Fertigungsfehler beim Eurofighter: Vorerst halbe Lebensdauer, aktuelle Einsätze nicht betroffen

EF_BAP_Box_20140910 Der Eurofighter, das modernste Flugzeug der Bundeswehr, darf wegen eines Fertigungsfehlers in der Industrie vorerst nur die Hälfte der garantierten Flugstunden in die Luft. Das Herstellerunternehmen habe bei einer Qualitätskontrolle einen Herstellungsfehler an einer großen Anzahl von Bohrungen am Rumpfhinterteil des Luftfahrzeuges Eurofighter festgestellt, teilte die Bundeswehr am (heutigen) Dienstagabend auf ihrer Webseite mit. Der Flugbetrieb der deutschen Luftwaffe sei davon nicht betroffen, sowohl die Einsätze zur Luftraumüberwachung in Deutschland und im Baltikum als auch die Übungsflüge könnten wie gewohnt starten. Vorerst will die Bundeswehr aber keine neuen Eurofighter abnehmen. Nach den Bundeswehr-Angaben wurden vom Hersteller als Sofortmaßnahme die zugelassenen Flugstunden über die ganze Lebensdauer für einen Eurofighter von bislang 3.000 auf 1.500 Stunden reduziert. Allerdings ist die Bundeswehr auch von dem neuen Wert noch eine Weile entfernt; die ältesten Kampfjets dieses Typs bei der Luftwaffe haben bislang etwas über 1.000 Flugstunden. Der erste an die Bundeswehr übergebene einsitzige Eurofighter (zweisitzig sind die Trainerversionen) erreichte seit seinem Erstflug im Februar 2005 im März dieses Jahres die 1.000-Stunden-Marke. Die Mitteilung der Bundeswehr im Wortlaut:

Eurofighter: Flugbetrieb der Luftwaffe aktuell nicht von industrieller Flugstundenreduzierung betroffen Berlin, 30.09.2014. Die Industrie hat im Rahmen einer Qualitätskontrolle einen Herstellungsfehler an einer großen Anzahl von Bohrungen am Rumpfhinterteil des Luftfahrzeuges Eurofighter festgestellt. Ursächlich hierfür sind unzureichende Entgratungen durch den Hersteller BAE Systems. Da die Auswirkungen dieser Problematik auf die Lebensdauer der Zelle noch nicht absehbar sind, wurde die Halbierung der Flugstundenfreigabe durch die Industrie als zusätzlicher Sicherheitsfaktor eingeführt. In der Folge wurde durch die Industrie als Sofortmaßnahme der bisher freigegebene Lebensdauerwert von 3.000 Flugstunden auf 1.500 Flugstunden halbiert. Der beschriebene Fertigungsmangel hat nach Aussage der Industrie keine Auswirkungen auf die aktuelle Flugsicherheit und die Einsatzfähigkeit des Waffensystems Eurofighter. Der Ausbildungs- und Einsatzflugbetrieb ist sichergestellt. Zur Vermeidung von Nachteilen und zur Wahrung von Ansprüchen seitens des Bundesministeriums der Verteidigung infolge dieser Minderleistung wurde bis zur Klärung der kommerziellen Aspekte die Abnahme von weiteren Luftfahrzeugen ausgesetzt.

 

Nachtrag: Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner, sowohl im Verteidigungs- als auch im Haushaltsausschuss, hat die Mitteilung zum Eurofighter wie andere Abgeordnete am Dienstagabend bekommen. Und stellt jetzt die Frage, warum zwar am 22. September das Ministerium informiert war, aber den Parlamentariern im Verteidigungsausschuss bei dem Bericht über die Situation beim Bundeswehr-Großgerät davon mit keinem Wort etwas erzählt wurde. Ist in der Tat merkwürdig. Lindners Mitteilung vom Mittwoch:

Der Mängelbericht beim Eurofighter zeigt, dass Probleme beim Material nicht nur alte Systeme sondern auch neues Fluggerät betreffen. Wenn am 22. September das Ministerium von der Industrie informiert wurde, angeblich sofort ein Beschaffungsstopp erlassen wird und zwei Tage später im Verteidigungsausschuss kein Wort darüber fällt, dann ist dies höchst erklärungsbedürftig. Auf jeden Fall stellt sich die Frage, welche Aussagekraft die vergangene Woche vorgelegten Zahlen überhaupt noch haben. Frau von der Leyen spricht ständig über mehr Transparenz im Beschaffungswesen. Ihre Salamitaktik der letzten Tage ist das Gegenteil von Transparenz. Es versteht wohl nur das Ministerium noch selbst, warum ein Beschaffungsstopp beim Eurofighter keine Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe haben soll. Dies würde ja bedeuten, dass neue Flugzeuge überhaupt nicht benötigt würden. Böse Zungen könnten auch auf die Idee kommen, auf die Bestellung der zusätzlichen Flieger dann ganz zu verzichten.

(Foto: Eurofighter im September 2014 beim Baltic Air Policing auf der Luftwaffenbasis Ämari in Estland)