Wehrbeauftragter verlangt milliardenschweres Modernisierungsprogramm für die Bundeswehr
Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, hat ein Modernisierungsprogramm für die Ausrüstung der Bundeswehr gefordert. Wir brauchen jetzt eine Erneuerung von Kasernen, Fahrzeugpark und Bewaffnung. Viele Bundeswehrfahrzeuge müssten hinter dem Y auf dem Nummernschild noch ein H für historisch haben, sagte Königshaus in einem Interview des Kollegen Andreas Herholz für mehrere Regionalzeitungen. Er habe wiederholt darauf hingewiesen, dass die Ausrüstung der Truppe überaltert sei: Durch regelmäßige Wartung und Instandsetzung werden Waffensysteme mühsam brauchbar gehalten. Deshalb könne er zum Beispiel nicht einschätzen, ob die Ausrüstung, die an die kurdischen Milizen im Nordirak geliefert werden soll, wirklich auf Dauer einsetzbar ist.
In dem Gespräch (online unter anderem beim Donaukurier*) plädierte der Wehrbeauftragte für Milliardeninvestitionen, die dem Kernbereich der Streitkräfte zugute kommen müssten:
Erneuerung kostet Geld. Das weiß jeder. Wir benötigen eine Modernisierungsoffensive, ein Investitionsprogramm fur die Bundeswehr. Es geht um einen Milliardenbetrag, der ausgegeben werden müsste, um die Streitkrafte leistungsfähig zu halten.
Das ganze Interview zum Nachlesen hier*.
Interessant ist das, was Königshaus in dem Interview nicht anspricht: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat Begriffe wie Modernisierungsoffensive bislang eher mit ihrem Attraktivitätsprogramm für die Streitkräfte verbunden – nicht mit Waffensystemen, Transporter, persönlicher Ausrüstung. Insofern sind die Aussagen des Wehrbeauftragten schon als deutliche Kritik an der Ministerin zu verstehen.
* Deutsche Verlagswebseiten werden hier in der Regel nicht verlinkt; der Donaukurier ist wegen seines Umgangs mit dem Leistungsschutzrecht eine der Ausnahmen.
(Archivbild Januar 2014: Königshaus bei einem TV-Auftritt – ©Thomas Trutschel/photothek.net)
Ach, Herr Königshaus, welche deutsche Rüstungsfirma hat Ihnen denn da ihr Leid geklagt? Wer soll da wieder subventioniert werden? Haben die dann auch eine Filiale in Ihrem Wahlkreis?
Weil eine einsatzfähige Armee ind Deutschland … Nein, das ist ja sowas von bäääh!
[Sarkasmus aus]
@TomCat: Eine wirklich sehr gute Rede, die sollten sich unsere Politiker mal anhören, denn er hat die Bundeswehrführung mit der Äußerung, daß man mit einem Federstrich Verbände auflösen kann, aber 10 Jahre braucht um sie wieder aufzustellen, die Leviten gelesen und Kritik an der Heeresreform geäußert. Allerdings war die Rede schon 2005, denn 2012 existierte die 14. Panzergrenadierdivision schon längst nicht mehr.
Der Heeresinspekteuer Gerd Gudera war ja zuvor vom damaligen Verteidigungsminister Struck gefeuert worden, weil Gudera kritisiert hatte, daß man nicht schon wieder eine Bundeswehrreform machen sollte, bevor die letzte abgeschlossen sei und daß das Heer besonders belastet sei durch die Auslandseinsätze und es deshalb falsch sei, vor allem das Heer zu reduzieren, aber Marine und Luftwaffe zu schonen beim Personalabbau.
Aber solange Generale rausgeschmissen werden, die berechtigt ihre Meinung äußern, kann es um die Materialausstattung der BW nicht gut stehen, weil dies Kritik am Zustand der BW verhindert und dazu führen dürfte, daß Potemkische Dörfer ans BMVg gemeldet oder vorgeführt werden!
@TheDude: Keine Anmerkung zu den 225 Leopard Panzern. Natürlich ist dies viel zu wenig. Dies zeigt sich auch daran, daß die 14. Panzgergrenadierdivision(siehe oben die Abschiedsrede des Generals dort) allein 265 Leopard Panzer hatte! Die BW soll jetzt allso weniger Kampfpanzer haben, als vor ein paar Jahren noch eine einzige Division hatte!
Dahinter steht wohl der Irrglaube der BW Führung, daß Panzer nicht mehr wichtig seinen oder wieder unsinnige Sparüberlegungen, aber Putin beweißt in der Ukraine doch gerade mal wieder, daß die Panzeranzahl kampfentscheident ist. Vor kurzem waren die Separatisten eingeschlossen und drohten zu unterliegen, kaum haben diese neue Panzer bekommen, schon sind die Ukrainer eingekesselt und auf dem Rückzug. Die Masse der Panzer ist also weiterhin Schlachtentscheident! Daran sollte sich die BW schleunigst erinnern und die Zahl der Panzer und der Panzereinheiten erhöhen, statt Jägereineinheiten zu unterhalten, nur weil diese billiger sind.
@closius
StO Roth: Verantwortlich scheint mir hier der ehemalige StS Christian Schmidt zu sein. Roth liegt entweder direkt in oder neben seinem Bundestagswahlkreis! Dafür kann man schon mal 200 Mio locker machen, wenn man damit seine Wiederwahl sichern kann. Die Nachfolger verschleiern jetzt die Kosten.
Ahnliches hat er schon 2007 mit dem Dienstort Bayreuth fabriziert.
Aber das scheint so ublich zu sein unter StS und MdBs, siehe Kossendey u.a.
@wacaffe
Richtig- LaKeitel und Radfahrer!
Grundsätzlich sind Standortentscheidungen immer politische Entscheidungen. Die meisten in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen lassen sich Anhand von Parteibüchern der Minister und Staatsekretäre und deren Wahlkreise nachvollziehen!
Sicher äußeren die Militärs ihre Vorstellungen. Aufgrund der Hektik von solchen Massnahmen im Vorfeld, werden die Ergenbisse oft durch flasche Unterlagen und Zahlenmaterial zusätzlich verfälscht.
Ein General sagte mal wortwörtlich „Standortentscheidungen sind immer politische Entscheidungen, meist für uns die zweite oder drittbeste Lösung“ Was soll man da jetzt noch ergänzen?
Hinzu kommen Unsummen, die die Komunen ausgeben müssen, um die Grundstücke später anderweitig nutzen zu können.
@Bang50:
„Damit sich die Institution BW wirklich verändert, braucht es einen äußeren Gegner der ein notwendiges Mindestniveau an Angst initiiert. Ob der Ukrainekonflikt hier schon das notwendige Niveau initiiert hat, bleibt abzuwarten.“
Ich stimme ihnen bei den konformistisch-opportunistischen Tendenzen in der Bw zu.
Komplettes Gegenteil zur Inneren Führung – somit eigentlich DAS Thema für den Wehrbeauftragten.
Ihr Fazit bezweifle ich jedoch aus 2 Gründen:
1. Der Veränderungsdruck ist auch in existentiellen Gefahren für solche Organisationen nicht groß genug, um die bisherige Organisationskultur zu verändern.
2. Wenn man jedoch das bisherige System überwinden kann, dann braucht es sehr lange Zeit um es durchzusetzen. Liddell Hart faßt dies sehr gut zusammen:
„The only thing harder than getting a new idea into the military mind is to get an old one out.“
Meine beiden These ergeben sich aus versch. historischen Beispielen. Besonders prägnant sind die britische Armee 1914-1916 und die französische Armee 1940.
Beide Fälle zeigen, dass sogar in existentieller Gefahr die überkommene Organisationskultur überwog.
Als weitere Literatur empfehle ich:
Marc Bloch (1992): Die seltsame Niederlage
Martin Samuels (1996) Command or Control?: Command, Training and Tactics in the British and German Armies, 1888-1918
http://www.au.af.mil/au/awc/awcgate/army-usawc/changing_minds_in_the_army_3jun13.pdf
Hier sind wir wieder beim Thema Organisationskultur.
Dem sollte sich der Wehrbeauftragte vielleicht mal mit deutlicheren Worten zuwenden.
Dort liegen die wahren Defizite.
– Wahrheitspflicht und Innere Führung im Alltag.
– Dauernde Beschönigung von Meldungen
– Negierung von Fakten durch die Generalität (siehe Nachwuchsgewinnung im Heer).
Das sind dann auch originäre Themen des Wehrbeauftragten.
Geldmangel ist sicher auch ein Thema für den Wehrbeauftragten, aber eben erst der zweite Schritt.
1. Ja die Bw hat zu wenig Geld.
2. Der Mangel verschärft das umhergewusel nur noch. Projektewerden irgendwie auf Sparflamme gekocht, keiner will der Leitung und auch der Generalität sagen, das sein favorisiertes System nicht kommt. Wegen Sparflamme werden dann alle Projekte Mist und man hat garnichts.
3. Es gibt Themen die definitiv die Politik, allen voran das Bundeskanzleramt entscheiden muss. Darunter fallen z.B. Kapazitäten für Strategische Aufklärung oder z.b. Nukleare Teilhabe.
4. Doppelstruktur BMVg Plg – Planungsamt erzeugt wahnsinnige Mehrarbeit in vielen Prozessen.
5. Ein Ziel der Reform, klaren Verantwortlichkeiten, wurde weit verfehlt. Die Domänen- und Dimensionssystematik (Plg II/Plg I) sowie der Bruch zwischen beiden schafft keine sinnvolle Struktur, insbesondere im zusammenspiel mit den TSK.
@Closius:
Sie fragten, welche Systeme vordringlich zu erneuern wären.
Vom technischen Standpunkt her: Nahezu Alle!
Aus Sicht Fähigkeitsmanagment: ???
@Woody: Der Puma b zw. eine neuer Schützenpanzer fehlt hinten und vorne, weil der Marder viel zu alt ist. Die Mängel oder das Fehlen entsprechender Funkgeräte oder Hubschrauber sind ja schon x mal aufgezählt worden.
Aber da es den GTK Boxer gibt, wenn auch in zu geringer Stückzahl, so meinen Sie daß die gesamte LKW Flotte der BW erneuert werden muss? Oder müssen auch noch andere Panzer dringend erneuert werden wie M 113 oder Fuchs?.
@ Memoria | 31. August 2014 – 9:58
Zu Ihrer guten Literaturauswahl sollten Sie beifuegen:
Dixon, Norman: On the Psychology of Military Incompetence.
(Aus einer Zeit als die Militaers Beschaffung und Org bestimmten)
@Bang50 30.08.-23.54
Danke, auf den Punkt,
M.E. schliesst sich dann auch der Kreis zu ob zuwenig oder zuviele „Leo“.
Ausser Angst machen in Strassenkampf braucht man die Dinger doch nicht wirklich.
Überspitzt braucht man ein paar Zehntausend „Kämpfer“, gut ausgebildet, höchst beweglich, sich an das Völkerrecht haltend (gibt es das überhaupt außerhalb von metaphysischen Diskussionszirkeln noch?), die Partisanenkampf machen.
Was hat ein Invasor davon, die Bevölkerung zB atomar auszulöschen?
Luftwaffe, ja, aber mit Bewaffnung und ohne „Lenk und Ruhezeiten“ befähigt, in jedem OP Gebiet zu agieren.
Marine, ja, Verminung gegn. Seewege, UBoote zum Absetzen von „Spezialkräften jeder Art“, was noch?
Heer, siehe oben.
Meine bewußt vereinfachte „Analyse“, hat aber bislang nicht stattgefunden, falls doch, will es aber keiner wahrhaben.
Geld hat die BW genug, für „kleine“ Baumassnahmen unter 25 MIO ist IMMER Geld da (siehe Marinekommando neu). Leider nur nicht für die Mitarbeiter beim „attraktivsten“ Unternehmen der Welt
P.S. ob Klaus. Gerd.Bert. oder andere Dreifachnamen hier mitlesen ist m.E. völlig irrelevant. Die können Nachrichtensdienst und verlassen sich nicht auf opensource. Dies unterstelle ich auch unseren Diensten.
Die neuen Fahrzeuge sind insbesondere ausgelegt auf Schutz gegen Minen / IED. In einem symmetrischen / dissymmetrischen Konflikt ist das aber nicht die Hauptbedrohung.
Primat für den Führer ist nicht: „keine Verluste, Überleben um jeden Preis“, es gilt noch „Wirkung vor Deckung – da müssen Ausfälle berücksichtigt werden.
Der Grenznutzen von Schutz muß realistisch betrachtet werden – auch die Anzahl der Systeme ist gefechtsentscheidend, also die Frage: lieber (deutlich) mehr aber keine Goldrandlösung, oder wenig, dafür aber das Allerbeste (wenn es denn einmal zuläuft).
@MikeMolto:
Richtig – auch sehr passend, aber in der Bw alles kein „Lehrstoff“.
Die Lehre an der FüAk wird mal wieder verändert (siehe: http://tinyurl.com/ndk55kk) – weiß schon jemand mehr darüber was aus Sicht der militärischen Führung die Anforderungen an einen „modernen Stabsoffizier“ sind?
Noch mehr Medienkompetenz und vernetzte Sicherheit?
@Closius:
Wenn man die Fahigkeiten behalten will die man laut Papierform hat: Nahezu Alles.
Die Priorisierung von Fähigkeiten fehlt. Siehe mein Posting vor dem an sie gerichteten.
wenn Standortentscheidungen nach Parteibuch entschieden werden, müßte doch irgendein Staatsanwalt tätig werden, oder? (bitte keine Antworten, war Spass)
@Woody
Nun, Breite vor Tiefe ist eben das, was man in einem symmetrischen / dissymmetrischen Konflikt braucht – also die deutsche Brigade / Division mit allen Kräften, die geschlossen eingesetzt wird, und deutschen TTV.
Oder will man sich im hochintensiven Gefecht noch mit polnischen Pionieren, italienischen Sanitätern oder französischen Artilleristen abstimmen?
Im eigenen Gefechtsstreifen sollte man schon wissen, mit welchen Kameraden man kämpft.
Schlimm genug, daß „Kampf der verbundenen Waffen“ durch „Einsatz der verbundenen Kräfte“ abgelöst wurde.
@Les Grossmann
„Ohne -Lenk und Ruhezeiten- „?
Es wurden schon Schlachten, Luftfahrzeuge, Schiffe verloren, Fehler gemacht uvm weil die Mannschaften zu erschöpft waren. Habe noch nicht gehört das derartiges mit fitem Personal auf Grund zu guter Fitness geschah :-)
Mit dem Rest liegen sie mit ihrer vereinfachte “Analyse” nicht schlecht.
Ich persönlich sehe gerade wieder einmal die doch sehr fraglichen Folgen der schon ewig andauernden“Reform“ im Heer. Wir sind zwar „nur“ ein JgBtl, aber auch wir müssen irgendwie noch beweglich bleiben. Aber das sieht die übergeordnete Führung wohl offensichtlich anders. Daher wurden gerade ca 40 unserer ungeschützten Radfahrzeuge zwangsläufig ausgesondert, obwohl sie sich im Zustand A befanden… Auf Nachfrage, wie die Truppe jetzt beweglich sei, hieß es, dass dafür der BwFuhrpark Fahrzeuge hätte, welche zum Einen nur geleast sind, und somit um ein Vielfaches teurer, zum Anderen nicht einmal annähernd für den geforderten Einsatz ausgelegt sind (Geländegängigkeit oder tragen von speziellen Rüstsätzen).
Dann werden für die gesamte BW geschützte Fahrzeuge zusammen gefasst und an übende Truppen ausgeliehen… Diese sehen das Fzg dann teilweise sogar das erste Mal, sollen aber sofort damit zurecht kommen, was baulich bedingt schon des Öfteren allein Aufgrund der Persönlichen Schutzausstattung eine enorme Herausforderung darstellt.
Und an diesem Punkt stellt sich mir die persönliche Frage, welchen Einsatz wir so, unter Einhaltung der Vorschriften zweckmäßig und effektiv bestreiten sollen…?
@Thomas Melber:
Vor Gefecht kommt Lagefeststellung und gegebenenfalls Abschreckung (Auf strategischer Ebene). Aber auch dort weiß man nicht was man will.
Man kann Breite vor Tiefe durchaus als Konzept nutzen. Aber auch dies muss hinreichend finanziert sein. Ist es aber nicht. Denn der Kern der „Breite“ besteht darin Kompetenz in Allem zu behalten und Aufwuchsfähigkeit bereitzuhalten. Das setzt neben Ausbildungs- Unterbringungs-, Instandhaltungs- , … Fahigleiten aber auch Industriekapazitäten vorraus. Die Kosten aber Geld.
Volkswitschaftlich befindet man sich dann in einer Begründungsfalle. Ressourcen aufwenden für einen abstrakten Sicherheitsbegriff wo wir doch seit 70 Jahren „Frieden“ haben?
Multinational kann funktionieren. Aber nur, wenn man laufend zusammen übt.
@Thomas Melber:
Eine deutsche Brigade oder gar Division mit allen Kräften gibt es mit Einnahme von Heer2011 nicht mehr.
Aber trotzdem kann man weiterhin alles – man halt ja auch kein Nachwuchsproblem.
Es fehlt ja schon daran diese Struktur in einem CAX gegen einen hybriden Gegner zu überprüfen.
Die Welt beneidete uns mal für unsere Ausbildung – insbesondere die Kriegsspiele (auch noch zu Beginn in der Bundeswehr bei der Überprüfung der Heeresstruktur 1).
Heute ist alles toll, weil alles toll sein soll.
@elahan
wollte keinem zu nahe treten, Sie haben Recht.
@Woody
„Breite vor Tiefe“ funktioniert auch nicht multinational wenn alle Partner so aufgestellt sind.
In Lybien konnte man sehen wie schnell den Briten und Franzosen die Luft ausging und in Mali wie schnell die Stiefelsohlen der Franzosen durchgelatscht waren. Nun schauen sie sich mal die hybride Kriegsführung der Russen an und deren Breite und vor allem Tiefe und dann vergleichen Sie das mal mit unseren connected forces Konzepten mit ihrer technisch-logistisch-kulturellen Komplexität.
Memoria | 31. August 2014 – 11:06
„Eine deutsche Brigade oder gar Division mit allen Kräften gibt es mit Einnahme von Heer2011 nicht mehr.“
Lieber Memoria:
Was kann das Heer dann überhaupt noch?
Wer plant so etwas und warum?
@ Memoria – Da haben Sie sicher Recht – daher auch die etwas versteckte Frage, ob z.B. der Ukrainekonflikt einen exogenen Schock auf die BW hat, welcher stark genug ist um das System von außen zu verändern.
Von innen betrachtet stimme ich Ihnen bei 1. und 2. uneingeschränkt zu. Mein Professor brachte uns bei, dass Institutionen keine Bedürfnisse haben (somit also auch keine Ängste besitzen). Diese Gefühle können nur Individuen hegen die in diesem System arbeiten, aber diese Gefühle gehen nicht (zwangsweise) auf die Institution über.
Bzgl. der Wahrheitspflicht und Beschönigungen – diese sind das Ergebnis von falschen Anreizen und nicht die Ursache. Der Hinweis auf die Wahrheitspflicht verpufft, wenn in der BW weiter die Planerfüllung (sei es nur auf dem Papier) als Leistungskriterium belohnt wird. Daher sind Reformen an der Organisationskultur zu kurz gesprungen. Es werden weiterhin schlicht diejenigen befördert, welche sich regelkonform der Institution gegenüber verhalten. Der Generalsrang quasi eine Auszeichnung für beständig regelkonformen Verwaltungsakt.
Das eigentliche Problem an sich muss gelöst werden: Wie gestaltet man die Anreize, damit sie möglichst denen eines Kämpfers entsprechen, der sich mit einem externen Gegner konfrontiert sieht? In einem solchen System würden Soldaten aufsteigen, welche die Fähigkeit entwickelt haben den Gegner zu analysieren, die eignen Fähigkeiten zu bewerten und anzupassen. Also genau das, was man eigentlich von (hohen) Offizieren erwartet.
@ll
Es macht imho auch wenig Sinn, dass Deutschland jetzt quasi im Alleingang „aufrüstet“.
Dann gehen eh überall in den Hauptstädten die Warnlampen an. Wichtig ist, endlich diese politisch aufgeblähten Doppelkommandostrukturen EU, NATO runter zu fahren, die aus unglaublich vielen HQ und Korps-Stäben bestehen, die sich um immer weniger Truppe streiten und wahnsinnig Geld verschlingen. Die Franzosen sind zurück in der MilStruk der NATO. Man könnte also eine joint EU/NATO Forces Review machen und eine gemeinsame Militärstrukturreform durchführen top-to-bottom. Und bis dahin müssen wir uns eben mit solchen Maßnahmen wie „Neue NATO Eingreiftruppe“ behelfen.
@ brabax
Ihre Frage an memoria steht in direktem Zusammenhang mit dem Was selbiger bereits oben zum Thema füak geschrieben hat. Intellektuelle desertifikation und unsoldatisches Curriculum. Wie sollen diese Herren eine adäquate armeestruktur kreieren wenn sie keinerlei Historisch -funktionalen Begriff von Aufgaben bzw. Potentiellen Gegnern haben.
Die mens to molem ratio fällt leider zunehmend zu lasten des Ersteren.
Gilt auch für OSH
@Bang50:
Volle Zustimmung: Organisationskultur wird ja gerade durch ein Anreizsystem erzeugt und ggf. verändert. Daher müßte bspw. die polit. Führung offensichtliche Beschönigugen durch die militärische Führung bestrafen (Entlassung eines Inspekteurs mit der Begründung Verstoß gegen die Wahrheitspflicht).
Alles andere ist nur Gerede rund um den „Exportschlager InFü“
@Brabax:
Zunächst mal muss man sich klar sein:
Was sind die Konstanten und Variablen im Krieg, dann muss man sich klar darüber werden wie die Kriege der Zukunft wahrscheinlich werden (heute sehr schwer).
Jedoch kann man auch davon ausgehen wie nicht sein werden: so wie sie waren.
Dafür gibt es zahlreiche theoretische und empirische Hinweise.
Das Heer bereitet sich jedoch auf das vor was war: KFOR und ISAF und noch ein wenig Bündnisverteidigung geprägt von der Ausbildung der Entscheider.
Schaut man sich die Struktur an, dann fällt bspw. auf das bereits die Brigaden ein erhebliches Steilfeuerdefizit haben, die Divisionen keine Divisionstruppen haben.
Damit gewinnt man keine Kriege – egal ob gestern, heute oder morgen.
Es gibt noch weitere erhebliche grundsätzliche Defizite (Nachrichtengewinnung & Aufklärung).
Warum ist das so?
Nicht weil die böse Politik es so will, sondern weil die militärische Führung jeden zielorientierten Austausch über die zukünftige Ausrichtung verhindert – teilweise aktiv unterbindet.
Wichtiger ist das jede Truppengattung irgendwie berücksichtigt wird – was man wirklich in welcher Form braucht interessiert gar nicht mehr.
Es fehlt bereits schon – in der Armee der Inneren Führung – eine Zeitschrift in der diese Themen diskutiert werden können.
Dazu benötigt man natürlich auch gut ausgebildete Führungskräfte.
Wir bilden aber lieber Technokraten aus und belohnen Opportunisten.
Daher verlassen die sog. Mavericks (die jede Organisation zu einem gewissen Grad benötigt, um innovativ zu sein) die Bundeswehr in großer Zahl.
Die letzten 5 Jahre haben gerade im Heer gezeigt wie ignorant die Führung ist.
Fakten, Einsatz, Kriegstheorie interessieren alle nicht.
@klabautermann:
Das habe ich auch nicht geschrieben. Das bezog sich eher auf eine fiktive „Tiefe vor Breite“ Herangehensweise, in deren Ausprägung z.B. ein Partner eine Fähigkeit bereitstellt. Das funktioniert um so besser, desto weniger Schnittstellen (z.B. Raumgestützte Aufklärung) diese Fähigkeit besitzt. Alle Fähigkeiten die hochintegriert in zeitkritischen Situationen greifen sollen müssten dementsprechend multinational beübt werden. Hierbei ging es ja auch primär um die Diskussion „Gefecht verbundener Waffen.
Zu Lybien: Aufwuchfähigkeit/Durchhaltefähigkeit nicht gegeben.
Mali: Gleiches Problem.
Hybride Kriegsführung: Wieder anderes Problem. Der Seite 1 und Seite 2 Artikel in der heutigen FAS, diskutiert das Thema zumindest an. Die Strategie der Nato geht prinzipiell in die richtige Richtung. Ob die Mitgliedsländer das richtig umsetzen bleibt fraglich. Wahrscheinlich wird man auf Biegen und Brechen das Aushängeschild auf Hochglanz polieren und alles dahinter stehende vergammelt weiter.
@Memoria:
+1
für NG&A. Man ist sich der strategischen Bedeutung nicht bewusst.
Die uniformierten In den Besoldungsstufen A16 bis B6 wollen keine Entscheidungen treffen.
Für sehr viele B3er ist es heute die vornehmste Pflicht, gewissentlich und ausfühlich, Dienstreiseanträge zu prüfen. Daverschwendet man samt Schriftverkehr mehrere Arbeitsstunden darauf, dem Bund 5€ zu sparen unter der Prämisse den Untergebenen die lästigen Dienstreisen so unangenehm wie möglich zu gestalten. Zu mehr reicht es bei einigen nicht mehr, viele die mehr könnten, wollen nicht mehr.
Gerade begann in der ARD der Presseclub.
Erste Äußerung der ARD-Korrespondentin Athay: Hybride Kriegsführung.
Wann hält den der GI dazu mal ne Rede – bspw. an der FüAk?
In der KdB steht das – aber was heißt das für Konzeption, Struktur, Ausbildung, Ausrüstung der Bw?
Systematisch entstandene intellektuelle Leere kann diesen Raum eben gar nicht füllen.
@ klabautermann und woody
Eine kleine OT-Anregung am Rande: Könnt ihr vielleicht „Libyen“ künftig richtig schreiben? Sonst zerfällt dieser Staat bald endgültig :-)
@Woody:
Danke. Sehe ich genauso.
Es gibt noch B3er, die können, aber nicht mehr wollen.
Aber das System bremst diese fortlaufend aus und belohnt die Ja-Sager und Nicht-Mitdenker.
Mittlerweile verlassen deswegen sogar sehr fähige und engagierte B3er die Bundeswehr.
Noch vor 10 Jahren n.m.E. undenkbar, dass ein Oberst i.G, die Bundeswehr genau aus diesen Gründen verläßt. Mittlerweile durchaus der Fall..
In Sachen NG&A: Wenn man nicht über Krieg nachdenkt, dann merkt man halt nichtmal mehr wie weit weg man vom Notwendigen ist.
Allein das groteske Drama um die ZIVA der HAufklTr ist da bezeichnend.
@Memoria:
Mann muss nicht einmal über Krieg nachdenken. Über Konflikte generell nachzudenken wäre schonmal hilfreich. Außenpolitik in Deutschland beschränkt sich nach meiner Wahrnehmung ja auch eher auf Besuch von Veranstaltungen der Brauchtumspflege im Ausland. Das ist gut und wichtig gür den Aufbau von guten Beziehungen. Aber was bringt mir das strategisch? Darüber denkt man zu wenig nach.
@KeLaBe:
Danke.
@Memoria
Ah, ZIVA – gibt es da etwas neues? ’ne Vorschrift stand längst ja an, auch die Nr. wurde schon vergeben. Wie übrigens vieles bei den Goldgelben.
@KeLaBe
aua, das war ein Volltreffer ;-)
@woody
Sie erinnern sich doch bestimmt noch an die „Korps-Schichttorte“ von Nord nach Süd in der Bundesrepublik.Das hatte mehrere Gründe, ein Hauptgrund war aber, dass die technisch-logistisch-kulturelle Kompexität von multinationalen Korps-Truppen den Kampfwert dieser Korps erheblich gesenkt hätte, trotz voller Depots mit einer 60-Tage Bevorratung von Gerät, Mun etc.. Bei Luftwaffen und Marinen ist dieses „Kampfwert“-Problem nicht so ausgeprägt, bei Bodentruppen schon. Und wenn Sie mal genau gerade „Iraqui Freedom“ studieren, dann werden Sie feststellen, dass die US-Army und das USMC in getrennten Gefechtsstreifen auf Bagdad vorgestoßen sind.
Will sagen: Breite vor Tiefe multinational erfordert jeweils national einen vol autonomen Kampfverband, der das „Gefecht der Verbundenen Waffen“ rein national durchhaltefähig führen kann…. alles andere ist multinationales patchwork ohne wirklichen Kampfwert.
@klabautermann
Nicht zu vergessen die Überwachung und Sicherung des Raumes hinter dem Gefechtsfeld, was übrigens die host nation übernehmen muß.
@Thomas Melber, Stuttgart
Zustimmung
@ Memoria
Danke sehr.
Die Lage ist ja sehr, sehr bitter. Sie schreiben etwas von B 3, offensichlich Oberst, die frustriert aufgeben. Wenn es stimmt, dann ist traurig eine nur wenig zutreffende Vokabel.
Diese Struktur muss doch jemand geplant, ausformuliert und gebilligt haben?
Was ist mit den Spitzenleuten? Die wissen das oder verleugen dies?
Dann sollten wir dem Wehrbeauftrgten dankbar sein, dass er Bewußtsein für eine äußerst bedenkliche Lage schaftt.
@ all
Sehen das andere auch so? Oder ist es nur beim Heer so schlimm?
@klabauterman:
Sie überschätzen mein Alter maßlos.
Ansonsten hab ich doch bestätigt was sie schreiben. Ob etwas im Ernstfall funktioniert hängt davon ab, wie stark integriert die Fähigkeit ist.
Unterschiedliche Herkunft ist ein Hindernis, dieses wirkt sich am stärksten auf den Gefechtswertaus, wenn sie die anderen Faktoren (Versorgungslage/Materielle Einsatzbereitschaft/Übungsstand/…) bereits optimiert haben.
Bezogen auf Baltikum hat Multinationalität einen politischen Zweck. Einigkeit zeigen. Gleichzeitig Abschreckung, ein Agressor würde tatsächlich Soldaten, die ja aber auch Bürger, der Bündnisstaaten sind angreifen. Eine Beteiligung eines Bündnispartnern über Scheckheft wird damit unwahrscheinlich. Man ist dann stärker als lediglich über „Bündnissolidarität“ z.b. durch warme Worte und ein klein wenig Ersatzteile, Munition oder Geld involviert. Es sind dann eben auch die eigenen Söhne und Töchter. 100 Infanteristen mit einzubringen ist ein ganz anderes Zeichen als meinetwegen 100 Mio. € bereitzustellen. Letzteres bringt kurzfristig militärisch wohl mehr. Politisch ist das andere bedeutsamer.
@memoria
über NG&A wurde durchaus nachgedacht, insbesondere die Schule für Hochbegabte an der DAN Grenze wurde (mit) dafür geschaffen aber nie unterfüttert, es blieb bei kleinen Baumaßnahmen wie zB Zuschütten des Feuerlöschteiches und Generalsbesuchen mit abgesegneten „Konzepten“.
Einer meiner ehemaligen Vorgesetzten nannte das auch „Tintenpisserei“.
Ich bleibe dabei, Geld hat die BW genug, nur weiß sie(die Politik) nicht wofür und warum.
@ brabax @memoria
bei aller Kritik, übertreiben ist doch keine Lösung.
@Brabax
nicht nur B3, es fängt wenigstens bei A13 an, die völlig frustriert auf eine A14 Einweisung warten (ich weiß, jammern auf hohem Niveau in geregelter Armut), wenn man dann aber vertröstet wird mit, der Herr Admiral wartet auch schon seit 2 Monaten auf seine Einweisung, ist doch alles gesagt. Diese Dienstreiseantragsgeschichte kann ich nur genauso bestätigen, es liegt aber nicht an den Dienstleistungszentren, die wollen meist.
Ich habe aber den Verdacht, wenn A15 aufwärts damit ausgelastet ist, haben diese für anderes keine Zeit mehr.
Die „Häuplingsschwemme“ ist durchaus gewollt, wir können alles- ausser kämpfen. Sollen sich doch die anderen opfern, wie machen Logistik und SAN und Stab. Muss ja auch irgendeiner machen – und darin ist DEU sehr gut.
@woody
http://augengeradeaus.net/2014/08/eine-neue-nato-eingreiftruppe-unter-britischer-fuehrung/comment-page-2/#comment-147401
Abschreckung muß glaubwürdig sein, da reichen eben demonstartive „Bündnissolidaritäts“-Gesten nicht aus.
@ all
Wenn es nach Frustation und Einweisung gehen würde dürften bei uns keiner mehr etwas tun.
Wir aber fühlen uns verpflichtet! Auch wenn uns manchmal der Überblick und das Vorbild fehlt.
@ les grossmann
„wie machen Logistik und SAN und Stab. Muss ja auch irgendeiner machen – und darin ist DEU sehr gut.“
DHL Logistik vielleicht. Wie sieht es denn bei deutscher Logistikqualifikation unter Kriegsbedingugenn aus. Stichwort Luftbedrohung für nachschubrouten? gefechtsraum ohne front? gefechtswert rückwärtiger verbände? ähh jaa…
SAN? Medevac aus heißer Landezone? Vewundetenanfall von mehr als drei Hanseln? Fähigkeit von SAN personal zur gefechtsteilnahme bei nichtloac konformem gegner? ähh jaa
STAB? Fähigkeit zur flexiblen Planung des gefechts der verbundenen Waffen? taktisch operative erfahrung aus der geschöpft werden könnte? permanente inübunghaltung in den kernfähigkeiten? ähh jaa…….
Kommuniques aus dem Ministerium man könne etwas „besonders gut“ lassen keine rückschlüsse auf tatsächöiche kompetenzen zu.
siehe unsere ganz famose „lufttransportfähigkeit“. manpadbedrohung? äh….
@Romeo | 31. August 2014 – 11:00
da tun sich ja Abgründe auf
Sarkasmus ON
die eine deutsche Armee wird an die Wand gefahren
die zweite wird von einem Pastor nach Hause geschickt
und in der dritten regieren (nicht reagieren) die Krämerseelen
Sarkasmus OFF
Es wäre wohl eine gute Geschäftsidee eine Konkurenz zum BW Fuhrpark aufzubauen…
@wacaffe
ja stimmt alles, aber genau das ist doch so gewollt?
Alles schön gemächlich mit Formblatt und SASPF, Hauptsache das meiste erledigt sich von (a `la Kanzlersltyle) selbst und immer noch besser als eigene Kampftruppen (also Soldaten die vielleicht fallen lassen und können) schicken zu müssen.
Für mich habe ich das als Idee hinter die „Neuausrichtung“ erkannt, oder etwa doch Moskau?
@AKamp
na dann.
Ach wirklich? Ihr fühlt Euch also „verpflichtet“? Davon merkt man aber rein gar nichts in der Öffentlichkeit.
WO sind denn die Soldaten die wegen des desolaten Zustands der BW aus ihrem Ehrgefühl und ihrer Verpflichtung heraus demonstrativ auf die Straße gehen oder anderswie die Öffentlichkeit aufmerksam machen und damit versuchen ein Umdenken in der deutschen Politik herbeizuführen? Wo ist das Bestreben öffentlichen Druck aufzubauen um einen brandgefährlichen Mißstand aufzuzeigen? Konnt ich bis dato nicht entdecken.
Verplichtet kann man sich ja fühlen aber wenn man dem keine Taten folgen läßt sinds nur leere Worte.