-Beauftragten zu ernennen? Das geht ja schon eine Weile so.

Was erwartet sich die Bundesregierung davon? Wird die Hilfe besser koordiniert? Dient er als Ansprechpartner für die Länder vor Ort? Vielleicht können Sie sein Aufgabenprofil ein bisschen beschreiben.

Herr Seibert, Sie sagten, die Verteidigungsministerin und der Gesundheitsminister hätten Freiwillige aufgerufen, und 5.000 hätten sich gemeldet. Die würden jetzt ausgewählt und geschult werden. Können Sie kurz sagen, wie viele Sie auswählen werden? Wie viele werden am Ende gebraucht? In was werden die geschult?

StS Seibert: Ich schlage vor, dass das Gesundheitsministerium und das Verteidigungsministerium, von wo die Aufrufe ja auch gemacht worden sind, darauf antworten.

Gerhartz: Ich kann gerne beginnen: Der Freiwilligenaufruf hat erfreulicherweise ein großes Echo gefunden. Wir hatten hier ja schon mehrmals kommuniziert, dass sich mehr als 4.000 Freiwillige gemeldet haben. Die Auswertung läuft noch, was unser Haus betrifft. Jetzt darf man sich die laufende Auswertung nicht so vorstellen, dass wir die E-Mails zählen, sondern „Auswertung“ bedeutet natürlich schon, zu schauen, welche Qualifizierungen dieses Personal mitbringt und was noch an Ausbildung notwendig wäre, allerdings auch, was noch an Impfschutz notwendig wäre.

Die Personen außerhalb des Bereichs der Streitkräfte, die sich bei uns gemeldet haben – hierin sind auch die Reservisten, die sich in hoher Anzahl gemeldet haben, eingeschlossen -, haben wir an das Deutsche Rote Kreuz weitergegeben. Ich kann jetzt von dieser Stelle aus noch nicht sagen, inwieweit man die Auswertung dieser Freiwilligenmeldungen dort jetzt schon vorgenommen hat.

Was uns betrifft: Wir gehen jetzt in die Planung. Es kommt ja jetzt auf das Paket an. Das Verhältnis von Pflegepersonal und Ärzten muss natürlich passen. In diesem Prozess sind wir jetzt gerade. Ich denke einmal, es sieht sehr gut aus, dass wir in den nächsten Tagen mit der Ausbildung beginnen können. Auch das haben wir hier schon einmal kommuniziert: Wir planen, das am Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg durchzuführen. Das ist aus unserer Sicht der Stand bezüglich der Ausbildung und der Freiwilligenmeldungen.

Angeli: Der Aufruf des Gesundheitsministers, den er zusammen mit dem Präsidenten der Bundesärztekammer und dem Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes gestartet hat, bezog sich auf den konkreten Einsatz des Deutschen Roten Kreuzes. Sie wissen: Die Bundesregierung unterstützt dort den Aufbau eines Krankenhauses mit 200 Betten und einer Behandlungsstation mit 100 Betten. Dafür werden Mediziner gesucht, also medizinisches Personal mit entsprechend abgeschlossener Ausbildung. Es sind Ärzte, Hebammen, Physiotherapeuten, Kranken- und Gesundheitspflegepersonal, Pharmazeuten, Labortechniker und Röntgenfachkräfte, die gesucht werden. Die bekommen dann vom Deutschen Roten Kreuz eine einwöchige Schulung in Berlin und dann noch einmal eine Schulung vor Ort, die sich dann vor allem auf die Gegebenheiten vor Ort bezieht. Aber wichtig ist: Es wird medizinisches Personal mit einer entsprechenden Ausbildung gesucht.

Es haben sich beim Deutschen Roten Kreuz schon rund 1.500 Menschen gemeldet, Interessenten, die Informationsmaterial angefordert haben oder sich konkret beworben haben. Jetzt geht es darum, aus diesen Personen gezielt diejenigen herauszufiltern, die für den Betrieb dieses Krankenhauses und der Behandlungsstation vor Ort benötigt werden. Es sind rund 170 Personen, die für den Betrieb benötigt werden. Die sollen jeweils vier bis sechs Wochen vor Ort sein und dann ausgewechselt werden. Das ist sehr wichtig, weil das natürlich auch eine besondere Belastung ist. Entsprechend viel Personal wird dann auch benötigt.

StS Seibert: Ich will vielleicht noch einmal kurz die erste Frage „Warum jetzt?“ aufgreifen. Ich denke, Sie haben ja auch beobachtet, wie sich der deutsche Einsatz im Kampf gegen Ebola, der Entwicklung der Seuche folgend, in den letzten Tagen und Wochen erheblich verstärkt hat: Wir leisten humanitäre Hilfe, wir leisten medizinische Hilfe, wir leisten wissenschaftliche Hilfe, wir leisten logistische Hilfe. Daran sind sowohl staatliche Stellen als auch zivilgesellschaftliche Akteure wie das Technische Hilfswerk und andere beteiligt. Das findet auch noch in mehreren Ländern statt. All das ergibt natürlich einen Koordinierungsbedarf, der es, glaube ich, genau angemessen erscheinen lässt, dass wir mit Herrn Lindner jetzt einen solchen Beauftragten haben. Mit seiner persönlichen Verbundenheit mit Afrika als ehemaliger Kenia-Botschafter und mit seiner Erfahrung im Krisenreaktionszentrum ist er genau der richtige Mann dafür.

Schäfer: Diese Konstruktion gibt es ja nicht nur hier, und die ist auch jetzt nicht neu erfunden worden, sondern auch bei ähnlich komplizierten Operationen, die zwischen den Ressorts abgestimmt werden müssen, die aber auch eine Vielzahl von ausländischen und internationalen Partnern einbinden, etwa in Afghanistan, gibt es die Konstruktion eines Sonderbeauftragten. Das gibt es ja zurzeit in Bezug auf Afghanistan.

Herr Seibert hat es schon gesagt: Es geht im Wesentlichen um zweierlei, nämlich darum, innerhalb der Bundesregierung die Hilfsanstrengungen zu koordinieren, aber auch darum, diese Hilfsanstrengungen eben vernünftig in diese große internationale Anstrengung der Vereinten Nationen, der internationalen Partner und der Europäische Union einzubinden, damit daraus im Gesamten etwas wird, das vernünftig ist, kohärent ist und wirklich dem Ziel dient, diese Epidemie so schnell wie möglich einzuhegen und sie dann zu besiegen.

Zusatzfrage : Darf ich ganz kurz nachfragen, weil ich es nicht weiß? Gibt es auch für Syrien einen Sonderbeauftragten?

( Schäfer schüttelt den Kopf)

Frage : Hat dieser Posten irgendeine zeitliche Befristung? Wird der Dienstposten in Caracas jetzt unmittelbar neu besetzt, oder ist Herr Lindner dort jetzt beurlaubt und wird für Wochen oder Monate bis zum erwarteten Ende der Krise der Beauftragte sein? Wie muss man sich das vorstellen? Gibt es Ihrerseits konkrete Vorstellungen?

Schäfer: Die Aufgabe von Herrn Lindner als Ebola-Mann der Bundesregierung ist sicherlich begrenzt. Auf wie lange sie begrenzt ist, ist eine offene Frage, die eindeutig mit der Entwicklung der Lage in Zusammenhang steht. Was wie, durch wen und wann in Caracas, in Venezuela, passieren wird, kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Frage : Ich habe noch eine Frage zu den Freiwilligen: Haben Sie auch geprüft, inwieweit berufstätige Freiwillige oder der Arbeitgeber für den Ausfall der Arbeitszeit des Mitarbeiters entschädigt werden? Gehört das mit zum Prüfungsumfang? Haben Sie darauf schon Antworten?

Angeli: Beim Deutschen Roten Kreuz wird das in dem Rahmen ablaufen, in dem das immer bei Auslandseinsätzen abläuft, also zum Beispiel auch bei der Entsendung nach Naturkatastrophen. Da gibt es große Erfahrung und auch eine eingespielte Struktur, über die das abläuft. Es wird natürlich auch mit dem Arbeitgeber der Helfer, die in die betroffenen Staaten gehen, ein Vertrag geschlossen, der natürlich auch die finanzielle Absicherung umfasst. Das läuft genauso wie bei allen anderen Auslandseinsätzen auch.

Frage: Herr Gerhartz, es gab ja, was die Entsendung von freiwilligen Bundeswehrsoldaten angeht, Prüfungen in Ihrem Ministerium, inwieweit die Evakuierung im Falle einer Erkrankung oder sogar Infizierung mit der Seuche möglich ist. Wie ist denn der Stand dieser Prüfungen?

Gerhartz: Wir befinden uns derzeit noch in der Prüfung dessen, inwieweit wir marktverfügbare Module in unsere Transportflotte integrieren können. Die ersten Tests haben stattgefunden, sogenannte Stellproben, wie wir das nennen. Das betrifft eben verschiedene Luftfahrzeugtypen, die infrage kommen, im Wesentlichen die sogenannten MedEvac-Maschinen, diese fliegenden Intensivkrankenhäuser oder wie sie auch immer genannt werden, also unser Airbus und auch die Transall. Die Stellproben haben verständlicherweise ergeben – das war uns vorher klar -, dass auf jeden Fall bei allen marktverfügbaren Systemen noch Anpassungen der Plattform notwendig sind. Aber hinsichtlich dessen, wann wir sagen können „Plattform und Modul passen so zusammen, dass wir ein System haben, das auch funktioniert“, kann ich noch keinen Zeithorizont nennen; aber wir arbeiten mit Hochdruck daran. Allein dass wenige Tage nach diesem Vorhaben schon die ersten Stellproben stattgefunden haben, zeigt, wie wichtig uns das ist und wie viel Engagement wir da auch hineinstecken.

Schäfer: Wenn ich darf, würde ich das, was Oberst Gerhartz gerade gesagt hat, nur ergänzen: Das Problem einer dichten, nachhaltigen, belastbaren und irgendwie auch garantierten Rettungskette ist nicht nur für die Angehörigen der Bundeswehr von Bedeutung, sondern für all diejenigen, und zwar nicht nur aus Deutschland, die bereit sind, sich als Freiwillige in das Gebiet zu begeben, in dem Ebola herrscht, und die damit ganz bewusst das Risiko eingehen, dass auch sie – man kann das ja nicht hundertprozentig vermeiden – mit der Krankheit oder dem Risiko einer Infektion in Berührung geraten. Deshalb ist es völlig selbstverständlich – damit berichte ich Ihnen auch aus der gestrigen Sitzung des Krisenstabs, und zwar hoffentlich etwas, das Sie nicht überraschen wird -, dass die Bundesregierung in Toto diese Frage wirklich ganz oben auf der Agenda stehen hat, denn selbstverständlich wollen und werden wir nur dann Freiwillige entsenden, wenn wir ihnen auch anbieten können, dass im Ernstfall einer möglichen Erkrankung dann auch wirklich alles getan wird, um diese Krankheit anständig zu behandeln.

Deshalb gibt es auch, ohne dass ich Ihnen dazu zurzeit Details nennen könnte, wirklich konkrete Überlegungen, sich dafür so schnell, wie es nur irgend geht, und innerhalb eines sehr überschaubaren Zeitraums in internationale Bemühungen einzuklinken, die das Gleiche erreichen wollen. Für VN-Mitarbeiter und für eigentlich alle, die sich zur Bekämpfung der Seuche in die Region begeben, gilt genau das Gleiche, nämlich dass sie zurecht von uns und ihren Entsendenden erwarten, dass sie diese Art von Zusage mit auf den Weg bekommen.

Frage : Herr Gerhartz, wie bekommen Sie die Freiwilligen eigentlich in das Krisengebiet? Der letzte Transport ging ja nicht über Gran Canaria hinaus.

Gerhartz: Dass der Transport nicht über Gran Canaria hinausging, kann ich nicht bestätigen. Da sind Sie wohl fehlinformiert. Wir haben mittlerweile beide Transall-Maschinen in Dakar stehen. Dann wird es also auch möglich sein, unser Personal dorthin zu bringen.

Zusatzfrage : Wenn man 500 Freiwillige oder wie viele auch immer – ich weiß es nicht – dorthin bekommen will, wie viele Transportflüge werden dann dafür nötig sein?

Gerhartz: Die Anzahl der Personen ist von den Plattformen abhängig, die wir wählen werden, um sie zu transportieren. Deswegen kann man jetzt nicht sagen: „500 Personen bedeuten x Flüge.“ Wir sind ja Teil dieses Netzwerks des European Air Transport Command in Eindhoven, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auch hier wieder die Mittel zur Verfügung werden stellen können, die benötigt werden, um das Personal dorthin zu fliegen.

Zusatzfrage : Sie sagten, das sei abhängig von den Plattformen. Heißt das, Sie werden am Markt verfügbare Flugzeuge dafür einsetzen, oder auch eigene oder sogar nur eigene oder nur fremde?

Gerhartz: Das habe ich nicht gesagt. Ich wollte damit nur ausdrücken, dass wir die Palette an Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, um das Personal dorthin zu bringen, dann auch entsprechend ausschöpfen würden. Das können zum einen eigene Maschinen sein, das können Maschinen im Rahmen des European Air Transport Command sein – das ist auch so üblich -, aber das kann natürlich auch immer eine zivile Chartermaschine sein.

 

Nachtrag 2. Oktober: Da hat sich beim Thema Ebola, sagt mir der Sanitätsdienst der Bundeswehr, ein Missverständnis eingeschlichen: die Reservisten, die sich für den Ebola-Einsatz melden, werden natürlich auch von der Bundeswehr eingesetzt, nicht vom Roten Kreuz.