Krisen rundum: Ein Blick auf die Agenda

Die sicherheitspolitische Weltlage, um mal eine Binse zu wiederholen, ist derzeit in so rascher Bewegung, dass kaum noch einer hinterherkommt (wer redet derzeit über Afghanistan, und wer hat vor drei Wochen über die Auswirkung von ISIS im Nordirak auf die deutsche Innenpolitik nachgedacht?). Hier bei Augen geradeaus! kann ich naturgemäß nicht alles im Blick behalten; dennoch der Versuch, mal kurz die Themen aufzulisten, die hier in diesen Tagen wohl eine Rolle spielen müssen (was natürlich auch heißt, dass manche anderen wichtigen Themen einfach nicht gehen):

– Nord-Irak: Aus deutscher Sicht derzeit bestimmt von der Diskussion über mögliche (mehr ist es faktisch noch nicht) Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak

– Ukraine: ein zunehmend unübersichtlicheres Lagebild (und Gefechtsfeld). Als mehr oder weniger direkte Folge aber auch

– die Debatte in der NATO über die langfristigen Antworten auf das russische Verhalten in der Ukraine-Krise. De facto: vom Partner zum möglichen Gegner. Interessant wird dafür der NATO-Gipfel in Wales Anfang September; eine zusammenfassende Vorausschau auf das, was da ansteht: NATO Eyes ‚Alliance Assurance‘ Force

– Afghanistan: Noch gibt es keine Klarheit über den nächsten Präsidenten des Landes, noch gibt es keinen Termin für die afghanische Unterzeichnung des Bilateralen Sicherheitsabkommens mit den USA und der Status of Forces Agreements mit den anderen bisherigen ISAF-Staaten. Das heißt: es gibt auch nach wie vor keine Klarheit, ob die ISAF-Nachfolgemission Resolute Support wie geplant Anfang 2015 starten kann. Die Berichte über Angriffe der Taliban in allen Landesteilen; Meldungen über die Order an afghanische Soldaten, keine Gefangenen zu machen – all das ist für die Zukunft des Landes am Hindukusch genau so besorgniserregend wie die offizielle Reaktion auf einen Bericht der New York Times über einen möglichen sanften Putsch in Kabul: Amid Election Impasse, Calls in Afghanistan for an Interim Government, schrieb NYT-Reporter Matthew Rosenberg – und wurde darauf hin erst festgehalten, verhört und anschließend ausgewiesen.

– bei allen diesen außenpolitischen Krisen (den Krieg zwischen Israel und der Hamas hab‘ ich noch gar nicht erwähnt, ebenso wenig die zumindest mittelbar sicherheitspolitisch bedeutsame Ausbreitung des Ebola-Virus in Afrika) gerät völlig in den Hintergrund, was sich eigentlich bei der Bundeswehr tut: Was macht die Untersuchung der großen Rüstungsprojekte, was wird aus dem Hubschrauber-Deal zwischen Airbus und dem BMVg? Überhaupt, was macht die künftige Rüstungsplanung der Bundeswehr? (Die ja auch Auswirkungen auf die deutsche Rüstungsindustrie hat – und wiederum irgendwie mit der restriktiven Rüstungsexportpolitik von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel verbunden ist, wie in diesem Deutschlandfunk-Kommentar sehr schön aufgedröselt).

Bestimmt hab‘ ich noch was vergessen – aber: alles wird hier nicht seinen Platz finden können.

Nachtrag: In der Tat, danke für die Hinweise in den Kommentaren: diverse afrikanische Krisen-Schauplätze habe ich vergessen aufzuzählen, selbst diejenigen, wo Bundeswehr beteiligt ist. Also vor allem die Zentralafrikanische Republik mit EUFOR RCA und den Südsudan mit der UN-Mission. Beides Länder, in denen die Krisen bei weitem nicht beigelegt sind. Vor allem im Südsudan, darauf wies die UN in den vergangenen Tagen hin, droht die richtige humanitäre Katastrophe erst noch.

(Foto: U.S. Army paratroopers from Troop B, 1st Squadron, 91st Cavalry Regiment, 173rd Airborne Brigade march into Latvia during the Estonian Victory Day parade that began in Valga, Estonia, and ended in Valka, Latvia, on June 23. Approximately 600 paratroopers from the brigade are in Estonia, Latvia, Lithuania and Poland, as part of an unscheduled land-forces exercise to demonstrate commitment to NATO obligations and sustain interoperability with allied forces. – Spc. Jared Sollars, 145 MPAD, Oklahoma Army National Guard)