Afghanistan: Kein Wahlergebnis, aber ein Präsident

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Der monatelange Streit um den nächsten Präsidenten Afghanistans ist entschieden: Der frühere Finanzminister Ashraf Ghani wird neuer Staatschef. Die unabhängige Wahlkommission des Landes rief Ghani zum Sieger vor seinem Kontrahenten, dem früheren Außenminister Abdullah Abdullah aus – allerdings ohne eine Wahlergebnis zu nennen. Beide Politiker unterzeichneten eine Vereinbarung für eine Einheitsregierung, in der der unterlegene Abdullah über den Posten des Premierministers verfügen kann.

Damit ist zwar das Rennen um die Nachfolge des bisherigen Präsidenten Hamid Karzai entschieden und ein Machtvakuum in Kabul verhindert worden – aber ein echter demokratischer Übergang ohne ein öffentlich bekanntes Wahlergebnis ist schon eine merkwürdige Sache. Für den Westen dürfte allerdings entscheidend sein: jetzt gibt es endlich einen neuen Präsidenten, der voraussichtlich am 29. September das Amt antritt und dann die Abkommen mit den USA und den anderen NATO-Staaten unterzeichnen kann. Denn die bisherige ISAF-Mission endet am 31. Dezember. Und die geplante Nachfolgemission Resolute Support, mit der die Ausbildung und Unterstützung der Afghanen fortgeführt werden soll, würde ohne diese Vereinbarungen nicht möglich.

Eine weitere – vor allem westliche und auch deutsche – Truppenpräsenz am Hindukusch scheint damit wieder gesichert. Und die in den vergangenen Wochen aufkommende Vermutung, es müsse nun doch der letzte ISAF-Soldat bis Silvester abgezogen sein, ist offensichtlich vom Tisch.

Zum Hintergrund der Einigung in Afghanistan:

Der Text der Vereinbarung: Text of agreement on unity government

Die Kernpunkte des Abkommens bei dpa

Reuters: Ghani named Afghan president-elect after deal to end election dispute

New York Times: Ashraf Ghani Is Named President of Afghanistan by Elections Panel

Hintergrund zur Auseinandersetzung zwischen Ghani und Abdullah bei dpa

Nachtrag: … und eine Analyse des Afghanistan Analysts Network

(Foto: Der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Ján Kubiš (l.), und US-Botschafter James Cunningham (r.) unterzeichnen als Zeugen die Vereinbarung über die neue Einheitsregierung Afghanistans zwischen Ashraf Ghani (2.v.l.) und Abdullah Abdullah (3.v.l.) – UN-Foto/Fardin Waezi / UNAMA)