Mahnung vom östlichen Nachbarn: ‚Schwäche der Bundeswehr kann sich keiner leisten‘


Bei aller Freundschaft hatte der Besuch aus dem Osten deutliche Worte mitgebracht. Tomasz Siemoniak, polnischer Verteidigungsminister, war am (heutigen) Mittwoch nicht nur Unterzeichnung eines neuen deutsch-polnischen Heeresabkommens nach Berlin gekommen. Sondern auch, um als Gastredner der Bundeswehrtagung (Foto oben) den deutschen Freunden zurückhaltend, aber deutlich genug was zum Thema Erwartungen an einen NATO-Bündnispartner zu sagen. Ein paar Absätze aus seiner Rede (in der offiziellen Übersetzung des Warschauer Verteidigungsministeriums):

Ein starkes demokratisches Europa braucht ein starkes Deutschland und ein starkes Polen. Stärke ist nicht nur Wirtschaftsmacht, sie ergibt sich nicht nur aus wirtschaftlichen Verflechtungen und aus der Überzeugung, dass unsere Werte richtig sind. Stärke ist auch Verteidigungsfähigkeit, ist auch militärische Stärke, ist auch die Stärke der Bundeswehr und der polnischen Streitkräfte, der Wojsko Polskie. (…)
Werte deutsche Freunde! Wir haben von euch, man kann eigentlich sagen über Jahrhunderte gelernt, dass konkrete Taten und nicht bloßes Gerde, dass reale Ergebnisse und nicht auf Papier stehende Sicherheiten das wichtigste sind.
Bitte wundert euch daher nicht, dass wir uns eine stärkere Präsenz des Bündnisses in Osteuropa nicht nur in Verpflichtungen und Erklärungen wünschen, sondern in konkreten Fakten, in konkreten Aktivitäten, wie eine ständige militärische Präsenz, wie die Stärkung des Multionationalen Korps Nord-Ost, wie eine auf reale Bedrohungen ausgerichtete „Speerspitze“, also Einheiten in höchster Bereitschaft. Wir sind der Auffassung, dass derartige Anstrengungen, die wir auch bereit sind finanziell mitzutragen, die beste Antwort auf Gefahren darstellen und somit bewirken können, dass es uns möglich sein wird, lange Jahre und Jahrzehnte in Frieden zu leben. (…)
Ich bin nicht der erste Gast aus Polen, der hier in Berlin die Notwendigkeit eines aktiven deutschen Engagements in Verteidigungs- und Sicherheitsfragen hervorhebt. Wir in Polen glauben nicht an Gerüchte über eine angebliche Schwäche der Bundeswehr. Das kann sich heute auf dem Kontinent keiner mehr leisten. Denn es würde einem Verlust der Glaubwürdigkeit des Nordatlantischen Bündnisses und der Europäischen Union, und somit des Sicherheitsgefühls vieler europäischer Staaten, darunter auch der von Polen, gleichkommen. Wir brauchen also eine starke, aktive Bundeswehr, die eingedenk der historischen Erfahrungen jedoch keine Mitverantwortung für die kollektive Sicherheit und Verteidigung ihrer Bündnispartner scheut.

Natürlich wies der polnische Minister auch darauf hin, dass ein Land seit Jahren einen konstanten Verteidigungshaushalt in Höhe von 1,95 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts garantieren könne und den ab 2016 auf zwei Prozent erhöhen wolle.

Das waren schon deutliche Worte an die deutsche Seite. Die Rede der deutschen Ministerin wird – nehme ich doch an – irgendwann auf der Webseite zu finden sein

steht auf der BMVg-Seite zum Download     
deshalb hier erst mal nichts weiter dazu. Zumal die Rede in vielen Punkten ihren Aussagen vor der Bundespressekonferenz entsprach. Einschließlich der Verkündung einer  Zusage, die sie von ihrem Finanzkollegen Wolfgang Schäuble erhalten hatte: Der ihr angeboten, im Frühjahr 2015 bei den Verhandlungen über den Verteidigungshaushalt für 2016 auch ausdrücklich darüber zu sprechen, was Deutschland seine äußere Sicherheit (und damit auch die des Bündnisses) Wert sei. Von der Leyen ließ an ihrer Haltung dazu keinen Zweifel: Auf mittlere Sicht sei ein Anstieg des Wehr-Etats nötig, vor allem für Investitionen in die Ausrüstung.

(Foto: Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Volker Wieker, grüßt die Bundesministerin der Verteidigung, Ursula von der Leyen, und den Verteidigungsminister der Republik Polen, Tomasz Siemoniak, zu Beginn der Bundeswehrtagung am 29.10.2014 in Berlin – Bundeswehr/photothek/Thomas Imo via Flickr unter CC-BY-NC-ND-Lizenz mit Freigabe für redaktionelle Verwendung)