Von der Leyen für Kampfdrohnen: Das Tornado-Modell

Noch vor der Debatte des Bundestages über die künftigen Drohnen für die Bundeswehr am (heutigen) Mittwochnachmittag hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in der Süddeutschen Zeitung erstmals ihre Haltung zu den unbemannten fliegenden Systemen für die deutschen Streitkräfte erläutert. Nachdem jetzt der Wortlaut des Interviews (auf bmvg.de) vorliegt, wird das ein bisschen klarer: Die Ministerin will ein langfristiges europäisches Projekt zur Entwicklung einer europäischen Drohne, die auch bewaffnet werden kann. Für die Zwischenzeit sollen solche Systeme geleast oder gekauft werden, ebenfalls mit der Option auf Bewaffnung. Und über den Einsatz soll jeweils der Bundestag entscheiden – nach dem Vorbild des Tornado-Einsatzes in Afghanistan, in den die deutschen Kampfjets nur zur Aufklärung, aber ohne Erlaubnis zum Waffeneinsatz geschickt wurden.

Mal etwas detaillierter aufgeschlüsselt:

• Deutschland soll jetzt nach Partnern für ein Projekt in Europa suchen: Ich bin der Überzeugung, dass wir in die Entwicklung einer europäischen bewaffnungsfähigen Drohne einsteigen müssen. Das Projekt werde aber mindestens ein Jahrzehnt dauern und soll nicht nur der Entwicklung eines militärischen Systems dienen, sondern auch für zivile Zwecke nutzbar sein.

• Die konkrete Entsendung in den Einsatz, ob demnächst oder in ferner Zukunft, sollen die Parlamentarier beschließen: Ob eine Drohne dann im Einzelfall bewaffnet oder unbewaffnet eingesetzt wird, würde stets vom konkreten Einsatz und dem entsprechenden Mandat des Bundestages abhängen. Die Abgeordneten entscheiden zum Beispiel heute schon darüber, ob Luftnahunterstützung zum Schutz der Truppe am Boden zulässig ist oder nicht. Das Parlament setze schließlich die Regeln für den Einsatz, und daran orientierten sich auch die eingesetzten Waffensysteme: Und wie zum Beispiel ein Hubschrauber kann auch eine Drohne bewaffnet sein oder nicht. Das funktioniert seit Jahren.

Damit orientiert sich von der Leyen am gut dreijährigen Einsatz der Aufklärungs-Tornados in Afghanistan von 2007 bis 2010. Kabinett und Parlament hatten die Maschinen 2007 entsandt, ihre Aufgabe aber ausdrücklich auf die Rolle fliegender Kameras begrenzt. Zur Luftnahunterstützung, dem Close Air Support, durften die deutschen Kampfjets nicht eingesetzt werden, auch nicht zum Schutz eigener Truppen. Das ging so weit, dass die Maschinen ohne Munition für ihre Bordkanonen an den Hindukusch verlegt wurden. Auch damals hatte die unterschiedliche Position in der damaligen schwarz-roten Koalition den Ausschlag für die Entscheidung gegeben, die allerdings bei den ISAF-Verbündeten nicht nur positiv aufgenommen wurde: War im Bereich des – deutsch befehligten – Regionalkommandos Nord Unterstützung aus der Luft nötig, mussten Kampfjets anderer Nationen angefordert werden.

• Ob in den nächsten Jahren Drohnen vor allem zur Aufklärung, aber mit der Option auf eine Bewaffnung, geleast oder gekauft werden sollen – das lässt die Ministerin offen. Zwar verweist sie auf die guten Erfahrungen mit den geleasten israelischen Heron-Drohnen, die derzeit von der Luftwaffe über Afghanistan geflogen werden: Eine solche Lösung hat sich bewährt. Sie hat den Vorteil, dass man hierzulande keine eigene Zulassung braucht. Wir könnten jederzeit flexibel darauf reagieren, was künftige Einsätze von uns verlangen. Auf die konkrete Frage nach einem Kauf sagte von der Leyen: Das ist nicht entschieden.

• Nun würde die Bundeswehr, ob sie eine Drohne kauft oder least, ohnehin keine Zulassung für den deutschen Luftraum bekommen – und für Ausbildung und Training in gesperrten Bereichen ist Deutschland (wie Europa weitgehend insgesamt) zu klein und zu dicht besiedelt. So wie heute auch könnte das Training außerhalb von Deutschland stattfinden, sagt die Ministerin.

Damit zeichnet sich das Paket für eine weitere Zwischenlösung ab: Kauf oder Leasing von Drohnen, der zwingend an eine Trainingsmöglichkeit im Herstellerland gekoppelt ist. Da hat dann möglicherweise die – von der Luftwaffe ohnehin favorisierte – Predator B aus US-Produktion die Nase vorne: Über den Wüsten New Mexicos gibt es genügend Platz, der bereits jetzt von den Drohnen-Piloten anderer nichtamerikanischer Nationen zur Ausbildung genutzt wird. Die andere Möglichkeit, die israelische Heron TP, müsste bei zwingend angenommener Ausbildung im Herstellerland eben mit dem Training über Israel verbunden werden, wie es schon bei der jetzt in Afghanistan eingesetzten Heron-Drohne passierte. Allerdings dürfte die Ministerin nicht scharf sein auf Schlagzeilen der Art Bundeswehr trainiert mit Kampfdrohnen über Israel – möglicherweise schon in einer Krisensituation.

(Archivbild August 2007: Ein Tornado der Luftwaffe über Masar-i-Scharif in Afghanistan, im Vordergrund ein Dingo – Bundeswehr/PIZMazar-e-Sharif via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)