Verteidigungsministerium siegt vor Gericht: Lagemeldungen fürs Parlament urheberrechtlich geschützt
Das Verteidigungsministerium hat mit seiner Ansicht, dass die für den Verteidigungsausschuss des Bundestages zusammengestellten wöchentlichen Lagemeldungen urheberrechtlich geschützt sind, vor Gericht einen Erfolg errungen. Das Landgericht Köln kam in einem am 2. Oktober verkündeten Urteil zu der Entscheidung, dass die so genannte Unterrichtung des Parlaments (UdP) einen hinreichenden Grad an geistiger Schöpfunghöhe aufweise und deshalb den Schutz des Urheberrechts genieße. Nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil, das Augen geradeaus! vorliegt, dürfen die UdP-Informationen künftig nicht mehr eins zu eins ins Internet eingestellt werden.
Hintergrund sind Veröffentlichungen der Recherche-Redaktion der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), die eine größere Zahl der Unterrichtungen des Parlaments als Faksimile auf ihrer Webseite veröffentlicht hatte. Die Papiere sind mit der (niedrigsten) Verschlusssachen-Einstufung Nur für den Dienstgebrauch (NfD) versehen. Gegen die Verletzung der Geheimhaltung klagte das Verteidigungsministerium jedoch nicht, sondern gegen eine aus seiner Sicht bestehende Urheberrechtsverletzung.
Das Gericht folgte in seinem Urteil der Argumentation des Ministeriums. Die UdPs seien urheberrechtlich schutzfähig: Zwar werden in den UdP Fakten und tatsächliche Gegebenheiten wiedergegeben, so dass ein Schutz der inhaltlichen Informationen als Sprachwerk ausscheidet. Die Schutzfähigkeit der von der Klägerin in ihrem Antrag in Bezug genommende Texte ergibt sich aber nach den vorstehenden dargestellen Grundsätzen aus der Darstellungsform der Texte, heißt es in der Urteilsbegründung.
Die streitgegenständlichen UdP weisen nämlich einen hinreichenden Grad an geistiger Schöpfungshöhe auf. Wie die Beklagte selbst ausführt, folgen sämtliche UdP einem bestimmten Aufbau, wobei zunächst die politische Lage in dem jeweiligen Bundeswehreinsatzgebiet, sodann die Bedrohungslage und schließlich die Missionsbeteiligung der Bundeswehr dargestellt werden. (…) Die persönliche geistige Schöpfung ergibt sich dabei gerade aus der systematisierten und denknotwendig teilweise verkürzenden Aufbereitung der Sachinformationen, die einheiltich in allen UdP einem bestimmten Konzeptionsmuster folgt und auch visuell angepasst ist. Außerdem seien die Rechte an den Texten von den Verfassern, in der Regel Beamte und Soldaten, auf das Ministerium übergegangen,weil ein Beamter sie in Erfüllung seiner Dienstpflicht erstellt hat.
Nach Ansicht des Gerichts ist ein Urheberrechtsschutz für die Lagemeldung nicht ausgeschlossen, weil es sich um ein amtliches Werk handele. Das Urheberrecht sehe zwar für amtliche Veröffentlichungen eine Ausnahme von den Schutzvorschriften vor, nicht aber für interne Werke dieser Art, die gerade nicht auf eine möglichst weite Verbreitung ausgelegt seien.
Die Pressefreiheit wird nach Beurteilung der 14. Zivilkammer mit einem Verbot der Veröffentlichung nicht eingeschränkt: Ein Eingriff in den Schutzbereich der Pressefreiheit liegt jedoch nicht vor. Denn streitgegenständlich ist nicht die Frage, ob über die UdP berichtet werden dar, diese zitiert oder inhaltlich wiedergegeben dürfen, sondern allein, ob die Beklagte die konkreten Dokumente ins Internet stellen durfte. Deshalb werde auch das Recht der freien Meinungsäußerung nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht verletzt.
Auch das Zitatrecht wollte das Gericht in diesem Fall nicht gelten lassen. Ein zulässiges Zitat nach dem Urheberrecht liege nicht vor: Insoweit fehlt es bereits an eigenenen referierenden Ausführungen der Beklagten (…) für welche die eingestellten UdP als Beleg dienen könnten. (…) Das Wesen des Zitats ist dadurch gekennzeichnet, dass dem eigenen Werk erkennbar fremde Werke oder Werkteile hinzugefügt werden. Das Zitat darf demgegenüber nicht die Hauptsache des aufnehmenden Werkes darstellen. (…) Die Hinzufügung darf auch nicht allein zum Ziel haben, dem endnutzer das übernommene Werk leichter zugänglich zu machen.
(Aktenzeichen Landgericht Köln 14 O 333/13 vom 2.10.2014)
Was das für den künftigen journalistischen Umgang mit amtlichen Schriftstücken bedeutet – das müssen jetzt mal Juristen bewerten. Meine laienhafte Einschätzung: damit kann eine Behörde praktisch so jedes interne Papier, ob eingestuft oder nicht, als urheberrechtlich geschützt ansehen und eine Veröffentlichung in den Medien als Urheberrechtsverletzung verfolgen. Keine gute Aussicht. Allerdings: Die Ausführungen des Gerichts zum Zitatrecht scheinen eine Hintertür offen zu lassen – eine ausführliche journalistische Darstellung, der als Beleg ein solches Dokument angefügt wird, scheint danach zulässig. Aber auch das müssten Juristen bewerten.
Nachtrag: Ich habe David Schraven, den früheren Leiter der WAZ-Rechercheredaktion, die die Papiere online gestellt hatte, um einen Kommentar gebeten. Seine Antwort: Ich geh weiter und werde mich nicht beugen. Die Papiere bleiben online. So oder so.
Nicht nur juristisches Problem ist, dass Schraven nicht mehr für die WAZ-Redaktion bzw, die Funke-Mediengruppe tätig ist. Bei der habe ich natürlich auch die Anfrage gestartet, wie sie weiter verfahren, allerdings bislang keine Antwort.
Nachtrag 2: Und weiter geht’s: Nach gebührender Wartezeit rief die Unternehmenskommunikation der Funke-Mediengruppe zurück und bat mich, die Anfrage schriftlich zu stellen. Mache ich natürlich und schaue mal, wann Antwort kommt.
Nachtrag 3: Es bleibt wohl vorerst offen, ob die WAZ bzw. die Funke-Mediengruppe in die nächste Instanz geht. Die am Freitagnachmittag eingegangene Antwort auf meine Anfrage: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir das Urteil und ggf. nächste Schritte noch prüfen.
(Grafik: Screenshot des Headers der WAZ-Webseite ‚Die Afghanistan-Papiere‘ unter Verwendung eines Fotos von Timo Vogt/randbild)
@Daniel
Im Wesentlichen einverstanden. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen: Selbst nicht eingestuftes Material, das aber intern ist, darf dann nicht mehr im Original eingestellt werden – weil es ja vielleicht auch unters Urheberrecht fallen könnte. Das rechtliche Risiko besteht jedenfalls. Letztlich wird damit eine noch schärfere Einschränkung erreicht als durch eine VS-Einstufung, weil das Urhberrecht weit mehr umfasst.
Ich warte noch auf den Juristen, der mir die Einschätzung im Urteil bzgl. Zitatrecht erläutert… weil mir noch nicht klar ist, ob das Gericht da eine Hintertür aufgemacht hat.
Danke – auf Facebook halte ich mich nun auch zurück … offenbar ist der dort pöbelnde Vertreter Mitglied des ZOpKomBw bzw. im Umfeld dessen aktiv. Die Freundesliste sagt da einiges aus.
@ Daniel
Diese Aussage von dir ist mir zu pauschal! Alle (Ex)Soldaten haben geschworen das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, dazu gehört auch die Pressefreiheit. Der versuch Dokumente durch das Urheberrecht zu Unterdrücken ist in meinen Augen ein dummer versuch zu retten was zu retten ist.
@ Daniel Lücking,
danke, besser hätte ich es nicht erklären können :).
Nun es ist auch richtig, das sich, ich sag jetzt mal, „der gewöhnliche Soldat“ nicht mit an der Aufklärung und der Aufarbeitung beteiligen kann/darf/soll, denn auch hier steht die Sicheheit im Vordergrund, welche die BW als ganzes ja auch bieten soll, ähnlich wie die Polizei auf hisigen Strassen, nur halt Ausenpolitisch.
Ergo: ein Soldat mit unterem Dienstgrad kann mit seiner Art der Schilderung, bzw. eventueller geringerer Informationsaufnahmefähigkeit (man was für ein Wort xD) bzw. der Wiederspiegelungfähigkeit der Tatsache, den Sachverhalt dramatisch verändern, sollte ein öffentlicher Journalist hin zu kommen und diesen Soldaten befragen. Ich finde das Urteil rechtens…ich hoffe Thomas auch :)
@S.Ernst
Es geht in dem Urteil nicht darum das vertrauliche Dokumente publiziert werden die Soldaten in Gefahr bringen können oder die Sicherheit der BW gefährden, sondern das „Unterrichtung des Parlaments (UdP) einen hinreichenden Grad an geistiger Schöpfunghöhe aufweise und deshalb den Schutz des Urheberrechts genießen“ und das ist schon ein großer unterschied.
@S.Ernst:
„und @CRM-Moderator,
verwirrt und verblendet bin ich nicht, es ist meine Meinung und meine Sicht der Dinge, die sich im übrigen mit mehr als genug Menschen gleicht und übereinstimmt, ok!?!“
…..
„Ergo: ein Soldat mit unterem Dienstgrad kann mit seiner Art der Schilderung, bzw. eventueller geringerer Informationsaufnahmefähigkeit (man was für ein Wort xD) bzw. der Wiederspiegelungfähigkeit der Tatsache, den Sachverhalt dramatisch verändern, sollte ein öffentlicher Journalist hin zu kommen und diesen Soldaten befragen. Ich finde das Urteil rechtens…ich hoffe Thomas auch :)“
Ich nehme zurück, dass die verwirrt sind.
Ich glaube sie haben den Kern einfach nicht verstanden.
Das Verteidigungsministerium hat seinen Sitz in Berlin. Dort gibt es ein Landgericht.
Die WAZ hat ihren Sitz in Essen. Dort gibt es ein Landgericht.
Das Verteidigungsministerium wendet sich an das Landgericht Köln.
So etwas kommt häufiger vor: Dass ein Kläger lieber zum Landgericht Köln geht…
Entscheidungen des LG Köln haben aber nicht immer Bestand (siehe „Pixelio“, wo das OLG dann deutlich anderer Meinung war).
@T.Wiegold:
Ein Idee wäre, Thomas Stadler (http://internet-law.de) zu fragen, ob er ein kurzes Interview gibt. Oder Markus Kompa (http://www.kanzleikompa.de/category/koln/), ob er eine passende Anekdote beisteuern kann.
Vielleicht wäre das Urteil auch ein interessantes Thema für einen Artikel auf krautreporter.de. Als Format könnte das z.B. ein Gespräch zwischen Journalisten und Juristen sein und das Thema Urheberrecht etwas breiter behandeln.
@ in Leser Das Verteidigungsministerium hat seinen ersten Sitz eben nichtin Berlin sondern in Bonn.
Liebe Mitforisten.
kann mir wer erklären was der Zusatz „öffentlich“ im kontext „journalist/Presse“ zu bedeuten hat? das kommt mir irgendwie tautologisch vor. aber bin auch nur niederer dienstgrad mit geringer informationsaufnahmefähigkeit gewesen.
Zu irgendeinem Zeitpunkt war es erwartbar, dass man sich gegen Veröffentlichungen zur Wehr setzen wird. Es wurde schon oefter trotz Einstufung veröffentlicht, was dasZeug hält. Promintes Beispiel: Feldjägerbericht zum Fall Kunduz.
Als Demokrat bin ich entschieden für Pressefreiheit, weiß aber auch, was VS-……. Bedeutet. Aber scheinbar nicht jeder!
Manche treten für freie Downloads ein, rufen aber kurz darauf >halt, Datenschutz <
@Ein Leser: Bei Urheberrechtsverletzungen gibt es Spezialvorschriften für die örtliche und sachliche Zuständigkeit. Während der normale Gerichtsstand in der Regel der Wohn- oder Geschäftssitz des Beklagten ist, gilt bei Urheberrechtsverletzungen auch der Begehungsort als zulässiger Gerichtsstand und bei Pressesachen, Rundfunk, Fernsehen und Internet ist das gesamte Verbreitungsgebiet, also beim Internet ganz Deutschland der Begehungsort, so daß das Verteidigungsministerium sich jedes Landgericht in ganz Deutschland aussuchen konnte, welches für Urheberrechtssache zuständig ist.
Die Bundesländer sind ermächtigt, in Urheberrechtssachen einzelne Landgerichte für mehrere Landgerichtsbezirke für zuständig zu erklären, davon hat Nordrhein-Westfalen gebrauch gemacht.
Das Verteidigungsministerium, welches seinen Hauptsitz in Bonn hat(in Berlin befindet sich nur der 2. Dienstsitz) kann sich das LG Köln ausgesucht haben, weil ihm dessen Rechtsprechung ihm am Besten gefällt, es kann es aber auch nur gewählt haben, weil Bonn zum Oberlandesgerichtsbezirk Köln zählt. Und das LG Köln ist für alle Urheberrechtsverfahren im Oberlandesgerichtsbezirk Köln zuständig, deshalb konnte die Klage nicht in Bonn eingereicht werden, weil das LG Bonn unzuständig wäre.
Wenn der Beklagte in Essen sitzt, so konnte dort nicht geklagt werden, weil das LG Essen ebenfalls unzuständig wäre, weil Essen gehört zum Oberlandesgerichtsbezirk Hamm und alle Urheberrechtsverfahren dieses Oberlandesgerichtsbezirkes sind entweder dem LG Bochum oder dem LG Bielefeld zugewiesen. Für das LG Essen wäre konkret das LG Bochum zuständig.
Man kann sich also in Urheberrechtssachen unter allen zuständigen Gerichten in Deutschland das Urheberrechtsfreundlichste Gericht aussuchen. Da aber normalerweise jeder Kläger an dem für ihn örtlich am nähsten gelegenen Gericht Klage erhebt, kann man dem Verteidigungsministerium nicht vorwerfen, daß es die Klage böswillig in Köln erhoben hat, weil dies auch das örtlich nähste zuständige Gericht vom Dienstsitz aus gesehen ist. Dem Verteidigungsministerium würde ich auch nicht zutrauen, daß diese in der Lage wären, das urheberfreudlichste Landgericht zu finden, höchstens deren Anwälten.
„Die persönliche geistige Schöpfung ergibt sich dabei gerade aus der systematisierten und denknotwendig teilweise verkürzenden Aufbereitung der Sachinformationen“
Äh, bitte was? Die Schöpfungshöhe besteht darin, dass ein Beamter leistet, was jeder Hauptschüler im Deutsch-Unterricht leisten muss um seinen Abschluss zu bekommen?
Die Darstellungsform begründet den Uhrheberechtsanspruch? Also das verwenden einer von der IT bereitgestellten Dokumentvorlage?
Es zeigt sich mal wieder: Recht haben und Recht bekommen ist nicht dasselbe.
Marco Markgraf | 01. November 2014 – 10:36
„Die Darstellungsform begründet den Uhrheberechtsanspruch? Also das verwenden einer von der IT bereitgestellten Dokumentvorlage?“
Ich glaube Sie haben die Aussage falsch verstanden … von IT ist da ja nicht die Rede. Es geht dort ja um „systematisierte Aufbereitung von Sachinformationen“ … das kann man auch handschriftlich verfassen.
@skiffle „Dienstsitz Bonn“: Danke! Autsch, das ist peinlich (ich hatte nachgeschaut ohne nachzudenken im Impressum von bmvg.de) @Closius: Danke für die Erläuterungen!
@KlausK:
Auch wenn man die Frage, ob sich das Verteidigungsministerium zur Wehr setzen darf, bejaht, bleibt immer noch die Frage, welche Mittel und Argumente dabei legitim sind.
Zu freiem Informationszugang und Datenschutz: Das wird durchaus zusammen gedacht. Etwa in Slogans wie „Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen“ (Hackerethik) oder „Gläserner Staat statt gläserner Bürger“.
Das Anachronistische daran ist ja, dass die Unterrichtungen des Parlaments, also der Parlamentarier, also der Volksvertreter nicht dem Volk zugängig gemacht werden sollen.
@ Sascha Stoltenow
Genau das dachte ich mir gestern auch – die Begründung ist, dass die Vorlage für den Verteidigungsausschuss (only) ist, also nicht für einen öffentlichen Personenkreis. Warum heißt das Ding dann aber UdP, wenn eben nicht alle angesprochen werden?
Wie ich bereits gestern schrieb – die Hintergründe und Absichten des Informationsfreiheitsgesetzes sind noch nicht überall angekommen…
@Vodoo und @all: Gehen wir mal mit juristischem Laienverstand an die Quellen. In der Geheimschutzordnung des Bundestages heißt es in §4 Kenntnis und Weitergabe einer VS:
Heißt das im Umkehrschluß nicht, dass für VS des Geheimhaltungsgrades VS-NfD gelten müsste:
(1) Über den Inhalt darf umfassender und früher unterrichtet werden, als dies aus Gründen der parlamentarischen Arbeit unerläßlich ist.
(3) Fraktionsangestellten und Mitarbeitern von Mitgliedern des Bundestages dürfen VS des Geheimhaltungsgrades NfD ohne Einschränkungen zugänglich gemacht werden.
(4) Anderen Personen dürfen VS des Geheimhaltungsgrades NfD ohne Zustimmung der herausgebenden Stelle zugänglich gemacht werden.
?
Damit liegt es im Ermessen des Abgeordneten, wem er die VS zugänglich macht. Dies wiederum heißt, dass die Dokumente quasi öffentlich sind. Wer das nicht will, muss eine andere VS darüber schreiben. Von daher ist es plausibel, dass das BMVg nicht wegen der VS klagt.
Völlig umplausibel erscheint mir die Begründung des OLG zur fehlenden journalistischen Leistung der WAZ (obwohl ich die Skandalisierung durch Schraven albern finde): „Insoweit fehlt es bereits an eigenenen referierenden Ausführungen der Beklagten.“ Meines Erachtens liegt die journalistische Leistung in diesem Fall in der Kontextualisierung durch die WAZ. Diese bedingt in meinen Augen, dass die durch die WAZ bereit gestellte Rahmung zum einen eine neue Perspektive auf den Textkorpus schafft und gleichzeitig voraussetzt, dass der gesamte Korpus zugänglich sein muss. Wie seht Ihr das?
@Sascha Stoltenow
Sauber ausgeführt. Das macht es eben so aufwendig, wenn an eingestuften Themen gearbeitet wird, für die Mitarbeiter eventuell erst die Geheimschutzstelle aufsuchen müssen und die Dokumente erst dort bearbeiten dürfen.
@ S.Ernst
Ergo: ein Soldat mit unterem Dienstgrad kann mit seiner Art der Schilderung, bzw. eventueller geringerer Informationsaufnahmefähigkeit (man was für ein Wort xD) bzw. der Wiederspiegelungfähigkeit der Tatsache, den Sachverhalt dramatisch verändern, sollte ein öffentlicher Journalist hin zu kommen und diesen Soldaten befragen. Ich finde das Urteil rechtens…ich hoffe Thomas auch :)
Sie sprechen also allen „niederen“ Ränge“ die Intelligenz, Informationsstand und Aufnahmefähigkeit ab, zu erkennen, wann gelogen und beschönigt wird. Ergo gibt es nur weit, weit oben in der Vorgesetzten-Hierarchie Leute, die Entscheiden was richtig und was falsch ist?
Fein – aber das sind nach meiner Auffassung bitte die Parlamentarier und nicht Majore / OTL an Schreibtischen, die entscheiden, was für den gemeinen Parlamentarier verkraftbar ist und was nicht.
Feuergefechte,Luftunterstützungen und Festnahmen sollen offenbar nicht im Parlament wahrgenommen werden.
@Sascha Stoltenow
Das die UdP der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, finde ich genau so kritikwürdig, wie du.
Das gelogen wird und im Fall der Aufdeckung erneut Geheimhaltungsstufen missbraucht werden, um das zu verdecken, stinkt noch mehr.
@OvWa
Uiiii….nu wird es aber akademisch ;-)
„Kontextualisierung“ ist wissenschaftstheoretisch ein ziemlich weites Feld, wobei das Phänomen der offensichtlich „divergierenden Kontextualisierungskonventionen“ zwischen Regierung/Bundestag einerseits und Presse/Öffentlichkeit andererseits sicherlich ein juristischer Leckerbissen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes ist. Wer auch immer die WAZ vor Gericht vertreten hat, scheint diesen Kontextualisierungs-Aspekt nicht ins Feld geführt zu haben, denn nur so kann ich mir den „Vorwurf“ der unzureichenden journalistischen Rahmung seitens des Gerichtes erklären. Auch de facto öffentliche zugängliche Regierungs-Dokumente unterliegen imho der Veröffentlichungsgenehmigung des „Originators“ insbesondere bei gewerblicher Nutzung durch einen Verlag, gerade wenn diese Dokumente 1:1 veröffentlicht werden. Falls dann keine umfassende journalistische Auflösung der divergierenden Kontextualisierung dieser Dokumente erfolgt, dann hat die Presse imho ein kleines Problem.
Stichwort: Journalistische Rahmung
Das „Crowdsourcing“ (Auslagern an die Masse) großer Recherchen ist seit einigen Jahren nicht unüblich. Letztlich ist dieser Trend auch ein Ergebnis von immer weniger Rechercheuren in den Redaktionen und – im Fall von Tageszeitungen – kontinuierlich reduzierten Recherchetagen, an denen nicht für die tagesaktuelle Produktion von Seiten gearbeitet wird.
WAZ war 2012 auf der Höhe der Zeit – der gesicherte Briefkasten für Hinweise ist eine ebenso notwendige, wie in der Betreuung und Auswertung aufwändige Angelegenheit. Die Kollegen haben mit dem Material genau das richtige getan.
Ich hab nach der Veröffentlichung 2012 angeregt, die verfügbaren Pressemeldungen der Bundeswehr mit den UdP abzugleichen. Auch etwas, das aus öffentlich zugänglichen Quellen jedermann tun kann.
Letztlich führte das dann zur kleinen Anfrage, wo die Bundeswehr eingestehen musste (mittlerweile nachlesbar) das die Inhalte der Pressemeldung und der UdP unvollständig waren – das Ziel beschreibt Gregor Gysi als Vertuschung, weil aus einem schweren Angriff für Parlamentarier und Öffentlichkeit zwei verirrte Raketen gemacht wurden, die nicht einmal explodierten.
Ich will hier niemanden beschimpfen – aber es ist auffällig, wie sich bestimmte Schreiber hier bei diesem Beispiel, was sehr leicht nachzuvollziehen ist , winden und micht persönlich angehen.
Die Frage bei den Papieren muss sein:
1. Warum haben sie mit der Realität vor Ort nur wenig zu tun?
2. Warum fehlen Angaben über Feuergefechte, die dann Jahre später doch wieder eingestanden werden müssen?
3. Warum werden Festnahmen nicht erwähnt und müssen Jahre später eingestanden werden, wenn das Parlament nachfragt?
4. Warum entsteht aus der UdP 2008 der Eindruck „War ja nicht viel los“ und aus der Antwort 2013 „Das war ein schwerer Angriff auf das Camp.“
Wenn es zum Selbstverständnis mancher Soldaten im BMVg gehört so an das Parlament zu melden, dann kann eine von beiden Instanzen weg. Ich wäre dafür, dass es die betreffenden Soldaten im BMVg sind.
Und es ist das, was Journalismus ausmacht: eine Gefahr für die Demokratie erkennen, benennen und alles dran setzen, diese öffentlich zu machen. Das Abstellen obliegt dann dem Volk.
Mit den WAZ-Leak steht betroffenen Soldaten und den Parlamentariern ein wirkungsvolles Kontrollinstrument zur Verfügung. Und das sorgt wohl für viel Unbehagen bei gewissen Kreisen im BMVg.
… und wie Parlamentarier vor Ort in Afghanistan informiert wurden handelte Jürgen Heiducuff mal ab, der in einem Brandbrief an Steinmeier beschrieb, wie die Desinformationspolitik ausschaut.
Für die Kritiker kurz sein Hintergrund:
2004/05 folgte ein Einsatz im Stab der Kabul Multinational Brigade in Kabul. 2006 – 2008 war er Militärpolitischer Berater an der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan, dann bis 2011 Leiter des Dezernats Nukleare Rüstungskontrolle im ZVBw.
Der Panoramabeitrag über den „Brandbrief aus Kabul“ ist leider nicht mehr verfügbar.
@klabautermann: Wie, wenn nicht akademisch, wollen wir denn eine verbindliche Grundlage schaffen? (Aber sehr schön, dass wenigstens einer auf diesem Argumentationsstrang einsteigt ;-) Ob ich doch noch was mit Jura machen soll?)
In diesem Kontext: In § 5 (1) heißt es „Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfaßte Leitsätze zu Entscheidungen genießen keinen urheberrechtlichen Schutz.“ Sind die UdPs nicht vielleicht auch eher amtliche Werke als anderes? (Hatte weiter oben auch Tak schon mal angebracht).
Generationen von Stabsoffizieren und Min-Beamten sind darauf getrimmt worden komplizierteste und komplexe Sachverhalte so zu verdichten, dass das Kondensat auf maximal 3 Seiten, bzw. Folien passt. Diese Verdichter leben dabei von Roh-Daten und -Informationen, die sie fachlich teilweise gar nicht „güteprüfen“ können und die bereits durch mehrere Vorverdichter up-the-chain-of-command gelaufen sind. Dieses System führt quasi automatisch zu einer „Euphemisierung“ der Info-Lage auf Regierungs-/Bundestagsebene……egal ob es sich um den Klarstand des Materials oder die Lage im Einsatz handelt (Kdt an WO: „Melden Sie mir keine Tonnen mehr, sondern nur noch Kontinente“)
Andererseits ist der Informationshunger auf Ebene Regierung/Bundestag irrsinnig hoch, denn man fürchtet ja nix mehr als von einer Journalistenfrage morgens um 06:00 uninformiert überrascht zu werden. Allerdings ist das Informationsaufkommen auf dieser Ebene so hoch, dass die durchschnittliche kognitive Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit selbst eines ausgeschlafenen und wohlgenährten Politikers (ca 100 kB/sec) nicht ausreicht, alles u.U. wirklich Relevante zu erfassen. Nun haben Politiker ja eigentlich was anderes zu tun als andauernd nur Lagemeldungen und Nachrichten zu verdauen und sich Antworten auf mögliche Fragen einfallen zu lassen, bzw. Sprechzettel in Auftrag zu geben oder rumzutzwitschern…dafür haben sie eben ihren Stab. Und das ist der Schlüssel zum Führungserfolg heutzutage: ein geschulter Kriseninformationsmanagementstab, denn Krise ist heutzutage der Normalfall. Und dieser KIMS muß das Berichts-und Meldesystem so konfigurieren und führen, dass ein „Elch-Test“ die Aktien seines Bosses nicht gleich in den Keller sausen läßt ;-)
@klabautermann:
Im BMVg geht es aber nicht nur um verdichten, sondern um beschönigen. Das zeigt doch die Einsatzbereitschaftlage der letzten Wochen.
Diese sog. Armee ist finanziell, mental, intellektuell und kulturell bankrott.
Aber das will man halt weiterhin nicht wahrhaben.
@klabautermann: Ich lachte. Sehr.
@Sascha
keine Ahnung ob ministerielle Unterrichtungen an den Buntestag unter „Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfaßte Leitsätze zu Entscheidungen…..“ fallen. Ich fürchte, dass ein Jurist das verneinen wird, denn ministerielle Unterrichtungen an den Bundestag sind imho nicht unbedingt amtliche Dokumente. Wir bewegen uns hier oberhalb der Ministerium-/Behördenebene, nämlich auf Ebene Regierung/Minister und Bundestag/Abgeordnete. Just my 5 cents
@Memoria
deswegen hab ich ja auch den Begriff „Euphemisierung“ benutzt ;-)
Gegen verdichten ist nichts einzuwenden – kommt am Ende aber etwas raus,was nicht mehr der Realität nahe kommt, dann ist es in den Köpfen der Verdichter wohl nicht mehr ausreichend belüftet. Dem Job nicht mehr gewachsen. Pensionieren.
Und im Fall Afganistan von „Lost in Translation“ oder Verdichtung zu sprechen ist und bleibt eine irreführende Beschönigung. Und das nenne ich eindeutig Lüge und Falschmeldung.
Oder Realitätsverweigerung,weil nicht sein darf,was die eigene Karriere nicht stützt.
@klabautermann:
Das ist aber kein Automatismus, sondern bewusstes Handeln.
Teilweise sogar ein eindeutiger Verstoß gegen die Wahrheitspflicht. Zumeist aber eine zweideutige Formulierung, die den Empfänger täuschen soll.
Das Ergebnis sehen wir jetzt.
Daran tragen hohe Offiziere einen erheblichen Teil der Verantwortung.
Das andauernde zeigen auf andere (System, Politik, 87b, Industrie, Bevölkerung) langweilt mich einfach nur noch.
@Memoria
Tja, ich glaube man nennt es „Politik“ ;-) Schönes Wochenende !
@klabautermann:
Und wieder die Verantwortung abgeschoben.
Gähn.
Genau diese Grundhaltung ist das Krebsgeschwür der Bundeswehr. Baudissin würde sich schämen – das Ergebnis der Ausbildung und Förderung in der Bw ist reinster Opportunismus.
Weder hier noch sonstwo ist ein Kampf dagegen wohl erfolgversprechend. Der Krebs hat den Organismus fest im Griff.
q.e.d.
@Heiko Kamann: Es ist von Darstellungsform die Rede. Mein Punkt steht auch dann wenn ein Vordruck händisch ausgefüllt wird.
So oder so wird das Urheberrecht hier in einer Art und Weise gebraucht wie es niemals vorgesehen war: um Informationspflichten staatlicherseits zu umgehen. Das ist seit der Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes leider immer wieder zu beobachten.
Das ist in meine Augen eher Politik als Justiz.
Die direkte Folge ist, dass sich niemand mehr drum schert, ob etwas veröffentlicht werden darf oder nicht. Man tut es einfach. Weil mans kann. Und wenn sich eine staatliche Stelle darüber beschwert, hatte man im Zweifelsfalle damit recht…
Habe mir heute mal einige der Unterrichtung des Parlaments zu Gemüte geführt, bei denen Sachverhalte beschrieben wurden, zu denen ich auch direktere Sachkunde habe.
Bei den Unterrichtungen des Parlaments scheint es sich in der Tat um fiktionale Werke zu handeln, die offenbar wenig bis nichts (Kontext, Sinn und Verständnis folgend) mit der Realität zu tun haben.
Mir stellt sich nun die Frage: Warum beschäftigt unser Staat Personen, um Volksvertretern Märchen bzw. Science-Fiction aufzuschreiben? Und warum soll von diesem offenbar lediglich der Unterhaltung dienenden Programm das Volk ausgeschlossen werden?
Gem § 5 (2) UrhG unterliegt auch sowas allerdings nicht dem Urheberrecht, da eben amtliche Werke nicht dem Urheberrecht unterliegen.
@Memoriam
Das Abdrücken von Verantwortung ist dem Beamtensystem innewohnend. Und davon spielt sich im BMVg offenbar zu viel ab.
Soldat*innen fragen sehr genau nach dem Verantwortungsbereich und halten darüber hinaus auch den Interessenbereich sauber , mindestens aber behalten Soldat*innen diesen Interessenbereich im Blick.
Beamte prüfen zunächst Zuständigkeit und denken danach nicht weiter nach, wenn die Zuständigkeit nicht gegeben ist.
Die Frage aber muss sein, an welchen Stellen Informationsverlust einfach passiert und an welchen Stellen dieser beabsichtigt ist.
@Freiherr vom Stein
Danke für ihr Statement. Mir geht es nicht darum Soldat*innen anzuklagen – ich bin überzeugt, der überwiegende Teil verhält sich angemessen.
Aber bei dem, was in Richtung Parlament läuft gibt es Schuldige, die identifiziert werden müssen – ob das nun Soldat*innen, Geheimdienstler*innen oder Beamte*innen sind müssen Ermittlungen ergeben.
Generell wären aber Zeugen gut beraten, Kontakt zum parlamentarischen Kontrollgremium oder entsprechenden Abgeordneten aufzunehmen, die aktiv werden wollen. Notfalls sollte auch eine Anzeige gegen Unbekannt in betracht gezogen werden (habe ich bis dato noch nicht versucht).
Und damit es nicht Off-Topic wird:
Das BMVg spielt auf Zeit und will mit der Klage bewirken, dass die offene Flanke „UdP“ schnellst möglich geschlossen wird. Anhand der Einzelbeispiele muss diese Machenschaften das Handwerk gelegt werden, statt Soldaten zu diffamieren, die den Mund aufmachen.
@Memoria:
„Diese sog. Armee ist finanziell, mental, intellektuell und kulturell bankrott.“
Ist sie eben nicht, sonst ginge noch deutlich weniger..es gibt immer noch zu viele, die eben keinen Dienst anch Vorschrift machen und damit das System am Laufen halten.
@Daniel Lücking:
„Kontakt zum parlamentarischen Kontrollgremium oder entsprechenden Abgeordneten aufzunehmen“
regelmäßig sinnfrei – bei letzteren kommt es immer drauf an, was deren individuelle Ziele sind, in jedem Fall geht es regelmäßig nicht darum, im Sinne des Ganzen zu handeln, ersteres kann nur mit den Informationen arbeiten, die es geliefert bekommt, was regelmäßig dazu führt, dass man den Bock zum Gärtner macht (das BMVg mit dem Auswerten und liefern von Informationen beauftragt) … übrigens der gleiche Schwachpunkt wie das System Wehrbeauftragter…
@Kerveros:
Genau das ist ja die Krux: Selbst wenn sich die Basis noch mehr abmüht: Die mittlere und höhere Führung macht dies durch die dort dominierende Denkweise und Grundeinstellung zu nichte.
Das zeigt sich deutlich an der Einsatzbereitschaftsdiskussion der letzten Wochen.
Die Bundeswehr erinnert immer mehr an die amerikanischen und insbesondere an die französischen Streitkräfte in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts: Selbstgefällige Bürokratien ohne Realiätsbezug. Da hilft dann auch die beste Basis nicht.
@Kerveros: ’“Kontakt zum parlamentarischen Kontrollgremium oder entsprechenden Abgeordneten aufzunehmen” regelmäßig sinnfrei […]’
M.M.n. zu pauschal: Fairerweise muß man sagen, gar nicht so wenige Ausnahmen – aber leider nicht genug – bestätigen die Regel. Diese Ausnahmen gab und gibt es quer durch die Fraktionen, ausgenommen derjenigen, die zu allem was das Rüstungswesen anbetrifft „Nein“ sagt.
Also sollte man den von @Daniel Lücking vorgeschlagenen Weg forcieren (Frei nach „der Berg und der Prophet“, oder es darf auch ein Link auf AUGEN GERADEAUS an (s)einen MdB sein).
@Vtg-Amtmann
„…ausgenommen derjenigen, die zu allem was das Rüstungswesen anbetrifft „Nein“ sagt.“
Wir können mal prüfen, ob die Gruppe der Abgeordneten die „zu allem was Rüstungswesen anbetrifft „JA“ sagt“, unbedingt die Gruppe ist, die bereit ist, die parlamentarische Kontrolle der Bundeswehr zu stärken.
DAS wäre mal ein Feldversuch!
Stichwort: Wahl der Abgeordneten
Klar muss ich bei den erkennbaren Linien zu den Abgeordneten gehen, die diese Linie auch vertreten. Aber so läuft das in der Demokratie – anders wählen Sie auch nicht.
Ich hatte lange Gespräche und Austausch mit den Parlamentariern der Linkspartei, die die kleine Anfrage möglich gemacht haben. Mir wurde da nichts aus der Hand genommen, nichts aufgebauscht und hätte ich zu irgendeinem Zeitpunkt gesagt: „Ich fühle mich damit nicht mehr wohl.“ dann wäre die Anfrage an die Bundeswehr ausgeblieben.
Das Leute, wie @Kerveros in einer Absolutheit reden, „regelmäßig sinnfrei“ äußern und den Eindruck erwecken „bringt nichts“ ist schlicht eine undifferenzierte und durch nichts belegte Äußerung.
Und ganz nebenbei: undemokratisch ..
… und damit dem vorherigen Beitrag nicht in Gänze der Bezug zum Thema fehlt:
Ohne die WAZ-Leaks hätte ich von diesen Ungereimtheiten nie erfahren. Einzig, das ungute Gefühl wäre geblieben, dass an dem Tag etwas nicht sauber gelaufen ist.
Während meiner Dienstzeit traf ich übrigens nie auf Soldaten, die sich angemaßt hätten, Parlamentarier / Abgeordnete falsch zu informieren. Seit ich am Thema 27.09.2008 arbeite, sagen mir zu Hauf (Ex-)Soldaten, wie sinnlos das mit dem Parlament und der UdP sei.
Erst kürzlich meinte aus der „Rechtsabteilung des BMVg“ (eigene Auskunft am Rande einer Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses) das es ja ach so schwer sei Informationen aus dem Einsatz zu bekommen, weil nicht immer klar sei, was weitergegeben werden könne und sich Schilderungen nicht immer gleichen.
Ich entgegnete, dass Explosionen, Feuergefechte und Gefangennahmen sicherlich nicht zu 100% aus einer Meldung veschwinden sollten oder der Charakter der Meldung nicht im Widerspruch zu den Ereignissen vor Ort stehen darf.
Aber auf einen Oberstleutnant ohne Namensschild an der Uniform, der meint, er seie aus „Interesse am Thema“ regelmäßig im NSA-Untersuchungsausschuss (auf bzw. hinter der Regierungsbank) gebe ich nicht viel …
@ Daniel Lücking
Ich habe den Eindruck, Sie gehen hier auf etwas Falsches los.
Das Thema müssten doch viel eher bundesdeutsche Lebenslügen sein.
Dass UdPs und Realität so auseinander fallen, ist offenbar weder unerwünscht noch Zufall, sondern meiner Meinung von der Politik gewünscht, weil man die hässlichen Realitäten dieser Welt nicht ertragen kann.
Unsere Öffentlichkeit und unsere Parlamentarier müssen zur Kenntnis nehmen, dass es in der Welt Menschengruppen und Regionen gibt, die anders funktionieren, als ein alternativer Eine-Welt-Basar.
Auch Kirchentage etc. dienen eher der Seelsorge der Teilnehmer, als der Lösung der Probleme dieser Welt. Wir sollten all diese zivilgesellschaftlich entwickelten Träume von einer besseren Welt nicht barsch abbügeln, müssen uns aber darüber im Klaren sein, dass hier zu viele Parameter der Welt und der menschlichen Natur ausgeblendet werden, als dass man daraus eine sicherheitspolitische Strategie ableiten könnte.
Wenn Politik in problematischen Regionen wirken will, dann sollte das mit Fachleuten abgestimmt und umgesetzt werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Politik der Bundeswehr bitte nicht befiehlt, dafür zu sorgen, dass die Sonne auch nachts um 3:00 Uhr zu scheinen habe. Das wird absehbar zu Problemen bei der Umsetzung führen.
Von Placebo-Politik, die nur fürs eigene Gewissen oder das Seelenheils der Klientel gut ist, sollte man sich vollständig verabschieden. Dafür ist das Blut unserer Jungs zu wertvoll.
@ Freiherr vom Stein – Warum fürchtet die Politik die Realität? Weil vielleicht die Realität vom Souverän/Wahlvolk gefürchtet wird? In diesem Sinne verhalten sich Politiker also konsistent zu den Präferenzen der Wähler (genauer gesagt dem Medianwähler).
Ist jemanden aufgefallen, wie aktuelle deutsche Fernsehen- und Kinoproduktionen von ihrer Struktur und einfachen Moral den Heimatfilmen der 50er und 60er Jahre ähneln – nur mit etwas mehr diversity? Es ist offensichtlich wieder die heile Welt gefragt und keine schwierigen realen Problemstellungen. Wenn der Souverän in einer repräsentativen Demokratie nicht mehr an Realitäten interessiert ist, dann ist die Exekutive/Legislative auch nicht mehr an Realitäten interessiert. Wenn also das Verteidigungsministerium sich beim Urheberrecht so ins Zeug wirft, dann will es eigentlich den Souverän vor der Berührung mit unangenehmen Realitäten schützen ;-)
P.s – Daher haben Politik-/Wirtschaftswissenschaftler eine Präferenz für direkt demokratische Systeme. Die empirischen Daten zeigen, dass hier die Qualität der Entscheidungen besser ist als in repräsentativen Systemen. Die Begründung dafür ist einfach. In repräsentativen Systemen „entscheidet“ immer der Medianwähler. In direkt demokratischen Systemen die jeweils interessierte Mehrheit, der Rest geht schlicht nicht zur Wahl.
@Freiherr
Ihre Verdrehungen machen echt schwindelig. Die UdP & sonstigen Meldungen deuten darauf hin, dass die Bundeswehr „Tageslicht um 03:00 Uhr“ meldet und nicht umgekehrt.
Die Meldungen werden zur Grundlage der parlamentarischen Entscheidungen und dürfen das genau solange sein, bis „das Haus“ oder „andere Interessen“ berührt sind und die Politik(er) in eine andere Richtung steuern wollen.
Und mit Verlaub:
Welcher Gruppe gehören SIe an, dass sie darüber urteilen, was „Politiker“ und „Öffentlichkeit“ zur Kenntnis nehmen müssen. Doch offenbar einer Gruppe, die Abseits von Politik und Abseits der Öffentlichkeit stehen.
Zeigen Sie mir mal, wo in unserem Gesellschaftskonstrukt vorgesehen ist, dass eine solche „dritte Gruppe“ entscheidet, wo es lang zu gehen hat.
@Freiherr vom Stein
Den Eindruck das die BW „um 03:00 Sonnenschein meldet“ trifft mMn auch eher zu als umgekehrt.
War MEn einer der Gründe für die Unternehmensberater Prüfung
@Bang50
Oder doch vielleicht eher sich vor der Reaktion des Souveräns, bei Steuergeldern hört beim Souverän der Sinn für Humor auf.
Mal eine gar nicht so hypothetische Frage an die Community (noch als fiktives Beispiel):
Der AG-User @Schmiernippel, ehemals Kfz-TOffz, jetzt techn. Betriebsleiter bei einer Spedition erhält Dokumente zu einem vor 3 Jahren geplatzten Kfz-Beschaffungsvorhaben für eine TSK (Ausschreibung des BMVg / BAAINBw). Damals waren 2 verschiedene Bieter mit 4 mehr oder auch weniger verschiedenen Typen im Rennen. Der eine Wettbewerber bot sogar 3 Typen-Varianten an, wovon eine Variante gleich den Killkriterien zum Opfer gefallen ist und die 2 weiteren Varianten nur extrem knapp die Limits übertreffen konnten. Der angebotene Typ des zweiten Wettbewerbes lag dagegen im Gesamt-Erfüllungrad deutlich jenseit der 90 %. In Einzelerfüllungsgraden erreichte dieser sogar bis zu 125%, also Leistungsreserben und Aufwuchspotentiale „satt“. Letzterer hat aber weder den Beschaffern, noch der politischen Führung des BMVg gefallen, also ließ man das Auswahlverfahren unter einem Vorwand platzen.
Mittlerweile wurde vom BMVg ein neues Beschaffungsverfahren klammheimlich angeleiert und man hat einen völlig neuen Typ zusammen mit der Industrie kreiert, der ziemlich ähnlich zu einem bereits eingeführten Fahrzeug in einer anderen TSK ist. Ergo will man wegen dieses Alleinstellungsmerkmals freihändig vergeben. Die 25 Mio-Vorlage ist aber noch nicht vom Parlament gebilligt.
@Schniernippel – dem erfahrenen TOffz, welchem einerseits immer noch die Truppe am Herzen liegt, anderseits natürlich auch sein Geld als Steuerzahler und drittens die Sache als KFZler „stinkt“ – kommt das Ganze immer dubioser vor, speziell weil das BMVg das ausgeguckte Fahrzeug schon im Vorfeld über den „grünen Klee lobt“, dieses immer besser wird und so ganz nebenbei damit auch über 50% mehr kostet als ursprünglich vereinbart. Und die Truppe will die Karre auch nicht haben. Er schaut sich also nochmals sehr exakt die alten Auschreibungsunterlagen an. Siehe da, das neu kreierte Fahrzeug basiert doch technisch auf genau der Typen-Variante, die gleich wegen deutlichem Nichterreichen der Killkriterien seinerzeit aus dem Wettbewerb geflogen ist.
@Schmiernippel beschäftigte sich intensiver mit der Angelegenheit und irgendwann stand er vor der „Schöpfung seines eigenständigen geistigen Werkes“ – u.a. durch eingehende Analysen von Auszügen bzw. Belegen aus der alten Ausschreibungsdokumentation zu den Anforderungs- und Leistungskriterien. Damit ist auch absolut klar und beweisbar,
• daß mit Einführung besagter Karre der Truppe ein kfz-technisches Desaster bevorsteht und diese für die nächsten ca. 40 Jahre zu einer stetig zunehmenden Leistungsunfähigkeit im KFZ-Sektor verdammt wird,
• und daß man mit dem Fall an die Öffenlichkeit und an das Parlament gehen sollte, noch dazu, wenn man ein paar Abgeordnete persönlich kennt und zudem längst der Truppe ein Maulkorb verordnet wurde.
• Daß ferner gemäß der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der beim Presserecht schon mal das letzte Wort spricht, bei gravierenden Missständen die Öffentlichkeit ein Recht auf Information und auch ein legitimes Interesse daran hat, nachprüfen zu können, ob den Parlamentariern seitens des BMVg klarer Wein eingeschenkt wird und ob die Abgeordneten wiederum anhand ihres Unterrichtungs- und Kenntnisstandes angemessen und redlich handeln können. Also eine „Lex Wallraff“ auch für das Urheberrecht und VS-nfD besteht.
Wie sehen das die User von AG, speziell solche, die auch (presse-) rechtlich wenigstens halbwegs firm sind? Wohlgemerkt @schmiernippel ist kein Redakteur, aber Vollblut-Mechatroniker.
@ ThoDan – Nichts was über die übliche Stammtischempörung hinausgeht. Die fiskalische Illusion ist gerade beim Medianwähler weit verbreitet. Dieser ist in Deutschland ca. 50 Jahre alt und hat eine Präferenz für die Themen Rente, soziale Absicherung und Arbeitsplatzerhalt. Mit diesen Schwerpunkten wird auch von allen Parteien im Wahlkampf geworben. Folglich sind diese sehr teuren Themengebiete in alle politischen Entscheidungen übergeordnet. Daraus erklärt sich auch der von Abgeordneten und Landesfürsten betriebene Rüstungslobbyismus. In der Realität müssten ganz andere Themen auf der Agenda stehen. Der demographische Wandel, eine weiterhin nicht reformierte Europäische Union, eine äußerst instabile Weltlage usw… werden einen wesentlich größeren Einfluss auf die Gesellschaft und den Medianwähler haben als die Themen im Wahlkampf. Die Existenz dieses Deltas wird gerade vom Wahlvolk billigend in Kauf genommen, solange die eigenen Präferenzen auf der Agenda stehen. Ein Staat welcher das langfristige (gesamt)gesellschaftliche Wohl im Auge hat, ist damit zumindest in D eine Illusion. Der beste Beweis dafür ist das Verhalten des Verteidigungsministeriums in den letzten 24 Jahren.
@Memoria:
„Die Bundeswehr erinnert immer mehr an die amerikanischen und insbesondere an die französischen Streitkräfte in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts: Selbstgefällige Bürokratien ohne Realiätsbezug. Da hilft dann auch die beste Basis nicht.“
Alles richtig, aber nicht das, woraus ich hinaus wollte.
Der Leistungswille der Basis ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems… würden alle mal streng Dienst nach Vorschrift machen, wäre der Handlungsbedarf deutlich sichtbarer ;)
Falls die Dokumente bei der WAZ doch irgendwann einmal nicht mehr abrufbar sein sollten, sollte man bei der Piratenfraktion NRW vorbeisurfen. Wir spiegeln die Dokumente ebenfalls: https://leak.piratenfraktion-nrw.de/afghanistan/
@Vtg-Amtmann
Der @Schmiernippel wäre gut eraten, sich an die Presse zu wenden. Zunächst,weil Pressevertreter sich auf Zeugnisverweigerungsrecht und Quellenschutz berufen können.
Um weitere Zeugen zu finden wird der Schritt in die Öffentlichkeit notwendig. Zunächst durch den Redakteur,der Zeugen sucht.
Im Zuge dessen wir natürlich Staub aufgewirbelt und das BMVg kann auf Basis von „Lex-Absurdius-Colognia“ schon mal prüfen, wer als Hinweisgeber in Betracht kommt und die entsprechends Repressalie „Urheberrechtsverletzung“ vorbereiten. Kostspielig für die,die gepackt werden – Privatleute werden eher davon ablassen sich dieser Gefahr auszusetzrn.
Zum Zeugen @Schmiernippel
Hier setze ich Persönlichkeitsrechte über das Urheberrecht. Er hat einen Anspruch darauf, nicht Jahre nach der Dienstzeit als einer der Urheber von Misswirtschaft und Fehlbeschaffungen dazustehen.
Und so trifft es auch für Afghanistansoldaten zu. Wir haben ein Recht darauf, das aufgeklärt wird und wir nicht für völkerrechtswidrige Einsätze missbraucht werden. Die aktive und passive Zuarbeit zu amerikanische Drohneneinsätzen und möglicherweise auch Menschenrechtsverletzungen muss kein Soldat hinnehmen.
@D.Lücking
ich machs kurz:
ad1: der afghanistaneinsatz ist weder in toto noch bezüglich der deutschen beteiligung „völkerrechtswidrig“
ad2: Die drohneneinsätze der USA sowohl in Pakistan als auch in Afghanistan lassen sich größtenteils innerhalb des geltenden völkerrechts rechtfertigen.(wohl sanse „signature strikes“) Deutschlands vulgärrestriktive Haltung diesbezüglich ist nicht völkergewohnheitsrecht und für andere nicht verbindlich.
Halten sie sich doch nach möglichkeit an themen zu denen sie sich auch qualifiziert äußern können. danke.